Whisper | Szene A uch, wenn das Heft ja selten bei Ihnen eine Punktlandung am 1. April macht, so lockt es mich doch seit vielen Jahren, den einen oder anderen Scherz einzubauen. So war die schöne Idee, die 45 Bände der großartigen Edition Vasari bei Wagenbach und das gesamte restliche Verlagsprogramm in Kooperation mit dem Ladenbauer Kreft schrankfertig und komplett inklusive edler Regale abzugeben, leider nur ein Scherz. Es wird Überredungskunst bedürfen, das Wagenbach-Team zu überzeugen, dieses schöne Projekt doch mal in die Tat umzusetzen, ehe aufmerksame Wettbewerber sich dieser Marketing-Idee versichern. Bestimmt gibt es kaufkräftige Zielgruppen, die dankbar wären, wenn sie ihr neues Heim statusgerecht und stilsicher eingerichtet bekommen. Das war für mich der ideale Aprilscherz für ein Heft, das jedes Stilmittel nutzt, um Buchhändler auf Ideen zu bringen. Sie sollten nahe an der Wahrheit sein, sodass man sich hinterher fragt: „Ja, warum eigentlich nicht?“ Wir waren auf jeden Fall in der Vergangenheit ziemlich oft nahe am Trend dran. Und obwohl ich meine Crowdfunding-Finanzierungsidee so großartig fand, war natürlich auch die Ankündigung, dass der moses Verlag (Danke, dass Sie so nett mitgespielt haben – ob’s dort noch auf der Webseite steht?) meine Memoiren verlegen wird, ein Scherz. Klatsch & Tratsch A Christian von Zittwitz [email protected] nicht zu verstehen mochte. Heute weiß ich, warum: Er hatte neue Ziele, er „baut auf und mit Sand“ – sein Unternehmen ist gerade in Den Haag als eine der „besten 12 Ideen Europas 2016“ gekürt worden: „Wir stellen aus Materialien, die man vor Ort findet (z.B. gewöhnlicher Wüstensand), einen hochfesten Polymerbeton her. Dieser Beton, der dann zu 87 Prozent aus lokalem Material besteht, wird in Formen gegossen und härtet darin in ca. 25 Minuten aus. Die so produzierten Elemente sind viermal so hart wie gewöhnlicher Beton und werden dann wie LEGO -Steine zusammengesteckt. Es gibt so gut wie keine Logistikkosten, weil das meiste Material bereits vor Ort ist. Es entsteht kein Baumüll (man produein Scherz ist aber, dass ich am 1. April ziert genau so viele Steine, wie man für einen vor genau fünfzig Jahren im Verlag, in Haustyp braucht); man braucht keine spezidem ich am Vortag noch Lehrling ge- alisierten Fachkräfte (sowohl Herstellung als wesen war, ein eigenes Büro auch Bau ist mit ungelernten beziehen konnte und anfing, Fachkräften möglich). Die physikalischen Eigenschaffür unseren geplanten BuchMarkt zu skribbeln, wie ein ten des Baustoffes übertreffen modernes Ideenmagazin für normalen Zementbeton um das Vierfache. Und die Ledie Buchbranche aussehen könnte. Und dann habe ich, bensdauer dieser Steine, die mit 22 Jahren ganz Chef, lässo hart sind wie Granit (und sig auf dem Schreibtisch die z.B. auch gegen Salzwasser Beine hochgelegt und DIE resistent), ist höher als bei anderen Baustoffen.“ WELT gelesen; deswegen kam unsere kleine GratulaSie merken, ich habe mich von Gerhards Begeistionsanzeige (s. Abb.) zu deterung anstecken lassen; es ren 70. Jubiläum am 2. April ist ein einmaliges Konzept besonders von Herzen. Das erste BuchMarkt-Heft Gratulationsanzeige in der für Entwicklungsländer und erschien dann zur Frankfur- WELT: 50 Jahre BuchMarkt unschlagbar schnell („Heute gratulieren 70 Jahren ter Buchmesse im Herbst Sand, morgen Steine, über(noch als Vierteljahreszeitmorgen Haus“), zu extrem schrift) unter dem Namen niedrigen Baukosten. Und buchmarkt (ganz modern noch kleingeschrie- „die so entstehenden Bauten können jederzeit ben). wieder ab- oder umgebaut werden. So könnte aus einem Camp später eine Klinik oder eine eim Stichwort Ideen fällt mir mein al- Schule werden.“ ter Freund Gerhard Dust ein, dessen Auf Youtube findet sich übrigens die Danfrühen Rückzug aus der Geschäfts- kesrede, die Gerhard Dust bei diesem „Euroführung von Libri ich vor ein paar Jahren pean Song Contest für Ideen“ gehalten hat. (Im K B 102 Rahmen der holländischen Präsidentschaft der EU hat man in der Europäischen Union beschlossen, einen holländischen Wettbewerb, TEDxBinnenhof, der alle zwei Jahre die besten Ideen Hollands sucht, zu einem europaweiten Wettbewerb auszuweiten.) BuchMarkt Mai 2016 uch Ralph Möllers, gerade 60 geworden, trägt sich tatsächlich immer mehr mit dem Gedanken, sein Leben weiter umzustellen: „Seit im letzten Sommer auf meiner Waage ein eigenartiger Error-Code angezeigt wurde (Code 110.8 – im Handbuch fand sich dazu keine Auflösung, nur ein Work-Around: „Bitte parken Sie Ihren LKW woanders!“) habe ich mein Leben ein wenig verändert, bin aufs Rad gestiegen und seitdem ca. 2.500 km hauptsächlich zwischen München und Traunstein, wo wir ein Haus haben, gefahren. Das Ergebnis: -14 kg und Blutwerte, die meinen Arzt und daher auch mich erfreuen.“ Auch sein (fünfter!) Verlag quinto ist fast (dazu gleich noch mehr) abgewickelt, „wir machen jetzt hauptsächlich nur noch die Vermarktung von Film, TV und vor allem Bühne für den Ritter Rost und die Bühnenvermarktung von Tabaluga und anderen Stoffen, die wir mit unserem Musikteam für S. Fischer und Carlsen Letztes quintoentwickeln und umsetzen. Buch: „Für KinDas Ding heißt ,Musicals der ab vierzig“ on Stage‘, ist eine kleine Unternehmung mit drei Frauen in Teilzeit und läuft ganz ordentlich.“ Dazu mache er aber doch noch zwei große Projekte: book2look, das sich vor allem international sehr gut entwickelt habe, und www. lectory.de, eine Social Reading Plattform für Schulen: „Hier kooperieren wir mit Reclam, die uns die wichtigsten Pflichtlektüren für die deutschen Schulen zur Vermarktung übergeben haben. Die Lehrer sind ganz begeistert, und Anfang Mai präsentieren wir das Ding im Bayerischen Kultusministerium.“ Aber er hat bei quinto doch noch ein Papierbuch „für Kinder ab 40“ (also meine Zielgruppe) herausgebracht: 1.000 Mal gehört, 1.000 Mal fast nix kapiert über englische Songtexte der 60er- und 70er-Jahre. „Das ist aber nun doch mein letztes Buch als Verleger – was mich aber sehr nachdenklich gemacht hat, denn der Autor Fritz Gruber ist fast auf den Tag genau so alt wie ich und Mitte März an Lungenkrebs gestorben. Er hat noch ein Vorabexemplar in den Händen gehalten, den Erscheinungstermin aber nicht mehr erlebt.“
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