Vorträge - Kantonsspital Winterthur

NICHT KRANK UND DOCH BETROFFEN
GESCHWISTER CHRONISCH KRANKER KINDER UND
JUGENDLICHER
Winterthur, 19.11.2015
Alain Di Gallo
Franziska (24-jährig) erkrankte mit 16 Jahren
an Knochenkrebs des linken Armes
«...Ich habe noch eine jüngere Schwester, die wird jetzt 18. Bei ihr
habe ich gesehen, wie sie die Pubertät erlebt, und ich habe das ja
nicht erlebt. Ich hatte keine Menstruation, ich hatte keinen
Umgang mit Freunden, das heisst mit Männern. Ich bin nicht in
Discos gegangen, aber ich habe das immer bei meiner Schwester
erlebt, wie sie das hatte. Wenn sie in Discos gegangen ist und
Männer kennen gelernt hat, bin ich ins Spital gegangen und habe
mich mit den Ärzten unterhalten und Chemotherapie gemacht...»
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Laura (21) war 14-jährig, als Franziska krank
wurde
«... Meine Mutter hat mir gesagt, dass meine Schwester Krebs hat.
Später habe ich gar nicht mehr so viel von der Krankheit
mitgekriegt, weil mein Bruder auf die Welt kam. Da habe ich
praktisch die ganze Zeit auf ihn aufgepasst, damit meine Mutter
ins Spital gehen konnte zu Franziska...
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...Für mich war es immer schön, wenn meine Mutter abends aus
dem Spital heimgekommen ist und gesagt hat, ja, es geht
Franziska heute gut und das wird schon wieder. Aber tagsüber
meinen Freundinnen zu sagen, nein, ich kann heute nicht
mitkommen, ich bleibe zu Hause und passe auf meinen Bruder auf,
unternehmt etwas ohne mich, das war sehr schwer.
Ich war manchmal schon sauer auf Franziska , obwohl sie ja
nichts dafür konnte. Alle fragten immer nur nach ihr, zum Beispiel
die Oma, wenn sie anrief. Da habe ich schon gedacht, Mensch, wo
bleibe ich, aber ich habe Franziska nie gesagt, dass mich das
störte... »
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...Ich habe ihr nie gesagt, dass ich ihr helfen wollte und dass sie
mir unheimlich leid tat. Jetzt finde ich das eigentlich schade, denn
sie hält mir manchmal vor, dass sie mir sowieso egal sei, ich hätte
mich ja nie um sie gekümmert. Wenn ich es während der
Krankheit mal direkt angesprochen hätte, dann wäre es vielleicht
jetzt nicht so.
Dass ich immer auf den kleinen Bruder aufgepasst habe, das sah
sie nicht und das sieht sie, glaube ich, auch heute nicht. Ich weiss
nicht, ob sie verstehen könnte, dass ich auch was getan habe,
damit es ihr besser ging, nämlich dass Mama zu ihr ins Spital
gehen konnte... »
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Die häufigsten chronischen Krankheiten im
Kindes- und Jugendalter (Blanz, 1996)
› Asthma bronchiale
› Körperbehinderung/Skelettdeformität
› Sehschwäche/Blindheit
› Schwerhörigkeit/Taubheit
› Rheumatoide Arthritis
› Epilepsie
› Magen/Darm
› Diabetes mellitus
› Krebs
› Zystische Fibrose
› Andere
Total
per 1000
29,3
29,0
11,7
11,5
3,4
3,0
1,6
1,0
0,6
0,3
4,9
96,3
Dimensionen chronischer Krankheiten
(Lehmkuhl, 1996)
›Beginn:
akut
chronisch
›Verlauf:
stabil
fortschreitend
›Prognose:
günstig
ungünstig
›Behinderung: abwesend
vorhanden
Geschwistersymptome
Emotionen
•
•
•
•
•
•
•
Depressivität
Angst
Wut
Eifersucht
Schuldgefühle
Einsamkeit
Gefühle von Zurückweisung
Geschwistersymptome
Verhalten
• Opposition, Aggression
• Rückzug aus sozialen Beziehungen
• Schulprobleme
Geschwistersymptome
Körper
•
•
•
•
•
Kopfschmerzen
Bauchschmerzen
Schlafstörungen
Essstörungen
Einnässen
Geschwistersymptome
Positive Aspekte
• Gutes Einfühlungsvermögen in andere Menschen
• Persönliche Reife
• Besserer Zusammenhalt in der Familie
Studienlage zur Situation der Geschwister
chronisch kranker Kinder
› Uneinheitliche Ergebnisse
› Inhaltlich sehr unterschiedliche Ausgangslagen
› Unterschiedliche Fragestellungen und Kollektive
› methodisch heterogene Untersuchungen
› Kaum kontrollierte Studien
› Kaum prospektive Studien
› Kaum Längsschnittstudien
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Wie erleben und verarbeiten
Geschwister krebskranker Kinder die
Erkrankung?
Die emotionale Regulation stand im
Vordergrund unseres Interesses
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Bedeutung emotionaler Regulation
› Existentielle Ereignisse erfordern eine innerseelische Anpassung
grundlegender Annahmen über das Leben und die Welt.
› Scheinbar gefestigte Repräsentationen werden herausgefordert und
auf die Probe gestellt.
› Affektive Überregulation
Internalisierende und psychosomatische Störungen
› Affektive Unterregulation
Externalisierende Störungen
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Methodik
› Prospektive, kontrollierte Längsschnittuntersuchung mit Geschwistern
krebskranker Kinder
› Messzeitpunkte:
› T1: 2-3 Wochen nach Diagnosestellung
› T2: 2-3 Wochen nach Abschluss der onkologischen Behandlung
› Kontrollgruppe: Intervall T1-T2: 4-6 Monate
› Instrumente:
› Strengths and Difficulties Questionnaire, SDQ (Eltern)
› Mac Arthur Story Stem Battery, MSSB
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›
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Methodik
Strengths and Difficulties Questionnaire (SDQ)
(Goodman, 1999)
› Fragebogen mit 25 Items
› 5 Skalen:
› Emotionale Probleme
› Verhaltensauffälligkeiten
› Hyperaktivitäts- und Aufmerksamkeitsprobleme
› Probleme im Umgang mit Gleichaltrigen
› Prosoziales Verhalten
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Methodik
Mac Arthur Story Stem Battery
› «Geschichtenstämme», die das Kind zu Ende erzählt und spielt.
