Grußwort Kundgebung „Düsseldorf braucht kein DÜGIDA!“ 12. Januar 2015, 18 Uhr, vor dem DGB-Haus, Friedrich-Ebert-Straße, Düsseldorf – Es gilt das gesprochene Wort! – Lieber Volker Neupert, liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger aus Düsseldorf, aus den umliegenden Städten des Ruhrgebiets, des Niederrheins, des Bergischen bis hin nach Köln! Guten Abend, Düsseldorf! I. Wir alle sind heute hier, um ein Zeichen zu setzen. Ein Zeichen, das unübersehbar ist! Unser Zeichen für Demokratie, Toleranz und Vielfalt ist die große Menge an Menschen, die heute gekommen ist. Wir sind viele, und wir werden immer mehr! Wir stehen hier, weil wir uns Ausgrenzung, Fremdenfeindlichkeit und Hass entgegen stellen. Wir stehen hier, weil wir stolz darauf sind, dass Humanität, Respekt und Vielfalt unser Zusammenleben auszeichnen. Und wir stehen hier, weil wir immer noch fassungslos und erschüttert sind, dass in Paris in einem brutalen und terroristischen Attentat und durch Geiselnahme Menschen sterben mussten. Wir trauern um die Opfer, wir trauern mit den Angehörigen, und wir stehen an der Seite Frankreichs. Ja, auch wir alle sind Charlie! Und wir wissen, dass Meinungs-, Versammlungs- und Religionsfreiheit die Grundpfeiler unserer Demokratie sind. Eine Demokratie die wir verteidigen und wertschätzen müssen! Unsere Demokratie lassen wir von Niemandem in Zweifel ziehen! 2 Unsere Demokratie ist wehrhaft und stark! Und wir halten es aus, dass unser Rechtsstaat nur funktionieren kann, nur Bestand hat, wenn das gilt, was schon Voltaire gesagt hat: „Ich mag verdammen, was du sagst. Aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst.“ Der Düsseldorfer Oberbürgermeister Thomas Geisel und ich, wir distanzieren uns ganz entschieden von dem, was diejenigen, die zur DÜGIDA-Demonstration aufrufen, sagen. Aber wir wissen, dass es in unserer Demokratie unsere Aufgabe und Verpflichtung ist, dafür einzutreten, dass auch diese Demonstration stattfinden kann. So ungerne wir das auch sehen. Wir sagen ganz deutlich und unmissverständlich: Nein! Nein zu Fremdenfeindlichkeit! Nein zu Hass! Nein zu Rassismus! Nein zu DÜGIDA! Und vor allem Nein zu Terror und Missbrauch von Religionen! Mein Dank geht an den Oberbürgermeister, die Bürgermeisterin und die Bürgermeister unserer Landeshauptstadt, die klar Position beziehen. Und unser gemeinsamer Gruß, Düsseldorf, geht heute Abend an alle Menschen, die am Samstag tausendfach in Dresden, und jetzt im Moment in Berlin demonstrieren, und sich - genau wie wir - für eine tolerante und weltoffene Gesellschaft einsetzen. Unsere Antwort auf Terror, Fremdenfeindlichkeit, Intoleranz und Einschüchterungsversuche, hier in Düsseldorf und Nordrhein-Westfalen, ist klar und unmissverständlich: wir verteidigen das freie Wort und unsere Demokratie! Und Bundespräsident Gauck hat völlig Recht, wenn er sagt: „Es ist nicht wichtig, zu welchem Gott wir beten, wichtig ist, was uns verbindet: Das Bekenntnis zur Verfassung, zum Rechtsstaat und zur Menschlichkeit.“ II. Ja, Düsseldorf, es ist nur schwer zu ertragen, dass wenige Meter von uns entfernt eine Demonstration stattfindet, in der offen Parolen gerufen und skandiert werden, die Intoleranz, Fremdenfeindlichkeit und Rassismus bedeuten. Ja, es ist nur schwer zu ertragen, dass Sorgen und Ängste von Bürgern missbraucht, instrumentalisiert und geschürt werden. Deshalb liebe Freundinnen und Freunde bin ich froh und dankbar, dass wir heute so viele sind, die sich ganz bewusst auf die andere Seite stellen. 