Im Fokus: Es ist ruhig geworden um Mario Draghi

05.09.16
Wirtschaftsnews
Im Fokus: Es ist ruhig geworden um Mario
Draghi
Am nächsten Donnerstag wird Mario Draghi den
geldpolitischen Entscheid der EZB präsentieren. Es
gab Zeiten, da bewegten ein paar Worte von
Draghi den Euro und die Kurse an den Börsen. Die
Entscheide der EZB waren Ereignisse, die die
Schlagzeilen der Finanzmedien schon Wochen im
Voraus dominierten. Die Spekulationen darüber,
welche geldpolitischen Massnahmen „Super Mario“ aus dem Hut zaubern würde, gingen hoch.
Mittlerweile hat Mario Draghi den Heldenstatus
verloren und die Prognosen der Ökonomen und
Analysten verlieren sich in technischen Details
über Anpassungen im Anleihenkaufprogramm der
EZB. Der grosse Wurf wird am nächsten Donnerstag nicht mehr erwartet.
Die EZB hat viel gemacht, um die Wirtschaft und
die Inflation in der Eurozone anzukurbeln. Banken
können das Geld bei der EZB gratis holen, werden
aber mit einem negativen Einlagesatz von -0.4%
bestraft, wenn sie überflüssige Liquidität wieder
bei der EZB platzieren. Damit sollen sie zur Vergabe von Krediten gezwungen werden. Mit monatlichen Käufen von 80 Mrd. Euro kauft die EZB den
europäischen Obligationenmarkt leer und verhilft
so den Staaten der Eurozone sowie kapitalmarktfähigen Unternehmen und Organisationen zu
billigem Geld. Ob sie ihre wirtschaftlichen Ziele
damit aber erreichen wird, bleibt umstritten.
Das BIP in der Eurozone wächst seit 2013 wieder.
Seit 2015 hat sich das Wachstum bei gut 1.6%
stabilisiert. Dieses Wachstum lässt sich im Vergleich zu den anderen Industrieländern wie den
USA oder Japan sehen. Anhaltend gross sind aber
die Unterschiede innerhalb der Eurozone. Während Deutschland boomt und Spanien sich hochrappelt, kommt Italien nicht vom Fleck. Die Wirtschaft in Europa profitiert dabei nicht von neuen
Bankkrediten oder von Investitionen durch die
tiefen Zinsen. Vielmehr profitiert sie von der Abschwächung des Euro gegenüber dem Dollar um
mehr als 20% im Jahr 2014, welche ein nicht
unerwünschter Nebeneffekt der EZB-Politik war.
Auf die EZB-Anstrengungen überhaupt nicht reagiert hat die Inflationsrate in der Eurozone. Die
Kernrate ohne den Einfluss der gesunkenen Energiepreise verharrt bei 0.8% und macht keine
Anstalten, in die Zielregion der EZB von 2% zu
steigen. Offensichtlich hilft das viele billige EZBGeld nicht, die vorhandenen Überkapazitäten in
der Wirtschaft abzubauen und den Firmen eine
höhere Preissetzungsmacht zu geben. Angesichts
einer Arbeitslosenrate von 10.1% ist dies nicht
verwunderlich.
Damit kommen wir zu einem wichtigen Problem
der EZB-Geldpolitik. Die vorhandenen positiven
Impulse äussern sich in wirtschaftlichen Wachstumsstatistiken. Sie sind für die grosse Mehrheit
der Bürger in der Eurozone aber nicht spürbar.
Deshalb verliert die EZB an Vertrauen und ihre
Massnahmen werden zunehmend negativ beurteilt. Fehlt das Vertrauen in die EZB, kann sie trotz
grossen Anstrengungen keine positiven Signale
mehr aussenden, welche die Unternehmen zu
Investitionen und die Konsumenten zum Geld
ausgeben animieren. Deshalb ist es wichtig und
richtig, dass rund um die EZB etwas Ruhe einkehrt.