Spielnarrative
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Methodik
Mac Arthur Story Stem Battery
› Einsatz von 9 verschiedenen Geschichten
› Auswertung:
- Inhaltsthemen
- Figurenrepräsentanzen
- Handlung
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Methodik
Die 9 Geschichten
›
›
›
›
›
›
›
›
›
Spaziergang im Park mit dem Felsen
Wo ist Barney?
Wer hat meinen Schlüssel verloren?
Der Freund kommt nicht in die Schule
Die heisse Suppe
Familienausflug mit verletztem Kind
Das Monster
Das Kaninchen frisst nicht
Neue Nachbarschaft
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Familienausflug mit verletztem Kind
Untersucher: „Georg hat sich das Bein gebrochen und trägt einen Gips. Die ganze
Familie hat einen freien Tag und plant eine gemeinsame Unternehmung. Georgs
Bruder schlägt vor: „Lasst uns Fahrrad fahren/Schlittschuh laufen gehen!“
Der Interviewer spielt diesen Beginn der Geschichte mit Figuren vor und fordert
das Kind auf: „Und jetzt zeige und erzähle mir, wie die Geschichte weiter geht.“
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Methodik
Auswertung der Mac Arthur Story Stem Battery
› Inhaltsthemen
› Anzahl Themen pro Geschichte
› Interpersonelle Konfliktthemen (Streit, Eifersucht)
› Einfühlsame Interaktionsthemen (Helfen, Teilen)
› Moralische Themen (Wiedergutmachung, Zurechtweisung)
› Vermeidungsthemen (Figurenausschluss, plötzliches Einschlafen)
› Dysregulationsthemen (Zerstörung, magische Elemente)
› Figurenrepräsentanzen
› Eltern positiv (emotional: Trost / funktional: prakt. Hilfe geben)
› Eltern negativ (emotional: Entwertung /funktional: Strafe)
› Kindliche Macht (Superman, rettet die Welt)
› Regression (weint wie ein Baby, lässt sich herumtragen)
› Handlung
› Narrative Kohärenz
› Kontrolle und Einflussnahme über den Interviewer
› Schlussinhalt (positiv, neutral, negativ)
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Methodik
Zuverlässigkeit der Auswertung der Mac Arthur
Story Stem Battery
› Die Kodierung der Interviews erfolgte durch geschulte Rater.
› 20 Geschichten aus 10 unterschiedlichen Interviews wurden von
zwei Ratern unabhängig beurteilt.
› Cohen’s Kappa betrug 0.87 (Min = 0.71; Max = 0.91)
› Das entspricht einer guten bis sehr guten Übereinstimmung.
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Methodik
Kollektiv
T1
n
Alter
m
f
Geschwister
14
6-12 Jahre (9,4 J)
7
7
Kontrollen
18
6-12 Jahre (9,7 J)
9
9
T2
n
m
f
Geschwister
10
(9,9 J)
5
5
Kontrollen
16
(10,2 J)
9
7
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Resultate
Strengths and Difficulties Questionnaire, SDQ
Zu keinem der beiden Messzeitpunkte konnte im SDQ eine
Differenz zwischen den beiden Gruppen festgestellt werden.
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Resultate
Mac Arthur Story Stem Battery
› Inhaltsthemen
› Anzahl Themen pro Geschichte
› Interpersonelle Konfliktthemen
› Einfühlsame Interaktionsthemen
› Moralische Themen
› Vermeidungsthemen
› Dysregulationsthemen
› Figurenrepräsentanzen
› Eltern positiv (emotional / funktional)
› Eltern negativ (emotional / funktional)
› Kindliche Macht
› Regression
› Handlung
› Narrative Kohärenz
› Kontrolle / Einflussnahme
› Schlussinhalt
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T1
| 25
Resultate
Mac Arthur Story Stem Battery
› Inhaltsthemen
› Anzahl Themen pro Geschichte
› Interpersonelle Konfliktthemen
› Einfühlsame Interaktionsthemen
› Moralische Themen
› Vermeidungsthemen
› Dysregulationsthemen
› Figurenrepräsentanzen
› Eltern positiv (emotional / funktional)
› Eltern negativ (emotional / funktional)
› Kindliche Macht
› Regression
› Handlung
› Narrative Kohärenz
› Kontrolle / Einflussnahme
› Schlussinhalt
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T2
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| 27
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| 28
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Schlussfolgerungen (1)
› Die Geschwister der krebskranken Kinder zeigten vor allem unmittelbar
nach der Diagnosestellung deutliche intrapsychische Belastungszeichen.
› Ihre Geschichten weisen darauf hin, dass sie nach Schutz vor der
eigenen Hilflosigkeit und nach stärkerer Aufmerksamkeit der wenig
verfügbaren Eltern suchen.
› Vermeidung = Ausdruck der Anpassungsleistung ?
› Dysregulation = Überforderung der Bewältigungsversuche ?
› Kontrolle = Versuch mit der Hilflosigkeit umzugehen ?
› Negative funktionale Elternrepräsentanz = Ausdruck der Realität ?
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Schlussfolgerungen (2)
› Vermeidung und kontrollierendes Verhalten scheinen über den
Behandlungszeitraum als Bewältigungsstrategien an Bedeutung zu
verlieren.
› Möglicherweise schöpfen die Geschwister wieder Vertrauen und wagen
es eher, sich mit der Realität auseinanderzusetzen und auch Gefühle der
Hilflosigkeit gegenüber der Krebserkrankung zu akzeptieren.
› Die positiveren Schlussinhalte könnten auf positivere Annahmen zur
Bewältigung wie auch auf einen stärkeren Wunsch nach einem positiven
Ausgang hinweisen, während die Kinder der Vergleichsgruppe bei der
Wiederholung vielleicht beginnen, mit negativen Geschichtsenden zu
experimentieren.
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Schlussfolgerungen (3)
› Psychische Auffälligkeiten zeigen sich erst dann, wenn die emotionale
Integration dieser schwierigen Erfahrungen im Lebensalltag nicht
gelingt. Das war in unserem Kollektiv während des Untersuchungszeitraums offensichtlich nicht der Fall.
› Die Ergebnisse dieser kleinen Studie dürfen nicht dazu verleiten, aus
Geschwistern krebskranker Kinder Patienten mit psychiatrischen
Problemen zu machen.
