An der Front Die Peschmerga kämpfen im Nord irak gegen die Mordbanden des »Islamischen Staats«. Politische Differenzen mit anderen kurdischen Organisationen haben kaum prak tische Relevanz. Zu Gast bei der Pa triotischen Union Kurdistans. SEITEN 12/13 GEGRÜNDET 1947 · FREITAG, 27. MAI 2016 · NR. 122 · 1,50 EURO (DE), 1,70 EURO (AT), 2,20 CHF (CH) · PVST A11002 · ENTGELT BEZAHLT WWW.JUNGEWELT.DE Sanktionsregime Lohndumping Arbeitskampf Regimewechsel 3 4 6 7 Hartz-IV-Reform soll Klarheit für Bezie- Deutsches Rotes Kreuz bezahlt soziale her schaffen. Leichter wird vor Arbeit in Flüchtlingsheimen nach allem das Kürzen und Streichen Hotel- und Gaststättentarif Spontaner Ausstand: Belgische Eisenbahner legen Arbeit nieder. Von Gerrit Hoekman Chef der »Volksrepublik Donezk« nennt Bedingungen für eine Reintegration in ukrainischen Staat Streik auch elektrisch Erneut Flüchtlingsboot vor Libyen gekentert Rom. Unweit der libyschen Küste ist am Donnerstag erneut ein Flüchtlingsboot mit mindestens 100 Insassen im Mittelmeer gesunken. 20 bis 30 Menschen könnten bei dem Unglück ums Leben gekommen sein, sagte Rino Gentile, ein Sprecher des EU-Marineeinsatzes »Eunavfor Med«. Mehrere Dutzend Menschen seien von einem spanischen Schiff gerettet worden. Gleichzeitig seien aus Flugzeugen den Flüchtlingen im Wasser, die sich teilweise an das Holzboot klammerten, Schwimmwesten zugeworfen worden. Die italienische Küstenwache wollte die Zahl der Opfer zunächst nicht bestätigen, erklärte aber, sie sei mit zwei Schiffen im Einsatz. Der Sprecher Marco Di Milla sagte, 88 Flüchtlinge seien gerettet worden. Insgesamt koordiniere die Küstenwache seit Donnerstag morgen etwa 20 Rettungseinsätze, bei denen bereits 1.000 Menschen in Sicherheit gebracht worden seien. (dpa/jW) Achter Aktionstag gegen Arbeitsrechtsnovelle in Frankreich: Nach den Raffinerien Ausstände auch in allen Atomkraftwerken. jW-Bericht EPA/CHRISTOPHE PETIT TESSON M Gysi: Die Linke ist »saft- und kraftlos« AKW Nogent sur Seine am Donnerstag: Gewerkschafter blockieren die Hauptzufahrt Das deutsche Auswärtige Amt warnte Frankreich-Reisende vor »Verteilungsengpässen bei Benzin- und Dieselkraftstoff«. Allerdings entspannte sich die Lage an den Zapfsäulen langsam: Nach Angaben des Erdölindustrieverbandes Ufip hatte gestern noch rund ein Fünftel der etwa 11.500 französischen Tankstellen Versorgungsschwierigkeiten, zuvor war es rund ein Drittel. In dem Streit um die von der EU unterstützte und an die deutsche »Agenda 2010« angelehnte Verschlechterung des Schutzes für Beschäftigte fährt die Regierung von Staatschef François Hollande eine harte Linie: Sie ließ Polizei auf Demonstranten los und bekräftigte ein Festhalten an dem Vorhaben, mit dem unter anderem die Regelungen zur 35-Stunden-Woche gelockert und betriebsbedingte Kündigungen erleichtert werden sollen. Vorwand ist die hohe Arbeitslosigkeit. Premier Valls deutete am Donnerstag gegenüber den Sendern RMC und BFMTV einen taktischen Rückzug an: »Es kann immer Veränderungen und Verbesserungen geben.« Er betonte zugleich: »Es ist ausgeschlossen, den Rahmen zu ändern.« Er erklärte: »Wir werden sehen, aber an der Philosophie des Textes wird sich nichts ändern.« Finanzminister Michel Sapin brachte Änderungen an dem besonders kritisierten Vorhaben ins Spiel, Be- triebsvereinbarungen bei Arbeitszeiten Vorrang vor Branchenvereinbarungen zu geben. Valls widersprach dem aber umgehend: Der entsprechende Artikel zwei der Gesetzesvorlage werde »nicht angefasst«. Die französische Regierung hatte die Arbeitsrechtsnovelle auf Druck der Gewerkschaften schon in mehreren Punkten abgeschwächt. Vor zwei Wochen verabschiedete sie die Gesetzesvorlage unter Umgehung der Nationalversammlung. Der französische Senat wird sich ab Mitte Juni damit befassen. Am 14. Juni – mitten in der FußballEuropameisterschaft – ist ein weiterer Aktionstag gegen die Reform geplant. »Abschreckung muss neue Normalität sein« Estland: Regierungschef fordert ständige NATO-Präsenz im Baltikum. Steinmeier für Dialog mit Moskau A ngesichts einer angeblichen Bedrohung, die von Russland für die baltischen Staaten ausgehe, fordert Estland eine ständige Anwesenheit von NATO-Truppen in der Region. »Wir brauchen die durchgängige Präsenz von jeweils einem Bataillon der NATO in Estland, Lettland und Litauen«, sagte der estnische Ministerpräsident Taavi Roivas der Zeitung Die Welt (Donnerstagausgabe). »Abschreckung muss die neue Normalität sein.« Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) mahnte vor einem Besuch der Region unterdessen einen Dialog mit Moskau an. Die NATO hat sich verpflichtet, keine Kampftruppen dauerhaft in ihren osteuropäischen Mitgliedsländern zu stationieren. Bei seinem Gipfel im Juli in Warschau will das Kriegsbündnis aber beschließen, dass Truppen der Allianz abwechselnd regelmäßige Übungen in den baltischen Staaten abhalten. Estlands Regierungschef sagte mit Blick auf diese Pläne einer rotierenden Truppenpräsenz, es dürfe keine Lücken geben. Am Mittwoch hatten Tschechien, die Slowakei, Ungarn und Polen angekündigt, als Bestandteil der wech- selnden Truppenverbände im kommenden Jahr jeweils 150 Soldaten ins Baltikum zu schicken. Steinmeier begrüßte, dass vor dem Gipfel in Warschau ein Treffen des NATO-Russland-Rates stattfinden werde. Der Westen müsse mit Moskau in einen Dialog treten, um verlorengegangenes Vertrauen wiederherzustellen, forderte der Außenminister. »Wir brauchen Russland, um die großen internationalen Krisenherde zu bewältigen – in Syrien und bei unseren Bemühungen einer Stabilisierung Libyens.« Steinmeier traf am Donnerstag Regierungs- vertreter in Litauen und Lettland und will am heutigen Freitag Gespräche in Estland führen. Zur Frage einer Verlängerung der Sanktionen gegen Russland sagte Steinmeier, dazu werde es in der EU schwierige Diskussionen geben. In einigen Mitgliedsstaaten gibt es Vorbehalte gegen die im Zusammenhang mit dem Ukraine-Konflikt verlängerten Strafmaßnahmen . Polen und die baltischen Staaten haben sich wiederholt dafür ausgesprochen, den Druck auf Moskau auf diese Weise aufrechtzuerhalten. (AFP/jW) Siehe Kommentar Seite 8 MICHAEL KAPPELER/DPA-BILDFUNK it einem neuen Protesttag und Streiks in Atomkraftwerken haben Frankreichs Gewerkschaften sowie Studenten- und Schülerorganisationen im Konflikt um eine von der sozialistischen Regierung geplante Verschlechterung des Arbeitsrechts den Druck erhöht. Aktivisten errichteten zahlreiche neue Straßenblockaden, im ganzen Land demonstrierten Menschen, in Atomkraftwerken wurde die Stromproduktion gedrosselt. Offenbar beeindruckt von den Protesten stellte Premierminister Manuel Valls den Gewerkschaften ein Entgegenkommen in Aussicht, ohne aber konkret zu werden. Mit dem achten landesweiten Aktionstag rund zwei Wochen vor Beginn der Fußball-Europameisterschaft wurde der Konflikt endgültig zu einer der härstesten Auseinandersetzungen der vergangenen Jahre. »Das Ziel ist eine wirtschaftliche Blockade, denn die Wirtschaft hat dieses Sozialdumping angeordnet«, zitierte die Nachrichtenagentur AFP Pascal Busson von der Gewerkschaft CGT. Bereits in den vergangenen Tagen hatte die Blockade von Raffinerien und Treibstoffdepots zu Engpässen bei Benzin und Diesel und zu langen Schlangen an Tankstellen geführt. Nun nahmen die Gewerkschaften die Stromversorgung ins Visier: Nach Angaben der CGT hatten die Belegschaften aller 19 Atomkraftwerke des Landes für einen Streik am Donnerstag gestimmt. In einer Reihe der Energiezentralen wurde demnach bereits in der Nacht die Stromversorgung gedrosselt. Der Netzbetreiber RTE erklärte am Mittag, es gebe bislang keine Probleme bei der Stromversorgung. Auch der Eisenbahnverkehr und der Flughafen Paris-Orly waren von Streiks betroffen. Berlin. Der Exfraktionschef von Die Linke, Gregor Gysi, hat seine Partei als »saft- und kraftlos« kritisiert. Offenbar mit Blick auf den für das Wochenende in Magdeburg angesetzten Bundesparteitag erklärte der Politiker am Donnerstag, die Linke sei im Osten nicht mehr die Protestpartei, eher im Westen. »Das wäre gar nicht so schlimm«, sagte er in einem Interview des »Redaktionsnetzwerks Deutschland«. »Aber man spricht uns auch die Gestaltungskraft ab, weil wir auf Bundesebene den Eindruck vermitteln, nicht in die Regierung zu wollen.« Es schockiere ihn, fuhr Gysi fort, »dass auch Arme, Abgehängte und Arbeitnehmer die AfD wählen«. Die Linke hatte bei der Landtagswahl in Sachsen-Anhalt im März deutliche Verluste hinnehmen müssen, zugleich war die AfD mit gut 24 Prozent zweitstärkste Kraft geworden. (dpa/jW) Siehe Interview Seite 2 wird herausgegeben von 1.832 Genossinnen und Genossen (Stand 29.4.2016) n www.jungewelt.de/lpg
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