Wer telefoniert noch in der Zelle? Die letzten 891 öffentlichen Apparate in Hamburg Seite 9 FREITAG, 2. AUGUST 2013 / NR. 178 / 31. WOCHE / 66. JAHRGANG / 1,40 EURO UNABHÄNGIG, ÜBERPARTEILICH Häftlingsausbruch: Beamter warnte Gefängnischefin Ihr Berater in Hamburg. Schon im Mai gab es Sorgen wegen der Zaunlücke an der Haftanstalt Holstenglacis bad & küche in duvenstedt 040 6 07 62 - 0 die küche im stilwerk 040 38 08 67 70 ANZEIGE H A MB UR G :: Ein Mitarbeiter des Hamburger Untersuchungsgefängnisses hat die Anstaltsleitung bereits Anfang Mai vor gravierenden Sicherheitsmängeln gewarnt. In einer E-Mail weist der Beamte unter anderem darauf hin, dass auf der Außenmauer auf einer Länge von mehreren Metern wegen einer Baustelle der Sicherungsdraht fehlt. Genau an dieser Stelle überwand der 25 Jahre alte Thomas S. in der Nacht vom 19. auf den 20. Juli während seiner spektakulären Flucht die Mauer. Justizsenatorin Jana Schiedek (SPD) erklärte am Donnerstagabend vor dem Justizausschuss der Bürgerschaft, dass sie diese E-Mail nicht erhalten habe. „Sie ist nur an die Anstaltsleitung gegangen“, sagte Schiedek. Mehrere der aufgelisteten Sicherheitsmängel seien beseitigt worden, nicht jedoch die Zaunlücke. „Das war leider ein Fehler“, sagte die Senatorin. Offensichtlich sei der fehlende Draht nicht als sicherheitsrelevant eingestuft worden. Wie berichtet, nutzte der inzwischen wieder inhaftierte Thomas S. eine an der Baustelle abgestellte Palette, um auf die Mauerkrone zu gelangen. Dass sich die Palette dort befand, nannte Schiedek einen „klaren Fehler“. Die gesamte Baustelle sei ein „unbefriedigender Faktor“ gewesen. „Das entsprach nicht den üblichen Sicherheitsstandards im Strafvollzug“, so die Senatorin. A N WOHN E R I N SORG E Krebs-Gift im Boden Was für ein Theater! Zeichnung: Noy DÄNEMARK 15,00 DKR / C 3390 A 50031 4 190339 001406 Redaktion 040-347 22261 :: Yoko Ono singt, 18 Tänzer erzählen die Geschichte der Menschheit, und bei Christoph Marthaler versinken die Darsteller im „King Size“-Bett. Die Höhepunkte des Internationalen Sommerfestivals auf Kampnagel. >> >> Beilage im Kulturteil Ein Abendblatt-Spezial Den meisten Deutschen sind Kinder zu teuer H AMBUR G >> >> Seite 13 25 Jahre schräge Kiez-Comedy Kampnagels Sommerfestival Sie machten das Schmidt groß: Theaterchef Corny Littmann mit Lilo Wanders (Ernie Reinhardt, l.) und Marlene Jaschke (Jutta Wübbe) Fotos: dpa/Malzkorn – Montage HA einrichtungen betreiben und Mütter wie Väter Erziehungsurlaub beantragen können, vertritt mehr als die Hälfte der Befragten (54 Prozent) den Standpunkt, Karriere und Familie seien nur schlecht zu vereinbaren. Auch dieser Wert stieg im Vergleich zu der Untersuchung im Jahr 2011 – und zwar um sechs Prozentpunkte. Knapp die Hälfte (45 Prozent) der Befragten beklagt der Studie zufolge schlechte staatliche Voraussetzungen wie etwa fehlende Kita-Plätze. Allerdings hemmen auch Unsicherheiten in der Partnerschaft die Familiengründung. 39 Prozent der Befragten gehen davon aus, dass der richtige Partner fehlt. 