Ausgabe | 03 23. Januar 2015 Deutsche MittelstandsNachrichten powered by Arbeitswelt Die Macht der Kunden: IT bringt neue Dienstleister hervor Das Smartphone rückt den Kunden ins Zentrum der Dienstleistung. Unternehmen müssen online präsent sein, um Erfolg zu haben D liefert Blumen an die gewünschte ie Wirtschaft auf Abruf (EconoAdresse, TaskRabbit sucht nach eimy on Demand) erschafft völlig neue Dienstleister. Smartphones ernem passenden Geschenk, die Firma Shyp kann es entsprechend verpaöffnen Arbeitnehmern und Selbstständigen einen neuen Weg, sich von cken und termingenau verschicken. Arbeitgebern und Auftraggebern zu SpoonRocket hat sich darauf speziaemanzipieren. Per App können Dienstlisiert, ein Mittagessen in Restaurantleister jeglicher Art ihre Arbeitskraft qualität binnen zehn Minuten an die anbieten und sind für Unternehmen gewünschte Adresse zu liefern. Das lokal, regional oder international soerfolgreichste Unternehmen dieser Art ist der Taxi-Dienst Uber, der mittfort sichtbar. Dieser Trend ändert die Struktur von Unternehmen. Für Freelerweile in 53 Ländern existiert. Die Supermarktkette Rewe hat erfolgreich lancer eröffnen sich neue Möglichkeieinen Lieferdienst gestartet, der inzwiten für den Aufbau einer Karriere. Fahrdienste wie Uber entstehen durch moderne KommunikaEin Unternehmen, das eine sol- tionstechnik. schen sogar von Studenten genutzt Foto: Flickr/Jason Tester Guerrilla/CC BY-ND 2.0 wird. che App anbietet, ist die US-amerikaEine Generation von Digital Nanische Firma Handy. Damit versucht das Unternehmen, für seine Kunden zur Monat. Handy selbst hat 200 festangestellte tives – der es zunehmend an Zeit mangelt richtigen Zeit stets den passenden Dienst- Mitarbeiter. und die alles gleichzeitig erledigen will – Es gibt zahlreiche Unternehmen – auch braucht Essenslieferanten, einen Wäscheleister zu finden. Bei den Jobs handelt es sich meist um kleine Aufgaben: Putzkräfte, in Deutschland – die Arbeit als Dienstleis- Service, Hilfe bei Behördengängen oder Umzugshelfer und Fensterputzer bieten tung über mobile Apps anbieten. Unterneh- beim Aussuchen von Geschenken. Am Ende ihre Dienste in 29 der größten Städte in men reagieren. Der Online-Versandhändler dieses Gedankengangs steht der Wunsch, den USA und Kanada an. Handy hat derzeit Amazon hat den Trend erkannt und bietet mehr Zeit zu haben für kreative Dinge, die 5.000 Arbeiter gelistet, die zwischen 5 und eine eigene Plattform dafür an, den Mecha- Karriere, Familie oder Hobbys. Unternehmer mit wenigen Ressourcen 35 Stunden in der Woche arbeiten. Wer viel nical Turk. arbeitet, verdient bis zu 2.500 US-Dollar im Neue Firmen entstehen: BloomThat können Tasks auf diese Weise einfach ausla- Analyse Merkel will Bürokratie bei Mindestlohn „wegnehmen“ Der Mindestlohn entwickelt sich zu einer dauerhaften bürokratischen Belastung für den Mittelstand. Die Bundesregierung will die Dokumentationspflicht für kleine Unternehmen überprüfen. Die Höhe des Mindestlohns stellt Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) nicht infrage. Die Kanzlerin pocht aber darauf, dass der Mindestlohn nicht zu einer dauerhaften bürokratischen Belastung für Kleinunternehmen werden darf. „Wir gucken uns das jetzt drei Monate an, und dann überlegen wir mal, wo müssen wir gegebenenfalls Bürokratie wegnehmen”, sagte sie am Dienstagabend in Greifswald auf einer CDU-Veranstaltung mit Blick auf den seit 1. Januar geltenden Mindestlohn. „Denn wir wollen natürlich gerade den kleinen Unternehmen das Leben nicht zu einer dauerhaften bürokratischen Herausforderung machen.” In den