› Der grossen innerpsychischen Arbeit, die diese Betroffenen leisten, sollte
aber Rechnung getragen werden. Geschichtenergänzungen sind eine
Möglichkeit, Risiken früh zu erkennen und eine bedürfnisgerechte
Unterstützung anzubieten.
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DANKE FÜR IHRE AUFMERKSAMKEIT
Alain Di Gallo
[email protected]
www.upkbs.ch
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6/15/13 8:41 PM
Frühe Ursprünge psychiatrischer Störungen
Wie früher Stress die Gehirnentwicklung beeinflussen kann –
Folgen für die psychische Gesundheit
Claudia Buss, Ph.D.
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Institut für Medizinische Psychologie, Charité Universitätsmedizin Berlin, Germany
Development, Health and Disease Research Program, University of California Irvine, USA
12. SPZ-Symposium
Kantonsspital Winterthur
19.11.2015
(Fetal) Developmental Programming of Health and Disease
Konzeptueller Rahmen
Pränatale Bedingungen
•  Mütterlicher Stress
•  Exogene Glucocorticoide
•  Infektion/ Entzündung
•  Pränatale Drogen-/
Alkoholexposition
Psychopathologie/
Entwicklungsstörungen
Veränderungen im Gehirn
•  Anatomie
•  strukturelle Konnektivität
•  funktionelle Konnektivität
•  Autismus
•  ADHS
•  Schizophrenie
•  affektive Störungen
•  neurogenerative Erkrankungen
Vulnerabilitätshypothese
Buss et al., Science Signaling 2012
Vulnerabilität= f [Gene x frühe Umwelt]
“Brain development is guided by genes but sculpted by the
environment.” (Lenroot et al. 2008)
Developmental Programming of Health and Disease
§  “Programmierung” beschreibt den Prozess, durch den die
frühe Umwelt mit genetischen und anderen Faktoren
interagiert und eine individuelle Konstitution schafft.
§  Grundannahme: biologische Systeme, die sich gerade
entwicklungsbedingt rapide verändern, sind besonders
vulnerabel für organisierende und disorganisierende
Einflüsse.
Rapide entwicklungsbedingte Veränderungen des Gehirns
•  3 mm langes Neuralrohr –
gesamtes Gehirn mit 100
Milliarden Neuronen und 100
Billionen Verbindungen
•  250000 Neuronen/ Minute: über
die gesamte Schwangerschaft
•  Differenzierung
•  Migration
•  Synaptogenese
•  Myelinisierung
•  Neuronales Pruning
Frühe Programmierung
§  WARUM? …Gelegenheit, Kongruenz zwischen
Umweltbedingungen und phänotypischer Spezifizierung zu schaffen.
§  WELCHE UMWELTBEDINGUNGEN? …solche, die
Hinweise bieten über Verfügbarkeit von Energie (Nahrung) und
Mortalitätsrisiko bis zum reproduktionsfähigen Alter.
§  WIE? …indem ein System genutzt wird, das zentrale und
periphere Antworten auf Variationen in diesen Bedingungen in
einem bereits entwickelten System koordiniert
(STRESSBIOLOGIE).
Stress-Signale als Programmierungshinweise
Genotyp der Mutter und des Kindes
Frühe Umwelt
Mütterlicher Stress
Endokrin: Cortisol, CRH
Immun: Il-6, TNF-a
Mutter
Plazenta
Fötus
•  Übergewicht
•  Stress
•  Infektionen
•  Unterernährung
•  obstetrische
Komplikationen (z.B.
Infektionen)
•  Gestationslänge
•  Neurotrophe Faktoren
• Transkriptionsfaktoren
•  Neurotransmitter
• Wachstumshormone
•  Schilddrüsenhormone
Gehirnentwicklung
Proliferation, Migration
Differenzierung
Neurogenese
Axonen- und Dendritenwachstum
Synapsenbilung
Apoptose/ Pruning
Myelinisierung
Neurokognitve Prozesse
und mentale Gesundheit
Buss et al. 2012, Science Signaling
Empirische Hinweise
Fetale Programmierung der Gehirnentwicklung und
Vulnerabilität für psychiatrische Erkrankungen bei
Menschen
“Stress-Signale”
I. 
II. 
Mütterlicher Stress/Depression
Mütterliche Cortisolkonzentrationen während der
Schwangerschaft
III.  Mütterliche Adipositas als Erkrankung, die mit hohen
Entzündungswerten einhergeht
Studienüberblick Kohorte I
§  Prospektive Longitudinalstudie mit bis zu fünf Messzeitpunkten
während der Schwangerschaft und neurokognitiven
Untersuchungen bei deren Kindern
§  kognitive Messungen (N=189)
§  Gehirn-MRT (N=65)
15.  19. 25. 31. 37.
Schwangerschaftswoche
Medizinische
Informationen
6. postpartale
Woche
6-9 Jahre
Mutter:
Kind:
Neuroendokri
ne
&
Psychosoziale
Messungen
Neurokognitiv
& MRT
(Krankenakten)
Neuroendokrine &
psychosoziale
Messungen
Obstetrische
Komplikation
en,Geburtsparameter
Kovariaten : obstetrische Komplikationen, Gestationslänge, Geburtsgewicht, mütterliche
postnatale Depression und IQ, Ethnizität, Alter und Geschlecht des Kindes
Studienüberblick Kohorte II
UC Irvine R01 MH-091351,
PI: Claudia Buss
10.-12.
SSW
▪  Blutprobe/ Urinprobe
20.-22.
SSW
30.-32.
