SWR2 Wissen – Programmübersicht Montag bis Sonntag 8.30 bis 9.00 Uhr im Radio April 2017 Samstag, 1. April Geschichtsunterricht in der Krise? Von Gabi Schlag Was hat die Französische Revolution mit Demokratie zu tun, die Weimarer Republik mit dem Beginn des Zweiten Weltkriegs und die RAF mit dem Vietnamkrieg? Immer mehr deutsche Schüler wissen darüber nichts. Bundesweit wird weniger Geschichtsunterricht erteilt als früher. Wer in manchen Bundesländern die Schule nach der zehnten Klasse verlässt, hat noch nie etwas über die DDR gehört. Vielen Schülern ist der Unterschied zwischen Demokratie und Diktatur nicht bekannt. Denn nach der Pisa-Studie 2001 hat sich der Lehrplan zugunsten der Naturwissenschaften verändert. Ist der Geschichtsunterricht da noch in der Lage, die historischen Dimensionen der heutigen Zeit zu vermitteln und sinnvolle Lehren aus der Geschichte zu ziehen? Sonntag, 2. April Aula: Varat-Fahren Schreiben lernen in der Grundschule Von Hans Brügelmann Die Schreibkompetenz der Kinder nimmt in Deutschland angeblich stetig ab, und im Mittelpunkt der Kritik an dieser Entwicklung steht in erster Linie ein Methodenstreit darüber, wie Lesen und Schreiben richtig gelehrt werden sollen: nach der sogenannten Fibel-Methode oder der „Lesen durch Schreiben”Methode. Hans Brügelmann, Bildungsforscher und Grundschulpädagoge, zeigt, warum Grundschüler nicht gleich fehlerfrei schreiben lernen müssen. Montag, 3. April Gut gemeint gleich gut gemacht? Freiwillige Flüchtlingshilfe in Griechenland Von Gudrun Fischer Im Norden Griechenlands betreiben Freiwillige ein Warenhaus für Sachspenden, die an Flüchtlinge verteilt werden. Die Hilfe ist bitter nötig, denn im Mai 2016 wurde das illegale Flüchtlingslager in Idomeni an der Grenze zu Mazedonien aufgelöst und der griechische Staat verteilte Tausende Geflüchteten auf diverse Flüchtlingslager um Thessaloniki herum. Die Organisation der freiwilligen Hilfe ist eine Herausforderung. Hinzu kommt die mobile Krankenstation „DocMobile”. Deren Personal ist zwar medizinisch ausgebildet, bleibt aber auch nur für jeweils kurze Zeit. Ist kurzfristige, manchmal chaotische Hilfe durch Freiwillige überhaupt sinnvoll? Und wenn ja: Wie organisiert man sie? Dienstag, 4. April Weltkultur von der Alb Archäologen erforschen Eiszeit-Kunst Von Elisabeth Brückner Vor rund 40.000 Jahren schon, während der letzten Eiszeit, schufen Jäger und Sammler auf der Schwäbischen Alb Kunst: Tier- und Menschenfiguren, Flöten aus Vogelknochen oder Elfenbein und Schmuckobjekte. Besonders faszinierend, auch in ihrer spirituellen Ausstrahlung, sind der sogenannte Löwenmensch und die Venus. Diese ältesten Nachweise menschlichen Kunstschaffens haben EiszeitArchäologen in sechs Höhlen im Lone- und Achtal ausgegraben. Anfang Juli 2017 entscheidet die UNESCO über die Aufnahme der Schwäbischen Alb als einzigartige Fundlandschaft in die WeltkulturErbeliste. SWR2 Wissen – April 2017 2 Mittwoch, 5. April Wer arm ist, stirbt früher Wie soziale Unterschiede die Gesundheit bestimmen Von Sigrun Damas Deutschland zählt zu den Staaten, in denen der Reichtum besonders ungleich verteilt ist. Das wirkt sich nicht nur auf den Wohlstand des Einzelnen aus, sondern auch auf seine Gesundheit und Lebenserwartung. Wer arm ist, stirbt in Deutschland früher, leidet zuvor eher an Übergewicht, bekommt eher chronische Krankheiten. Schon im frühesten Kindesalter entscheidet sich, wie bzw. ob die