18 Prozent sehen Angst vor Scheidung und Alleinerziehung als Grund für Kinderlosigkeit. Für die repräsentative Untersuchung waren im Juni und Juli dieses Jahres 2000 Menschen befragt worden. Um die Geburtenrate zu erhöhen, gibt es seit Donnerstag zwei einschneidende Veränderungen in der Familienpolitik: Zum einen haben Eltern von ein- und zweijährigen Kindern jetzt einen Rechtsanspruch auf einen KitaPlatz. Zum anderen startete das umstrittene Betreuungsgeld. Eltern, die ihre Kinder von ein bis drei Jahren nicht in einer Kita betreuen lassen wollen, erhalten derzeit 100 Euro monatlich. OLIV ER S CH I R G :: „Ich bin jetzt 23 Jahre in dem Verein“, sagt Eugen Disse. Da haut einen nichts mehr um. Und wohl auch deshalb ist der 78-Jährige nicht nur der älteste, sondern auch der dienstälteste Mitarbeiter der Schmidts Tivoli GmbH, dessen Schmidt Theater dieser Tage sein 25. Jubiläum feiert. Außer Corny Littmann hat es keiner so lange am Spielbudenplatz ausgehalten wie der gebürtige Duisburger. „Am Anfang war es etwas ungewohnt, dass sich hier alle geduzt haben“, erzählt er. „Von allen vier Teilhabern des Schmidt war keiner normal“, berichtet Eugen. Er weiß: „Um in einem Theaterbetrieb zu arbeiten, muss man ein bisschen verrückt sein.“ Als Kellner und beim Einlass hat er angefangen. Seinen Beruf als Elektromaschinenbauer hat er nie ausgeübt, hat stattdessen lieber bis zu vier Bücher gleichzeitig gelesen. Mit 65 Jahren wollte er nicht mehr in der Gastronomie arbeiten. Nachdem er im Schmidt, in Angie’s Nightclub und in der Bar des Tivoli alles gemacht hat, bessert er dort im Haus seine Rente als Toilettenmann auf. „Das stinkt nicht, sagten schon die Römer“, bemerkt er trocken. Menschenandrang mag Eugen aber überhaupt nicht. „Ich bin gern zu Hause,“, sagt der St. Paulianer. Dann zieht er mit seinem „Hackenporsche“ mitsamt Einkäufen und Gehstock gen Wohnung in den „Rentnerbunker“, wie er das ehemalige Hafenkrankenhaus nennt. Humor hat er, das bisher unbekannte schmidtsche Original. (str) SON D E RSE I TE N >> >> Seite 13 Bericht Umfrage: Viele fürchten auch den Verlust ihrer Unabhängigkeit und einen Karriereknick Am stillen Ort >> >> Seite 7 Gift im Boden – und nichts passiert Die schrille Kiez-Bühne feiert 25. Geburtstag >> >> Seite 11 Warnung ignoriert MENSCHLICH GESEHEN :: Die Anwohner einer stillgelegten Lackfabrik in HamburgRahlstedt haben Angst um ihre Gesundheit: Der Boden ist mit krebserregendem Benzol belastet. HA MBUR G :: Der Befund ist ernüch- ternd: ein hoher finanzieller Aufwand für die Betreuung von Kindern, die Angst vor dem Verlust der eigenen Unabhängigkeit und die Sorge, der beruflichen Karriere zu schaden – das sind für die Deutschen die wichtigsten Ursachen für die niedrige Geburtenrate hierzulande. Zu diesem Ergebnis kommt eine Umfrage der Hamburger BAT-Stiftung für Zukunftsfragen. „Die Unsicherheit, ja fast schon Angst vor der Familiengründung hält bei vielen Bundesbürgern an“, sagte der wissenschaftliche Leiter der Stiftung, Prof. Ulrich Reinhardt. Derzeit bekommt eine Frau in Deutschland rechnerisch im Schnitt 1,36 Kinder. 