Die Syngenta-Führung im Dilemma; Konzern sollte den Dialog mit Eigentümern suchen – vielen Aktionären fehlt die Stimme dazu Von Daniel Zulauf, Zürich 20 Oktober 2015 Basler Zeitung Die einen Aktionäre wollten die Fusion, die anderen lehnten sie ab. Was auch immer die Präferenzen der Eigentümer des schweizerischen Agrochemiekonzerns Syngenta und dessen US-Konkurrenten Monsanto gewesen waren, glücklich sind sie alle nicht geworden, nachdem das Fusionsprojekt Ende August endgültig abgeblasen wurde. In beiden Unternehmen hat sich der Aktienkurs seit dem Übungsabbruch weiter zurückgebildet. Die Kurserosion begann allerdings schon bald, nachdem die Schweizer die Fusionsofferte der Amerikaner Anfang Mai publik gemacht hatten, um sie abzuwehren. Verglichen mit damals notieren die Titel der beiden Konzerne derzeit rund ein Viertel tiefer. Die Frustration der Syngenta-Aktionäre scheint dabei noch etwas grösser zu sein als jene der Monsanto-Eigentümer. Schliesslich hätten die Amerikaner nach ihrem damaligen informellen Angebot weit mehr als 400 Franken pro Syngenta-Titel geboten – wenn auch zum grossen Teil nicht in bar, sondern in der Form von Monsanto-Aktien. Inzwischen notieren die Syngenta-Papiere nur noch bei knapp 307 Franken. Erwartungen erneut enttäuscht Der Schweizer Konzern hat in den vergangenen Wochen einiges unternommen, um seine Aktionäre zu beruhigen und sie davon zu überzeugen, dass der Alleingang langfristig doch der richtige Entscheid gewesen ist. Der negative Verlauf des Aktionenkurses mag ein Indiz dafür sein, dass die Botschaften bislang auf wenig Anklang gestossen sind. Doch etwas Konkretes über den Dialog zwischen dem Verwaltungsrat und den Aktionären ist bislang nicht nach aussen gedrungen. Folke Rauscher, Initiant der am vergangenen Freitag in Zürich gebildeten Vereinigung kritischer Syngenta-Aktionäre spricht sogar von absoluter «Funkstille». Der Manager für Investorenpflege (Investor Relations) kritisiert den Umstand, dass die Syngenta-Führung das Monsanto-Gebot ohne angemessene Verhandlungen zurückgewiesen hat. Geplatzt ist ihm der Kragen aber nach der Veröffentlichung der Neunmonatszahlen, mit denen der Konzern zum wiederholten Mal die Erwartungen seiner Aktionäre enttäuscht habe. Er handle aus privater Motivation und aus dem Gefühl eines enttäuschten Anlegers heraus, sagt Rauscher. Er zählt nach eigenen Angaben auf die Unterstützung einer «Handvoll» Leidensgenossen aus privaten und institutionellen Kreisen. Wer diese Investoren sind, will Rauscher nicht offenlegen. Immerhin sind es genug, damit der Verein grosse Inserate in Schweizer Medien sowie den Unterhalt einer Website finanzieren kann. Neben Rauscher hat sich bislang einzig der Zürcher Fondsverwalter Martin Lehmann als Mitinitiant der Vereinigung geoutet. Lehmann ist Partner von 3V Asset Management, dessen Spezialität ironischerweise in der Verwaltung von Aktien kleinkapitalisierter Firmen liegt. Syngenta gehört aber zu den Schweizer Standardwerten. Der Aktivismus der Syngenta-Vereinigung wirkt etwas gar improvisiert. Lehmanns Partner und 3V-Hauptaktionär Bernhard Signorell sagt auf Anfrage, man sei erst am Freitag für eine Teilnahme an der Initiative kontaktiert worden. «Wir sind schon etwas überrascht davon, dass wir bislang die einzige Investmentgesellschaft sind, die sich mit Namen hinter den Vorstoss stellt.» Kaum Zugang zur Führungsetage Zufrieden hält der Fondsmanager aber fest, dass er gestern den ganzen Morgen mit unzufriedenen Syngenta- Aktionären am Telefon verbracht habe. «Ich habe gestaunt, wer sich da alles gemeldet hat. Es sind fast ausschliesslich Aktionäre aus dem angelsächsischen Raum, die uns in unserem Vorgehen bestärken wollten», sagt Signorell. Mindestens ein Anrufer habe zum Kreis der zehn grössten Syngenta-Eigentümer gehört. Dass die Initiative zur Gründung der Vereinigung unzufriedener Syngenta- Aktionäre ausgerechnet aus der Schweiz kommt, ist kein Zufall. Die Schweizer stellen mehr als 80 Prozent aller Syngenta-Aktionäre und sie besitzen gemäss den letzten offiziellen Angaben zusammen mehr als 18 Prozent aller Syngenta-Titel. Für diese Klientel gibt es kaum Zugang zur Führungsetage von Syngenta. Die Schweizer Anlagestiftung Ethos hat aus anlagepolitischen Gründen keine Kunden mit Syngenta-Anteilen. Deshalb bleibt diese für den kritischen Dialog zwischen Aktionären und Management wichtigste Stimme in der Schweiz im Fall von Syngenta stumm. Mit den grossen Aktionärsvertretern aus dem angelsächsischen Raum dürfte Syngenta in einem engen Dialog über weitere Konzessionen an die Grossaktionäre stehen. Spätestens im Frühjahr, wenn diese, wie nach Schweizer Gesetz vorgeschrieben, über die Managergehälter abstimmen, muss der Verwaltungsrat die Beziehungen zu seinen Eigentümern ins Lot gebracht haben. Es würde deshalb nicht überraschen, wenn noch in den nächsten Wochen einige wichtige Entscheidungen in Basel fallen würden. Die neue Vereinigung und ihre Initianten könnten dann – zu Recht oder nicht – den Anspruch erheben, einen Beitrag dazu geleistet zu haben.
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