Weichen für ein gesundes Leben gestellt werden. Die Politik hat das Problem inzwischen erkannt und versucht, dagegen zu steuern. Mit Stadtteilprojekten, die soziale Ungleichheiten verringern und für das Thema Gesundheit sensibilisieren sollen. (Produktion 2016) Donnerstag, 6. April Von Gotteskriegern und Jihadisten Romane über religiösen Extremismus Von Claudia Kramatschek Die Wiederkehr der Religion ist das erstaunlichste Signum unserer Gegenwart – und oft genug zeigt es sich in der schrecklichen Fratze von Extremismus, Terror und Gewalt. Es gibt immer mehr Selbstmordattentate im Namen Gottes, junge europäische Männer ziehen in den Heiligen Krieg, Jihadisten träumen davon, auch auf westlichem Boden ein Kalifat zu errichten. Was treibt die neuen Gotteskrieger an? Das fragen sich auch die Schriftsteller. Für den Schweizer Theatermacher Milo Rau ist der Jihadist die allegorische Figur unserer Zeit. Der Marokkaner Mahi Binebine hat sich für einen Roman auf die Spuren radikalisierter Selbstmordattentäter gemacht, und der indische Schriftsteller Kiran Nagarkar beschrieb 2006 in „Gottes kleiner Krieger” den dünnen Grat zwischen Idealismus und Extremismus. Freitag, 7. April Elisabeth I. von England Eine Frau mit dem Herzen eines Königs Von Imogen Rhia Herrad Als Elisabeth Tudor 1558 mit nur 25 Jahren den englischen Thron bestieg, war England ein kleines Reich am Rande des katholischen Europas. Die junge protestantische Königin verfolgte die gleiche kompromisslos separatistische Politik wie ihr Vater Heinrich VIII.: Sie schrieb Englands Bruch mit der katholischen Kirche fest – und damit auch mit großen Teilen des Kontinents. Sie schloss Bündnisse mit anderen protestantischen Mächten und mit dem osmanischen Sultan; Freibeuter mit dem königlichen Patent in der Tasche gründeten in Amerika erste englische Niederlassungen. Unter Elisabeth wurde der Grundstein für Englands Aufstieg als Empire und Seemacht gelegt. Gleichzeitig musste sie als Frau in einer explizit als männlich verstandenen Position immer wieder beweisen, dass sie ihren Mann stehen konnte. Durch ihr geschicktes Taktieren und ein bewusstes Spielen mit Geschlechterrollen schaffte Elisabeth das noch nie da Gewesene: Als erste allein regierende Königin überhaupt in der englischen Geschichte saß sie fast ein halbes Jahrhundert auf dem Thron. Man feierte sie als „Virgin Queen”, als (ewig-)jungfräuliche Königin: als Herrscherin, die ebenso unberührt und unberührbar war wie ihr Inselreich. SWR2 Wissen – April 2017 3 Samstag, 8. April Die Erfindung der Kindheit Philippe Ariès und die Folgen Von Detlef Berentzen Irgendwann zwischen dem 16. und 18. Jahrhundert soll es gewesen sein. Da wurde aus dem „kleinen Erwachsenen”, der keinen besonderen Status hatte, ein bedürftiges Kind, dessen „Kindheit” zum Gegenstand von familiärer und schulischer Bildung geriet. Für Philipp Ariès, den französischen Autor des Standardwerks „Geschichte der Kindheit”, ein Akt gegen den Geist der Aufklärung, der die Freiheit und Selbstständigkeit der Kinder gewaltsam einengte. Als sein Buch 1975 in Deutschland erschien, provozierte es jede Menge kontroverse Debatten – längst nicht folgenreich genug. Immer noch haben viel zu wenige Historiker und Erziehungswissenschaftler den reichen Fundus der Kindheitsgeschichte im Fokus. (Produktion 2014) Sonntag, 9. April Reformation 500 Aula: Nährboden kultureller Höchstleistungen Das deutsche Pfarrhaus als