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SÜDWESTRUNDFUNK
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Liebe Kolleginnen und Kollegen,
nachfolgend bieten wir Ihnen eine Meldung an.
Karsten D. Voigt(SPD), ehemaliger Koordinator der
Bundesregierung für deutsch-amerikanische
Zusammenarbeit, gab heute, 26.07.16,
dem Südwestrundfunk ein Interview zum Thema:
„Nominierungsparteitag der US-Demokraten“.
Das „SWR2 Tagesgespräch“ führte Florian Rudolph.
Mit freundlichen Grüßen
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Datum:
26.07.2016
Sanders hat sein Ziel erreicht
Baden-Baden: Der frühere Koordinator für transatlantische Beziehungen, Carsten Voigt geht
nicht davon aus, dass die Affäre um gehackte e-Mails die Kandidatur von Hillary Clinton
nachhaltig schwächt. Die Plattform Wikileaks hatte enthüllt, dass die demokratische
Parteiführung Clinton von Beginn an, bevorzugt hat und offenbar sogar plante, die VorwahlKampagne von Bernie Sanders zu sabotieren. Im SWR-Tagesgespräch sagte Voigt, die vom
unterlegenen Rivalen Sanders auf dem Parteitag ausgesprochene Unterstützung für eine
Präsidentschaft Hillary Clintons sei ehrlich. Der Parteilinke habe sein Ziel erreicht, nämlich eine
Diskussion über politische Alternativen wie soziale Gerechtigkeit anzustoßen. Das sei bisher in
der Tiefe und Breite in den USA nicht möglich gewesen. Seine Anhänger wollten aber nicht nur
diesen Schritt auf einem langen Weg zu Veränderung der USA, sondern den unmittelbaren
Erfolg und seien deshalb nicht sofort bereit, jetzt Hillary Clinton zu unterstützen. Voigt geht
deshalb davon aus, dass die Kandidatin noch nicht die Unterstützung des gesamten
Demokratischen Parteitags bekommen werde. Dies sei nur der erste Schritt, um eine
geschlossene Partei in den Wahlkampf zu führen.
Wortlaut des Live-Gesprächs:
Rudolph: Bei den Republikanern will ein Teil des Partei-Establishments den Kandidaten
Trump um jeden Preis verhindern. Bei den Demokraten scheint es, als habe die
Parteiführung Hillary Clinton gegenüber dem Parteilinken Bernie Sanders mit unfairen
Methoden bevorzugt. Was ist da denn los?
Voigt: Wenn wir mal von den oberflächlichen Konflikten absehen, dann ist das ein Hinweis
darauf, dass die amerikanische Gesellschaft tief zerstritten ist, über den künftigen Kurs des
Landes und dass diese Gegensätze so stark sind, dass ein Teil der Republikaner nicht mehr
gewillt ist, den offiziellen republikanischen Kandidaten zu unterstützen.
Rudolph: Wie sehr belastet Hillary Clinton denn dieser neue Email-Skandal, zumal sie
sich relativ knapp gegen Sanders durchgesetzt hat?
Der SWR ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland (ARD)
Voigt: Das belastet sie natürlich. Das erschwert die Zustimmung von Sanders Anhängern für
Hillary Clinton, um die ja jetzt Sanders selber geworben hat. Also insofern ist das eine
Erschwernis ihrer Kandidatur. Aber ich glaube, dass sie darüber hinweg kommen wird. Das ist
ja jetzt aktuell, aber in einigen Wochen wird das auch restlos in den Hintergrund treten.
Rudolph: Clinton-Rivale Sanders wirbt ja jetzt für Hillary Clinton als kommende
Präsidentin. Dabei haben er und seine Anhänger nun wirklich allen Grund sauer zu sein.
Wie ehrlich ist denn dieser Schulterschluss?
Voigt: Der ist bei Sanders ehrlich. Denn er hat erreicht, was er wollte und womit er am Anfang
gar nicht rechnen konnte, dass in den USA eine Diskussion über politische Alternativen geführt
wird mit Inhalten zum Beispiel sozialer Gerechtigkeit und das Thema der Gebührenfreiheit für
Studenten. Eine Diskussion, die so bisher in der Breite und Tiefe nicht möglich war. Insofern hat
er Erfolg gehabt. Aber seine Anhänger wollen natürlich nicht nur diesen Erfolg, den er als einen
Schritt auf einem langen Weg zur Veränderung der USA ansieht, sondern sie wollen den
sofortigen Erfolg und sind deshalb natürlich nicht sofort Willens Hillary Clinton auch zu
unterstützen.
Rudolph: Deshalb würde ich da eben auch fragen, kann Hillary denn dann auch auf die
Unterstützung des gesamten Parteitages hoffen?
Voigt: Sie wird noch nicht die Unterstützung des gesamten Parteitages haben. Sondern dieser
Parteitag ist ein Schritt auf dem Weg dazu, eine geschlossene Partei in den Wahlkampf zu
führen. Man muss ja auch sehen, dass es bei Hillary weniger darauf ankommt, dass sie in
solchen liberalen Ostküsten-Staaten wie Connecticut oder Massachusetts statt 50 Prozent jetzt
60 Prozent Unterstützung erhält, sondern es kommt bei ihr darauf an, dass sie in diesen SwingStaaten wie Florida und Virginia, die zwischen Republikanern und Demokraten pendeln und
dass sie dort den republikanischen Kandidaten Trump besiegt.
Rudolph: Umfragen zeigen Trump, trotz des verkorksten Nominierungs-Parteitags der
Republikaner, in Führung und sein Zugewinn ist laut CNN sogar groß wie seit 2000 für
einen republikanischen Kandidaten nicht mehr. Für wie aussagekräftig halten sie das
denn?
Voigt: Sie sind aussagekräftig für den Augenblick. Ob dieser Augenblick anhält, im Laufe des
Wahlkampfs wird in den nächsten Wochen entschieden und wird auch entschieden durch die
nächsten Tage auf dem demokratischen Parteitag. Von Anfang an galt, Trump hat eine Chance
Präsident zu werden und deshalb müssen sich die europäischen Beobachter nicht darauf
einstellen nur was Trump für den Wahlkampf bedeutet, sondern was Trump auch bedeutet für
den Fall, dass er nicht mehr Kandidat ist, sondern auch Präsident wird.
Rudolph: Da frage ich mal ganz konkret, worauf müssten wir uns denn da einstellen für
diesen Fall, den sie ja durchaus für möglich halten?
Voigt: Trump vertritt Vorstellungen im Bezug auf den transatlantischen Handel, im Bezug auf
die Sicherheitsbestimmungen, wenn Europäer einreisen wollen, im Bezug auf die NATO und im
Bezug auf Putin, die völlig jenseits dessen liegen, was wir bisher von Amerika erwartet haben.
Deshalb würde ich sagen, dass ein amerikanischer Präsident Trump zu einer schweren
Belastung der deutsch-amerikanischen, der europäisch-amerikanischen und der Euroatlantischen Beziehungen führen würde und das darf man nicht kleinreden, denn das ist ein
Risiko was durchaus besteht.
- Ende Wortlaut -
Der SWR ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland (ARD)