Makro Research Volkswirtschaft Rohstoffe Juni / Juli 2016 Rohstoffpreisentwicklung hilft Deflationsdebatte zu überwinden Rückblick: Die Debatte um eine drohende Deflation scheint so gut wie überwunden, was sicherlich mit der Stabilisierung bzw. dem leichten Anstieg der Rohstoffpreise zusammenhängt. In den vergangenen Wochen legten insbesondere die Energie- und die Agrarrohstoffpreise zu, während die Notierungen für Industrie- und Edelmetalle eher nachgaben. Die Bodenbildung der Rohstoffpreise stützt sich auf zwei Säulen. Zum einen ist die fundamentale Tendenz zu beobachten, dass sich an einigen Rohstoffmärkten die Schere zwischen Angebot und Nachfrage etwas schließt, wobei dies zumeist aus einer Einschränkung des Angebots resultiert. Zum anderen erfahren die Rohstoffpreise seit Jahresanfang Unterstützung durch den kräftigen Aufbau der Netto-Long-Positionen der spekulativ orientierten Finanzmarktteilnehmer (Managed Money). Futurespreis am 08.06.16 Veränderung in % Veränderung in % Veränderung in % ggü. Vorwoche ggü. Vormonat ggü. Vorjahr Rohstoffpreisentwicklung Einheit Energie WTI $/bbl 51,2 4,5 14,7 -11,9 Brent $/bbl 52,5 5,6 15,7 -16,2 Erdgas $/MMBtu 2,5 3,7 17,5 -8,8 Edelmetalle Gold $/Feinunze 1259,8 4,0 -2,6 7,4 Silber $/Feinunze 17,0 6,6 -3,0 6,4 Platin $/Feinunze 1012,0 4,1 -6,7 -8,1 Palladium $/Feinunze 562,0 2,7 -7,4 -24,4 Industriemetalle Kupfer $/t 4570,3 -1,2 -5,2 -23,1 Nickel $/t 8920,8 5,7 -1,2 -33,5 Aluminium $/t 1596,8 2,4 0,7 -6,8 Zink $/t 2057,5 4,5 9,2 -3,4 Blei $/t 1730,3 1,4 -0,9 -9,0 18,1 Agrar Mais USc/ bushel 431,3 4,2 14,7 Weizen USc/ bushel 519,5 9,7 14,6 -1,6 Soja USc / bushel 1177,8 7,1 14,8 24,7 Kaffee USc/lb 139,7 14,6 13,1 2,3 Kakao $/t 3113,0 2,2 2,2 -0,1 Quelle: Bloomberg, DekaBank. Hinweis: Der Futures- Preis bezieht sich auf den jeweils nächsten generischen Futures- Kontrakt (zumeist 1 Monat Laufzeit). Ausblick: Wenig Veränderung gibt es dagegen bei der Nachfrage, die zwar stabil ist, aber aufgrund des schwachen weltwirtschaftlichen Umfelds eher unterdurchschnittlich stark zunimmt. Alles in allem dürfte die schwankungsreiche Seitwärtsbewegung der Rohstoffpreise erstmal weitergehen. Das Szenario ausgeprägter Rohstoffpreisrücksetzer halten wir für den weiteren Jahresverlauf für ebenso wenig wahrscheinlich wie das Szenario einer schnellen und kräftigen Rohstoffhausse. Ersterem steht die Verknappung des Angebots, letzterem die nur moderate Rohstoffnachfrage entgegen. Die wichtigsten Prognosen und Revisionen Inhalt Rohstoffpreisentwicklung hilft Deflationsdebatte zu überwinden 1 Rohstoffe im Überblick 2 Rohöl Brent / WTI 3 Gold 4 2016 2017 (Jahresdurchschnitt) (Jahresdurchschnitt) Revision Gold 1100 € 1230 $ 1110 € 1170 $ Brent 40 € 44 $ 53 € 46 $ WTI 43 $ 55 $ Quellen: Bloomberg, Prognosen DekaBank 1 Makro Research Volkswirtschaft Rohstoffe Juni / Juli 2016 Rohstoffe im Überblick Bloomberg Rohstoffind. (Jan. 2011 = 100) Quellen: Bloomberg, DekaBank Nettopositionierung* der Spekulanten * in Tsd. Kontrakten, Managed Money Quellen: CFTC, ICE, LME, Bloomberg, DekaBank Tops und Flops der letzten vier Wochen* ■ Im Fokus: Die Debatte um eine drohende Deflation scheint so gut wie überwunden, was sicherlich mit der Stabilisierung bzw. dem leichten Anstieg der Rohstoffpreise zusammenhängt. In den vergangenen Wochen legten insbesondere die Energie- und die Agrarrohstoffpreise zu, während die Notierungen für Industrie- und