Falschaussagen als »Methode

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Freitag, 24. Juni 2016, Nr. 145
Sommer!
1
Spezial
Freitag, 24. Juni 2016, Nr. 145
AP PHOTO/ALEXANDER ZEMLIANICHENKO
Ein Lenin-Darsteller auf dem Roten Platz wartet auf Touristen (Moskau, März 2016)
Liebe Leserinnen und Leser,
in unserer Sommerbeilage dieses Jahres finden Sie wieder Empfehlungen und Hinweise auf zahlreiche Neuerscheinungen. Im Mittelpunkt dieser Ausgabe stehen Projekte des Verlages 8. Mai. Seit Mitte
Juni ist endlich Lenins Schrift »Der Imperialismus als höchstes
Stadium des Kapitalismus« lieferbar. Diese kritische Neuausgabe,
herausgegeben und kommentiert von Wladislaw Hedeler und Volker
Külow umfasst neben Lenins Text und einem umfassenden Dokumenten- und Bildteil Essays von Dietmar Dath und Christoph Türkke. Ein Buch, das in keinem linken Haushalt fehlen sollte.
EDUARD KORNIYENKO/REUTERS
Anfang Juli erscheint das neue Heft der Zeitschrift Melodie
und Rhythmus. Es handelt sich um eine stark erweiterte Ausgabe
mit dem Schwerpunkt Kuba. Kubanische Musiker stellten Songs
aus ihrem Repertoire zur Verfügung, so dass der Zeitschrift eine
einzigartige, redaktionell kuratierte CD beiliegt: »Viva Cuba!« –
eine Premiere für die Zeitschrift. 80 Minuten Musikerlebnis von
Rumba über Nueva Trova, Jazz, Rock und Pop bis Heavy Metal.
(siehe Seite 12 dieser Ausgabe)
Und schließlich liegt der neue Kuba-Solidaritätskalender »Vi-
HELGA REIDEMEISTER/DEUTSCHE KINEMATHEK
va La Habana« 2017 vor, es gibt ihn diesmal in zwei Formaten
(siehe Seite 12 dieser Ausgabe). Nicht zuletzt weisen wir in dieser
Ausgabe auf ausgewählte Publikationen hin, die in Kooperation
mit dem Verlag 8. Mai GmbH entstanden sind (siehe Seiten 7
und 8).
Bitte besuchen Sie auch unseren Online-Shop (www.jungeweltshop.de). Wir haben unser Angebot für Sie deutlich erweitert. Insbesondere unser Online-Antiquariat ist beachtlich gewachsen. Wir
wünschen Ihnen eine anregende Lektüre.
Michael Mäde
THOMAS A. SCHMIDT
Sommershop
Unsere Empfehlungen für die heiße Jahreszeit: Die kritische Neuausgabe von
Lenins Imperialismusschrift, DVDs zum
DEFA-Jubiläum, Foto- und Sachbücher.
Außerdem: Der neue Kuba-Solidaritätskalender »Viva La Habana« 2017 ist
erschienen.
TON STEINE SCHERBEN/RIO REISER ARCHIV/ INDIGO
»Post aus Chile« erhielt der Verleger Frank
Schumann regelmäßig – von der in Chile lebenden ehemaligen Volksbildungsministerin
der DDR. Die jetzt als Buch erscheinende Korrespondenz zeigt Margot Honecker als eine Frau,
unbeirrbar in ihren Überzeugungen.
In der DVD-Box »70 Jahre DEFA« sind einige
der markantesten Filme der DDR-Filminstitution versammelt: Von »Die Mörder sind unter
uns« mit Hildegard Knef bis zu »Sieben Sommersprossen«, einem mit Laiendarstellern besetzten Jugendfilm von Hermann Zschoche
Der Verlag 8. Mai gibt nicht nur die junge Welt
und die Melodie und Rhythmus heraus, hier
entstanden auch – in Zusammenarbeit mit
anderen Verlagen – Bücher und CDs. Dazu
gehört der Fotokatalog »Fidel es Fidel« mit
Aufnahmen Roberto Chiles
Wer wissen möchte, was gerade Spannendes
auf Kuba passiert – gesellschaftlich, kulturell, musikalisch –, kommt an der aktuellen
Melodie und Rhythmus nicht vorbei. Die Ausgabe 04/2016 erscheint am 1. Juli und kann
hier schon vorbestellt werden!