vergangenen Tagen hatten mehrere Unionspolitiker, darunter CSUChef Horst Seehofer, rasche Korrekturen der Dokumentationspflichten beim Mindestlohn angemahnt. Das Kabinett hat die Vorschriften zur Dokumentation des gesetzlichen Mindestlohns bereits gelockert. Demnach müssen Unternehmen nur noch alle Einkommen bis 2.958 Euro Brutto dokumentieren. Beginn, Dauer und Ende der Arbeitszeit müssen jedoch weiterhin nachgewiesen werden. Der gesetzliche Mindestlohn von 8,50 Euro in der Stunde ist seit Jahresbeginn vorgeschrieben. Ausnahmen gibt es für Lehrlinge, Praktikanten und Auszubildende sowie für Branchen, für die tariflich vereinbarte Lohnuntergrenzen gelten. Die Mindestlohnkommission will erstmals 2016 über eine Erhöhung des Mindestlohns im Jahr 2017 entscheiden. Wenn sich die Vertreter von Gewerkschaften und Arbeitgeber in der Kommission über die Höhe der Anpassung nicht einigen, gibt die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag. 1 Deutsche MittelstandsNachrichten powered by Ausgabe |03/15 Noch am Flughafen schnell ein Taxi bestellen, ein Hotel buchen und gleichzeitig arbeiten. Foto: Flickr/Matthew Hurst/CC BY-SA 2.0 gern. Mit dem Smartphone in der Tasche kann jeder Gedanke an eine Tätigkeit sofort in eine Handlung umgewandelt werden, die ein Dienstleister erledigt. Es entsteht eine Economy On Demand, in der Gründer nach der nächsten Geschäftsidee suchen, die einen ähnlichen wirtschaftlichen Erfolg feiern könnte wie der Fahrdienst Uber. Das Risikokapital (1,5 Milliarden Dollar) und die Anzahl der Start-ups in der Economy on Demand haben sich in den vergangenen Jahren mit fast verdoppelt, berichtet das Wirtschaftsmagazin Economist. Der Trend geht über die Vermittlung von Putzkräften hinaus. Die Firma Elance-oDesk vermittelt insgesamt 10 Millionen Freelancer an über vier Millionen Unternehmen. Je nach Bedarf werden unterschiedliche Netzwerke aktiviert: Im Bereich der Unternehmensberatung beraten über 500 selbstständige Consultants kleine Unternehmen oder große Konzerne. Die Firma InCloudCounsel unterbietet große Anwaltsfirmen um bis zu 80 Prozent, in denen sie massenhaft Freelancer engagiert, die rechtliche Dokumente für sie durcharbeiten. Ein Druck auf das Touch-Display des Smartphones genügt, und schon kommt innerhalb weniger Stunden ein Anwalt oder ein Arzt vorbei. Die Firma Tongal hat in ihrem Netzwerk für Videoregisseure 17.000 Dollar ausgeschrieben für die Erstellung eines 30-sekündigen Werbevideos innerhalb ei- nes Nachmittags. Der Sieger-Clip war so gut, dass das Video sogar beim Superbowl ausgestrahlt wurde, neben zahlreichen anderen Werbespots, die ein hundertfach größeres Budget verbraucht haben. Das Konzept eines guten und sicheren Arbeitsplatzes verändert sich aufgrund dieser Entwicklung zunehmend. Von 1880 bis 1980 entstanden riesige Konzerne, die im Zuge der Industriellen Revolution Scharen von Arbeitnehmern zusammenbrachten. Kleine Unternehmen konnten vielfach nicht mit der rasanten Automatisierung und Massenherstellung der neuen Maschinen mithalten. In der neuen Economy on Demand werden diese Arbeiter mit dem Smartphone verbunden, die viel mehr Rechenleistung besitzen als die DesktopComputer, die vor zwanzig Jahren bereits einen Strukturwandel eingeleitet haben. Zum Vergleich: Als Apple im September 2014 den Verkauf seiner neuen iPhones startete, ging an einem Wochenende 25mal mehr Rechenleistung über den Ladentisch, als der gesamten Welt im Jahr 1995 zur Verfügung stand. Millionen von Menschen sind potenziell miteinander verbunden und können Ad-hoc-Lösungen für nahezu jedes Problem finden. Das