außergewöhnliches Biotop Von Jochen Hörisch Es ist frappant. Seit den Anfängen der Reformationsbewegung ist die literarische Szene in Deutschland in geradezu atemberaubender Weise von Protestanten und näherhin von Söhnen, ab und an auch Töchtern aus Pfarrhäusern geprägt: Andreas Gryphius, Jean Paul Richter, August Wilhelm und Friedrich Schlegel, Friedrich Nietzsche, Hermann Hesse und Gottfried Benn – die Reihe ließe sich beliebig fortsetzen. Warum ist das so? Warum ist das protestantische Pfarrhaus Nährboden kreativer innovativer Intelligenzschübe? Antworten gibt Jochen Hörisch, Professor für neuere deutsche Literatur an der Universität Mannheim. Montag, 10. April Das Stethoskop Lauschangriff aufs Herz Von Anne Preger Das Stethoskop ist Sinnbild des Arztberufs. Es hilft, Krankheiten der Atemwege und des Herzens zu diagnostizieren. Vor 200 Jahren revolutionierte das Hörrohr des Pariser Arztes René Laennec die Medizin. Es ermöglichte erstmals, in lebende Körper hinein zu sehen. Heute kämpft das Stethoskop um seinen Platz in der Kitteltasche: Als Keimschleuder kann es Patienten schaden, und viele Ärzte beherrschen das Abhören nicht mehr so gut. Doch Entwickler arbeiten an Lösungen und modernisieren das Stethoskop. Reif für das Museum ist es noch lange nicht. Dienstag, 11. April Mali – Porträt eines zerfallenden Staates Von Bettina Rühl Seit 2012 kämpfen islamistische Gruppen gegen die malische Regierung. Einige stehen dem Terrornetzwerk Al-Qaida nahe und finanzieren sich über Kidnapping und Drogenschmuggel. Deutschland, Frankreich, EU und UNO versuchen, den westafrikanischen Krisenstaat zu stabilisieren. Trotzdem hat sich die Sicherheitslage 2016 verschlechtert, und die Umsetzung eines Waffenstillstands stockt. Die Autorität des malischen Staates schwindet, er ist in den Krisenregionen im Norden des Landes kaum präsent. Gleichzeitig verweigert die malische Regierung Reformen, die sie 2015 zugesagt hat. Ihre ausländischen Partner geben sich nachsichtig, statt im Gegenzug für ihre Hilfe Reformen durchzusetzen. Diese Nachsicht ist gefährlich, denn die Krise in Mali bedroht auch Nachbarländer wie Niger. SWR2 Wissen – April 2017 4 Mittwoch, 12. April Zockerei in der Spielhölle Wie Automaten abhängig machen Von Jochen Paulus Die glanzvollen Casinos, in denen sich schon Dostojewskij ruinierte, gibt es noch. Doch heute verspielen die meisten ihr Geld weniger stilvoll: bei illegalen Zockereien im Internet, bei dubiosen Sportwetten, vor allem aber an den Automaten in Spielhallen. Die Branche designt die Maschinen so, dass sie abhängig machen. Gut vier Prozent der Deutschen gelten als „auffällig Glücksspielende”. Besonders betroffen sind Migranten, Arme und bildungsferne Männer. Die meisten Abhängigen finden nie in eine Therapie, doch Hilfsangebote existieren, beispielsweise an der Universität Mainz. Die Patienten gehen hier sogar in Spielhallen oder besuchen Internet-Casinos. So lernen sie, der Versuchung zu widerstehen. Donnerstag, 13. April Der russische Naturpoet Michail Prischwin Von Gisela Erbslöh Er war ein Kenner der russischen Flora und Fauna, Naturschützer, erstklassiger Fotograf – und vor allem ein wunderbarer Autor für Erwachsene und für Kinder. Als Michail Prischwin 1954 im Alter von 81 Jahren in der Nähe von Moskau starb, lagen acht Bände seiner gesammelten Prosa vor. Jetzt gilt es einen Schriftsteller neu zu entdecken, dessen Werk über die bezaubernde Natur-Poesie