2012 wurden hierzulande 674.000 Kinder geboren. Das waren nach Angaben des Statistischen Bundesamts zwar 11.000 Kinder mehr als im Jahr zuvor. Allerdings war 2011 die Zahl der Geburten auf 663.000 und damit auf den niedrigsten Stand in der Geschichte der Bundesrepublik gesunken. Die meisten Kinder seit dem Zweiten Weltkrieg wurden in Deutschland im Jahr 1964 geboren. Damals kamen knapp 1,4 Millionen Babys zur Welt. Den Ergebnissen der BAT-Studie zufolge gaben 67 Prozent der Befragten Warum kein Nachwuchs? Die drei wichtigsten Gründe, warum viele Deutsche keine Familie gründen Kinder sind zu teuer Lieber unabhängig sein Karriere wichtiger HA INFOGRAFIK 67% 60 57 QUELLE: BAT-UMFRAGE an, die hohen Kosten seien ein Grund, auf ein Kind zu verzichten. Der Wert habe sich deutlich erhöht, sagte Reinhardt. 2011 seien es lediglich 58 Prozent gewesen. Schätzungen des Statistischen Bundesamts gehen davon aus, dass Familien im Monat rund 550 Euro für ein Kind ausgeben. Von der Geburt bis zum 18. Lebensjahr summiere sich das auf durchschnittlich 121.000 Euro. Das staatliche Kindergeld fängt diese Aufwendungen nur zu einem kleinen Teil auf. Für das erste und zweite Kind erhalten die Eltern monatlich jeweils 184 Euro, für das dritte Kind 190 Euro und für das vierte sowie jedes weitere Kind 215 Euro. Auch wenn inzwischen Unternehmen vermehrt Kindertages- ANZEIGE Haftstrafe: Urteil gegen Berlusconi ist rechtskräftig R OM :: Selten hat das politische Ita- lien eine Gerichtsentscheidung so angespannt verfolgt, jetzt steht sie fest: Der frühere italienische Regierungschef Silvio Berlusconi ist rechtskräftig wegen Steuerbetrugs verurteilt. Das höchste Gericht des Landes bestätigte am Donnerstag in Rom die vierjährige Haftstrafe der unteren Instanzen gegen den Milliardär und Medienunternehmer. Die Richter ordneten aber zugleich an, dass über das fünfjährige Ämterverbot gegen Berlusconi nochmals gerichtlich entschieden werden muss. Für Berlusconi ist es die erste rechtskräftige Verurteilung nach vielen Prozessen. Ins Gefängnis muss der 76-Jährige wegen seines Alters jedoch nicht. Drei der vier Jahre werden ihm nach einem Gesetz von 2006 deswegen erlassen. Den Rest kann er etwa in Sozialstunden ableisten. Die Verurteilung könnte auch Auswirkungen auf die brüchige Regierungskoalition von Ministerpräsident Enrico Letta haben. Sie wird von Berlusconis Mitte-rechtsPartei Volk der Freiheit mitgetragen. >> >> Seite 4 Das Urteil von Rom agaz Das Fern sehm Nr. 31 ung in Ihre r Zeit 2013 3.8.