eröffnet neue Möglichkeiten. Thomas Malone von der MIT Sloan School of Management stellte die These auf, dass die Computertechnologie ein Zeitalter der Hyperspezialisierung hervorrufen werde. Neue Nischen bilden sich heraus. Die Eco- 23. Januar 2015 nomy On Demand ist eine Fortführung der Sharing-Economy, wie sie durch das Unternehmen Airbnb veranschaulicht wird: Wohnungen werden zu Gästehäusern, die Hoteliers Konkurrenz machen. Für Unternehmer mit wenigen Assets werden Arbeitsmärkte on Demand wichtiger. Firmen wollen die Kosten ihrer Arbeitskräfte so gering wie möglich halten. Ein Kritikpunkt der Economy On Demand ist, dass Arbeitskräfte kaum oder gar nicht ausgebildet würden und die Qualität der Dienstleistung leiden könnte. Das ist allein der großen Distanz zwischen Freelancern und Auftraggebern geschuldet. Zudem gibt es so gut wie keine Loyalität zwischen Freelancern und Vermittlern, wenn es um vereinzelte, schlecht bezahlte Dienstleistungen geht. Bei den positiven Netzwerkeffekten ist die große Anzahl der Freelancer in dieser Hinsicht problematisch. Einige Unternehmen erzielen bessere Ergebnisse, wenn sie feste Mitarbeiter einstellen. Ein weiteres Problem sind regulatorische Hürden. Der Fahrdienst Uber gefährdet beispielsweise etablierte Taxiunternehmen in zahlreichen Ländern, in dem er niedrigere Preise verlangt und bürokratische Hürden unterwandert. Neue Gesetze müssen den Strukturwandel der Arbeitswelt begleiten. Wie in der Industriegesellschaft und der Dienstleistungsgesellschaft auch geschieht der Strukturwandel durch Routine, Arbeitsteilung und Vertragslegung. Dabei werden traditionelle Arbeitsverträge und Strukturen keinesfalls abgeschafft. Die Economy On Demand erhöht vielmehr die Flexibilität von Selbstständigen und die Struktur von Dienstleistungsunternehmen. Zudem wird die Vermittlungsleistung von Arbeit verbessert. Das weckt die Hoffnung, dass in Ländern wie Spanien, Frankreich und Italien die Jugendarbeitslosigkeit mit neuen Tools besser bekämpft werden könnte. Die Anforderungen an Arbeitnehmer werden sich verändern. Egal, ob festangestellt oder Freelancer, Arbeitskräfte müssen ihre Skills auf dem neuesten Stand der Technik halten, anstatt darauf zu hoffen, dass die Unternehmen sie ausbilden. Wer sich spezialisiert, sticht aus der Masse der Freelancer hervor. Wer sichtbar ist, der bekommt Arbeit. 2 Deutsche MittelstandsNachrichten powered by Ausgabe |03/15 23. Januar 2015 ThinkTank Mittelstand soll Sprachkurse spanischer Arbeiter zahlen Ingenieure aus Spanien wirken dem Fachkräftemangel in Deutschland entgegen, wenn jemand die Sprachkurse bezahlt S panische Hochschul- und Ausbildungsabsolventen sollen den Fachkräftebedarf in Deutschland decken. Der Bundesverband Deutscher Unternehmensberater (BDU) empfiehlt dem deutschen Mittelstand angesichts des bereits bestehenden und sich weiter verschärfenden Fachkräftemangels im Ingenieurwesen, gezielt die Potenziale spanischer Absolventen zu nutzen. „Allein die digitale Revolution wird dafür sorgen, dass der Bedarf an Ingenieuren, besonders der Fachrichtungen Maschinenbau, Elektrotechnik sowie Verfahrenstechnik, nochmals rasant steigen wird”, so BDU-Geschäftsführer Kai Haake. Gemäß aktuellen Schätzungen bilden deutsche Hochschulen zwar 50.000 bis 60.000 Ingenieure pro Jahr aus, der tatsächliche Bedarf liegt jedoch bereits heute bei bis zu 90.000 Fachkräften. Der Schritt auf den spanischen Kandidatenmarkt müsse aber genauestens vorbereitet werden, um Überraschungen zu vermeiden. Aus Sicht der Unternehmensberater ist die Qualifikation spanischer Ingenieure