SSW
▪  Haarprobe
▪  Fragebögen zu psychosozialem Stress
▪  Neuropsychologische Tests
▪  Ultraschalluntersuchung des Fötus
▪  Zervikovaginale Abstriche
▪  Anthropometrische Messungen
▪  Ambulatorische Phase (4 Tage):
▪  Speichelcortisol (7 pro Tag)
▪  HRV-Messung (Actiheart)
▪  Electronic Diary (Smart Phone)
▪  3 Ernährungsprotokolle (Random Dietary
Recall)
▪  24 h Sammelurin
Monatlich: Gewicht/Größe des Kindes,
Fütterungspraktiken
Geburt
3 Monate:
9 Monate:
Stress der
Stress der
Eltern
Eltern
12 Monate
6 Monate
▪  Hirnmorphologie
und neuronale
Konnektivität (fcMRT)
▪  Motorisches
Funktionsniveau
(TIMP)
▪  Anthropometri-sche
Messungen
▪  Blutprobe
▪  Körperzusammensetzung (DXA)
▪  Energieumsatz
(Doubly Labled Water)
▪  Kognitive, motorische und emotionale Entwicklung
(Bayley)
▪  Entwicklungsumgebung (HOME)
▪  Mutter/Kind
Interaktion
▪  Stressreaktivität (Still
Face)
▪  Anthropometri-sche
Messungen
▪  Blutprobe
▪  Körperzusammensetzung(DXA)
▪  Energieumsatz
▪  Hirnmorphologie
und neuronale
Konnektivität (fcMRT)
▪  Speichelprobe
▪  Kognitive,
motorische und
emotio-nale
Entwicklung (Bayley)
▪  Mutter/Kind
Interaktion (Strange
Situation)
▪  Anthropometri-sche
Messungen
▪  Blutprobe
▪  Körperzusammensetzung(DXA)
I. Mütterlicher Stress
§  Hinweise aus epidemiologischen Studien auf Assoziationen zwischen
mütterlichem Stress während der Schwangerschaft und
§  erhöhtem Risiko für Schizophrenie beim Kind1.
§  erhöhtem Risiko für ADHS beim Kind2.
§  eingeschränkte neurokognitive Performanz des Kindes3.
è Veränderungen der Gehirnanatomie in Zusammenhang mit mütterlichem Stress
während der Schwangerschaft waren beim Menschen noch nicht untersucht worden.
§  Hinweise aus Tierstudien auf spezifische neurologische Veränderungen in
Zusammenhang mit mütterlichem Stress während der Schwangerschaft
§ 
§ 
§ 
§ 
§ 
§ 
1Khashan
veränderte hippocampale Anatomie3.
Blockade lerninduzierter Neurogenese4.
reduzierte Reifung neuer hippocampaler Neuronen5.
veränderte synaptische Plastizität6.
reduzierte Dendritendichte7 und Dendritenlänge8.
vergrößerte Amygdala (lateraler Nucleus)9,10.
et al. 2008, 2Li et al. 2010, 3Behan et al. 2011, 4Lemaire et al. 2000, 5Bustamante et al. 2010, 6Yang et al. 2006, 7Martinez-Tellezet et al.
2009, 8Jia et al. 2010, 9Salm et al. 2004, 10Kraszpulski et al. 2006
I. Mütterlicher schwangerschaftsbezogener Stress (Kohorte I)
Schwangerschaftsbezogener Stress und Exekutivfunktion
Low Executive Function
High Executive Function
Pregnancy-specific Anxiety
24
22
20
18
16
14
Age: 6-9 years
10
15
20
25
Weeks gestation
30
35
Buss et al. 2011, Stress
I. Mütterlicher schwangerschaftsbezogener Stress (Kohorte I)
Buss et al. 2010,
Psychoneuroendocrinology
I. Mütterlicher schwangerschaftsbezogener Stress (Kohorte I)
Anatomische Veränderungen des Gehirns in Zusammenhang mit
pränatalem Stress und kognitiver Performanz.
19.
Gestations
-woche
Arbeitsgedächtnis
I. Mütterliche Depression (Kohorte I)
Kortikale Dicke
(Frontalhirn)
Mütterliche
Depression
N=81, Alter: 6-9 Jahre
Externalisierende
Probleme
Sandman, Buss et al. 2015, Biol Psychiatry
I. Mütterlicher Stress (Kohorte II)
Zusammenfassung
Mütterlicher Stress/Depression während der Schwangerschaft ist
assoziiert mit:
§  reduziertem Volumen der grauen Substanz (besonders im Frontalhirn)
§  reduzierter kortikaler Dicke (besonders im Frontalhirn)
è Möglicherweise Grundlage für die kognitiven Defizite und die
erhöhte Prävalenz psychischer Störungen bei Kindern, deren Mütter
während der Schwangerschaft hohen Stress/Depression erlebt haben.
II. Mütterliche Cortisolkonzentrationen
§  Glucocorticoide spielen eine essentielle Rolle bei der normalen
Gehirnentwicklung
è zu hohe Konzentrationen, besonders während sensitiver Perioden der
Gehirnentwicklung, können Neurotoxizität und negative Langzeitkonsequenzen
induzieren.
Gibt es einen Zusammenhang zwischen mütterlichen
Cortisolkonzentrationen und der Entwicklung limbischer Strukturen
des Kindes mit Implikationen für affektive Störungen?
“Kommunikation” zwischen Mutter und Fötus
Fetus
PLAZENTA
MUTTER
CRH
CRH
ACTH
ACTH
CRH
CORTISOL
Mechanismen:
11-bHSD 1 and 2
CORTISOL
- Effekte auf plazentales CRH
- Transplazentale Passage des Cortisols
II. Mütterliche Cortisolkonzentrationen (Kohorte I)
Pränatale Cortisolkonzentrationen, Größe limbischer
Strukturen und affektive Probleme beim Kind
Methoden:
•  Speichelproben der Mutter während der Schwangerschaft für Cortisolanalysen
•  Magnetresonanztomographie des Gehirns (Volumen der Amygdala und des
Hippocampus)
•  Affektive Probleme beim Kind (Bericht der Mutter, CBCL)
1.0
0.8
Mädchen
1.6
1.4
1.2
1.0
0.8
0.0
0.0
0.3
0.4
0.5
0.6
Cortisol (µg/dl) in der
15. Schwangerschaftswoche
0.6
0.4
0.2
0.0
0
15
20
25
30
Gestationswochen
35
M¸ tterlichesCortisol
Cortisol(ug/dl)
(µg/dl)
w‰hrend
Schwangerschaft
Mütterliches
während
derder
Schwangerschaft
3
Volumen der rechten Amygdala (cm )
M¸ tterlichesCortisol
Cortisol(ug/dl)
(µg/dl)
w‰hrend
Schwangerschaft
Mütterliches
während
derder
Schwangerschaft
II. Mütterliche Cortisolkonzentrationen (Kohorte I)
Jungen
1.0
0.8
0.6
0.4
0.2
0.0
0
15
20
25
30
35
Gestationswochen
Kleine Amygdala
(unterstes
Tertil)
beimbeim
KindKind
Kleine
Amygdala
(unterstes
Tertil)
Große
Amygdala
(oberstes
Tertil)
beim
Kind
Grofl e Amygdala (oberstes Tertil) beim Kind
Buss et al. 2012, PNAS
II. Mütterliche Cortisolkonzentrationen (Kohorte I)
Der Zusammenhang zwischen hohem pränatalen Cortisol und affektiven
Symptomen wird durch die Größe der Amygdala mediiert.
