Klatsch & Tratsch

Whisper | Szene
A
uf einmal dämmerte mir ein Zusammenhang: Mitte Januar fand ich
eine Postkarte meines Uralt-Freundes Viktor Niemann im Briefkasten, die er Heiligabend im mir unbekannten
Südgeorgien zur Post gegeben hatte, mit der
Vermutung: „Diese Weihnachtsgrüße kommen
vielleicht zu Ostern an.“
Und dann kam zwei Tage später die Meldung
über den Ticker, im Herbst werde bei Malik
ein Buch über die S.E.A. – Sir Ernest’s Anniversary Expedition erscheinen: Anlässlich
des hundertjährigen Jubiläums der EnduranceExpedition hatte diese den Weg des Polarforschers Ernest Shackleton nach dem Untergang
seines Schiffes in der antarktischen Weddell
WhatsApp-Foto: Zwei meiner Freunde
waren mit auf Antarktis-Expedition
Sea nachvollzogen und war gerade nach 30
Tagen wohlbehalten in den Auslaufhafen Port
Stanley auf den Falklandinseln zurückgekehrt. Mit an Bord waren zwei meiner alten Freunde:
Der erfahrene Hochsee-Segler und Harbour
Front-Mitbegründer Nikolaus Hansen (in
seiner Jugend war er mit Freunden zwei Jahre
auf Weltumseglung) und tatsächlich Viktor Niemann, der als damaliger Carlsen-Verleger mit
dem Kauf des Piper Verlages für seine schwedische Mutterfirma den Grundstein der heutigen
deutschen Bonnier-Gruppe gelegt hat.
Während Nikolaus neben Tina Uebel als
„Expeditions-Chronist“ dabei war (die beiden
werden das Buch schreiben), fuhr Viktor nicht
etwa aufgrund seiner Beziehungen
zu seinem alten Verlag mit, den er
ebenfalls für Bonnier gekauft hatte, sondern als normal zahlendes
Crew-Mitglied, wie er mir per
WhatsApp schrieb. Auch mit 75
Jahren sucht er immer wieder das
Abenteuer.
D
abei sollte er wissen, dass
das Älterwerden durchaus seine Tücken hat:
Zwei Unfälle, drei Knochenbrüche, zwei OPs, zwei Teflon-Platten und 21 Nägel – all das war
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Klatsch &
Tratsch
Christian von Zittwitz
[email protected]
der Grund, weshalb Elisabeth Raabe ihr für
August letzten Jahres angekündigtes Buch Eine
Arche ist eine Arche ist eine Arche. Verlegerinnenleben (edition momente) verschieben
musste.
Nun aber ist es über Prolit ausgeliefert und
hat nicht nur Buchhändlerinnen und Buchhändler mitten zwischen den Vertreterbesuchen veranlasst, der beglückten Autorin Mails
und Karten zu schreiben oder sie anzurufen,
sondern auch Redakteure dazu gebracht, trotz
eines starken Frühjahrsprogramms „nette
kleine Gespräche“ mit ihr zu führen. Und sie
selbst ist inzwischen wieder so fit, dass sie sich
schon jetzt auf die Lesung am 17. März in der
Deutschen Nationalbibliothek während der
Leipziger Buchmesse freut. Aber vorher muss
sie noch zusammen mit ihrer Co-Verlegerin
Regina Vitali die neuen Arche-Kalender für
2017 auf den Weg bringen.