weit hinausgeht. Seit dem Ende der Sowjetunion 1991 sind in Russland früher verbotene Texte und vor allem seine zahlreichen Tagebücher erschienen. Eine Auswahl wird derzeit ins Deutsche übersetzt. Sie zeigen den bislang bekannten Prischwin in neuem Licht: als widerständigen Denker, dessen Auffassung von Individuum und Natur im totalitären Regime eine Überlebensnische bot. Karfreitag, 14. April Aula: Entzauberung des Papsttums? Zur Geschichte von Papstrücktritt und -wahl Von Hubert Wolf Wie funktioniert eigentlich ein Papstrücktritt? Gehört ein Hubschrauberflug nach Castel Gandolfo künftig unverzichtbar zum Ritus des Amtsverzichts? Landen zurückgetretene Päpste wirklich in der Hölle, wie Dante schreibt? Der Kirchenhistoriker Professor Hubert Wolf zeigt, dass es immer noch keine verbindlichen Verfahren und Rituale gibt. Stattdessen kommt es nicht nur bei den Gläubigen zu Irritationen: Zwei Männer in Weiß auf dem Petersplatz, die sich beide mit Eure Heiligkeit anreden lassen – also doch zwei Päpste? Die Kirchengeschichte bietet Lösungen – denn es gab gelungene und weniger gelungene Papstrücktritte, von denen man heute lernen kann. Aber wenn man Franziskus glaubt, soll der Amtsverzicht des Papstes zur Regel werden, so dass es immer mehrere (zurückgetretene) Päpste zugleich geben würde. Führt das nicht zu einer Entzauberung des Papsttums? Und was passiert mit einem Papst, der so krank oder so dement wird, dass er sein Amt nicht mehr ausüben kann? Bis heute gibt es keine Möglichkeit, einen solchen Pontifex abzusetzen. Samstag, 15. April Lernen im Matsch Was bringt Naturpädagogik? Von Christine Werner Auf Bäume klettern, durchs Laub stapfen, im Schlamm matschen, Beete anlegen, Schmetterlinge bestimmen. Das macht Kindern Spaß, soll aber auch die Konzentrationsfähigkeit, Sozialkompetenz und Selbstwahrnehmung verbessern. Kindlicher Naturerfahrung werden viele positive Aspekte zugeschrieben. Es gibt unzählige Waldkindergruppen, Freizeiten und pädagogische Angebote. Und seit 2000 auch einen Bundesverband der „Naturkindergärten in Deutschland“. Aber was genau wird von der Natur beeinflusst? Wie fördert Naturerziehung die Entwicklung von Kindern? Macht Matschen schlau? Und handeln Kinder aus Waldkindergärten später auch umweltbewusster? SWR2 Wissen – April 2017 5 Ostersonntag, 16. April Aula: Alt werden und jung bleiben Die neue Alters- und Alternskultur Von Hans-Werner Wahl Wer heute mit 65 in Rente geht, hat noch eine lange Lebensphase vor sich, die mit Chancen, Herausforderungen und natürlich auch Einschränkungen verbunden ist. Altwerden ist heute mit neuen Imperativen verbunden: Bleibe jung und aktiv, erlebe und lerne Neues, bilde dich weiter fort! Prof. Hans-Werner Wahl, Leiter der Abteilung für Psychologische Alternsforschung an der Universität Heidelberg beschreibt Chancen und Gefahren dieses Paradigmenwechsels. Ostermontag, 17. April Reformation 500 Aula: Neue Schulen für alle Luther in der deutschen Bildungsgeschichte Von UIrich Herrmann Luthers Plädoyer an die Ratsherren, Schulen einzurichten, schuf in den protestantischen Regionen die Voraussetzungen für das Eindringen reformatorischen Gedankenguts auch in „bildungsferne” Schichten. So wurden die niederen und höheren Schulen reformiert, die Universitäten modernisiert. Der neue Pfarrerstand bildete eine sich ausbreitende Bildungselite. Schließlich waren die „modernen” protestantischen Staaten und Territorien im Norden