Die Prager Astronomische Uhr Der Sensenmann erscheint im oberen Turm mit einem hellen Glockengeläut, und nun kommen sie: Petrus, Andreas Jakobus, Johannes….. Judas und zum Schluss der Hahn, schließlich die Glockenschläge zur vollen Stunde. Ein wunderbares Schauspiel, das immer wieder viele Menschen anlockt – so auch unsere kleine Reisegruppe aus der Gesamtkirchengemeinde. Prager stehen neben ihren Besuchern und lassen sich aufs Neue faszinieren. Trotz der Uhren am Arm, im Ring oder an der Kette, trotz Präzision der Zeitansagen in den Handys oder der in den Digitalkameras geht niemand am Altstädter Rathaus in Prag vorbei, ohne den Kopf zu heben und auf die gewaltige astronomische Uhr zu blicken. Und wenn das stündliche Figurenspiel anhebt, dann laufen alle herzu, die in der Nähe sind, um diese Aufführung nicht zu verpassen. Tick, tick, tick…. so geht der Zeiger immerfort und macht sichtbar, was unsichtbar verläuft – die Zeit. Die Menschen sehen auf die Uhr und sehen der Zeit hinterher, die an ihnen vorüberzieht. Ob sie sich bewusst machen, dass es ihre Zeit ist? Das Gerippe oben rechts neben dem Zifferblatt zeigt es mit seinem Stundenglas an, die Lebenszeit verrinnt und läuft unweigerlich auf den Tod hin. Einatmen – ausatmen - einatmen – ausatmen…. Wie ein Uhrwerk funktioniert unser Leben. Der Atem geht herein und heraus, das Herz pumpt das Leben durch unsere Adern, das Blut pulsiert im gleichmäßigen Rhythmus. Unter der Uhr stehend wird mit bewusst, dass ich ein Präzisionswerk bin und mein Leben ein Meisterwerk ist, wunderbar gemacht. Unwillkürlich atme ich bei diesem Gedanken noch einmal tief ein und aus. Der Sensenmann, der stündlich erscheint, und das Gerippe mit dem Stundenglas erinnern mich daran, dass das Wunder dieses Lebens mir einmalig gegeben ist. Mit jedem Schlag der Uhr, mit jedem Atemzug nähere ich mich der Grenze meines irdischen Lebens. Carpe diem – nutze den Tag – kaufe die Zeit aus. Ich kann nichts dazugewinnen, nicht eine Sekunde zusätzlich. Aber ich kann meine Zeit gestalten und sie mit Sinn füllen. Unsere Zeit ist hektischer geworden, sagen viele; sie vergeht immer schneller, sagen fast alle, ich auch. Die Uhr geht ganz gleichmäßig; es kann nicht stimmen, was wir da sagen. Vielleicht haben wir die Beziehungsebene verloren, dass es uns so erscheint, als ob die Zeit doch schneller gehen würde. Die astronomische Uhr verweist auf den Himmel, die Apostel gehen und sagen: Christus gestern und heute und derselbe auch in Ewigkeit – oder mit den Worten des Wochenspruches: Christus spricht: Ich bin der gute Hirte. Meine Schafe hören meine Stimme, und ich kenne sie, und sie folgen mir; und ich gebe ihnen das ewige Leben. (Johannes 10,11.27.28) Rose Möllhoff-Mylius, Pfarrerin in der Radensleben, Zietenstraße 6, 16818 Wustrau Gesamtkirchengemeinde Protzen-Wustrau-
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