Mädchen
Rechte
Amygdala
β =0.359*
β=0.605*
Pränatales
Cortisol
(Mutter)
β =0.461*
Affektive
Symptome
beim Kind
β =0.381
Sobel test: P<0.05
Buss et al. 2012, PNAS
II. Mütterliche Cortisolkonzentrationen
Zusammenfassung
Erhöhte pränatale Cortisolkonzentrationen assoziiert mit
§  größeren Amygdalavolumina
è  unterstützt wahrscheinlich höhere Vigilanz und Wachheit bei Kindern von
Müttern mit hohem Stress und könnte das Risiko für affektive und
Angststörungen erhöhen.
v  Höhere Vulnerabilität bei Mädchen als bei Jungen
v  Lateralität: höhere Vulnerabilität der rechten als der linken Amygdala
II. Präkonzeptionelle Adipositas und ADHS-Symptome beim Kind
III. Mütterliche präkonzeptionelle Adipositas
§  Ein hohes pränatales inflammatorisches Millieu ist ein Risikofaktor
für verschiedene psychiatrische Erkrankungen.
§  Mütterliche Adipositas als ein klinischer Phänotyp, der mit einem
erhöhten inflammatorischen Millieu während der Schwangerschaft
assoziiert ist.
§  Mütterliche Adipositas vor und während der Schwangerschaft ist
assoziiert mit neurokognitiven Defiziten und erhöhtem Risiko für
Aufmerksamkeitsdefizitstörung (ADHS) bei ihrem Kind.
Welche neurokognitiven Veränderungen liegen der Assoziation
zwischen mütterlicher Adipositas und erhöhtem ADHS Risiko
beim Kind zugrunde?
III. Mütterliche präkonzeptionelle Adipositas (Kohorte I)
ADHS-Risiko bei Kindern von Müttern mit präkonzeptioneller Adipositas
ADHS-Symptome (CBCL)
**
*
0.8
è BMI vor der Schwangerschaft, aber
nicht Gewichtszunahme während der
Schwangerschaft, ist mit ADHSSymptomen beim Kind assoziiert
(F(1,158)=4.80, p=0.03).
0.6
0.4
è 2.8-facher Anstieg in der Prävalenz
von ADHS bei Kindern von adipösen im
Vergleich zu normalgewichtigen Müttern.
0.2
0.0
Normales
Gewicht
Übergewicht
Adipositas
Alter: 6-9 Jahre
Buss/Entringer et al. 2012, PLoS ONE
III. Mütterliche präkonzeptionelle Adipositas (Kohorte I)
*
18
**
Exekutivfunktion
(Reaktionszeit/ korrekte Antworten)
Exekutivfunktion bei Kindern von Müttern mit präkonzeptioneller Adipositas
è BMI vor der Schwangerschaft, nicht
aber Gewichtszunahme während der
Schwangerschaft, ist mit eingeschränkter
Exekutivfunktion beim Kind assoziiert
(F(1,157)=8.38, p<0.01).
16
14
12
0
Normales
Gewicht
Übergewicht
Adipositas
Alter: 6-9 Jahre
Buss/Entringer et al. 2012, PLoS ONE
III. Mütterliche präkonzeptionelle Adipositas (Kohorte I)
Kommissionsfehler
Omissionsfehler
*
Reaktionszeit
**
èMütterliche Adipositas ist mit geringerer
Aufmerksamkeitsleistung ihres Kindes assoziert.
Buss/ Entringer et al. 2012, PLoS ONE
II. Präkonzeptionelle Adipositas und ADHS-Symptome beim Kind
III. Mütterliche präkonzeptionelle Adipositas (Kohorte I)
Eingeschränkte Exekutivfunktion mediiert den Zusammenhang zwischen
mütterlicher präkonzeptioneller Adipositas und ADHS- Symptomen beim Kind.
0.123**
BMI (Mutter)
Exekutiv-funktion
(Kind)
β =0.18*
β =0.12
Sobel test: P<0.05
Buss et al. 2012, PLoS ONE
0.047***
ADHS- Symptome
(Kind)
III. Mütterliche präkonzeptionelle Adipositas
Zusammenfassung
§  Mütterliche präkonzeptionelle Adipositas ist assoziiert mit
§  ADHS-Symptomen und eingeschränkter Aufmerksamkeitsleistung bei ihrem
Kind.
Laufende/zukünftige Studien
Biologische Mechanismen der Transgenerationalen
Transmission früher Stresserfahrung
Kindheitstrauma
Transgenerationale
Transmission
Biologische
Einbettung bei der
traumatisierten
Person
Transgenerationale Transmission früher Stresserfahrung der Mutter auf ihr Kind
Mütterliche Lebensspanne
Kindheitstrauma
Mutterschaft
Schwangerschaft
•  é Psychopathologie
•  veränderte endokrine und immun/inflammatorische
Stressbiologie
Lebensspanne des Kindes
Pränatal
• 
präkonzeptionell
Veränderte
mütterlichplazental-fetale
Stressbiologie
Postnatal
• 
• 
Mütterliche
Depression
ê mütterliche
Sensitivität
Gehirnentwicklung des Kindes
é Psychopathologie
Fetale Programmierung der Gehirnentwicklung
Schlussfolgerung
• 
Einfluss präkonzeptioneller und pränataler Bedingungen auf die
Gehirnentwicklung
• 
Größe und Konnektivität limbischer Strukturen
• 
kortikale Veränderungen (Volumen und Dicke, u.a. im präfrontalen
Kortex)
• 
Implikationen für neurokognitive Funktionen und psychiatrische
Auffälligkeiten
è  kritische/ sensitive Entwicklungsperioden
è  Effekte unabhängig von Geburtsparametern (Frühgeburt, niedriges
Geburtsgewicht)
è  weitere Determinanten, die spezifische Vulnerabilität bestimmen (z.B.
Geschlecht, Genotyp)
University of California Irvine
Elysia P. Davis
Sonja Entringer
Daniel Gillen
Karen Lindsay
Steven Potkin
Jerod Rasmussen
Curt A. Sandman
Babak Shahbaba
James M. Swanson
Pathik D. Wadhwa
Feizal Waffarn
McGill University
Kieran O’Donnell
Michaeal J. Meaney
Jens C. Pruessner
University of North Carolina
John H. Gilmore
Martin Styner
.