mehr als zufriedenstellend und vergleichbar mit deutschen Abschlüssen. Kandidaten mit Berufserfahrung verfügen in der Regel über gute Kenntnisse der international gängigen CAD-, Design- und SW-Tools für technische Berechnungen/ Darstellungen sowie der einschlägigen, weltweit gültigen Normen und Richtlinien. Das Gehaltsniveau liegt in Spanien unterhalb des üblichen Niveaus im deut- schen Mittelstand. Ein an deutsche Verhältnisse angepasstes Gehalt erhöht jedoch die Chance, Kandidaten im Betrieb zu halten. Bei der Kandidatensuche vor Ort in Spanien ist unter anderem darauf zu achten, dass bei Deutschland fehlen pro Jahr schätzungsweise 30.000 Ingenieure. Foto: VDMA Gesprächen zu persönlichen und Karriere-Themen dortiges Recht gilt. Das schnelle Integration der Fachkräfte voranbedeutet zum Beispiel, dass das – im zutreiben. Die Unternehmen sollten dem Vergleich zu Deutschland – deutlich ein- BDU zufolge daher selbst für gute Sprachgeschränkte Fragerecht keine expliziten kenntnisse und eine umfassende soziale Fragen zum Familienstand, dem sozialen Eingliederung der spanischen Ingenieure Status oder der Sprache zulässt, teilt der in Deutschland sorgen. Da DeutschkenntBDU in einem Themendossier mit. nisse in der Regel fehlten, sollten indiviDie Wechselbereitschaft innerhalb duelle Sprachkurse angeboten werden, Spaniens und den großen Wirtschaftszen- die vom Arbeitgeber organisiert und betren Katalonien, Baskenland und Mad- zahlt werden. Für die Integration regen rid sei nicht sehr ausgeprägt, was aber die BDU-Rekrutierungsspezialisten ein durchaus auch für Deutschland gelte. Patensystem im Unternehmen an, bei Umso wichtiger sei es daher, schon sehr dem Business-Paten die Kandidaten bei frühzeitig den persönlichen Kontakt zu der Einarbeitung am Arbeitsplatz und SoAngehörigen und Freunden der Kandida- cial-Paten bei allen Fragen des täglichen ten zu knüpfen. Sehr hilfreich könne zum Lebens begleiten und aktiv unterstützen. Beispiel auch im Auswahlprozess sein, Haake betont, dass ErfahrungsberichPartner und Familie an den Firmensitz in te des BDU zeigten, dass Ingenieure aus Deutschland einzuladen. Spanien oder auch anderen Euro-KrisenDie Sprachförderungsangebote des ländern eine wertvolle Quelle für zusätzBundes reichen oft nicht aus, um eine liche, sehr qualifizierte Mitarbeiter seien. Innovation Studie: Innovationen müssen am Markt Vertrauen gewinnen Die Geschwindigkeit, mit der Innovationen und neue Geschäftsideen entwickelt werden, ist einer Umfrage zufolge zu hoch B undeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat für eine größere Offenheit gegenüber technischen und gesellschaftlichen Veränderungen geworben. „Für entwickelte Industriegesellschaften ist das Thema der Innovationsfähigkeit (…) von besonderer Brisanz”, sagte Merkel am Dienstag bei einem Wissenschafts-Forum im Kanzleramt in Berlin. Weil diese Länder schon viele Probleme gelöst hätten, gebe es dort die Neigung, an alten Antworten festzuhalten. Dabei müsse in Zukunft zunehmend nicht nur über technische, sondern auch über soziale und gesellschaftliche Innovationen nachgedacht werden. Doch die Geschwindigkeit, mit der in Deutschland neue Geschäftsideen entwickelt werden und sich Produktwelten verändern, ist zu hoch, sagen 57 Prozent der Befragten des Edelman Trust Barometers, einer Umfrage zum Thema Vertrauen in und Glaubwür- 3 Deutsche MittelstandsNachrichten powered by Ausgabe |03/15 Die Geschwindigkeit der Entwicklung und der Wandel in Unternehmen in Deutschland sind ... Grafik: Edelman Trust Barometer digkeit von Regierungen, Nichtregierungsorganisationen (NGOs), Wirtschaft und Medien. Nur 21 Prozent bewerten Innovationszyklen als zu langsam. Auch global stehen die Menschen der sich immer schneller verändernden Technologielandschaft skeptisch gegenüber: 51 Prozent der Meinungsführer der 33.000 Befragten in 27 Ländern gehen Veränderungen zu schnell. „Unternehmen stehen damit vor einem Balanceakt: Sie müssen innovativ sein, um ihre Zukunft abzusichern. Gleichzeitig laufen sie Gefahr, ihre Kunden zu verlieren, wenn sie Geschäftsideen, Produkte und Dienstleistungen zu schnell weiterentwickeln und nicht ausreichend erklären”, sagt Susanne Marell, CEO von Edelman Deutschland. „Neben der instabilen Lage in der Gesamtwirtschaft, zum Beispiel durch die Folgen der Ukraine- und der Eurokrise, trägt die Skepsis der Deutschen in Bezug auf Innovationen zu diesem signifikanten Vertrauensrückgang bei“, so Marell. Der Vertrauensverlust in Deutschland verläuft parallel zum globalen Trend: In 19 der 27 Länder im Edelman Trust Barometer ist das Vertrauen gegenüber dem Vorjahr gesunken. Der Schlüssel zu nachhaltigem wirtschaftlichen Erfolg heißt – neben notwendigen Innovationen – Vertrauen. Fehlt es, würden sie Produkte oder Dienstleistungen nicht kaufen, sagen 51 Prozent der Befragten in Deutschland. Im Gegensatz dazu geben 77 Prozent an, Angebote von Marken anzunehmen, die sie für glaubwürdig halten. 52 Pro- zent kritisieren Unternehmen im Gespräch mit Freunden und Kollegen, wenn sie sie nicht für vertrauenswürdig halten. Dagegen empfehlen 57 Prozent „ihre“ Marken und Unternehmen. „Vertrauen entscheidet über wirtschaftlichen Erfolg. Um es aufzubauen, müssen Unternehmen intensive Dialoge mit Verbrauchern führen sowie die Vorteile ihrer Innovationen erklären”, sagt Marell. „Sie müssen aktiv zuhören und das Feedback der Kunden in Produkte oder Dienstleistungen integrieren.” Unternehmen sollen den Befragten zufolge mit ihren Produkten und Dienstleistungen einen Beitrag zu einer produktiveren Gesellschaft leisten. Dabei ist die Mehrheit der Befragten (72 Prozent) der Meinung, dass Unternehmen gleichzeitig ihre Gewinne erhöhen und die wirtschaftlichen und sozialen Lebensumstände verbessern können. Damit dies gelingen kann, verlangen die Menschen nach mehr Sorgfalt und fordern mehr Transparenz. 57 Prozent der Befragten glauben, Produkte werden nicht ausreichend getestet, bevor sie auf den Markt gebracht werden. Unternehmen können Vertrauen schaffen, indem sie beispielsweise Testergebnisse veröffentlichen (von 73 Prozent gefordert) oder sich glaubwürdige Partner aus Wissenschaft oder NGOs suchen (von jeweils 63 Prozent gefordert). Blickt man genauer auf bestimmte technologische Neuentwicklungen, dann zeigen sich eklatante Vertrauenslücken: Fracking, die Förderung von Gas oder Öl aus Gesteinsschichten, bringen nur 21 Prozent der 23. Januar 2015 Befragten in Deutschland Vertrauen entgegen (weltweit 47 Prozent). Auch die Informationstechnologie steht vor einer großen Herausforderung in Sachen Glaubwürdigkeit: Cloud Computing vertrauen nur 30 Prozent (weltweit 55 Prozent), mobilen Gesundheits- und Fitnessmessern nur 33 Prozent (weltweit 59 Prozent), elektronischen und mobilen Zahlungsdiensten nur 48 Prozent (weltweit 69 Prozent). Im weltweiten Branchenvergleich bleibt der Technologiesektor weiter Spitzenreiter (78 Prozent global, 66 Prozent in Deutschland). Aber in 70 Prozent der Länder halten die Befragten Technologieunternehmen für weniger glaubwürdig als im Vorjahr. Auf Platz zwei und drei folgen Consumer Electronics (75 Prozent) und die Automobilindustrie (71 Prozent). Das Schlusslicht