E
lisabeth Raabe ist mit ihren Erinnerungen nicht allein: Am 3. März erscheinen aus der Feder des langjährigen
Kiepenheuer & Witsch-Verlegers Reinhold
Neven DuMont auch seine Erinnerungen Mit
Büchern und Autoren. Mein Leben als Verleger von 1969 bis 2001. Der Altverleger geht
dann auf Lesereise, aber nicht allein: Reinhold Joppich, sein Namensvetter und Skorpion
wie er, wird ihn begleiten und die
Abende moderieren. Fast 20 Jahre
lang haben sie bei KiWi miteinander verbracht. Den größten Erfolg
der Verlagsgeschichte (1985 Ganz
unten von Günter Wallraff ) und
die heiße Rushdie -Zeit gemeistert, aber auch so unterschiedliche
Frauen wie Franca Magnani und
Oriana Fallaci genossen und erlitten, wie mein Freund Rinaldo hintergründig lästert. Interessant wird
es wohl, ob es dem einen Reinhold
Verlegerinnenleben: Beglückende
gelingt, dem anderen bei den LesunLektüre
gen Geheimnisse und Hintergründe
BuchMarkt Februar 2016
zu entlocken, die nicht im Buch stehen. Und
da gäbe es sicher einige – Neven DuMont war
der Schwiegersohn von Josef Witsch. Und als
der 1967 überraschend starb, war der Verlag
ohne Verleger. Auf Anraten von Dieter Wellershoff und Carola Stern wurde Reinhold
Neven DuMont mit knapp 33 Jahren Verleger von Böll, Remarque, Silone, Roth ... Und
entdeckte dann Gabriel García Márquez für
den deutschsprachigen Buchmarkt, machte
Wallraff, Timm, Härtling, Le Carré, Doctorow und viele, viele mehr zu KiWi-Autoren. Premiere ist am 3. März im Literaturhaus
Köln. Diese Veranstaltung wird allerdings vom
Neven-Nachfolger Helge Malchow moderiert
(und ich höre gerade, dass nur noch ganz wenige Lesungstermine zu vergeben sind).
A
uch Tullio Aurelio, bis Mitte vergangenen Jahres verantwortlich für den
Karl Rauch Verlag und damit auch
für den Kleinen Prinzen, hat inzwischen nicht
nur zwei beachtenswerte Bücher (zuletzt Wir
sterben und wissen nicht wohin – Bilder vom
Jenseits bei Patmos) geschrieben, sondern
auch jetzt abgeschlossen, was er auf seiner
Webseite (tullioaurelio.com) schon angekündigt hatte:
Seine eigene Übersetzung von Der kleine
Prinz ist jetzt als E-Book im Netz zu finden –
bei Neobooks, bei Amazon und bei ebook.de.
Er sagt: „Bin froh, dass ich es geschafft habe.“
A
uch Vito von Eichborn ist wieder da:
Er zog inzwischen in die Holsteinische Schweiz an den Dieksee in Malente, schrieb bei Emons 111 Orte zwischen
Lübeck und Kiel (für das er gerade mit dem
ITB BuchAward 2016 ausgezeichnet wurde)
– und startet jetzt in seiner neuen Heimat ein
Programm mit norddeutschen Regionalia. Bevor eine Vorschau verschickt wird, macht Eichborn eine Subskription über Crowdfunding. Er
nennt das Hamburger Crowd Edition, die bei
Nordstarter (einer Hamburger Tochter von
Startnext) unter dem Verlagsnamen Vitolibro zu finden ist.
Im Programm hat er wie schon früher wieder
eichbornmäßig freche Bücher: Für 33 bloße
Grüße etwa ist ein nacktes Paar, nur mit rotem
Regenschirm und Gummistiefeln bekleidet, in
Schleswig-Holstein mit einer Fotografin für
ein ungewöhnliches Geschenkbuch unterwegs.
Dazu ist geplant auch Swienkraam op Platt,
ein „schmutziges Wörterbuch deutsch-platt“
und auch Popeye op Platt. Und eine Neuausgabe des 80er-Jahre-Bestsellers Kuddl Schnööf
vom legendären Gerechtigkeitskämpfer und
SPD -Landesvorsitzenden, dem „roten Jochen“
Steffen. Runge ist die Verlagsauslieferung und
der Verlagsvertreter Bodo Föhr hat Eichborns
Vitolibro aufgenommen.