Whisper | Szene M ein Freund Klaus-Peter Wolf hat mit mir gerätselt, warum sein neuer Krimi Ostfriesenwut schon am Erscheinungstag auf der Bestsellerliste auftauchen konnte. Ihn hat aber weniger gewurmt, dass sich offensichtlich einige Händler nicht an den Erstverkaufstag gehalten und schon vorher dem Drängeln seiner Fans nachgegeben haben – geärgert hat er sich vielmehr darüber, dass ihn das wahrscheinlich den erwarteten Einstiegsplatz auf Platz Eins oder Zwei gekostet hat. Denn: Sein neunter Fall um Ann Kathrin Klaasen war mit 120.000 (!) Exemplaren gestartet, noch mal 20.000 mehr als bei Fall acht. Jetzt aber ist seine Welt wieder mehr als in Ordnung. Er mailt mir: „Es ist kaum zu glauben, aber auch in der nächsten Woche wird Ostfriesenwut wieder auf Platz Eins der Spiegel-Bestsellerliste für Taschenbücher stehen ... Wir sind bei 180.000 verkauften Exemplaren in knapp zwei Wochen. Und so darf ich wohl voller Freude sagen: Kein Buch ging öfter über die Ladentheke.“ Das alles hat Folgen – inzwischen wird schon die dritte Auflage vorbereitet; seine Veranstaltungen sind seit Wochen ausverkauft. Und was ihn noch mehr freut: „Ostfriesenwut hat sogar Shades of Grey auf Platz Zwei verwiesen, trotz des gigantischen Medienechos. Sage keiner, die Menschen lesen nicht mehr. Das ist die Krönung meines Schriftstellerlebens. Dafür habe ich ein Leben lang gekämpft, und nun ist es da.“ W er regelmäßig Bahn fährt, hat längst „Das Comeback des Buchhandels“ (so der Titel auf dem Bahn-Kundenmagazin mobil) registriert. Uwe Pütz begründet in dem Lagebericht, der im März-Heft mit 500.000 Exemplaren verbreitet wird: „Die Buchbranche hat sich aus der Schockstarre befreit und kämpft um ihre Zukunft. Während einige Unternehmer neue Ladenkonzepte erproben, versuchen andere, das Internet mit dem lokalen Handel zu vernetzen.“ Wermutstropfen: Als zukunftsweisend wird auch das Konzept der Berliner Buchhandlung Ocelot angeführt. Leider musste Inhaber Frithjof Klepp inzwischen Insolvenz anmelden. A uch in den USA scheint die Talsohle bei den „Indies“, also den IndependentBuchhändlern durchschritten. Grund für Martin Riethmüller (Buy Local Deutschland) und Armin Hoferer (Moderator & Coach, Berlin) sich vor Ort zu informieren, was der amerikanische Buchhandel anders macht und was sich verändert hat. Sie haben in den USA mit unterschiedlichsten Buchhändlern gesprochen und wollen ihre Erfahrungen jetzt im Mai bei einem Workshop in Hünfeld wei- Klatsch & Tratsch den Ruhestand: Er wechselt tatsächlich (gegen den Trend) auf die Berater-Seite in die Firma Arte Perfectum, die er zusammen mit Sabine Gauditz betreibt. A m 22.2. ist Günther Fourier 85 Jahre alt geworden; Jürgen Bernecker hat ihm auf buchmarkt.de gratuliert, sein Text dort ist ein Stück Buchhandelsgeschichte aus einem Markt, der sich ebenfalls stark gewandelt hat. Wie sein späterer Wettbewerber Hellmut Hartwig (GLB) war er damals über den Bertelsmann-Lesering zum Geschäft mit Christian von Zittwitz dem „Ramsch“ gekommen, das er dann wie [email protected] sein zeitweiliger Kompagnon Günter Fertig beim legendären Erich Vollmer (Löwit) gelernt hat. Anders aber als z.B. der sehr früh tergeben. Zielgruppe für den Workshop sind verstorbene Manfred Pawlak, der dieses Inhaber, potenzielle Inhaber und Führungs- Business vor allem mit Nachdrucken betrieb, hat Günther Fourier über sein Großantiquakräfte aus mittelständischen Buchhandlungen riat Fourier (das er 2002 an Lothar Wekel und Verlagen: „Wir werden am ersten Tag über verkauft hat) wirklich – und legendär erfolgunsere USA-Erkenntnisse referieren und uns reich – weitgehend mit Restdann dem Thema ‚Zukünftiauflagen gehandelt. Ich sehe ges Geschäftsmodell für den mittelständischen Buchhandie Anzeige noch vor mir, die del‘ widmen.“ er zu seinem 25-jährigen JuGroßartig auch ihre Idee, eibiläum im Börsenblatt genem Azubi aus der Branche schaltet hatte: Da vermeldete die Chance zu geben dabei er nicht ohne Stolz, er habe in dieser Zeit „33 Millionen zu sein. Seminargebühr, Hotelkosten und Verpflegung Bücher aus Restauflagen“ übernehmen die beiden Ververkauft. anstalter. Bewerbungen bitte Aber er ist mir – und den an: [email protected] Weggefährten in der Branche – trotzdem eher als bedeutenas Stichwort Berater der Verleger in Erinnerung, gibt mir Gelegenheit, vor allem durch sein JudaicaKlaus-Peter Wolf: So fühlt von einem brandneuProgramm, das einzigartig eres sich an als Nr. Eins-Autor en Trend zu berichten: Früher folgreich war; mit Auflagen, wurden Buchhändler Berater, die bei manchen Titeln gar jetzt hat Martina Tittel den eine 12., 13., ja 18. Auflage Spieß umgedreht: Die langjährige Dussmann- erreichten und die immerhin mit jährlich etwa Geschäftsführerin, danach lange als Buchhan- ein Mio. DM damals gut ein Zehntel seines delsberaterin tätig, hat sich ja, das hatten wir Umsatzes ausmachten. bereits auf buchmarkt.de gemeldet, wieder auf ihre Wurzeln besonnen und (im Boot mit in einmaliges Pilotprojekt will in diesen Dieter Beuermann) in Berlin die traditionsreiTagen die Dortmunder Buchhandlung che Nicolaische Buchhandlung übernommen. transfer. bücher und medien starten. Nach Ostern wird dann mit Sabine Jan- Es soll ermöglichen, dass auch kleinere Läßen die nächste Buchhandelsberaterin wieder den (wie die inhabergeführte Buchhandlung auf die Sortimenterseite wechseln und die im Zentrum von Dortmund-Hörde) selber Leitung vom Thalia Buchhaus Campe in E-Bücher entwickeln und ausliefern können. Nürnberg übernehmen. Auch für sie ist das Realisiert wurde das bislang einmalige übrigens eine Reise zurück zu ihren Wurzeln: Modell in Kooperation mit der Dortmunder Firma readbox und dem SoftwaredienstleisSie stammt wie ihre beiden Schwestern aus einer echten (Münsteraner) „Buchhändler- ter Softlevel. Birgit Lange-Grieving und ihr familie“. Mann Jochen Grieving sind überzeugt: „Nur Hans Schmidt, ihr Vorgänger in Nürnberg, wenige Großbuchhandlungen in Deutschland wird sich am 19. Mai (seinem 65. Geburtstag) bieten ihren Kunden und Partnern Vergleichnach rund 25 Jahren zwar von Campe und bares an.“ Genaueres will man aber erst in damit der m.E. umsatzstärksten deutschen diesen Tagen der Presse vorstellen. Wir werden berichten. Thalia-Filiale verabschieden – aber nicht in D E BuchMarkt März 2015 159
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