bilden der Finanzsektor (54 Prozent), Banken (53 Prozent) und Medien (51 Prozent). Die Zahlen zeigen auch: Eine allgemein hohe Glaubwürdigkeit einer Branche bedeutet nicht automatisch, dass die Menschen allen Produkten oder Dienstleitungen vertrauen, die diese Unternehmen anbieten. Während der Technologiebranche das höchste Vertrauen entgegengebracht wird, trauen nur 37 Prozent der Befragten in Deutschland Technologieunternehmen zu, dass sie z. B. Cloud-Computing-Dienste verlässlich implementieren können. „Unternehmen können sich nicht auf einem hohen Vertrauenswert für die Branche ausruhen, sie müssen sich Vertrauen immer wieder neu verdienen und ihren Beitrag innerhalb der Gesellschaft kommunizieren, insbesondere, wenn sie innovative Angebote schaffen”, betont Marell. Für das Edelman Trust Barometer 2015 wurden in 27 Ländern jeweils 1.000 Personen aus der allgemeinen Bevölkerung sowie 200 weitere Meinungsführer(in den USA und in China jeweils 500) im Alter von 25 bis 64 Jahren befragt. Innovation Neue Identität: Online-Ruf ist wichtiger als Geld und Macht Der Ruf im Netz ist wichtiger als Geld und Macht. Neben Risiken gibt es auch Chancen, die eigene Identität zu beeinflussen N iemand kann genau kontrollieren, welche personenbezogenen Informationen an welcher Stelle in den Suchmaschinen des Internets aufgelistet wer- den. Der Fall der ehemaligen First Lady Bettina Wulf beweist: Wer einmal eine Information aus dem Internet löschen will, muss große Anstrengungen bewältigen, ohne eine Garantie auf Erfolg. Aber nicht nur Politikergattinnen müssen auf ihre Präsenz im Netz achten. Beim Surfen gibt jeder Mensch mit jedem Klick mehr Infor- 4 Deutsche MittelstandsNachrichten powered by Ausgabe |03/15 Im Internet ist niemand anonym. Doch jeder kann seine Online-Identität beeinflussen. Foto: Flickr/thierry ehrmann/CC BY 2.0 mationen über sich preis. Diese Informationen werden täglich wertvoller. Das Unternehmen reputation.com verdient Geld damit, die Online-Präsenzen ihrer Kunden aufzuputschen und Suchergebnisse bei Google zu optimieren. Das kostet mindestens 700 US-Dollar. Bestenfalls erscheinen beim Googeln einer Privatperson dann die private Webseite sowie soziale Netzwerke wie Facebook, Twitter, LinkedIn oder Wikipedia. Diese Inhalte kann man kontrollieren und darin ein Image von der Person oder dem Unternehmen transportieren. Das Motto des Gründers von reputation.com Michael Fertik: Im Internet sind wir alle nackt. Die Screens unserer Smartphones und Tablets geben viel mehr Informationen preis als ein Blick durch die Fenster einer Wohnung. In seinem Buch The Reputation Economy argumentiert Fertik, dass es noch nie so wichtig war wie jetzt, sein digitales Ich zu optimieren. Es sei eine Frage der Zeit, bis jeder Mensch einen Reputationswert (Scoring) zugewiesen bekommt, ähnlich wie der eines Kreditscorings. Der Unterschied: Bei einem Kreditscoring werden Parameter wie Zahlungsmoral, Fälligkeiten und Kreditrahmen einzelnen Akteuren beim Abschluss eines Vertrages übermittelt. Der Reputationswert basiert dagegen auf dem digitalen Fußabdruck, den jeder Mensch im Internet hinterlässt, wenn er online geht. Wer aufgrund dieser Informationen personalisierte Benutzerprofile erstellen könne, verfüge über ein mächtiges Instrument, argumentiert Fertik. „Die Reputation wird wertvoller als Geld oder Macht“, sagte er der britischen Tageszeitung The Guardian. Soziale Kontakte im Internet haben bereits jetzt einen real messbaren Wert. Weil eine Mutter von zwei Kindern – eine Leh- 23. Januar 2015 rerin mit positivem Kreditrating – nicht genügend Freunde auf Facebook hatte, konnte sie auf dem Vermietungsportal airbnb.com keine Unterkunft mieten. Das Programm entschied, ihr Facebook-Profil sei gefälscht. In Großbritannien läuft derzeit eine Debatte, die von Premierminister David Cameron angestoßen wurde. Cameron will durchsetzen, dass der gesamte Datenverkehr im Internet dem Staat zur Verfügung steht. Online-Dienste wie Snapchat – bei dem Fotos kurz nach dem Verschicken automatisch gelöscht werden – müssten dann verboten werden. Künftig werden reale Entscheidungen über Menschen auf dem Wert von Reputations-Scorings getroffen. Das kann die persönliche Karriere, den Konsum oder intime Bereiche betreffen. Doch scheinbar ist man der Datensammlungswut im Internet nicht schutzlos ausgeliefert. Jeder könne sein Image im Netz selbst gestalten, sagt Fertik. Unternehmen rät er, positive Bewertungen von Online-Nutzern zu sammeln und auf so vielen Blogs und Netzwerken zu veröffentlichen wie möglich. Das Gleiche gilt auch für Privatpersonen. Man solle so vielen Seiten wie möglich beitreten und diese ausschließlich mit positiven Informationen von sich füllen. Die Fülle an positiven Informationen soll die negativen dabei überblenden. Industrie Industrie 4.0: Maschinen müssen miteinander sprechen Der Weg zur Industrie 4.0 im Mittelstand führt über die Verknüpfung von IT- und Fertigungswissen K napp jede zweite Führungskraft sieht die Unternehmen in Deutschland aktuell nicht in der Lage, den technischen und strukturellen Umbau zur vernetzten Produktion (Industrie 4.0) zu schaffen. Nicht einmal jeder Fünfte ist sich sicher, dass die eigene Firma bis 2017 dafür konkrete Projekte auf den Weg bringen wird. Das ist das Ergebnis der „Industrie-4.0Studie“ des IT-Beratungs- und -Dienstleistungsunternehmen CSC. Dazu wurden 500 Unternehmensentscheider in Deutschland befragt. „Der weltweite Wettlauf um die Einführung von Industrie 4.0 hat längst begonnen. Die deutsche Wirtschaft sollte ihre günstige Ausgangsposition nutzen und keine Zeit verlieren, das System der vernetzten Produktion flächendeckend einzuführen“, sagt Claus Schünemann, Vorsitzender der Geschäftsführung von CSC in Deutschland. „Derzeit haben sich allerdings 85 Prozent der Unternehmen noch nicht dazu entschlossen, Industrie 4.0 handfest anzupacken.“ Als Stolperstein auf dem Weg zur smarten Vernetzung nennen die Entscheider große Wissenslücken. Gut 70 Prozent sehen sich über die Chancen und Risiken der Industrie-4.0-Entwicklung nicht ausreichend informiert. „Der Einstieg zur vernetzten Produktion führt in den Betrieben Wenn Maschinen miteinander sprechen können, wird die Produktion verbessert. Foto: Flickr/ Aaron Piazza/CC BY-ND 2.0 5 Deutsche MittelstandsNachrichten powered by Ausgabe |03/15 über das Internet der Dinge“, sagt Claus Schünemann. „So gilt es beispielsweise in einem ersten Schritt, mit Sensoren die Machine-to-Machine-Kommunikation (M2M) aufzusetzen. Mit eigenen Bordmitteln lässt sich anschließend das komplexe Sammeln, Auswerten und Anwenden der gigantischen Datenmengen von den Unternehmen nicht bewältigen. Wie die Praxis zeigt, bietet es sich bei Industrie-4.0-Projekten in den Unternehmen an, auf das erprobte Erfahrungswissen spezialisierter IT-Dienst- leister zu setzen.