2 3 Ich bin froh, dass so viele Menschen Nein zu DÜGIDA sagen und heute hier vors DGB-Haus gekommen sind. Als Präsidentin des Landtags Nordrhein-Westfalen danke ich Ihnen von Herzen, dass Sie gekommen sind. Ich grüße das Bündnis der Kultureinrichtungen und Sportvereinen, die ebenfalls zur Teilnahme an der heutigen Demonstration aufgerufen haben. Ich danke der Oper, der Tonhalle, den Museen, dem Schauspielhaus, Kunsthalle, den vielen Geschäftsleuten und Privatpersonen, und vor allem Fortuna, der Düsseldorfer EG und Borussia Düsseldorf für die Banner an Gebäuden, für die Unterstützung im Internet und in den Social Media-Kanälen, vor allem dafür, dass als sichtbares Zeichen die Lichter ausgeschaltet werden. der der den und Düsseldorf wir sind nicht zu übersehen! Und unsere Botschaft „in Düsseldorf leben 180 Nationen friedlich zusammen“ ist unüberhörbar! Danke dafür! Mein besonderer Dank geht aber an die Organisatoren und Aktiven des Düsseldorfer Appells! Was Ihr leistet ist einmalig! Danke, Volker Neupert! III. Liebe Freundinnen und Freunde, Wir alle sind heute hier, weil Nordrhein-Westfalen, weil unsere Landeshauptstadt Düsseldorf weltoffen und tolerant ist. Und auf diese Vielfalt sind wir stolz! NRW ist bunt! NRW ist tolerant! In NRW gehen wir respektvoll miteinander um! Und wir verurteilen jede Form von Hass, Gewalt, Fremdenfeindlichkeit, Extremismus, Terrorismus! Egal unter welchem Deckmantel und unter welchen verharmlosenden Formulierungen sie auch geäußert werden. Die Stärke unseres Landes ist nämlich die Vielfalt! Niemand weiß das besser als wir. Denn Nordrhein-Westfalen ist seit seinem Bestehen Einwanderungsland im allerbesten Sinne: Nach dem zweiten Weltkrieg haben mehrere Millionen Flüchtlinge, bei uns eine neue Heimat gefunden. Ab den 1960er Jahren sind wiederum Millionen Menschen zu uns gekommen, aus der Türkei und aus Griechenland, aus Portugal und Spanien, aus Italien und dem damaligen Jugoslawien. 3 4 Richtig ist: Von all diesen Menschen und ihren Fähigkeiten haben wir als Gesellschaft immer profitiert. Und genauso richtig ist es, dass wir nicht alles richtig gemacht haben. Es gab und es gibt Integrationsprobleme. Davor dürfen wir die Augen nicht verschließen. Integration ist auch keine Einbahnstraße. Zuwanderung bedeutet, dass sich auch die aufnehmende Gesellschaft verändert. Es ist zunehmend normal, verschieden zu sein. Und dort, wo es in unserem Miteinander Probleme gibt, gilt es diese Probleme zu lösen. Aber was nicht geht, ist, einfach nur Schuldige zu suchen, mit dem Finger auf sie zu zeigen, und sie auszugrenzen! So löst man keine Probleme. Das ist nicht unsere Antwort. Das unterscheidet uns grundlegend von denen, die unter dem Namen PEDIGA oder DÜGIDA unterwegs sind. Zu wissen, dass wir gemeinsam an Lösungen für vorhandene Probleme arbeiten müssen, zu wissen, dass wir die Ängste und Befürchtungen derjenigen ernstnehmen müssen, die bei PEGIDA-Demonstrationen auf die Straße gehen, aber keine Rassisten, keine Rechten sind, all das zu wissen, macht uns stark und beschreibt unsere gemeinsame Aufgabe in den nächsten Tagen, Wochen und Monaten. Zu demonstrieren und Flagge zu zeigen ist zweifelsohne wichtig und unverzichtbar. Aber es müssen auch weitere Schritte folgen, damit aus Bekenntnissen nicht irgendwann Lippenbekenntnisse werden. Deshalb ist es so wichtig, dass die demokratischen Parteien sich dazu verabreden und vereinbaren, in der Stadt, im Land, im Bund. Das ist die Aufgabe der Politik. Wir müssen soziale Probleme lösen, den interkulturellen und interreligiösen Dialog stärken, und Zukunftsperspektiven eröffnen. Denn nur wer sich verstanden und ernstgenommen fühlt, wer keine Angst um