Edelmetalle eher nachgaben. Die Bodenbildung der Rohstoffpreise stützt sich auf zwei Säulen. Zum einen ist die fundamentale Tendenz zu beobachten, dass sich an einigen Rohstoffmärkten die Schere zwischen Angebot und Nachfrage etwas schließt, wobei dies zumeist aus einer Einschränkung des Angebots resultiert. Zum anderen erfahren die Rohstoffpreise seit Jahresanfang Unterstützung durch den kräftigen Aufbau der Netto-Long-Positionen der spekulativ orientierten Finanzmarktteilnehmer (Managed Money). Wenig Veränderung gibt es dagegen bei der Nachfrage, die zwar stabil ist, aber aufgrund des schwachen weltwirtschaftlichen Umfelds eher unterdurchschnittlich stark zunimmt. Alles in allem dürfte die schwankungsreiche Seitwärtsbewegung der Rohstoffpreise erstmal weitergehen. Das Szenario ausgeprägter Rohstoffpreisrücksetzer halten wir für den weiteren Jahresverlauf für ebenso wenig wahrscheinlich wie das Szenario einer schnellen und kräftigen Rohstoffhausse. Ersterem steht die Verknappung des Angebots, letzterem die nur moderate Rohstoffnachfrage entgegen. ■ Perspektiven: Die Entwicklung der Rohstoffpreise wird langfristig vom Zusammenspiel zwischen physischem Angebot und Nachfrage bestimmt. Bis vor ein paar Jahren wurden die Rohstoffmärkte stark durch die steigende Rohstoffnachfrage in den Schwellenländern aufgrund des wirtschaftlichen Aufholprozesses dominiert. Die bis zur Finanzkrise deutlich gestiegenen Preise haben damals eine Investitionswelle im Rohstoffsektor losgetreten. Inzwischen wurden die Produktionskapazitäten bei vielen Rohstoffen sogar so spürbar ausgeweitet, dass nicht nur die steigende Nachfrage problemlos bedient werden kann, sondern zunehmend Überkapazitäten bei der Rohstoffproduktion entstanden sind. Die Folge war ein einige Jahre lang herrschender Abwärtstrend der Rohstoffpreise. Dieser dürfte sich seinem Ende zuneigen. Das inzwischen niedrige Preisniveau bewirkt, dass die Investitionstätigkeit stark abgebremst wird. In Verbindung mit der anhaltenden Zunahme der globalen Rohstoffnachfrage dürften die Rohstoffpreise daher längerfristig wieder steigen. Die Anlageklasse Rohstoffe eignet sich als Beimischung in einem breit gestreuten Portfolio. Allerdings muss beachtet werden, dass bei Investitionen in Rohstoffe starke Preisschwankungen auftreten können. Wichtige Daten im Überblick Rohstoffe * Veränderungsrate in % Quellen: Bloomberg, DekaBank DJUBS DJUBS DJUBS DJUBS Energie Industriemetalle Edelmetalle Agrar Stand* 08.06.2016 38,5 93,9 173,8 63,9 Veränderungsraten in % ggü. Vormonat ggü. Vorjahr 12,5 -32,0 -0,5 -19,2 -2,8 6,9 13,9 13,2 * Indexpunkte (Originalindex); Quellen: Bloomberg, DekaBank 2 Makro Research Volkswirtschaft Rohstoffe Juni / Juli 2016 Rohöl Brent / WTI Ölpreis der Sorte Brent (je Barrel) ■ Im Fokus: Dass das OPEC-Kartell nur noch ein zahnloser Tiger ist, hat das Treffen Anfang Juni erneut gezeigt. Doch obwohl sich die großen Ölproduzenten nicht verbindlich auf Produktionsbeschränkungen einigen können, stagniert zurzeit die weltweite Ölförderung bei einer anhaltend unterdurchschnittlich steigenden Nachfrage. Diese Konstellation sorgt derzeit für steigende Ölpreise. In den letzten Wochen waren dafür allerdings auch unvorhergesehene Produktionsausfälle in Kanada und Nigeria verantwortlich. Insbesondere wenn die kanadische Ölförderung wieder hochgefahren wird, können die Ölpreise in den Sommermonaten durchaus noch leicht