Charité Universitätsmedizin Berlin
Christoph Bührer
Sonja Entringer
John Dylan Haynes
Christine M. Heim
Wolfgang Henrich
Nora Moog
Judith Overfeld
Philipp Töpfer
Oregon Health & Science University
Damien Fair
Alice Graham
MPI München
Elisabeth Binder
Nadine Provencal
University of Helsinki
Katri Räikkönen
Projektförderung
ERA-Net Neuron
European Research Council
National Institutes of Health (NIH)
Lernziel
Wohlbefinden
Ernst Fritz-Schubert
Anspruch auf Glück
Die Menschheit schuldet
dem Kinde ihr Bestes,
damit es eine glückliche Kindheit hat.
Generalversammlung der Vereinten Nation 1959
3
Schulfach Glück
4
33 % der Kinder sind in der Schule manchmal
gestresst, 23 % oft, 10 % sehr oft. Je älter, desto
intensiver erleben die Kinder den Stress.
5
Hurrelmann:
„Unsere Kinder fühlen sich
abgehängt“
bewirken
belehren
Sinn
Schule
beachten
bewerten
bewältigen
bestimmen
Schulfach Glück
7
Selbstbildung
Erziehung
Lehre
Personale Kompetenz
Modell nach Paschen und Müller-Using,
angepasst von Fritz-Schubert
Schulfach Glück
8
Personale Kompetenz
für Wohlbefinden
9
Seelische Gesundheit (SG)
nach Peter Becker
SG = f (RK; SA; SF)
Regulationskompetenz (RK),
Selbstaktualisierung (SA),
Sinnfindung (SF )
10
Nach Hobfoll (1988) entsteht Stress:
Gefahr von Ressourcenverlust
Tatsächlicher Ressourcenverlust
Ausbleibender Ressourcengewinn
11
12
13
14
15
16
Erfüllung psychischer Bedürfnisse
und externer Anforderung
durch Kompetenzen
17
18
Kohärenz
und Konsistenz
als Ressourcen
19
20
21
22
23
24
FSI-Handlungskonzept
Vertrauen, Wertschätzung
Empathie
Reflexion
Selbstregulierung
Flow
Träume und
Lebensmotive
Potenziale
Ressourcen
Sinn
Selbst
1
Das FSI-Handlungskonzept
Lebensfreude
Umsetzung
Reflexion
Planung
Entscheidung
Stärkung
Vision
Lebenszeit
2
Gestalter
neue Bewertung
erhöhter
Erfahrungsschatz
positive
Schlüsselerlebnisse
Erdulder
3
Mittl.Bildungsabschluss
Handlungsphasen
Stärkung
Visionen
Entscheidung
Planung
Umsetzung
Bewertung
Förderung von
Ressourcen
Kompetenzen
Positive
Psychologisches
Emotionen
Wohlbefinden
Vertrauen,
Wertschätzung,
Entdecken der eigenen
Stärken, soziale
Kompetenzen
Werte, Einstellungen,
Haltungen
Stolz,
Geborgenheit,
Sicherheit
Selbstwertschätzung,
Selbstakzeptanz, Positive
Beziehungen
Optimismus,
Sinnkonstruktion,
Selbstkompetenz
Kohärenzgefühl,
Gestaltorientierung,
allgemeine
Kompetenzen
Selbstkompetenz,
Zielerreichung,
Selbstregulierung
Sicherheit,
Kontrolle
Selbstwertschätzung
Vorfreude
Selbstwirksamkeitserwartung
Flow, Lebensfreude
Umweltbewältigung,
Konsistenzgefühl
Kohärenzgefühl,
Konsistenzgefühl
Zufriedenheit,
5
Gelassenheit
Sinn, Kohärenzgefühl
Freiheit,
Autonomie, Optimismus
Selbstbestimmtheit
Stärkung
ACR Active-Constructive-Responding
Jemand berichtet
über ein positives
Ereignis.
Resourcing und Acting
7
Lebenskuchen
Psych. Bed.
Gesundheit
Werte
Materielles
Soziales
8
Evaluationen
9
Kohärenzgefühl (SOC)
10
80
70
60
50
40
30
20
10
0
Evaluation 2008 Prof. Gehmacher OECD Beauftragter
Kontrollgruppe
Glücksgruppe
80
70
60
50
40
30
20
10
0
Evaluation 2008 Prof. Gehmacher OECD Beauftragter
Kontrollgruppe
Glücksgruppe
Konsistenzgefühl
nach Grawe
13
14
Selbstwertschätzung
15
Selbstwerthöhe
Stufe Glück
kein
Mittl.
Glück
Diff.
5
4,0270 3,8403
0,18666
7
3,9271 3,6308
0,29628
16
Selbstwertinstabilität
Stufe Glück
kein Glück Mittl.
Diff.
5
2,3354 2,5327
-0,19727
7
2,3149 2,6313
-0,31636
17
Selbstwertkontingenz bezüglich Leistung
Stufe Glück kein
Glück
Mittl.
Diff.
5
2,7402 2,9586
-0,21840
7
2,4375 2,9060
-0,46850
18
Vielen
Dank
für Ihre
Aufmerksamkeit und
Ihr Engagement!
19
12. SPZ-Forum Winterthur
Burnout - wie das Prinzip Leistung unsere
Kinder überfordert.