die ökonomisch führenden in Europa vor den katholischen im Süden. Ulrich Herrmann, emeritierter Professor für Pädagogik, zeigt, was Luther in diesem Bereich alles verändert hat. Dienstag, 18. April Mit Greifvögeln auf der Jagd Die Geschichte der Falknerei Von Pia Fruth Mit der Völkerwanderung und der Ausbreitung des Islam im achten Jahrhundert nach Christus gelangt eine neue Jagdmethode aus dem Orient nach Europa: die sogenannte „Beizjagd”, vom mittelhochdeutschen bizen – ”beißen lassen”. Jäger machen sich dabei Greifvögel zunutze, die sie aufwendig großziehen, pflegen und abrichten. Mongolische Nomaden jagen mit ihren Adlern sogar Wölfe. Im Hochmittelalter entwickelt sich die Beizjagd zu einem prestigeträchtigen Privileg des Adels. Mitte des 13. Jahrhunderts verfasst Stauferkaiser Friedrich II. ein prachtvoll illustriertes wissenschaftliches Lehrwerk über Vogelkunde und die Kunst, mit Greifvögeln zu jagen. Auch Falkner, die ihre Vögel heutzutage für Schaulustige fliegen lassen, gehen mit ihren Bussarden, Uhus, Adlern oder Falken auf die Jagd. (Produktion 2016) Mittwoch, 19. April CRISPR/Cas in der Landwirtschaft Die Gen-Schere verändert die Pflanzenzucht Von Christine Werner Die Gen-Chirurgie revolutioniert die Pflanzenzucht. Mit der sogenannten CRISPR-Methode kann das Erbgut von Pflanzen präzise und schnell verändert werden. Forscher züchten damit bereits Weizen, der gegen Mehltau resistent ist, oder Pilze, die nicht mehr braun anlaufen. Der Clou ist, dass sich mit CRISPR veränderte Pflanzen nicht von herkömmlich gezüchteten unterscheiden. Einige Wissenschaftler fordern deshalb, sie nicht als gentechnisch verändert kennzeichnen zu müssen. Kritiker entgegnen, nicht das „Endprodukt” sei entscheidend, sondern der Entstehungsprozess – und der ist Gentechnik. Wann gilt eine Pflanze als gentechnisch verändert? Was bedeutet das für den Verbraucher? SWR2 Wissen – April 2017 6 Donnerstag, 20. April Knochenjob am Herd Kurze Geschichte der Köche Von Joachim Meißner Täglich locken Kochsendungen ein Millionenpublikum vor die Fernseher und machen aus Küchenhandwerkern gefeierte Stars. Das Phänomen der Promi- und Gourmetköche ist jedoch relativ neu. Lange Zeit waren Köchinnen und Köche namenlose und kaum beachtete Haushaltssklaven oder Dienstboten. Das änderte sich erst spät und führte dann zum Superstar-Effekt von Jamie Oliver, Sarah Wiener, Johann Lafer und Co. Ihre Shows sind ausgebucht, ihre Kochbücher Bestseller. Selbst Jugendliche sind begeistert und wollen eine Ausbildung zum Fernsehkoch oder zur Fernsehköchin machen. Die gibt es gar nicht, und der Alltag in der Küche entpuppt sich allzu oft als Knochenjob am Herd. Die Folge: 50 Prozent der Kochlehrlinge lösen ihre Verträge wieder. Aber nicht nur die Ausbildung ist umstritten. Kritiker aus den eigenen Reihen zweifeln überhaupt am Qualitätsbewusstsein vieler Kolleginnen und Kollegen und plädieren für ein besseres Essen für alle. Und so wird die Arbeit hinter dem Herd sogar zu einer gesellschaftspolitischen Angelegenheit. (Produktion 2015) Freitag, 21. April Archivradio: 40 Jahre Deutscher Herbst (1) Die Vorgeschichte Gábor Paál im Gespräch mit Maximilian Schönherr Im Verlauf der 1970er-Jahre wurde die RAF immer skrupelloser: Entführungen, Brandanschläge, die Besetzung der Deutschen Botschaft in Stockholm. Nach dem Stammheim-Prozess und dem Suizid Ulrike Meinhofs ging sie schließlich zur gezielten Ermordung ausgewählter