Politisches Buch n Seiten 2 bis 4
Film und Fernsehen n Seiten 5/6
Projekte des Verlages 8. Mai n Seiten 7/8
Hören n Seite 12
ZWÖLF SEITEN EXTRA
GEGRÜNDET 1947 · FREITAG, 24. JUNI 2016 · NR. 145 · 1,50 EURO (DE), 1,70 EURO (AT), 2,20 CHF (CH) · PVST A11002 · ENTGELT BEZAHLT
WWW.JUNGEWELT.DE
Dialogbereit
Wirtschaftsnah
Wehrhaft
Angestachelt
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Appell an Obama: Venezuelas Prä­
sident Maduro fordert Kurs­
änderung Washingtons
Linkspartei kritisiert Programm »Inno­ Türkei: Volksräte und Gewerkschaften
vative Hochschule«. »Exzellenz­
beraten über Widerstand gegen
strategen« verteilen Trostpflaster
Dschihadisten
Zerstörung Jugoslawiens: Vor 25 Jah­
ren erklärten Kroatien und
­Slowenien ihre Unabhängigkeit
Kriegsende in Kolumbien
AP PHOTO/RODRIGO ABD
L
ateinamerika und die Welt
blickten gestern nach Havanna,
wo die Revolutionären Streitkräfte Kolumbiens (FARC-EP) und
die kolumbianischen Regierung einen
beiderseitigen und endgültigen Waffenstillstand vereinbarten. Mit den Unterschriften von Kolumbiens Präsident
Juan Manuel Santos und des obersten
Comandante der FARC-EP, Timoleón
Jiménez, sollte der älteste bewaffnete Konflikt in Lateinamerika beendet
werden. In den letzten 50 Jahren sind
ihm mehr als 260.000 Menschen zum
Opfer gefallen, mehr als sechs Millionen Kolumbianer sind Flüchtlinge im
eigenen Land. Der Waffenstillstand gilt
als Voraussetzung für einen Friedensvertrag, der noch im Juli abgeschlossen werden soll. »Heute ist der letzte
Tag des Krieges«, kommentierten die
FARC-Unterhändler nach der Einigung
am Mittwoch auf Twitter.
Die Leitung der Zeremonie lag bei
den Vertretern der Garantiemächte des
Prozesses, Kubas Präsident Raúl Castro
und Norwegens Außenminister Børge
Brende. Als Ehrengäste eingeladen waren unter anderem Chiles Präsidentin
Michelle Bachelet, ihr venezolanischer
Amtskollege Nicolás Maduro, der Präsident der Dominikanischen Republik,
Danilo Medina, als Repräsentant der
Lateinamerikanischen und Karibischen
Staatengemeinschaft CELAC und UNGeneralsekretär Ban Ki Moon. Bei
seiner Ankunft in Havanna erinnerte
Maduro an die wichtige Rolle seines
verstorbenen Vorgängers Hugo Chávez,
der die Gespräche zwischen Guerilla
und Regierung vermittelte hatte.
Das Abkommen enthält Vereinbarungen über die Niederlegung der
Waffen durch die Rebellen und im
Gegenzug Sicherheitsgarantien für die
»Unser Traum ist Frieden mit sozialer Gerechtigkeit«: Guerilleros der FARC befestigen ein Transparent in ihrem Lager
Mitglieder der FARC-EP. Zudem verpflichtet sich die Regierung, kriminelle
Organisationen zu bekämpfen, die für
Morde an Gewerkschaftern und Menschenrechtsaktivisten verantwortlich
sind. Ein gemeinsames Kommuniqué bezeichnet diese Organisationen
als »Nachfolger des Paramilitarismus
und seiner Unterstützernetzwerke«.
Ebenfalls vereinbart wurde die »Verfolgung kriminellen Verhaltens, das
die Umsetzung des Abkommens und
den Aufbau des Friedens gefährden
kann«. Vor dem Waffenstillstand hatten sich beide Seiten bereits auf besondere Justizverfahren zur Aufarbeitung
des Bürgerkrieges, landwirtschaftliche
und soziale Entwicklungsprogramme
sowie die Bedingungen der politischen
Beteiligung der Guerilla geeinigt. Die
FARC-EP selbst hielten bereits seit elf
Monaten einen einseitig verkündeten
Waffenstillstand ein, seither hatte es
kaum noch bewaffnete Auseinandersetzungen zwischen ihr und Regierungstruppen gegeben. In vielen Teilen des
Landes sind allerdings weiter paramilitärische Gruppen, die sich mit anderen Verbrecherbanden zusammengetan
haben, aktiv. Rückendeckung erhalten
diese Gruppierungen von Vertretern
des ultrarechten Lagers, die – wie der
frühere kolumbianische Präsident Álvaro Uribe – gegen den Friedenspro-
zess mobil machen. Deshalb soll eine
Mission des UN-Sicherheitsrates künftig über die Einhaltung und Umsetzung
des Friedensvertrages wachen und verhindern, dass rechte Todesschwadronen erneut fortschrittliche Kräfte und
die Bevölkerung terrorisieren.
Auch mit der Nationalen Befreiungsarmee (ELN), der zweitgrößten Guerillagruppe des Landes, sollen formelle Friedensgespräche geführt werden.
Einer der von dieser benannten Vermittler, der in Spanien lebende frühere
ELN-Anführer Carlos Velandia, wurde
allerdings Anfang der Woche bei der
Einreise am Flughafen von Bogotá verhaftet.