Ein literarischer Vortrag
Michael Schulte-Markwort
Übersicht…
www.der-wirtschaftsingenieur.de
Vorbemerkung
• Befindlichkeitsstörungen vs Krankheiten
• Medikalisierung und exzentrische Medizin
• „Modediagnosen“
– ADHS, Asperger-Syndrom, Burnout
•
•
•
•
Kindheit ist keine Krankheit
Selbstoptimierung
Mystifizierung vs. Abwertung von Kindheit
Behandlung von Leidensdruck
Diagnose
Burnout ist KEINE Diagnose
Anpassungsvermögen
versus
Überforderung
www.wn.de
Historie
• Mose 18:
„Du wirst müde werden, zugleich Du und das Volk“
• George Cheyne (1671-1743) English Malady
– Brownianismus
• Neurasthenie (ICD-10 F48.0)
• Graham Greene (1960): „A Burnt-Out Case“
• Herbert Freudenberger (1974)
Ein Fall
Anna, 16 Jahre
Symptomverlauf
• Konzentrationsverlust
• Leistungsknick
• Schlafstörungen
• Appetitverlust
• Antriebslosigkeit
• Kraftlosigkeit
• Freudlosigkeit
• Traurigkeit
• Erschöpfung
• Depression
• Suizidalität
Ursachen
Digitale Welt
Prinzip Leistung
Familienerbe
Familienleben
Ökonomisierung
Schule
Kinder…
• Was früher mit dem Kopf gemacht wurde, das
erledigen heute Computer, Smartphones, Organizer
und Navigationsgeräte. Wenn wir unsere Hirnarbeit
auslagern, lässt das Gedächtnis nach, Nervenzellen
sterben ab... Die Folgen sind Lese- und
Aufmerksamkeitsstörungen, Ängste und
Abstumpfung, Schlafstörungen und Depressionen,
Übergewicht und Gewaltbereitschaft. Die
Entwicklung ist besorgniserregend und erfordert vor
allem bei Kindern Konsumbeschränkung, um der
digitalen Demenz entgegen zu wirken.
Manfred Spitzer, FAZ, 14.09.12
Jugend…
• Unsere Jugend ist herunter gekommen und
zuchtlos. Die jungen Leute hören nicht mehr auf
ihre Eltern. Das Ende der Welt ist nahe.
Keilschrift aus Ur, Chaldäa, 2000 v.Chr.
• Ich habe überhaupt keine Hoffnung mehr in die
Zukunft unseres Landes, wenn einmal unsere
Jugend die Männer von morgen stellt. Unsere
Jugend ist unerträglich, unverantwortlich und
entsetzlich anzusehen.
Aristoteles, 384-322 v. Chr.
Jugend…
• Wer heute 14 ist, weiß alles über Liebe, über die Gefühle,
über den Arbeitsalltag – obwohl er noch nicht geliebt hat,
wenig gefühlt, gar nichts gearbeitet hat. Das hat es noch in
keiner anderen Generation gegeben.
Claudius Seidl, FAZ 2005
• Adoleszenz heute bedeutet einen Identitätsverlust im Sinne
einer Identitätsdiffusion.
Tobias Fuchs, Langeoog 16.06.2008
• Warum unsere Kinder Tyrannen werden
Michael Winterhoff, 2009
Psychische Auffälligkeit I
Zur Beurteilung der psychischen Auffälligkeit wurde nach
Symptomen im emotionalen Bereich und des Verhaltens gefragt
sowie nach dem sich daraus ergebenden Leidensdruck (SDQ;
Goodman, 1997) bzw. dem Vorliegen einer spezifischen Diagnose.
100
80
60
40
20
0
76,0
80,5
13,1
10,9
11,2
8,4
Gesamt Jungen
Gesamt Mädchen
wahrscheinlich möglich unwahrscheinlich
Bad Homburg
Demnach liegen bei
12,2% Hinweise auf
psychische Auffälligkeit
vor und 9,6% sind sehr
wahrscheinlich
psychisch auffällig.
Insgesamt liegen also
bei 21,8% zumindest
Hinweise auf psychische
Auffälligkeit vor.
Leicht modifizierter Algorithmus von Goodman
13
Auffälligkeit und sozioökonomischer Status
Angaben in %
Das Auftreten von Hinweisen auf psychische Auffälligkeit
wird mit einem niedrigeren sozioökonomischen Status der
Familien (hier nach Winkler) signifikant häufiger.
100
90
80
70
60
50
40
30
20
10
0
83,4%
79,1%
68,8%
16,6%
20,9%
31,2%
hoher SES
mittlerer SES
niedriger SES
Hinweise
Bad Homburg
unauffällig
14
Auftretenshäufigkeiten
spezifischer psychischer Auffälligkeiten
Auch alle spezifischen Störungen treten bei niedrigerem
SES häufiger auf.
Aus: Ravens-Sieberer et al. (2007) Psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland Ergebnisse aus der
BELLA-Studie im Kinder- und Jugendgesundheitssurvey (KiGGS). BGB 50 (5/6), 871-878
Bad Homburg
15
Untersuchungsmodell: Operationalisierung in BELLA und KiGGS
niedriger SES
elterl. Lebensqualität
allein erz. Eltern
soz. Unterstützung
Geschwisterzahl
Schulklima
chron. Erkrankung
Soziale Kompetenz
Frühgeburt
Heim
Familienklima
Risikofaktoren
Schutzfaktoren
Elterl. Unterstützung
Nationalität
Selbstkonzept
enge Wohnverhältnisse
elterl. Belastung
psych. Erkrankung Eltern
Optimismus
psychische Auffälligkeiten,
Lebensqualität
Selbstwirksamkeit
Entwicklung
Kohärenzsinn
elterl. Symptome
Essstörungen
psychosoziale Belastung
Gesamtauffälligkeit
(SDQ)
Suizidalität
Störung des
Sozialverhaltens
KINDLR
Kidscreen
Depressivität
Hyperaktivität
Angst
16
Bad Homburg
Soziale und familiäre Risikofaktoren
Niedriger sozioökon. Status
Soziale Unterstützung im 1. Lebensjahr
Arbeitslosigkeit
Familienkonflikte
Psych. Erkrankung eines Elternteils
Konflikte in Familien der Eltern
Partnerschaft der Erziehenden
Alleinerziehend
Stieffamilie
Unerwünschte Schwangerschaft
Chronische Erkrankung
Elterliche Belastung
Geringe physische LQ (SF-12)
Geringe psychische LQ (SF-12)
Psychopath. Symptome Eltern (SCL)
Bad Homburg
17
Liegt vor
Niedriger sozioökonomischer Status
Soziale Unterstützung im 1. Lebensjahr
Arbeitslosigkeit
Familienkonflikte
25 %
4%
11 %
6%
Psych. Erkrankung eines Elternteils
13 %
Konflikte in Familien der Eltern
12 %
Partnerschaft der Erziehenden
8%
Alleinerziehend
13 %
Stieffamilie
9%
Unerwünschte Schwangerschaft
4%
Chronische Erkrankung
30 %
Elterliche Belastung
10 %
Geringe physische LQ (SF-12)
10 %
Geringe psychische LQ (SF-12)
10 %
Psychopath. Symptome Eltern (SCL)
10 %
18
Bad Homburg
Liegt vor
Odds Ratio
Niedriger sozioökonomischer Status
Soziale Unterstützung im 1. Lebensj.
