Griechenland will Flüchtlinge rascher loswerden

Freitag, 17. Juni 2016 • Nr. 141
Kampf um Rom und Mailand
Kurz und knapp
Konvertit
soll Angriffe
geplant haben
ITALIEN Die großen Städte stehen im Mittelpunkt der Stichwahlen
Von unserem
Korrespondenten
Wolf H. Wagner, Florenz
FRANKREICH
Korruption in der Hauptstadt,
Flüchtlinge in Mailand – das
sind die Themen für die am
Sonntag stattfindenden
Stichwahlen der italienischen
Kommunalwahlen. Die großen
Städte Rom, Mailand, Neapel
und Turin, Bologna und Triest
sind hart umkämpft.
Wegen mutmaßlicher Anschlagspläne ist in Südfrankreich ein junger Mann festgenommen worden. Der 22-jährige Konvertit habe in der
Touristenstadt Carcassonne
eine „Gewalttat“ geplant, verlautete gestern aus Justiz- und
Ermittlerkreisen.
Ziel sollen Touristen aus den
USA und Russland gewesen
sein. Bei seiner Festnahme,
die bereits am Montag erfolgte, hatte der Mann demnach
ein Messer und einen Hammer bei sich.
„Wir sind noch nicht am Ziel angekommen, aber am 19. Juni
können wir die Geschichte Roms
neu schreiben.“ Mit diesen
kämpferischen Worten geht Virginia Raggi, die erfolgreiche Kandidatin der Bewegung 5 Sterne
(M5S), in die Stichwahl am kommenden Sonntag. Raggi hatte im
ersten Wahlgang vor zwei Wochen mit über 35 Prozent der
Stimmen deutlich dominiert und
die Kandidaten von Mitte-Links
und Mitte-Rechts abgehängt.
Im zweiten Urnengang muss
sich die 37-jährige Juristin nun
gegen den von Premier Matteo
Renzi unterstützten Mitte-LinksKandidaten Roberto Giachetti
durchsetzen. Viele gehen davon
aus, dass Raggi das Rennen machen wird. Giachetti ist ein eher
farbloser Kandidat, vor allem
aber rechnen Analysten damit,
dass das Wahlvolk Renzis Politik
abzustrafen gewillt ist.
Des aides sociales
réduites de moitié
pour les réfugiés
EN HAUTE-AUTRICHE
Eine große Rolle spielen dabei
auch innerparteiliche Differenzen bei den Demokraten. Die
Opposition innerhalb der Demokratischen Partei (Pd) Renzis ist
mit den Reformplänen des Regierungschefs zu Verfassung und
Parlament keineswegs einverstanden. Ex-Premier Massimo
D’Alema gehört dem Nein-Komitee für das wahrscheinlich am 2.
Oktober stattfindende Referendum an und plädierte öffentlich
für die Wahl von Raggi.
Bereits nach dem ersten Wahlgang musste Matteo Renzi einräumen, dass seine Pd nicht zu
den Gewinnern gehörte. In Neapel setzte sich der Linkskandidat
Luigi De Magistris durch; die Pd
nimmt an der Stichwahl gar nicht
erst teil. In Mailand liegt Renzis
Lieblingskandidat
Giuseppe
„Beppe“ Sala nur knapp ein Pro-
Foto: AFP/Filippo Monteforte
Renzi spielt
Ergebnis herunter
Virginia Raggi könnte Roms erste Frau auf dem Bürgermeisterposten werden
zent vor dem Mitte-Rechts-Gegner Stefano Parisi. Der könnte
von einer Mitleidswelle profitieren, die von den Anhängern Silvio Berlusconis ausgeht: Der ExCavaliere musste sich nach einer
Herzschwäche einer Aortaklappenoperation unterziehen.
Seine Anhänger fürchten sowohl um seine Gesundheit als
auch um das politische Erbe der
Forza Italia. In Turin wähnte sich
Amtsinhaber Piero Fassino bereits als Sieger, doch auch der
frühere Justizminister der Pd
muss sich einem zweiten Wahlgang stellen. Premier Matteo
Renzi erklärte in den vergangenen Tagen wiederholt, es handele
sich um Bürgermeisterwahlen
und nicht um die Beurteilung seiner Politik. Sollte Virginia Raggi
die Wahlen in Rom für sich entscheiden können, so würde dies
nicht nur ein bedeutender Sieg
für die Beppe-Grillo-Bewegung
M5S sein, sondern könnte auch
zum ersten Mal in der Geschichte
eine Frau zur Oberbürgermeisterin von Rom machen.
Eine mögliche Folge wäre, dass
Rom auf die Ausrichtung der
Olympischen Spiele 2024 verzichten könnte. Raggi hatte erklärt, es sei ihr wichtiger, die
Schlaglöcher der hauptstädtischen Straßen zu flicken und den
Bürgern ein gutes Gesundheitssystem zu geben, als das von Renzi unterstützte Prestigeprojekt
umzusetzen. Dafür seien die
Stadtsäckel zu leer, meint Raggi.