“ Neben dem Informationsdefizit im eigenen Unternehmen bemängeln die Führungskräfte auf dem Weg zur smarten Produktion die angespannte Lage auf dem Arbeitsmarkt. So zweifelt knapp jeder zweite Befragte die europäische Wettbewerbsfähigkeit an, weil ausgewiesene Fachkräfte mit kombiniertem IT- und Fertigungswissen fehlten. Der Handlungsdruck steigt: Wie die Umfrage weiter zeigt, wird bereits gut jedes 23. Januar 2015 vierte deutsche Unternehmen von Lieferanten und Kunden nach besseren IT-Anbindungsmöglichkeiten angefragt. Die vernetzte Produktion (Industrie 4.0) bewertet allerdings auch schon 63 Prozent der deutschen Wirtschaftsentscheider als wichtigen Erfolgsfaktor für den eigenen Betrieb und den Standort Deutschland insgesamt. Rund jeder zweite Entscheider rechnet in seiner Branche durch Industrie-4.0-Maßnahmen mit Effizienz- und Produktivitätssteigerungen sowie Kosteneinsparungen. Meetings Jedes dritte Meeting ist zu lang und unproduktiv Besprechungen ohne Struktur sind ein Zeichen mangelnder Wertschätzung. Sie sind dann oft zu lang und sind nicht produktiv Ohne genauen Ablaufplan erzielen Meetings nicht die erwünschte Wirkung. F ür 32 Prozent der deutschen Arbeitnehmer sind berufliche Besprechungen in der Regel eindeutig zu lang und darüber hinaus auch noch unproduktiv. Wirklich zufrieden mit der Meeting-Kultur seines Arbeitgebers ist nur jeder fünfte Arbeitnehmer. Obwohl den meisten Unternehmen durchaus bewusst ist, dass ihre Führungsund Leistungskultur in diesem Punkt große Schwächen aufweist, steuern sie doch an den falschen Stellen gegen. Das sind Ergebnisse der Studie „Einfluss des HR-Managements auf den Unternehmenserfolg” der Personalberatung Rochus Mummert. Dazu wurden Führungskräfte aus der Personal- Foto. Flickr/John Benson planung (HR) sowie 1.000 Arbeitnehmer befragt. „Wie unsere Befragung zeigt, wissen die Unternehmen sehr genau, dass viele Meetings weder gut vor- noch nachbereitet werden“, sagt Hans Schlipat, Studienleiter und Managing Partner der Rochus-MummertGruppe. Eine fehlende Agenda ist dabei aber immer nicht nur Ausdruck einer nachlässigen Organisation, sondern gleichzeitig auch mangelnder Wertschätzung gegenüber Mitarbeitern und Kollegen. „Gerade Vorgesetzte vermitteln mit schlecht vorbereiteten Meetings den Eindruck, dass ihre Zeit, die sie bei der Vorbereitung einsparen ‚mussten‘, wertvoller sei als die der anderen Teilnehmer“, so Personalberater Schlipat. Wie die Studie weiter zeigt, zahlt sich der respektvolle Umgang mit seinen Mitarbeitern und Kollegen wirtschaftlich aus. So zeichnen sich die ertragsstarken Unternehmen durch ein Klima der Wertschätzung aus, in dem die Belegschaft als Wertschöpfungspotenzial angesehen und aktiv weiterentwickelt wird. Bei den ertragsschwachen Firmen sind die Mitarbeiter hingegen ein reiner Kostenfaktor, den es im Sinne der Gewinnmaximierung zu instrumentalisieren gilt. Die Folgen einer solchen von Misstrauen und Missachtung geprägten Führungsund Leistungskultur sind auch in anderen Bereichen des betrieblichen Alltags deutlich spürbar. So ist nur jeder vierte befragte Arbeitnehmer der Meinung, dass in seinem Unternehmen E-Mails meistens informativ sind, während eine genauso große Gruppe in der elektronischen Post größtenteils Alibi-Informationen vorfindet. „Der respektvolle Umgang mit der Zeit seiner Mitmenschen ist ein sehr guter Indikator für das Thema Wertschätzung in einem Unternehmen“, sagt Schlipat. „Die meisten Firmen wissen zwar um den Missstand, arbeiten aber nur an den Symptomen statt den Ursachen. Kurz gesagt: Ein schlecht geführtes Meeting wird nicht dadurch besser, dass frisches Obst auf dem Tisch steht!“ Impressum Herausgeber: Dr. Michael Maier. Redaktion: Thomas Gollmann Anika Schwalbe, Jennifer Bendele. Layout: Nora Lorz. Copyright: Blogform Social Media GmbH, Kurfürstendamm 206, D-10719 Berlin. HR B 105467 B. 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