Klatsch & Tratsch

Whisper | Szene
M
ehrfach habe ich an dieser Stelle schon über die Sammlung
von Lutz Lewejohann berichtet, für die er sein Berufsleben
lang zusammengetragen hat, was Verlage an
Werbemitteln, Deko-Stücken, Jahresgaben und
Festschriften produziert haben. Zur kommenden
Leipziger Buchmesse haben wir die unkomplizierte Chance, diese jetzt schon legendäre
Kollektion zu besichtigen: Prof. Siegfried Lokatis hat gemeinsam mit seinen Buchwissenschaftlern die Stücke so wieder aufgebaut, wie
Lutz Lewejohann mit ihnen in seiner Wohnung
„gelebt“ hatte. Zu besichtigen ist die Sammlung
im Bibliotop in der Hainstr. 11, Hinterhof, 3.
OG., während der Messe ab 10 – 18 Uhr geöffnet.
Unikate ergattert: Professor Siegfried
Lokatis mit Schnäppchen für die einzigartige
Sammlung von „Buch-Devotionalien“
Die Sammlung lebt natürlich weiter, neu dabei
sind sogar schon die Sitzkissen, die der Kaufmann Verlag erst in diesem Jahr zum 200-jährigen Jubiläum als Dekostück einsetzen will:
Die beiden Prototypen für diese Aktion hatte
uns nämlich Kaufmann-Geschäftsführer KlausChristoph Scheffels im letzten Jahr während
der Frankfurter Buchmesse an unserem Stand
gezeigt – ein Unikat, dass sich Prof. Lokatis,
zufällig vorbeigekommen, natürlich nicht für
seine Sammlung entgehen lassen konnte.
I
n diese Sammlung müsste eigentlich auch
ein Leseexemplar gehören, auf dem lediglich die kryptische Verheißung „Ihr Blind
Date mit einem Thriller“ zu lesen war – Promotion für einen Bastei Lübbe-Autor, der seit
über zwanzig Jahren dem Hause verbunden sei.
Haus und Hof hätte ich darauf verwettet, dass
es sich hier um einen neuen Wurf von Andreas Eschbach handelt, für den aus meiner
Sicht alle diese Kriterien zutrafen. Denn eindeutig stand es als Info auf der U 4: „Der Autor
schreibt seit fast 20 Jahren erfolgreiche Romane bei Bastei Lübbe und inzwischen auch in
einem anderen Verlag. Er hätte für jedes seiner
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Tratsch
Christian von Zittwitz
[email protected]
Bücher eine Spitzentitelplatzierung verdient ...“
– klar also: Eschbach.
Hab mich aber mit meiner Teilnahme am
Gewinnspiel blamiert – richtig wäre gewesen,
wenn ich auf David Baldacci getippt hätte, der
wie Eschbach über die gleiche Zeitspanne zu
den festen Säulen (nicht der Erde, sondern)
im Bastei Lübbe-Buchprogramm zählt; dort
immer ganz nah am großen Erfolg von Dan
Brown, aber eben immer nur ganz nah, wie
Klaus Kluge, derzeit in der Vorstandsetage
wieder mal auch für das Programm der Lübbe
Verlage zuständig, mit sichtbarem Kummer
diese Ungerechtigkeit des Marktes analysiert
(selber schuld, sage ich, hat ja zu selten für
Baldacci im BuchMarkt geworben).
Wobei seine Gesichtszüge eher darauf hindeuten, das es seinem Haus (und den Verlagen der Konkurrenz) nie wieder gelungen ist,
das (gefühlte) einstige Preisniveau Baldaccis
zu erreichen: Tatsächlich gehörte der vor der
Euroumstellung zu den sehr wenigen SpitzenAutoren, für die 1999 (!) ein LP von 44,90
DM (!) aufgerufen und ganz selbstverständlich
bezahlt wurden.
Ein besseres Beispiel dafür,
wie sehr die Verlage verschlafen haben, ihre Ladenpreise
an das heutige Preisklima
anzupassen, gibt es wohl
nicht: Im Konsumbereich so
von 10 bis 50 Euro sind die
Preise gefühlt doch „stabil geblieben“ – statt DM steht nur
Euro dahinter; überall, nur bei
Büchern nicht. Oder traut sich
jemand zu widersprechen?
Ü
ber viele Jahre war
die deutsche Buchhändlerin Brigitte
Bunell erste Sortimenterin
der Londoner „Hofbuchhandlung“ Hatchards. Auch im
Ruhestand verfolgt sie enga-
BuchMarkt März 2016
giert die Entwicklung im Buchhandel auf den
beiden Seiten des Kanals und mailt mir gerade,
wie stolz sie auf ihr Gedächtnis sei (sie nimmt
gerade an einem mehrjährigen Forschungsprojekt zum Thema Demenz teil – für das sie
vorgeschlagen worden sei, weil sie „keinerlei
Anzeichen von Dementia“ habe).
Meine Brieffreundin Brigitte schreibt ihr
gutes Gedächtnis „total meinen lebenslangen
Jahren im Buchhandel zu. Keine Computer,
bei Hatchards kein Aufschlagen von Books
in Print, alles musste im Kopf sein. Unsere
anspruchsvollen Kunden erwarteten, dass alles
sofort da war an Wissen, egal wie kompliziert
und oft unmöglich. Natürlich mussten wir die
Information von: out of print, re-printing, not
yet published etc., etc., im Kopf parat haben ...
Ich mache aber dauernd Inventur über mein Leben und blicke zurück auf solch interessanten,
privilegierten und einmaligen Jahre im Buchhandel. Mei, was sind das für Erinnerungen!
Als vor Tagen David Bowie starb, dachte ich
wieder an die lange Liste von all meinen Kunden. Er war ein wunderbar angenehmer Kunde
für mich. All die unglaublichen Ereignisse bei
Hatchards, wie Alec Guinness in Verkleidung,
damit ihn niemand erkannte, Maggie Thatcher,
sehr bossy, Robert Morley auf dem Boden
ausgestreckt bei seinem Lieblingsthema: True
Crime, ganz zu schweigen von allen königlichen Hoheiten aus ganz Europa“. Aber „am
meisten freue ich mich, voll das Leben in der
interessantesten und lebendigsten Stadt der
Welt zu genießen: Freunde, Ausstellungen, Museen, Galerien, Konzerte, Theater, Architektur,
Spaziergänge durch all die Parks etc., etc., die
Liste ist unendlich“.
N
och hat sie ihre Erinnerungen nicht
aufgeschrieben, aber wer weiß? Vielleicht meldet sich auch hier Klaus G.
Förg? Der hat nämlich den
Nürnberger „Kult“-Buchhändler Hans Schmidt überredet, seine Erlebnisse im
Buchhandel für seine Rosenheimer Verlagsanstalt aufzuschreiben (wobei mir auffällt
bei Betrachtung des Covers:
Der „Buchmensch des Jahres 2012“ heißt gar nicht
Hans, sondern Johann). Seine Erinnerungen erscheinen
unter dem Titel Wenn’s alles
machen, mach ich’s anders.
Vorgestellt wird das Buch am
15. März 2016 um 19.00 Uhr
im Handwerkerhof in NürnHans („Johann“) Schmidt:
berg, wir haben auch eine EinDer Buchmensch des Jahres
ladung bekommen – nur: Wir
2012 hat seine Erinnerungen
sind auf der Messe in Leipzig,
aufgeschrieben
Halle 3 B105 … 