die Zukunft seiner Kinder hat, versteht, dass Vielfalt eine Bereicherung ist. Nur wenn man sich kennt, sich begegnet und voneinander weiß, kann man Ängste und Vorurteile abbauen. Und an die Adresse derjenigen, die sich Patrioten nennen und in Wahrheit gegen alles, was anders ist, hetzen, an die Adresse der Vereinfacher, Rechtspopulisten und wie hier bei uns in Düsseldorf an die Adresse der Rechtsextremen, sage ich: 4 5 Niemand darf die schrecklichen Geschehnisse in Frankreich, die Flüchtlingsaufnahme in unserem Land, oder die Sorge und Ängste vor dem radikalen und terroristischen Islamismus instrumentalisieren oder missbrauchen. Das lassen wir nicht zu! Wer Probleme nicht lösen will, sondern Fremdenfeindlichkeit propagiert, hat in unserer Mitte keinen Platz! Und an unsere eigene Adresse, die Adresse der Politik sage ich: Niemand sollte versuchen, einseitiges politisches Kapital aus dem, was um uns herum und mitten unter uns geschieht zu ziehen. Nur gemeinsam – so wie heute Abend hier in Düsseldorf – gemeinsam werden wir stark sein und stark bleiben! Denn egal, wie auch immer sich die Fremdenfeindlichkeit tarnt, sie bleibt bösartig und hässlich. Sie ist auf Zerstörung ausgerichtet. Und sie braucht eine gemeinsame, starke Gegenwehr. Unsere Gegenwehr! IV. Liebe Freundinnen und Freunde, vor dem Hintergrund unserer Geschichte haben wir für alle Zeit die Aufgabe, unsere Werte der Menschenrechte, der Glaubens- und Meinungsfreiheit, der Vielfalt sowie der Toleranz und Menschlichkeit kompromisslos zu verteidigen. Das Ziel der handelnden Personen aber, die wenige Meter von uns entfernt stehen und überwiegend dem braunen Sumpf entstammen, ist ganz klar: Sie wollen mit ihrer islamfeindlichen und auch antisemitischen Haltung die Meinungsführerschaft in den sensiblen Bereichen wie Asyl- und Bleiberecht erlangen. Und machen wir uns nichts vor: Sie wollen damit in unsere Parlamente einziehen. Doch auch das, liebe Freundinnen und Freunde, werden wir nicht zulassen. Denn wer gegen Toleranz und Vielfalt, Respekt und Nächstenliebe zu Felde zieht, der ist ein Feind von Demokratie und Freiheit. Und für Feinde von Demokratie und Freiheit ist in unserer Mitte kein Platz. Nicht in Düsseldorf, und nicht in NordrheinWestfalen. Liebe Freundinnen und Freunde, in einer Zeit, in der durch Kriege im Nahen Osten, in Syrien und im Irak Millionen von Menschen auf der Flucht sind, um Leib und Leben zu retten, und in der Brandanschläge auf Gotteshäuser verübt werden, müssen diejenigen ihre Stimme erheben, die sich Religionen übergreifend für Frieden und Verständigung der Völker einsetzen und damit ein Zeichen gegen Extremismus und Rassismus setzen. 5 6 Diesen interreligiösen Dialog, der zugleich ein interkultureller Dialog ist, müssen wir stützen und verstärken. Der Vorsitzende des Zentralrates der Muslime, Aiman Mazyek, hat dazu Worte gefunden, die das Anliegen nicht besser zum Ausdruck bringen können. Er sagte: „Ich bin ein Jude, wenn Synagogen angegriffen werden, ich bin ein Christ, wenn Christen im Irak verfolgt werden, und ich bin ein Moslem, wenn Brandsätze auf ihre Moscheen geworfen werden.“ Möge der heutige Abend vor allem auch ein wirkungsvolles Zeichen des Friedens und der Menschlichkeit sein. Deshalb sollten wir jetzt einen Moment der Opfer der feigen terroristischen Anschläge von Paris, den Kunden des jüdischen Supermarktes, den Polizisten und den Mitarbeitern von „Charlie Hebdo“ gedenken. Wir sind Charlie! Und wir sind Düsseldorf! Bunt! Vielfältig! Tolerant! Demokratisch! Ich danke Ihnen. *** 6
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