–9.8. TV-PROGRAMM FÜR UNTERWEGS: rtv.de Mit Tomaten und Heute Kräutern Heute bleibt die Suppe kalt pt-Tipp rtv-Sommerreze SEITE 31 Neu im ZDF Lichter auf Schatzsuche Blick TV-Tipps auf einen SEITE 4 ügen Echtes Familien-Vergn Liga olé! ison. Bundesliga-Sa bringt Start in die 51. LA PEP GUARDIO es gibt: Bayern-Coach Neu Was es sonst Stil ins Spiel. PSPIEL BUNDESLIGA-TIP SEITE 3 KOSTENLOS ONLINE TIPPEN UND GEWINNEN www.rtv.de/bundesliga Im Park geht die Post ab! rtv Preisrätsel W E TTE R Europas Brennpunkt Keine Metropole in Europa ist heute heißer: 35 Grad in Hamburg. Morgen Gewitter. Das ausführliche Wetter auf >> >> Seite 27 Meinung, Karikatur, Leserbriefe Politik Thema Hamburg und Der Norden Kultur Live, Kinoprogramm Medien, Theaterplan, Extra Wissen, Horoskop TV-Programm, Radio-Tipps Wirtschaft Familienanzeigen Sport Wetter Rätsel, Impressum Aus aller Welt 2 3–5 6 7 – 12 13 – 14 15 16 – 18 19 20 21 – 24 24 25 – 26 27 27 28 ANZEIGE Campen gegen Schlafstörungen Zelten fördert angeblich die gesunde Nachtruhe. Zum Schlummern jetzt schnell nach Wacken? CLAUDIA S E W I G :: „Mehr Licht!“, soll Goethe ja angeblich als Letztes vor seinem Tod gefordert haben. Knappe 200 Jahre später schließen sich jetzt US-Wissenschaftler dieser These an (ohne Nennung der Dichterfürst-Ursprungsquelle, oh, oh, Doktortitel sei wachsam!). Sie postulieren, dass mehr Licht, genau genommen mehr Sonnenlicht, zu einem besseren Schlaf führe. Dieser muss ja nicht gleich wie bei Goethe unendlich sein. Der wissenschaftliche Hintergrund: Das Sonnenlicht passe die innere Uhr des Menschen dem natürlichen Tag-Nacht-Rhythmus an, schreiben die Forscher der University of Colorado im Fachmagazin „Current Biology“. Dazu weniger elektrisches Licht, und schon ließen sich Schlafstörungen und deren gesundheitliche Folgen mildern. Anzeigen 040-35 10 11 Abo-Service: 040-33 39 40 11 Auch wie die Maßnahme am besten umzusetzen sei, liefern die Wissenschaftler gleich mit: Schon mit einer Woche Campingurlaub in der Natur, das habe ein Experimente gezeigt, sinke man wieder selig in Morpheus‘ Arm. Campen gegen Schlafstörungen? Also, besser Schlummern in Kampen kannte ich ja: Meerluft macht müde, die Unterkünfte halten einen keineswegs wegen ihrer Hässlichkeit von der Nachtruhe ab, und wer dort sein Haupt bettet, wird auch sicher nicht wegen quälender Geldsorgen um den Schlaf gebracht. Aber Campen? Wenn bereits das Aufbauen des Zeltes die Nerven blank legt, die Ameisenstraße zielsicher den Weg durch den Schlafsack wählt und früh am Morgen der Forstarbeiter die umstehenden Bäume zu Kleinholz verarbeitet – na dann: Gute Nacht! Außer, man campt natürlich in Wacken. Da klappt das ganz sicher bestens! Zum einen achtet dort, beim großen Heavy-Metal-Open-Air-Festival, per se niemand auf den Tag-Nacht-Rhythmus – so kann dieser auch nicht aus dem Gleichgewicht geraten. Mit elektrischem Licht wird bekanntlich auf Musikbühnen ja auch gaaaanz sparsam umgegangen. Und die erholsame Natur, ja, die ist da ja auch ganz viel. Irgendwo. Wissenschaftlich gesehen ist das dort also ein riesiges Schlaflabor. Nur mit etwas anderen Schlafliedern. Auch Schlafen ist eine Form der Kritik, vor allem im Theater. George Bernard Shaw JETZT 6 MONATE TESTEN MIT NUR 50 € AUFNAHMEGEBÜHR! ERLEBNISREISE Fitness, Wellness, Bodycare im MeridianSpa – dieser Sommer wird besonders. 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