c ov e r / pr i m e n e w s 2 – medianet Vortrag Wirtschaftsforscher Stephan Schulmeister fordert klare Spielregeln für Finanzspekulanten Live aus Barcelona Die nächste Finanzkrise wird bestimmt kommen © ICNM/H. Kirchberger Die Jungen zeigen kein Erbarmen Mangel an Präventionsmaßnahmen führt zur nächsten Krise; was wir von Roosevelt lernen können. S onnenschein über Barcelona. Dennoch ist es an diesem Tag eine Stadt der Tränen für die Chefs der weltumspannenden Telekommunikationsindustrie. Sie mögen 3,6 Prozent der globalen Wirtschaftsleistung mit 3,6 Milliarden Kunden managen – auf ihren jährlichen Festspielen des World Mobile Congress dominiert bei sehr vielen von ihnen das Jammern. Sie, die soignierten, regionalen und lokalen ManagerBarone der digitalen Vernetzungstechnologien, treffen hier auf die Kunden-Kaiser, die Studienabbrecher aus den USA und die Entwickler der AppWelt. Lernen von Roosevelt Mit dem berühmten „New Deal“ führte Roosevelt eine Reihe von wirtschafts- und sozialpolitischen Reformen durch. Als deklarierter Wall Street-Gegner startete er einen Frontalangriff auf Finanzspekulanten und nahm die Finanzmärkte an die Kandare. Er erlaubte erstmals die Bildung von Betriebsräten, zeichnete Unternehmen aus, die ihre Arbeiter vorbildlich behandelten, und beschäftigte junge Arbeitslose beim Ausbau öffentlicher Infrastruktur in sogenannten Civilian Conservation Corps. Wer jetzt der Ansicht sei, solche Maßnahmen müssten die Staatsausgaben in die Höhe treiben, der irre, so Schulmeister. Denn Roosevelt war entgegen der weit verbreiteten Meinung kein Freund des Defizit Spending, unter seiner Präsidentschaft stiegen die Staats- Realität der Freiheit Die Klagen der Alten sind berechtigt, doch die Jungen zeigen keine Rührung. Die Telcos beklagen eine Realität des Zwangs; ihr Geschäft ist geografisch begrenzt, regional oder national, und starken Regulierungen unterworfen, die über 120 Jahre gewachsen sind – von Spektrumzuteilung bis hin zu Steckdosenstandardisierung. Die App-Kaiser erfreuen sich an einer Realität der Freiheit. Sie stehen zwar auf den Schultern von Millionen von nicht erfolgreichen kleinen AppBuden, aber sie haben dank Internet einen globalen, unbegrenzten Markt und unterliegen nahezu keiner Geschäftsregulierung. Stephan Schulmeister warnt vor der nächsten Krise und erklärt, was wir aus der Wirtschaftsgeschichte lernen können. ausgaben nur marginal. Mit dem New Deal vollzog Roosevelt aber einen deklarierten Bruch mit dem brennt. Aber man muss alten Wirtschaftssystem. So sei es gelungen, die Stimmung im Land ins Positive zu kippen, was zu einer massiven Steigerung von Privatinvestitionen führte. Denn „eine Wirtschaftskrise ist auch immer eine sozialpsychologische Depression“, meint Schulmeister. Diesen „deklarierten Bruch mit dem Alten“ und die Entschlossenheit der Regierung, etwas anders zu machen, vermisse er bei der Bewältigung der aktuellen Wirtschaftskrise. sich schon fragen, wa- Mangel an Prävention rum es so oft brennt.“ Auch deshalb warnt der Experte vor der nächsten Krise. Denn an den Spielregeln für die Finanzmärkte hätte sich fast nichts geändert. Mit Haushalten an der Belastungs- „Es ist schon richtig, dass die Feuerwehr ausrückt, wenn es STEPHAN SCHULmeister Zuckerbergs Angebot Umfrage Lobbying-Befragung des Wirtschaftsforums der Führungskräfte (WdF) Mark Zuckerberg – mit über 1,3 Milliarden registrierten Facebook-Nutzern – spielt bei seinem Auftritt in den Telcos den Über-Kaiser. Zuckerberg bietet mit seiner neuen Initiative ‚Internet.org‘ ausgewählten Telcos gerade in den Schwellenländern an, mit ihm gemeinsame Sache zu machen. Die Telcos sollen neuen Kunden einen kostenlosen Internetzugang anbieten; als Gegenleistung promotet sie Facebook – und holt die Kunden in seine Welt. Und bekommt ihre Daten. Diese sind ja Goldes wert in der globalen Cybersphere. Auf den Philippinen und in Paraguay hat Zuckerberg schon Telco-Partner gefunden. Sie sollen Facebook die nächste Nutzer-Milliarde sichern. Auf ihre Kosten. Firmen als politische Akteure © Gewista Wien. Lobbying und aktive Interessensvertretung wird für die heimischen Firmen immer wichtiger: 70% der befragten Unternehmen betreiben aktive Interessensvertretung. Bei den Großunternehmen sind es sogar 80%. Das geht aus einer Umfrage hervor, die das Wirtschaftsforum der Führungskräfte (WdF) mit der Public Affairs-Agentur Kovar & Partners unter Führungskräften durchgeführt hat. WdF-Bundesvorsitzender Karl Javurek: „Lobbying ist kein Tabu mehr.