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Editorial
Eine zeitgemässe Armee muss also heutzutage kämpfen, schützen und helfen können. Dieses breite SpekWelche Fähigkeiten trum ist anspruchsvoll und verlangt von den Kadern
braucht eine moderne und ein breites und umfassendes Wissen und von den Verzeitgemässe Schweizer Ar- antwortlichen die Einsicht, dass die richtigen Mittel
mee? Die Entwicklung von beschafft werden. Der Nachrichtendienst muss mit seineuen Technologien bringt nen Sensoren und seinem Netz die Risiken erkennen
neue Mittel, Möglichkei- und der Doktrin damit die Grundlagen für die Erarten und Kompetenzen. Die beitung der Einsatzgrundsätze und der zugehörigen
Diskussion, ob uns die ge- Reglemente liefern können. Diese Grundlagen müsfährlichste oder die wahr- sen an die Kader so vermittelt werden, dass diese in der
scheinlichste Gefahr in un- Lage sind, ihre Einheiten gezielt auszubilden, damit sie
seren Gedanken leiten soll, bewegt uns auch schon seit in der anspruchsvollen Risikowelt von heute in mögJahren – sie wird wie viele andere Diskussionen auch, lichst allen Lagen bestehen können.
häufig zu akademisch geführt.
Eine zu einseitig ausgerichtete, ausgerüstete und
Am Schluss muss die Fähigkeit da sein, der Aggres- ausgebildete Armee hilft in diesem hybriden und
sion eine adäquate Antwort gegenüberstellen zu kön- anspruchsvollen Gefahrenbild langfristig nicht weinen. Heute spielen Staater – es braucht neben
ten eine untergeordnete
dieser Einsicht aber auch
Rolle, andere Player sind
«Eine einseitig aufgestellte Armee Entscheide aller politiebenso wichtig geworden:
schen Ebenen, die diese
hilft im hybriden Gefahrenbild
Ethnien, transnationale
Ausrichtung ermöglichen
Gruppierungen, terrorisund mittragen.
langfristig nicht weiter.»
tische Organisationen bis
Darum freut mich die
hin zur organisierten KriHaltung unseres Parlaminalität und grossen Migrationsströmen bilden neben ments – die Mehrheit hat die Zeichen der Zeit erNationalstaaten das Bild der hybriden Gefahren. Dass kannt – sie ermöglichen die Bereitstellung von Mitdas Profil der Bedrohungen breit ist, zeigen verschie- teln im Rahmen der Rüstungsprogramme und der
dene Berichte und Feststellungen der letzten Wochen. Finanzplanung und damit die Entwicklung einer
Einerseits schreibt die Zeitung Nordwestschweiz zeitgemässen Armee – zu der auch ein neues Kampfam 4. Juni unter dem Titel «Die neue Angst vor Pu- flugzeug und eine bodengestützte Fliegerabwehr
tins Panzern», dass die Schweizer Armee wieder ver- (BODLUV) gehört. Einer Armee, die Antworten auf
mehrt auf schweres Geschütz setze. Und wir lesen die aktuellen und die kommenden Gefahren hat.
Die Kader der Schweizer Armee danken für diese
über die Verlegung von Truppen der NATO ins Baltikum. Es gehe nicht um eine Bedrohung, man werde Unterstützung.
und wolle weiter den Dialog führen. Aber dennoch –
was geschähe, wenn Russland ähnlich wie auf der Krim
und in der Ostukraine mit Geheimdienstmethoden
die Baltischen Staaten unterlaufen würde? Auch dann
würde, wie bereits gesehen, ein Krieg ohne KriegserAndreas Bölsterli, Chefredaktor
klärung geführt und die Resultate dieses Konfliktes
[email protected]
gewissermassen eingefroren, ohne dass noch etwas geschieht und ohne dass Armeen im klassischen Sinne
und gemäss den aus früheren Zeiten bekannten Bildern eingesetzt werden müssten.
Andererseits hat die Gruppe der sieben grossen Industriestaaten (G7) an ihrem Gipfel Ende Mai in Japan
Cyber-Attacken einem bewaffneten Angriff gleichgestellt. Staaten sollen sich auf das Recht zur Selbstverteidigung berufen können und gewaltsam gegen mögliche Angreifer vorgehen können.
Liebe Leserin, lieber Leser
Allgemeine Schweizerische Militärzeitschrift 07/2016
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