Repräsentanten des Staats und des „Kapitals” über. Im April 1977 der bis heute nicht endgültig aufgeklärte Mord an Generalbundesanwalt Siegfried Buback. Wenige Wochen später die Entführung und Tötung des Vorstandssprechers der Dresdner Bank, Jürgen Ponto. In zwei Folgen zeichnet das SWR2 Archivradio diese Geschichte anhand von Original-Tondokumenten nach. Der 2. Teil am 8. September befasst sich mit der Entführung der „Mogadischu”, der Ermordung von Arbeitgeberpräsident Schleyer und den Suiziden von Stammheim. Samstag, 22. April Arbeitszeugnisse – selten zur vollsten Zufriedenheit Von Manuel Waltz Wenn Sender und Empfänger nicht die gleiche Sprache sprechen, dann versteht man sich nicht. Genau das ist die Kritik an Arbeitszeugnissen. „Hat sich stets bemüht“ ist eine Floskel, die mittlerweile bekannt ist, doch Feinheiten lassen sich unter den Vorgaben der Arbeitsgerichte kaum formulieren. Die Angst vor diesen Gerichten führt auch dazu, dass Zeugnisse oft geschönt werden. Dadurch werden dann die wirklich guten Zeugnisse entwertet. Eine Sendung über den Sinn und Unsinn von Arbeitszeugnissen, von denen Millionen jedes Jahr erstellt werden. Sonntag, 23. April Aula: Grundrecht auf Absicherung Das Bedingungslose Grundeinkommen Von Bernhard Neumärker Finnland bewegt sich ganz nahe an der Realisierung einer Utopie: Dort wird im Rahmen eines Experiments das Bedingungslose Grundeinkommen ausprobiert, ab diesem Jahr soll es mit zufällig ausgewählten Personen getestet werden, 2000 Menschen, die bislang Sozialhilfe beziehen, sollen ein Grundeinkommen in Höhe von 560 Euro erhalten. Ihnen wird eine ähnliche Kontrollgruppe gegenübergestellt, die kein Grundeinkommen erhält. Die Niederlande und Kanada wollen ebenfalls experimentieren. Und in Deutschland wird nach wie vor kontrovers über dieses Konzept gestritten, das angeblich eine Revolution nicht nur der Sozialsysteme verursachen soll. Warum das Grundeinkommen sinnvoll ist, erklärt Prof. Bernhard Neumärker, Direktor der Abteilung für Wirtschaftspolitik und Ordnungstheorie an der Universität Freiburg. SWR2 Wissen – April 2017 7 Montag, 24. April Weltraumwetter Wenn Sonnenstürme die Erde treffen Von Anke Wilde Unwetter gibt es nicht nur auf der Erde, sondern auch im All: extreme Sonnenstürme. Sie beeinflussen uns, auch wenn die Sonne so weit weg ist, dass wir den „Sturm” an sich nicht spüren. Denn Sonnenstürme beeinflussen das Erdmagnetfeld. Besonders gefährdet sind Stromnetze und Satelliteninfrastrukturen – Technologien also, ohne die unser Alltag und unser gesamtes wirtschaftliches Gefüge nicht mehr denkbar sind. 1859 hat schon einmal ein extremer Sturm die Erde getroffen und für Tage das Telegrafensystem in Europa und Nordamerika lahmgelegt. Heute wäre viel mehr Technologie betroffen. Was passiert aber bei einem Sonnensturm? Wie verletzbar ist unsere durchtechnologisierte Welt für einen solchen Angriff aus dem All? Und wie schützt man sich vor einer möglichen Katastrophe, für die es gar keine Schablone gibt? Dienstag, 25. April Die italienischen Partisanen Hüter der Verfassung – bis heute Von Aureliana Sorrento Im Dezember 2016 haben die Italiener die von der Regierung Renzi vorgeschlagene Verfassungsreform in einem Referendum abgeschmettert. Das ist sicherlich auch der Organisation der italienischen Partisanen zu verdanken, die an der Kampagne gegen die Reform maßgeblich beteiligt war. Die noch lebenden Partisanen halten