Arbeitslosigkeit
Familienkonflikte
25%
4%
11 %
6%
1.6
2.7
1.7
4.9
Psych. Erkrankung eines Elternteils
13 %
2.4
Konflikte in Familien der Eltern
12 %
2.8
Partnerschaft der Erziehenden
8%
2.7
13 %
2.1
Stieffamilie
9%
2.4
Unerwünschte Schwangerschaft
4%
2.0
Chronische Erkrankung
30 %
1.8
Elterliche Belastung
10 %
4.7
Geringe physische LQ (SF-12)
10 %
2.9
Geringe psychische LQ (SF-12)
10 %
4.2
Psychopath. Symptome Eltern (SCL)
10 %
4.0
Alleinerziehend
19
Bad Homburg
Angaben in %
Addiert man für die Kinder auf, wie viele Risiken jeweils vorliegen,
zeigt sich deutlich, dass mit einer größeren Anzahl von Risiken
höhere Raten psychischer Auffälligkeiten einhergehen.
100
90
80
70
60
50
40
30
20
10
0
85,0
79,1
76,3
69,3
52,3
47,7
15,0
0 (n=818)
20,9
23,8
1 (n=788)
2 (n=480)
30,7
3 (n=218)
unauffällig
Chi-Quadrat-Test (5-stufig)
(Chi-Quadrat (df=5) = 90.6; p<.001)
Bad Homburg
46,2
53,8
auffällig
4 (n=86)
> 4 (n=39)
Anzahl der Risikofaktoren
20
Schutzfaktoren
Kinder und Jugendliche mit psychischen Auffälligkeiten verfügen über
signifikant weniger familiäre, soziale und personale Ressourcen.
100
90
80
70
60
50
40
30
20
10
0
***
***
***
„kann Probleme aus
eigener Kraft meistern“
“
personale Ressourcen
„…, der Dir Liebe &
Zuneigung zeigt?“
“
„Wir kommen wirklich
alle gut miteinander aus“
“
soziale Unterstützung
fam. Zusammenhalt
unauffällig
Bad Homburg
nunauffällig= 1227-1232
ngrenzwertig = 203-205
nauffällig = 146-151
grenzwertig
auffällig
21
Familienklima als Schutzfaktor
Ein guter familiärer Zusammenhalt ist dann vorhanden, wenn z.B.
• in der Familie jeder auf die Sorgen und Nöte des anderen eingeht,
• jeder das Gefühl hat, dass ihm zugehört wird und
• die Familie häufig etwas gemeinsam unternimmt.
Macht ein guter familiärer Zusammenhalt einen Unterschied?
50%
Schlechtes Familienklima
50%
Gutes Familienklima
22
Bad Homburg
Familiäre Schutzfaktoren
Bei Kindern mit einem guten Familienklima ist
die Chance eines Kindes, depressive oder
Angstsymptome zu zeigen, etwa halbiert.
(OR 0.56*, CI=0.36 -0.88 bzw. OR 0.45***, CI=0.32-0.65)
Bezüglich Störungen des Sozialverhaltens ist die Chance bei
einem guten Familienklima sogar nur bei etwa einem Viertel.
(OR 0,27***, CI=0.17-0.43)
23
Bad Homburg
Dipl.-Psych. Nora Wille
Familiäre Schutzfaktoren und Wohlbefinden
Ein gutes Familienklima wirkt sich aber auch deutlich auf das
allgemeine Wohlbefinden/Lebensqualität der Kinder aus:
Vergleicht man die Kinder mit niedrigem und hohem Familienklima
miteinander, zeigen sich Auswirkungen auch für Bereiche wie das
psychische Wohlbefinden, die Schule u.v.m.
100
90
80
70
60
50
40
30
20
10
0
**
**
Körper
Psyche
**
**
Emotionen Selbstwert
Familienklima über Median
**
**
Eltern
Schule
Familienklima unter Median
nunter Median = 771-779; nüber Median = 756-779
Bad Homburg
Dipl.-Psych. Nora Wille
24
Versorgung
Betrachtet man die Frage an die Eltern hinsichtlich einer
psychischen Erkrankung ihres Kindes:
„Hat Ihr Kind eine psychische Erkrankung (z.B. eine
Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung, Depression,
Angststörung oder Störung des Sozialverhaltens)?“
sowie die sich anschließende Frage, ob das Kind für die
vorliegende Störung behandelt wird
„Ist es deswegen in psychologischer, psychotherapeutischer
oder psychiatrischer Behandlung?“
zeigt sich, dass 48,5% der Kinder in Behandlung sind.
25
Bad Homburg
Behandlung spezifischer psychischer Symptome
In Behandlung oder
Behandlungsbedarf erkannt
Depression (CES-DC >=16)
30.2% [18.6-44.8]
Mädchen (n=893)
22.8% [10.9-41.5]
Jungen (n=946)
36.6% [19.0-58.7]
Ängste (SCARED-5 >=3)
41.9% [26.7-58.7]
Mädchen (n=894)
41.2% [23.3-61.7]
Jungen (n=947)
42.6% [21.2-67.1]
ADHS (Conners >=15)
39.7% [27.8-52.9]
Mädchen (n=890)
38.9% [20.7-60.9]
Jungen (n=939)
40.2% [24.7-57.8]
Verhaltensprobleme (CBCL)
27.8% [18.9-38.8]
Mädchen (n=779)
33.4% [20.0-50.0]
Jungen (n=821)
23.3% [13.1-38.0]
26
Bad Homburg
Gesamtauffälligkeit (N=1950)
Odds ratio
4,26
10,6%
8%
13,9%
Körper und Seele (N=2)
28
Prävention?
• In der Regel: Sekundärprävention
• Enge Kooperation Schule - KJP
• Primär:
– Wertediskussion
– Pädagogik
– Prinzip Leistung
– Respekt
– ...
Jugen
d...
Laerke Posselt
Alessio Romenzi
Kids...
www.stuttgarter nachrichten.de
Schlusswort
Auch unsere Kinder werden – wie
wir – davon getragen sein, unsere
Welt zu verbessern, sie friedlich
und lebenswert zu erhalten
- und sie werden es
besser machen als wir!
Vielen Dank!
…working on healthy children.