USA: Nonfarm Payrolls (August)
letzte: 275'000; erwartet: 180'000; aktuell:
151'000
USA: Arbeitslosenrate (August)
letzte: 4.9%; erwartet: 4.8%; aktuell: 4.9%
Der Arbeitsmarktbericht für den August ist unter
den Erwartungen ausgefallen. Eine unmittelbar
notwendige Zinserhöhung durch die Fed schon im
September wird er nicht provozieren. Auf der
anderen Seite ist er auch nicht so schlecht, dass
eine weitere Zinserhöhung in diesem Jahr unwahrscheinlich ist. Insgesamt bestätigt er das Bild einer
US-Wirtschaft, die solide ist, aber auch ihre
schwachen Flecken kennt. Wir gehen davon aus,
dass die Fed im Dezember ihre Leitzinsen anheben
wird.
Die Angaben in diesem Dokument und insbesondere die Beschreibung zu einzelnen Wertpapieren stellen weder eine Offerte zum Kauf der Produkte noch eine
Aufforderung zu einer andern Transaktion dar. Sämtliche in diesem Dokument enthaltenen Informationen sind sorgfältig ausgewählt und stammen aus Quellen, die
vom Investment Center der St.Galler Kantonalbank AG grundsätzlich als verlässlich betrachtet werden. Meinungsäusserungen oder Darstellungen in diesem Dokument können jederzeit und ohne vorherige Ankündigung geändert werden. Es wird keine Garantie oder Verantwortung bezüglich der Genauigkeit und Vollständigkeit der Informationen übernommen. Die St.Galler Kantonalbank AG ist von der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht FINMA (Einsteinstrasse 2, 3003 Bern, Schweiz,
www.finma.ch) reguliert und beaufsichtigt.
05.09.16
Vorschau auf diese Woche
Für die Ökonominnen und Ökonomen wird es
diese Woche wieder ruhiger. Neben dem EZBEntscheid am Donnerstag stehen für einmal viele
Daten aus der Schweiz auf dem Programm. Am
Dienstag werden das BIP-Wachstum im 2. Quartal
und die Inflationsrate veröffentlicht. Erwartet wird
ein Anstieg des BIP um 0.4%, was ein guter Wert
wäre, und ein weiterer Anstieg der Inflation in
Richtung von wieder positiven Werten.
Wochenstart-Audiocast
Brasilien versucht nach der endgültigen Amtsenthebung von Präsidentin Dilma Roussef, sich aus
einer tiefen Rezession zu befreien. Wie wir die
Wahrscheinlichkeit des Gelingens beurteilen,
behandelt unser Strategieanalyst Beat Schiffhauer
im "Wochenstart-Audiocast".
Der
„Wochenstart-Audiocast“
kann
unter
http://www.sgkb.ch/audiocasts gehört werden.
Unsere Audiocast können über den folgenden
Link abonniert werden:
https://www.sgkb.ch/de/ueber-uns/newsletter.
Aktienmärkte
US-Aktienmärkte:
DowJones: +0.39%, S&P500: +0.42%,
Nasdaq: +0.43%
Europäische Aktienmärkte:
EuroStoxx50: +2.06%, DAX: +1.42%,
SMI: +1.86%
Asiatische Märkte:
Nikkei 225: +0.93%, HangSeng: +1.72%,
S&P/ASX 200: +1.03%
Der Stimulus der Geldpolitik hat den Weg zurück
an die Börsen gefunden. Die schwächer als erwartet ausgefallenen Arbeitsmarktzahlen haben die
Börsianer zugreifen lassen, insbesondere in Europa, weniger in den USA. Die Erwartung, dass die
Fed mit Zinserhöhungen länger zuwarten wird,
wurde mit der Hoffnung auf die Ankündigung
einer noch expansiveren Geldpolitik der EZB gepaart. Der S&P500 gewann letzte Woche 0.50%.
Die europäischen Aktien legten 2.30% zu und
auch der Swiss Performance Index stieg um
1.41%.
Trotz hohen Bewertungsindikatoren sehen die
Aussichten für die Aktienmärkte für die nächsten
Wochen gut aus. Die Daten aus der Wirtschaft
fallen unterschiedlich aus und sind teilweise
schwer zu interpretieren, weil sie nicht ins Gesamtbild passen. Insgesamt sind aber keine Anzeichen für einen breiten Abschwung zu erkennen.