es für ihre Pflicht, die Verfassung Italiens, die aus dem antifaschistischen Widerstandskampf hervorgegangen ist, zu verteidigen. Nicht zufällig ist sie die progressivste Verfassung Europas. Denn die Mehrheit der italienischen Partisanen waren Kommunisten, Sozialisten, und Mitglieder der Brigaden „Gerechtigkeit und Freiheit”. Sie kämpften nicht nur für die Demokratie, sondern auch für ein gerechteres Land. Eine Hoffnung, die sich aus ihrer Sicht nicht erfüllte. Mittwoch, 26. April Doppelväter und Drei-Eltern-Babys Familien in Zeiten der Fortpflanzungsmedizin Von Doris Maull „Vater, Mutter, Kind(er)” – die traditionelle Familienstruktur verliert zunehmend an Bedeutung. Denn dank Samenspende, Eizellenspende, Leihmutterschaft und immer neuer Entwicklungen der Reproduktionsmedizin können auch Menschen Eltern werden, die gemeinsam mit ihrem Partner dazu biologisch nicht in der Lage sind. Auf diese Weise entstehen alternative Familienmodelle. Zum Beispiel solche, in denen zwei Männer oder zwei Frauen Nachwuchs bekommen oder Kinder sogar drei Eltern haben. Die Ausbreitung dieser „sozialen Elternschaft” hat Folgen für die Gesellschaft. Der Gesetzgeber muss die rechtlichen Rahmenbedingungen an die neue Eltern-Realität anpassen und über ethische Bedenken reflektieren. Donnerstag, 27. April Der Maler Francis Bacon Ein Leben voller Schmerz und Lust Von Martina Conrad Radikal, schonungslos und deformiert malte Francis Bacon Zeit seines Lebens den Menschen, am liebsten aber den männlichen Körper. Als Sohn eines Pferdetrainers 1909 in Dublin geboren, wuchs Bacon ohne regelmäßige Schulbildung auf und machte schon als Jugendlicher Erfahrung mit Gewalt. Als Künstler war Bacon Autodidakt und besessen vom Fleisch: blutend, sich windend agieren seine Figuren auf bühnenartigen Plattformen und in leeren Räumen. Nichts außer der Existenz hat Gewicht, und diese Existenz ist pures inszeniertes Drama. Die Malerei von Francis Bacon ist ein Bollwerk gegen die Abstraktion der Nachkriegsgeneration und ein Plädoyer für das Leben – aber auch ein ständiger künstlerischer Kampf gegen den Tod. Francis Bacon starb vor 25 Jahren, am 28. April 1992. Bis heute erzielen seine Bilder Höchstpreise auf dem Kunstmarkt. SWR2 Wissen – April 2017 8 Freitag, 28. April Eberhard im Bart: Württembergs erster Herzog Von Marianne Thoms Eberhard im Bart regiert anfangs nur die Hälfte des Landes. Mit diplomatischem Geschick vereinigt er die 40 Jahre lang geteilte Grafschaft wieder und wird zum Herzog erhoben. „Attempto – Ich wag’s!” wird sein Lebensmotto. Seine Heirat mit Barbara Gonzaga aus Mantua bringt den bildungshungrigen Herrscher in Kontakt zu Italien – dem Mutterland des Humanismus. Er gründet die Tübinger Universität und reformiert Bildung und Wirtschaft. Kaiser Maximilian I. schätzt seinen Verstand und seinen Rat. Hatte dieser Mann keine dunklen Seiten? Konnte er sein „Haupt kühnlich legen jedem Untertan in Schoß”, wie Justinus Kerner dichtete? (Produktion 2016) Samstag, 29. April Texte für alle Das Konzept „Leichte Sprache” Von Silvia Plahl ”Leichte Sprache” zielt auf eine einfache Formulierung und barrierefreie Information. Internetseiten, Zooführer oder Wahlprogramme werden übersetzt und von Menschen mit Lernschwierigkeiten überprüft: Keine Metaphern, kurze Sätze, Wiederholungen sind erwünscht. Solche Regeln können Behördenmitarbeiter oder Politiker in Workshops einüben. Die klare Aussage hat durchaus