Siehe Kommentar Seite 8
Falschaussagen als »Methode«
Bundesinnenminister de Maizière muss sich im Bundestag Rücktrittsforderungen stellen
B
undesinnenminister Thomas
de Maizière (CDU) wurde im
Bundestag wegen seiner falschen Aussagen zu Attesten für ausreisepflichtige Flüchtlinge von Opposition und SPD scharf kritisiert. GrünenFraktionschefin Katrin Göring-Eckardt
legte de Maizière am Donnerstag
in einer aktuellen Stunde des Parlaments den Rücktritt nahe. »Nehmen
Sie Herrn Maaßen gleich mit«, fügte Göring-Eckardt mit Blick auf Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg
Maaßen hinzu. »Wir brauchen wieder
Sicherheit in diesem Land und einen
Minister, der das verkörpert und ausstrahlt.«
De Maizière hatte in einem Interview erklärt, es würden immer noch zu
viele Atteste von Ärzten ausgestellt, wo
es keine echten gesundheitlichen Abschiebehindernisse gebe. Dies betreffe
70 Prozent der Männer unter 40 Jahren. Er räumte seinen Fehler ein. Linke-Fraktionsvize Jan Korte sagte, angesichts der aufgeheizten Flüchtlingsdiskussion dürfe dem Innenminister
dergleichen nicht passieren. »Sie reden
sich jede Woche um Kopf und Kragen«, betonte Korte. Es sei die »Metho-
de« des Innenministers, Behauptungen
aufzustellen, die bei kritischen Nachfragen dann nicht bewiesen werden
könnten. Der SPD-Abgeordnete Lars
Castellucci verwies in der Debatte auf
frühere Äußerungen de Maizières etwa zu Taxifahrten von Flüchtlingen,
zu denen der Minister auch keine Belege vorgelegt habe. Castellucci fügte
hinzu: »Sie laufen immer wieder in
diese Falle hinein, dass Sie Dinge behaupten, hinter denen Sie am Ende
nicht stehen.« De Maizière räumte ein:
»Ich hätte diesen Prozentsatz so nicht
nennen dürfen.« Es habe sich nicht um
eine offizielle Statistik gehandelt, sondern um »Erfahrungswerte«.
Nicht nur zu Taxifahrten und ärztlichen Attesten hat de Maizière durch
nichts zu belegende Zahlen ins Spiel
gebracht. Kürzlich strahlte RTL ein Interview mit ihm aus, in dem er behauptete, ein Drittel der Flüchtlinge würde
»dauerhaft Probleme bereiten«. Bereits
im Oktober 2015 hatte das ARD-Magazin »Panorama« nachgewiesen, dass
de Maizières Aussage, 30 Prozent der
Asylsuchenden gäben sich als Syrer
aus, seien in Wahrheit aber gar keine,
nicht haltbar ist. (AFP/jW)
TOBY MELVILLE / REUTERS
Regierung und Guerilla unterzeichnen Waffenstillstand. Offizielle Zeremonie in
Havanna. Friedensvertrag soll bis Ende Juli stehen. Von Volker Hermsdorf
Brexit: Should I stay or
should I go
London. Am Donnerstag wurde im
Vereinigten Königreich in einem
Referendum über einen Austritt
des Landes aus der Europäischen
Union abgestimmt. Der konservative Premierminister David Cameron hatte noch am Mittwoch abend
dazu aufgerufen, für den Verbleib
zu stimmen. 46,5 Millionen
Bürger hatten sich für die Abstimmung registriert, soviel wie noch
nie bei einem Urnengang in dem
Inselstaat.
Die Wahllokale waren landesweit von 7 Uhr bis 22 Uhr
geöffnet, teilweise bildeten sich
vor ihnen Schlangen. Laut einer
am Donnerstag veröffentlichten
Umfrage sprach sich eine knappe
Mehrheit für den Verbleib des
Königreichs in der EU aus. Mit ersten aussagekräftigen Ergebnissen
wird nicht vor Freitag morgen gerechnet. Aktuelle Berichte finden
Sie auf www.jungewelt.de und in
der jW-Wochenendausgabe.
(AFP/dpa/jW)
Siehe auch Seite 8
Rentenniveau sinkt
schneller als erwartet
Bremen. Die gesetzliche Rente
hinkt in den kommenden Jahren
den Löhnen voraussichtlich noch
stärker hinterher als bisher angenommen. Für das Jahr 2030 werde ein Rentenniveau von nur noch
44,2 Prozent erwartet, sagte der
Vorstandsvorsitzende der Rentenversicherung, Alexander Gunkel,
am Donnerstag in Bremen. Zuletzt lagen die Renten bei gut 48
Prozent des Durchschnittslohns.
Der Beitragssatz dürfte laut
Gunkel bis 2020 stabil bei
18,7 Prozent bleiben und dann in
den darauffolgenden zehn Jahren
auf 21,9 Prozent steigen. Rufe
nach einer neuen großen Rentenreform werden zur Zeit vor allem
mit dem Verfall des Rentenniveaus begründet.
(dpa/jW)
wird herausgegeben von
1.850 Genossinnen und
Genossen (Stand 22.6.2016)
n www.jungewelt.de/lpg