Aktuell - Lyrik in Köln

Monatsblatt No. 49
Folkert Sierts
Augenblicke
Petra Christine Schiefer
vorratshaltung
Mit einem stolzen Blick den Horizont durchbohren.
Unaufgeregt das zurückgebliebene Schicksal loswerden.
Aus dem Schlamm gegrabenen Herzschlag kontrollieren.
In Mengen Salzwasser durch die Hände laufen lassen.
Das Wetter ist stabil und die Sonne erwärmt die Steine.
Die zärtliche Haut ist ungreifbar weit weg verschwunden.
Aber die Bilder haben die Leute bestürzt gemacht.
im überfluss
keller und speicher füllen
für karge zeiten
sorgfältig konserviert
überlebens mittel erhöhen
durchhalte chancen
Die Milben leben millionenweise ganz munter weiter.
Im Sommer sind die Wespen da und stechen so gerne.
Stachel wie Waffen, peinliche Körperteile, ja das tut weh.
Totgeschlagene Wespen, die zurückgeblieben sind.
Schmerzlicher Verlust, aber die Milben machen weiter.
Und doch bleibt es ruhig mit unaussprechlichen Wörtern.
Ja, so ist die Natur und vor er schlafen geht, schlägt der
junge Specht immer mal wieder gegen die Bäume.
Tick, tick, tick, tick, tick ...
Er klopft unaufhaltsam mit seinem schwarzen, scharfen
Schnabel den Satz:
„Unsterblich ist derjenige, der wirklich lebt.“
Michael Domas
Zu hoffen
gabst du mir keinen Anlass,
wohl aber einen Grund,
den, dass es dich gibt.
Du eröffnetest mir
die Horizonte,
hinter denen
du verschwandest.
und so leg ich mir
zu tiefgefrorenem
ein lachen und
ein zärtliches wort
eine berührung
neben die winteräpfel
und an die batterien
von wasserflaschen
einen feuchten kuss
Juni 2016 / kostenlos
Lyrik
in Köln
Schwerpunkt
Hoffnung
denn wer weiß
was noch kommt
Grafik dieser Nummer: Patricia Falkenburg
ViSPR & Redaktion: Dr. Kathrin Kiss-Elder,
Niehler Kirchweg 63, D-50733 Köln
T. 0172-4629072, [email protected]
Gestaltung Nr. 49: Patricia Falkenburg
Alle Rechte der abgedruckten Gedichte liegen bei den
Autoren.
Lyrik in Köln ist eine Initiative
zur Förderung der Dichtkunst
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in Köln
Auflage: 2500, Erscheinen: Monatlich zum Ersten.
Mitarbeit externer Künstler erwünscht.
Redaktionsschluss: je zum 20. eines Monats, 10:00 Uhr
Schwerpunkt der nächsten Nummer:
Sharing (English Issue)
Das Faltblatt wird veröffentlicht von
www.lyrikinkoeln.org
Franz Ott
vom wundern
Kathrin Kiss-Elder
Dennoch
Rolf Polander
Über die Hoffnung
wundere mich immer wieder was im kern
uns menschen im leben hält warum
enten fliegen worte erhört werden
ach höre mein gott das leise brennen
Es scheint
nahezu unüberwindlich
was du vorhast.
Du gehst dennoch
getragen von der absurden Hoffnung deiner Kindertage
mehr aber fast noch aus reiner Ratlosigkeit
und mangels Alternativen.
Nur unerfüllt kann Hoffnung Hoffnung bleiben.
Wer weiter hoffen will, darf nichts erhoffen.
Ulrike Krebs
Über die Grenze
(Traum in dunkler Zeit)
Ich will die Finsternis vor ihnen her
zum Licht machen und das Höckerige
zur Ebene. (Jesaja 42, 16)
Vor mir so dicht in rasender Nachtfahrt
bremst einer urplötzlich ab
seinerseits arg in Bedrängnis
also zieh ich mein Lenkrad
nach links fast simultan
verhält sich mein Vordermann ebenso
also noch weiter hinüber nach links
raketen- kometengleich weit über die Grenze hinaus
überschlag mich auf höckrigem Grund
steig allein aus
finde mich wieder
am frischen Wasser
auf grüner Weide
stelle mein Fahrzeug mit links
auf die Beine ein Spielzeug endlich
zum Stillstand gekommene Rädchen
fernab vom Getriebe
Meerluft weht hier
kann ich atmen
bin da
wohin ich gehöre.
Erstaunlicherweise gehst du dabei aufrecht
und lächelst, wie du es einst
von jenen lerntest, die dich liebten.
Und dann
geschieht
das Wunder.
Der Glückskeks
springen und
über dem schatten ...
das licht finden
FO
Sigune Schnabel
Wandlung
Als meine Hoffnung zerbrach,
fasste der Strom des Lebens
nach einer Scherbe.
In seinen Tiefen spülte er sie
mit den Kieseln abwärts.
Sand rieselte an ihr entlang.
Plötzlich gaben Wellen
sie vor meinen Füßen frei.
Ein Funke meiner Sehnsucht
ließ sie matt erglänzen.
Rund lag sie an einem Frühlingstag
in meiner Hand.
Ju Sobing
HOFFNUNG
Am Morgen sitzt
vor dem Fenster ein Vogel
Er zerpflückt die Stille
Singt von Freiheit
und Frieden
als wäre Wahrheit geworden
auf einmal der fromme Wunsch
Und singt doch
nur Frühling –
Wenngleich
Frühling ist viel
Heißt es doch:
Leben auf`s Neu
Ausgebreitet ins Land
dehnt sich
der Wege Vielleicht
Saft aller Hoffnung
er steigt
Stephan Braun
wind dunkelmauern
da geisternah
sonnen huttage
vielleicht