“ „Gezieltes und im Interesse des Unternehmens betriebenes Lobbying ist für Führungskräfte kein Tabu“, betonte Gewista-Chef Karl Javurek, Bundesvorsitzender des Wirtschaftsforums der Führungskräfte, bei der Präsentation der Studienergebnisse am Dienstag. „Identitätskrise der Politik“ „Wir befinden uns mitten in einer Entwicklung, in der Unternehmen verstärkt als politische Akteure auftreten“, so Andreas Kovar, Geschäftsführer von Kovar & Partners. Das verstärkte Engagement stehe im Zusammenhang mit der Identitätskrise der Politik, interpretierte es Javurek. In letzter Zeit hätten einige Unternehmer wie Hannes Androsch, Hans Peter Haselsteiner und Frank Stronach versucht, in dieses Vakuum vorzustoßen. Lobbying liefert für 40% der Befragten wichtige Entscheidungsgrundlagen und hat für 20% eine zentrale wirtschaftliche Bedeutung für den Unternehmenserfolg. Größere und kleinere Unternehmen unterscheiden sich in zwei Punk- ten: Größere Unternehmen betrauen mehr externe Berater und bringen sich stärker bei der Gesetzgebung ein. Für die Unternehmensführung sei es wichtig, das Umfeld nicht nur zu beobachten, sondern auch darauf zu reagieren. Die Unternehmen müssten sich fragen, was sie selbst dazu beitragen können, sich einen breiteren Spielraum zu öffnen, so Javurek. „Zwischen Wirtschaft und Politik findet ein sehr intensiver Austausch statt“, bekräftigte Kovar. Abgeordnete würden mit Personen aus der Wirtschaft in Kontakt stehen und diese ganz gezielt anrufen und nach ihrer Meinung fragen. Bei der Beurteilung der Regierung durch die befragten Führungskräfte, sei man „auf einem ziemlichen Tiefpunkt angelangt“, so Javurek. 34% der Befragten beurteilen die Lösungskompetenz der Bundesregierung als nicht ausreichend. 33% sind der Meinung, dass sich die Regierung nicht ausreichend für eine Reform des Wirtschaftsstandorts einsetzt. Ausschlaggebend dafür ist laut Kovar, dass die Gesellschaft kritischer wird. (APA/red) grenze wären die Kettenreaktionen unvorhersehbar, sollte wieder weltweit Kapital durch Finanzspekulationen vernichtet werden. „Die Spielbedingungen gehören so geändert, dass sich Unternehmertum wieder mehr lohnt als Finanzalchemie“, fordert Schulmeister. Spekulationen gegen souveräne Staaten müssten unterbunden und ein fixer Kurs für die wichtigsten Kernwährungen eingeführt werden. Es sei „schon richtig gewesen, dass die Feuerwehr ausrückt, wenn es brennt“, wertet der Wifo-Experte die aktuellen Maßnahmen der Regierung zur Krisenbekämpfung durchaus positiv. Allerdings seien so gut wie keine Präventivmaßnahmen getroffen worden, um den nächsten Brand zu verhindern. Österreich Prognose Die Wirtschaft wächst um 1,5% Brüssel/Strassburg. Nach Überwindung der Rezession soll die Wirtschaft der Eurozone heuer laut einer Prognose der EU-Kommission um 1,2% wachsen. Für Österreich wird ein noch stärkeres Wachstum (1,5%) vorhergesagt. Die RekordArbeitslosigkeit bleibt 2014 fast unverändert hoch mit Raten von 12,0% im Euroraum, 10,7% in der EU und 4,8% in Österreich. (APA) © EPA/Oliver Hoslet Wien. Bankenpleiten, hohe (Jugend-)Arbeitslosigkeit und Rekordverschuldung: Die aktuelle Wirtschaftskrise, die mit der Pleite der Lehman Brothers im Jahr 2007 begann, weist viele Parallelen zur Weltwirtschaftskrise von 1929 auf. Während der damalige amerikanische Präsident Franklin D. Roosevelt die USA allerdings innerhalb weniger Jahre aus der Wirtschaftskrise in einen Wirtschaftsboom führen konnte, nimmt das Wirtschaftswachstum diesmal nur langsam wieder Fahrt auf. In einem Vortrag am Montag im Institut für Wirtschaftsforschung in Wien warnte Stephan Schulmeister vom Wirtschaftsforschungsinstitut vor der nächsten Krise und erklärt, was wir aus der Geschichte lernen können. © EPA/Lawrence Looi Lubomir Polach peter A. Bruck Peter A. Bruck ist ehrenamtlicher Vorstand des Internationalen Zentrums für Neue Medien und Chairman des World Summit Awards, der UN-basierenden Wettbewerbsinitiative für die weltbesten mobile Inhalte und Anwendungen in 176 Ländern. www.wsa-mobile.org [email protected] Mittwoch, 26. Februar 2014 EU-Wirtschafts- und Währungskommissar Olli Rehn: „BIP zieht 2015 weiter an.“
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