nachgeben, bevor sich unserer Meinung nach ab Jahresende eine nachhaltige Verteuerung von Rohöl einstellt. Wir haben unsere Ölpreisprognose angehoben und sehen den Ölpreis Ende 2017 nun bei knapp 60 US-Dollar je Barrel. ■ Prognoserevision: Aufwärtsrevision für 2016 und 2017. Quellen: Bloomberg, Prognose DekaBank Nettopositionierung der Spekulanten* * in Tsd. Kontrakten, Managed Money, Rohölsorte Brent Quelle: ICE, Bloomberg, DekaBank ■ Perspektiven: Der globale Ölmarkt wird von einem Überangebot dominiert, welches auf bis zu 2 Mio. Barrels pro Tag zu beziffern ist. Das weltweite Ölangebot ist sowohl in den Nicht-OPEC-Ländern (insbesondere in den USA) als auch in den OPEC-Ländern stark ausgeweitet worden – stärker als die globale Ölnachfrage gestiegen ist. Dieses Überangebot wird mittelfristig zwar reduziert, aber vorerst nicht komplett abgebaut. Die Ölfördermenge in den USA geht inzwischen zurück. Denn ein Teil der US-Ölproduktion, der mit der technologieintensiven und teuren Methode „Fracking“ gewonnen wird, ist durch den Ölpreisverfall unwirtschaftlich geworden. Investitionen in neue Fracking-Projekte werden aufgeschoben. Die Anzahl der aktiven US-Ölbohranlagen ist von 1600 Ende 2014 auf unter 350 gefallen. Allerdings sorgt der technische Fortschritt dafür, dass aus bestehenden Anlagen immer mehr Rohöl entnommen werden kann. Daher wird die Ölproduktion in den USA in viel geringerem Ausmaß gedrosselt, als die Verringerung der Ölbohranlagen es hätte vermuten lassen. Außerdem verteidigen die OPEC-Länder mit allen Mitteln ihre Marktanteile. In der Summe dürfte sich die globale Angebotsentwicklung erst im späteren Jahresverlauf 2016 abschwächen. Wenn dies der Fall ist, können die Ölpreise auch wieder nennenswert steigen. US-Rohölförderung* (Wochendaten) Wichtige Daten im Überblick Rohöl (Preis je Barrel) Brent (EUR) Brent (USD) WTI (USD) Prognose DekaBank Brent (EUR) Brent (USD) WTI (USD) 08.06.2016 46,1 52,5 51,2 In 3 Monaten 44 49 48 vor 1 Monat 39,7 45,4 44,7 In 6 Monaten 47 51 50 vor 1 Jahr 56,9 63,3 59,1 In 12 Monaten 53 56 55 Quelle: Bloomberg, Prognosen DekaBank Quelle: EIA, DekaBank. 3 Makro Research Volkswirtschaft Rohstoffe Juni / Juli 2016 Gold Gold (Preis je Feinunze) ■ Im Fokus: Es wurde im Verlauf der letzten Wochen mehr als offensichtlich, dass der Goldmarkt an den Lippen der US-Notenbanker hängt. Kaum wurde durch das Sitzungsprotokoll der Fed die Tür geöffnet für eine US-Zinserhöhung im Juni/Juli, fiel der Goldpreis spürbar. Als der Wind des letzten schwachen USArbeitsmarktberichts diese Tür wieder ein Stückweit zufallen ließ, erholte sich der Goldpreis nennenswert. Wir bleiben bei der Prognose, dass sich der Goldpreis in den nächsten Monaten mit starken Schwankungen seitwärts bewegen wird. Denn mit der nächsten Leitzinserhöhung der Fed rechnen wir erst im Herbst. Die politische Unsicherheit bezüglich des EU-Referendums im Vereinigten Königreich und der anschließenden Wahlen in Spanien bleibt hoch. Gold wird als Investment weiter gesucht, dies zeigt sich an den Beständen der weltweit mit Gold hinterlegten Wertpapiere (ETF), auch wenn die eigentlich stärkste Nachfragekomponente, nämlich die Schmucknachfrage, schwächelt. Im weiteren Verlauf des Jahres wird die Fed der Haupttreiber für die Goldpreisentwicklung bleiben. Quellen: Bloomberg, Prognose DekaBank ■ Prognoserevision: – Nettopositionierung der Spekulanten* * in