Konjunktur – auch Versicherungen werben neuerdings damit, sich von Worthülsen zu verabschieden. Beipackzettel, Bedienungsanleitungen, Steuererklärungen könnten verständlicher werden – solange der Inhalt weiter stimmt. Zum Wahlprogramm in „Leichter Sprache” hieß es in der CDU vorsorglich: „Nur das Original ist gültig”. (Produktion 2014) Sonntag, 30. April Aula: Innere Stärke Wie funktioniert Selbstregulierung? Von Sabina Pauen Manche Menschen haben sich gut im Griff, sie können Abstand von ihren Trieben nehmen, sich selbst kontrollieren, sie stecken nicht fest im Reiz-Reaktionsmodus, sondern agieren gelassen und autonom. Doch wie kann man diese Selbstregulierung erlernen, oder ist sie gar genetisch kodiert? Antworten gibt Professor Sabina Pauen, Psychologin an der Universität Heidelberg. (Produktion 2016) SWR2 Wissen – April 2017 WISSENSCHAFT UND BILDUNG IN SWR2 SWR2 Campus Wissenschaft lebt! Samstag, 10.05 – 10.30 Uhr Was treibt die Wissenschaft gerade – und was treibt sie um? SWR2 Campus informiert über aktuelle Trends und ordnet neue Forschungsergebnisse ein. Was bedeuten sie wirklich? Wie passen sie mit anderen zusammen? Anders als oft dargestellt, ist Wissenschaft nicht die Abfolge von „Durchbrüchen“. Wissenschaft streitet und kämpft. Sie steht in Wechselwirkung mit Politik, Gesellschaft und Kultur. Wir berichten deshalb auch über Entwicklungen im Wissenschaftssystem: Wohin führt die derzeitige Hochschul- und Forschungspolitik? SWR2 Impuls Das Wissensmagazin Montag bis Freitag, 16.05 – 17.00 Uhr SWR2 Impuls gibt täglich Denkanstöße: mit Wissenswertem, Außergewöhnlichem und Skurrilem aus dem Wissenschaftsbetrieb. Dazu aktuelle Titel aus Jazz, Pop und Weltmusik. 1000 Antworten Warum sind Pilze keine Pflanzen? Wie entstand der Kuss? Warum haben wir zwei Nasenlöcher? Riechen Männer anders als Frauen? Wie misst ein Flugzeug die Windgeschwindigkeit? Warum bekommt man im Gesicht keine Gänsehaut? Stellen Sie Ihre Fragen im Internet unter swr.de/blog/1000Antworten SWR2 Archivradio Das SWR2 Archivradio befördert historische Tonaufnahmen zurück an die Öffentlichkeit und ordnet sie ein. Ein Webchannel für alle zeitgeschichtlich Interessierten. Im Netz unter: swr2.de/archivradio SWR2 WISSEN – SERVICE SWR2 Wissen Podcast – Webradio SWR2 Wissen können Sie auch als Live-Stream hören im SWR2 Webradio unter www.swr2.de oder als Podcast nachhören: http://www1.swr.de/podcast/xml/swr2/wissen.xml Manuskriptdienst Manuskripte der Sendungen SWR2 Wissen und Aula finden Sie unter swr2.de/wissen. Auch als E-Book für mobile Endgeräte. Programm-Informationen per E-Mail Die Wochenübersichten des Programms von SWR2 WISSEN können Sie sich regelmäßig über den SWR2 Newsletter zuschicken lassen – einfach E-Mail-Adresse eintragen bzw. austragen unter www.swr2.de/wissen (Service). 9 SWR2 Wissen – April 2017 10 SWR2 Programmfragen Bei SWR2 Programmfragen erhalten Sie allgemeine Informationen zum Programm SWR2 und auch Manuskripte. SWR2 Programmfragen, 76522 Baden-Baden, Telefon 07221 300 222 (Mo – Fr 10 – 12 Uhr). Kennen Sie das Serviceangebot des Kulturradios SWR2? Mit der SWR2 Kulturkarte können Sie zu ermäßigten Eintrittspreisen Veranstaltungen des SWR2 und seiner vielen Kulturpartner im Sendegebiet besuchen. Mit dem Infoheft SWR2 Kulturservice sind Sie stets über SWR2 und die zahlreichen Veranstaltungen im SWR2-Kulturpartner-Netz informiert. 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