Sie kann sich sicher sein, dass ein
Großteil der hauptstädtischen
Bevölkerung genauso denkt.
Griechenland will Flüchtlinge rascher loswerden
ATHEN Parlament bahnt schnelleren Abschiebung in die Türkei den Weg
Im Zuge des Flüchtlingsdeals
zwischen der Europäischen Union und der Türkei hat das griechische Parlament gestern einer
schnelleren Abschiebung von
Migranten in das Nachbarland
den Weg gebahnt.
Die Abgeordneten folgten in
Athen einer Initiative des Innenministeriums und beschlossen,
die bisherige Zusammensetzung
der für die Abschiebungen zuständigen Asyl-Ausschüsse zu
verändern. Demnach entscheiden nun zwei Richter und ein
Vertreter des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR, was mit den
Asylbewerbern zu geschehen hat.
Die bisherigen Ausschüsse bestanden aus einem UNHCR-Vertreter, einem Staatsbediensteten
und einem Vertreter des nationa-
len
Menschenrechtskomitees.
Diese Ausschüsse, in denen keine Justizbeamte vertreten waren,
hatten sich bisher fast ausnahmslos geweigert, Flüchtlinge – unter
ihnen viele Syrer – in die Türkei
8.300
Auf griechischen Inseln
befinden sich 8.300
Flüchtlinge, denen die
Abschiebung in die
Türkei droht
abzuschieben. Sie begründeten
ihre Entscheidung damit, dass
die Türkei kein sicherer Drittstaat sei.
Lediglich im Fall von zwei syrischen Asylbewerbern wurde bislang das Gesuch abgewiesen. Abgeschoben wurden sie jedoch
nicht, weil sie noch nicht alle
rechtlichen Möglichkeiten ausgeschöpft haben.
Das Justizministerium zeigte
sich befriedigt über das Votum im
Parlament. Dadurch werde die
„Kompetenz der Ausschüsse gestärkt“ und das „Verfahren beschleunigt“ – bei „Achtung der
Menschenrechte“, hieß es.
Der im März ausgehandelte
Flüchtlingspakt zwischen der EU
und der Türkei sieht vor, dass die
Türkei alle auf irregulärem Weg
nach Griechenland gelangten
Migranten zurücknimmt. Im Gegenzug nimmt die EU für jeden
abgeschobenen Syrer einen anderen syrischen Flüchtling aus
der Türkei auf. Flüchtlings- und
Menschenrechtsorganisationen
kritisieren, dass in die Türkei Zurückgebrachte inhaftiert würden
und es faktisch keine Möglichkeit gebe, dort Asylanträge zu
stellen.
Seit dem 20. März wurden 462
Flüchtlinge abgeschoben, darunter 31 vor dem Krieg in ihrem
Land geflohene Syrer. Keiner
von ihnen hatte offiziell einen
Asylantrag gestellt. Auf den griechischen Inseln befinden sich
derzeit 8.300 Flüchtlinge, denen
die Abschiebung in die Türkei
droht.
(AFP)
Les réfugiés installés en
Haute-Autriche n’auront plus
droit qu’à environ la moitié
des aides sociales auxquelles
peut prétendre le reste de la
population, au moins durant
les premières années de leur
séjour, comme en a décidé
hier l’exécutif de cette province du nord de l’Autriche.
Après l’important flux migratoire de 2015 en Autriche, le
parti chrétien-démocrate autrichien (ÖVP) et le parti d’extrême droite FPÖ, qui dirigent
ensemble cette région, ont décidé de réduire, pour les seuls
réfugiés, la principale allocation destinée aux populations
les plus vulnérables. Cette allocation, attribuée en fonction des revenus, passera de
914 euros à 520 euros maximum dont une aide automatique de 365 euros complétée
par une allocation de 155 euros si son bénéficiaire suit les
cours d’allemand et d’initiation aux „valeurs“ proposés
dans le cadre du parcours
d’intégration.
Offener Bruch
in der
Pegida-Führung
DEUTSCHLAND
Tatjana Festerling, bislang neben Pegida-Gründer Lutz
Bachmann führender Kopf
der fremdenfeindlichen Bewegung, wird aus dem Verein
ausgeschlossen. Das sogenannte Orga-Team von Pegida warf Festerling in einer auf
Facebook verbreiteten Erklärung „vereinsschädigendes
Verhalten“ vor. Zur Begründung hieß es unter anderem,
Festerling habe sich nicht an
Absprachen gehalten und ihre
Redemanuskripte vorab nicht
vorgelegt. Festerling bezichtigte Bachmann gestern ihrerseits der Lüge. Die frühere
Hamburger AfD-Politikerin
Festerling fiel durch besonders scharfe Angriffe gegen
Politiker, Medien und Flüchtlinge auf. Seit Wochen war
Festerling allerdings öffentlich bei Pegida nicht mehr in
Erscheinung getreten.
Persönlich erstellt für: asbl asti
EUROPA 11
Tageblatt