Tsd. Kontrakten, Managed Money Quellen: CFTC, Bloomberg, DekaBank Physisches Angebot und Nachfrage* ■ Perspektiven: Gold gilt weltweit als Krisenwährung. Entsprechend steigt der Goldpreis in Krisenzeiten in der Regel stark an. Üblicherweise sinkt er wieder, wenn eine Krise abflaut. Im Gefolge der Finanzmarktkrise und der Zuspitzung der Staatsschuldenkrise in Europa verzeichnete Gold dank stetiger kräftiger Preisanstiege starke reale (also inflationsbereinigte) Gewinne. Die europäische Staatsschuldenkrise hat an Brisanz und damit an Bedeutung für den Goldpreis verloren. Zudem hat die US-Notenbank Fed ihren Leitzinserhöhungszyklus gestartet. Das wird weltweit langsam wieder zu höheren Renditen führen – selbst wenn einige große Notenbanken (EZB, Bank of Japan) der Fed nicht so schnell folgen werden. Im Zuge dessen wird Gold weiter an Wert verlieren, wenngleich nur noch in moderatem Tempo. Stützend wirkt, dass die Notenbanken in vielen Schwellenländern ihre Goldbestände zur Diversifizierung der Währungsreserven weiterhin aufstocken. Diese Entwicklung hat den Goldmarkt in den vergangenen Jahren strukturell verändert, da zuvor die Notenbanken weltweit über lange Zeit per Saldo als Goldverkäufer aktiv waren. Zudem verlagert sich die physische Goldnachfrage stärker von Nordamerika und Europa nach Asien, insbesondere wegen des steigenden Wohlstands der dortigen Bevölkerungen. Auf lange Sicht trauen wir dem Goldpreis nicht viel mehr als einen Inflationsausgleich zu. Wichtige Daten im Überblick * in Tonnen Edelmetalle Gold (EUR je Feinunze) Gold (USD je Feinunze) Silber (EUR je Feinunze) Silber (USD je Feinunze) Prognose DekaBank Gold (EUR je Feinunze) Gold (USD je Feinunze) 08.06.2016 1.105,33 1.260,12 14,91 17,00 in 3 Monaten 1.110 1.230 vor 1 Monat 1.129,74 1.288,99 15,36 17,47 in 6 Monaten 1.130 1.230 vor 1 Jahr 1.054,59 1.171,94 14,43 16,11 in 12 Monaten 1.110 1.170 Quellen: Word Gold Council, DekaBank 4 Makro Research Volkswirtschaft Rohstoffe Autor Dr. Dora Borbély Tel.: (0 69) 71 47 - 5027 E-Mail: [email protected] Herausgeber Dr. Ulrich Kater (Chefvolkswirt) Tel.: (0 69) 71 47 - 2381 E-Mail: [email protected] Disclaimer Diese Darstellungen inklusive Einschätzungen wurden von der DekaBank nur zum Zwecke der Information des jeweiligen Empfängers erstellt. Die Informationen stellen weder ein Angebot, eine Einladung zur Zeichnung oder zum Erwerb von Finanzinstrumenten noch eine Empfehlung zum Erwerb dar. Die Informationen oder Dokumente sind nicht als Grundlage für irgendeine vertragliche oder anderweitige Verpflichtung gedacht, noch ersetzen sie eine (Rechts- und / oder Steuer-)Beratung; auch die Übersendung dieser stellt keine derartige beschriebene Beratung dar. Alle Angaben wurden sorgfältig recherchiert und zusammengestellt. Die hier abgegebenen Einschätzungen wurden nach bestem Wissen und Gewissen getroffen und stammen oder beruhen (teilweise) aus bzw. auf von als vertrauenswürdig erachteten aber von uns nicht überprüfbaren, allgemein zugänglichen Quellen. Eine Haftung für die Vollständigkeit, Aktualität und Richtigkeit der gemachten Angaben und Einschätzungen, einschließlich der rechtlichen Ausführungen, ist ausgeschlossen. Die enthaltenen Meinungsaussagen geben die aktuellen Einschätzungen der DekaBank zum Zeitpunkt der Erstellung wieder, die sich jederzeit ohne vorherige Ankündigung ändern können. 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