Dies gilt sowohl für die USA, als auch für Europa
und die Schwellenländer inklusive China. Die
Geldpolitik der grossen Zentralbanken steht nicht
im Zeichen eines raschen Umschwungs in Richtung "restriktive Geldpolitik". Die Fed wird die
Zinsen zwar anheben, dabei aber sorgfältig vorgehen. Die EZB und die Bank of England suchen
sogar nach weiteren Möglichkeiten, mehr Geld ins
System und vor allem in Schwung zu bringen.
Fiskalpolitisch war Sparen gestern, heute wird
trotz Schuldenbergen mit neuen Investitionen in
die Infrastruktur und allgemein mit mehr Staatsausgaben geworben. Die Unternehmensgewinne
stagnieren oder sinken. Momentan lässt sich dies
aber noch mit dem Sturz der Rohstoffpreise im
letzten Jahr erklären. Beweisen, dass sie wieder
mehr verdienen können, müssen die Firmen erst
im nächsten Jahr. Das tönt alles gut, wahrscheinlich sogar zu gut. Diese Situation ist nicht ungefährlich. Die momentan positive Stimmung kann
schnell kippen. Alles wird wieder schlecht gesehen
und die Kurse fallen dann sehr schnell. Die Erfahrung zeigt jedoch, dass durch eine schlechte
Stimmung ausgelöste Kursverluste rasch wieder
aufgeholt werden, solange die fundamentalen
Grundlagen für die Aktien stimmen. Diese sehen
wie erwähnt nicht schlecht aus. Eine solide Aktienallokation bleibt deshalb ein wichtiger Bestandteil des Portfolios.
Die Angaben in diesem Dokument und insbesondere die Beschreibung zu einzelnen Wertpapieren stellen weder eine Offerte zum Kauf der Produkte noch eine
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vom Investment Center der St.Galler Kantonalbank AG grundsätzlich als verlässlich betrachtet werden. Meinungsäusserungen oder Darstellungen in diesem Dokument können jederzeit und ohne vorherige Ankündigung geändert werden. Es wird keine Garantie oder Verantwortung bezüglich der Genauigkeit und Vollständigkeit der Informationen übernommen. Die St.Galler Kantonalbank AG ist von der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht FINMA (Einsteinstrasse 2, 3003 Bern, Schweiz,
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05.09.16
Rohstoffmärkte
Ölpreis WTI: USD 44.19 pro Fass
Goldpreis: USD 1324.69 pro Unze
Die Angst vor dem Überangebot ist zurück am
Ölmarkt. Die Zahl der Bohranlagen in den USA ist
seit dem Juni wieder von 400 auf 500 gestiegen.
Die Lagerbestände sind weiter gestiegen und sind
auf dem höchsten Stand seit dreissig Jahren zu
dieser Jahreszeit. Spekulationen über ein Einfrieren
der Produktion, die Russland und verschiedene
OPEC-Länder streuen, haben auch keine grosse
Wirkung mehr. Zu oft wurde schon davon gesprochen, ohne dass konkret etwas gemacht wurde.
Unter diesen Voraussetzungen wird es der Ölpreis
schwer haben, rasch auf deutlich mehr als 50
Dollar zu steigen.
und hoffen auf wieder mehr Bewegung und damit
auch mehr Umsatz. In den nächsten Wochen
werden sie weiter warten.
Thomas Stucki
Investment Center
Kapitalmärkte
Renditen 10 J:
USA: 1.60%; DE: -0.04%; CH: -0.45%
Die Aktienbörsen jubeln und sehen nach den
schwächeren Arbeitsmarktzahlen das Ende der
Fed-Zinserhöhungen. Die Obligationen-Händler
nehmen es wie üblich etwas gelassener. Für sie
hat sich an der Ausgangslage für die Fed und
damit für die Zinsaussichten nichts geändert.
Entsprechend gering sind deshalb die Renditeausschläge bei den Obligationen.
Währungen
US-Dollar in Franken: 0.9787
Euro in US-Dollar: 1.1175
Euro in Franken: 1.0937
Am Devisenmarkt ist es momentan sehr ruhig. Die
Kursausschläge sind bescheiden und konzentrieren sich auf die dritte Stelle nach dem Komma.
Dies gilt auch für das Britische Pfund, welches sich
nach den Brexit-Turbulenzen stabilisiert hat. Die
Devisenhändler harren der Dinge, die da kommen
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