FERI Rating-Update - FERI EuroRating Services AG

FERI Rating-Update
22.03.2016
+++ Brasilien auf Überwachungsliste gestellt +++
Gerald Christoph Dorsch, Leiter Credit Rating, FERI EuroRating Services AG
Die FERI EuroRating Services AG stellt mit sofortiger Wirkung Brasilien auf die
Überwachungsliste. Grund dafür ist das zu erwartende Amtsenthebungsverfahren gegen
Präsidentin Dilma Rousseff, das nun offensichtlich nicht von der jetzigen Regierung im
brasilianischen Senat abgewehrt werden kann. Damit wird die Fähigkeit der Regierung, sowohl
die Rezession in Brasilien zu bekämpfen als auch den Staatshaushalt in Ordnung zu bringen,
beeinträchtigt.
Präsidentin Rousseff wird vorgeworfen, die Buchhaltung des brasilianischen Staates manipuliert zu
haben, um ihre Wiederwahl im Jahre 2014 zu begünstigen. Eine Sonderkommission des
brasilianischen Parlaments zu den Vorwürfen, die zum Amtsenthebungsverfahren führt, ist einberufen
worden. Mitte April wird ein Bericht erwartet, der einen Amtsenthebungsprozess im unteren Haus des
Parlaments auslösen soll. Im Oktober 2015 wies der brasilianische Bundesrechnungshof (Tribunal de
Contas da Uniao) den Haushalt des vergangenen Jahres der Regierung unter Präsidentin Rousseff
zurück, da er Unregelmäßigkeiten aufwies und daher gegen die gesetzlichen Richtlinien der
Berichterstattung verstieß. Vor allem die Praxis der brasilianischen Zentralbank, Zahlungen zeitweilig
zurückzuhalten und auf eigenen Konten zu verbuchen, ist auf eindeutige Kritik gestoßen. Die
Regierung hat die dadurch „vermeintlich verbesserte“ Haushaltslage dazu genutzt, um Ausgaben für
Sozialprogramme (im Wahljahr) zu bedienen.
Eine solche Ablehnung des Bundesrechnungshofes erfolgte zuletzt im Jahr 1937. Der Kongress in
Brasilien muss bei Ablehnung eines Haushaltes grundsätzlich eine Untersuchung einleiten und
entsprechend darauf reagieren. Wenn nach Veröffentlichung des Untersuchungsberichtes dem
Amtsenthebungsverfahren im unteren Haus des Parlaments zugestimmt würde, fehlen der
Regierungspartei nach Presseberichten die notwendigen Stimmen, um die Weiterführung des
Prozesses (Verurteilung und Amtsenthebung) im Senat zu blockieren. Die öffentliche Meinung steht
mehrheitlich gegen die Präsidentin. Landesweite Massenkundgebungen der vergangenen Tage und
Wochen machen ein Amtsenthebungsverfahren somit sehr wahrscheinlich.
Der Regierung wird zudem vorgeworfen, dass sich mehrere Mitglieder bei verschiedenen
Vertragsvergaben im Zusammenhang mit dem staatlichen Ölkonzern Petrobas durch korrupte
Geschäftspraktiken bereichert haben. Hinzu kommt der Versuch, Anklagen wegen
Korruptionsverdachts gegen den früheren Präsidenten Luiz Inácio Lula da Silva zu vereiteln. Da nach
der beabsichtigten Einbindung von Lula in die Regierung lediglich der brasilianische oberste
Gerichtshof Anklage gegen ihn erheben könnte, ist die Einleitung eher unwahrscheinlich und führt zu
einem weiteren Vertrauensverlust in die Regierung. Nicht zuletzt aufgrund der bevorstehenden
olympischen Spiele ist allerdings sowohl das Verhalten der Regierung als auch der Bevölkerung in
dieser Sache schwer vorherzusehen.
Mit dem heutigen Setzen auf die Überwachungsliste macht die FERI EuroRating Services AG deutlich,
dass sowohl das Amtsenthebungsverfahren als auch die Skandale um und mit Petrobas zu einer
weiteren Verschleppung notwendiger Schritte zur Rezessionsbekämpfung führen könnten. Die
Fähigkeit der Regierung, notwendige Maßnahmen zeitnah und mit breiter Unterstützung aller
gesellschaftlichen Gruppen umzusetzen, ist beeinträchtigt und die finanzielle Entwicklung des Landes
bedarf erhöhter Aufmerksamkeit.
Bei einem Rating auf der Überwachungsliste wird das Sovereign Risiko eines Landes besonders
aufmerksam von der FERI EuroRating Services AG verfolgt. Das Rating Brasiliens steht seit der
Ratingaktion vom 27. November 2015 bei BB+. Der nächste reguläre Stichtag zur
Ratingveröffentlichung der FERI EuroRating Services AG ist der 15. April 2016.
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