Die neue Lyrik in Köln

Harald Kappel
Ausheimisch
Der Glückskeks
Januar 2017 / kostenlos
Ich wecke meine Kräfte.
als das Dunkel einfällt
in der berstenden Welt
und aus der Leere
schlagende Schatten
dumpfes Metall beugen
tritt verlassener Hass
auf die tägliche Bühne
ich bin gekommen
den Moschusduft zu äschern
die frechen Münder aufzuschlagen
die Beredsamkeit auszulöschen
den Rassenbart zu stutzen
ich bin von gestern
und heute wieder da
ich bin aufmerksam
Fremder
ML
Rolf Polander
Werden
Weiter das Werkzeug treiben,
die Form zu finden.
Unterm Hammer,
im Hagelschlag der Absplitterungen
klingt schon das Bild.
ich lösche die Bilder deiner Bilder
bis euer Haus verlassen ist
wo du liegst
finde ich dich
wo du lebst
wird Trauer sein
dein Schweigen
ist meine Macht
dein Herz
ist meine Mahlzeit
zweifle
fürchte
und geh
schnell
denn ich bin von gestern
und heute wieder da
Monatsblatt No. 56
Grafik: Kathrin Kiss-Elder
ViSPR & Redaktion: Dr. Kathrin Kiss-Elder
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externer Künstler erwünscht. Red.schluss: je zum 20.
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Nummer: Quellen
Lyrik
in Köln
Schwerpunkt
Kraft
Lyrik in Köln ist
eine Initiative zur Förderung der Dichtkunst
in Köln
Kathrin Kiss-Elder
Mutter
Sie ging
ohne ein Wort zu sagen
von mir
(nur Asche fiel aus ihrem Mund, und
ihr linkes Bein lahmte).
Ich bemühte mich weiter um sie verzweifelt
wie um ein wildes Stück Land, das
man urbar machen will
und grub mich
tief in die Erde
und entschlüsselte das Geheimnis dennoch nicht
und grub weiter
und wäre fast
dabei gestorben.
Nur ein Zufall verhinderte es, hörst du?
Und die. die mich liebten.
Markus Leuschner
wasser
über die hälfte
meines körpers
besteht aus wasser
warum finde ich
manchmal keinen weg
wenn es eng wird
standhaft
in der brandung
das gleichgewicht suchend
zwischen hacken und zehe
aber ich stehe
Denn die, die mich liebten
bewahrten etwas von mir
in ihren Händen,
die, die mich liebten
saßen bei mir, während ich grub.
Eines Tages streckte ich die Hand aus meinem Erdloch
- nichts hatte ich gewonnen, nichts hatte ich gefunden streckte mich zur Sonne, jener
merkwürdigen Gefährtin, die
immer schon da gewesen war
- Kraft durchpulste mich, alles war in Kraft verwandelt,
Schmerz, Blut, und Asche und lachte
und begann meine Geschichte erneut.
Stephan Braun
Der Reiher
Beinahe verschwindend
sitzt auf einer lichten Buche
rankend wild
ein Reiher
„Hat er nur ein Bein?“
„Nein, eines hielt er versteckt.“
Sitzt und sieht
weit über die Aue
weiter als zum falschen Baum.
Wie mochte es sein
den lieben langen Tag
dort zu sitzen und zu schaun?
Es ist ein herrliches Leben
und keiner soll glauben,
daß es ihm bei Regen schlechter ergeht.
Franz Ott
gehtnichtmehr
Ulrike Krebs
Goldsuche
Gesammelt gesiebt und gesichtet
geschürft gewässert geschafft
die Tempel noch nicht wieder
aufgerichtet das Dunkel nur
wenig gelichtet geblieben
ist immer noch Kraft.
geh zurück
mach weniger
sei ganz du sei ganz leer
was siehst du lausche
horche in dich hinein
mach langsamer
was fühlst du
werde still geh
nochmal leer zum
gehtnichtmehr zurück
lausche deiner bewegung