KU N D E N S E RVI C E 0 8 0 0 / 9 3 5 8 5 3 7 KO M M E N TA R Zippert zappt Israel wählt: Für Netanjahu wird es eng H THEMEN Mitte-Links-Bündnis liegt laut Umfrage vorn BERLIN – Nach Angaben der Bundesregierung leben in Deutschland mehr als 280 islamistische Gefährder. Das geht aus der Antwort auf eine Kleine Anfrage der Grünen-Bundestagsfraktion hervor, die der „Welt“ vorliegt. Die Zahl der Personen, denen Straftaten von erheblicher Bedeutung zugetraut werden, ist damit allein seit Anfang März um zehn gestiegen. 2014 wurden lediglich 240 Personen als islamistische Gefährder eingestuft. Die Regierung will Terroristen den Personalausweis entziehen und damit ihre Ausreise in Kampfgebiete verhindern: „Der Gesetzentwurf beschränkt sich nicht allein auf ausreisewillige gewaltbereite Islamisten, sondern bezieht sich auf sämtliche Personen, die die innere oder äußere Sicherheit oder sonstige erhebliche Belange“ der Bundesrepublik gefährdeten, heißt es in der Antwort. Die Opposition kritisiert die Pläne der Koalition. Grünen-Innenexpertin Irene Mihalic sagte dieser Zeitung, dass der Ersatzausweis kein Problem löse und „völlig praxisfern, unverhältnismäßig sowie zudem gefährlich“ sei. Siehe Kommentar und Seiten 13, 15 Seite 4 [email protected] folgerichtig: Viele Berliner lehnten eine Bewerbung ab, in Hamburg war die Zustimmung größer. Die Animation zeigt, wie es aussehen würde, wenn die Stadt den Zuschlag bekommt: Dann soll das Olympiastadion mitten im Hafen gebaut werden. Seiten 3 und 19 Dax überspringt locker die nächste Rekordmarke DANIEL ECKERT In Australien werden Koalas zur Plage Seite 20 Politik Deutsche Waffen als Trumpf im Kampf gegen IS Seite 7 Sport Red Bull droht mit dem Rückzug aus der Formel 1 Seite 19 Kultur D er Deutsche Aktienindex Dax hat zu Wochenbeginn erstmals die Schwelle von 12.000 Punkten übersprungen. Börsenpapiere erweisen sich für ihre Halter als wahre Goldgrube: Seit dem Markttief vom Frühjahr 2009 hat sich der Dax mehr als verdreifacht. Zum Handelsschluss lag er gestern bei 12.167,72 Punkten. Noch im Oktober 2014 stand der Leitindex bei 8500 Zählern. Der Stimmungswechsel kam, als die Europäische Zentralbank (EZB) ihre Politik der groß angelegten Anleihenkäufe ankündigte und umsetzte. Damit sind Anlageformen wie Tagesgeld oder Zinspapiere auf Jahre unattraktiv geworden. Gleichzeitig verbessert die damit provozierte Euro-Schwäche die Gewinnaussichten für die deutschen Exporteure, die für die hiesige Volkswirtschaft von großer Bedeutung sind. Der deutsche Leitindex brauchte nur 17 Handelstage, um die 1000 Punkte von der 11.000-er Marke bis zur neuen großen Schwelle 12.000 zurückzulegen. Nicht nur in Punkten, auch prozentual gehört die jetzige Dax-Rallye zu den stärksten der Geschichte. Allein dieses Jahr hat das Börsen- barometer rund 25 Prozent an Wert gewonnen. Seit dem Tief im Oktober beträgt das Plus rund 43 Prozent. Zum Vergleich: Zur Zeit der New-Economy-Euphorie – von Herbst 1999 bis Frühjahr 2000 – stieg der Leitindex in einem ähnlichen Zeitraum um mehr als 50 Prozent. Auch weltweit gehört der Dax 2015 zu den besten Börsenindizes. Der US-Leitin- ÖLPREIS FÄLLT Der Dax steigt, doch die Ölpreise sind auf ein Fünf-Jahres-Tief gesunken. Am Morgen kostete ein Barrel (etwa 159 Liter) der Sorte Brent zur Lieferung im April 54,12 US-Dollar – 55 Cent weniger als in der Vorwoche. Der Preis für ein Fass der amerikanischen Sorte WTI fiel um 56 Cent auf 44,28 Dollar. Die globale Ölschwemme setzt die Preise unter Druck. In den USA sind Ölproduktion und Lagerbestände so hoch wie seit drei Jahrzehnten nicht mehr. Beobachter warnen vor Überlaufen der Tanks. Auch das Öl-Kartell Opec produziert weiter. Seite 10 Filme zeigen das Leben in der DDR Dax Küssen verboten Im Plus Wie ein Bahn-Mitarbeiter in Paris Zärtlichkeiten zwischen zwei Frauen torpedierte DAX EURO DOW Xetra-Schluss EZB-Kurs 17.45 Uhr 12.167,72 1,0557 17.933,11 +2,24% –0,14% +1,03% Punkte US-$ Punkte ANZEIGE Welt der Wunder mit Inge Steiner Mo-Fr um 19.10 Uhr Diskutieren Sie mit uns auf Facebook: facebook.com/welt Wir twittern live aus dem Newsroom: twitter.com/welt „Die Welt“ digital Lesen Sie „Die Welt“ digital auf allen Kanälen – mit der „Welt“-App auf dem Smartphone oder Tablet. Attraktive Angebote finden Sie auf welt.de/digital oder auch mit den neuesten Tablets auf welt.de/bundle Seite 7 280 islamistische Gefährder in Deutschland Regierung will Ausreise nach Syrien verhindern E ANZEIGE Seite 22 Seite 15 Politische Börsen dex Dow Jones steht in etwa auf dem gleichen Stand wie Anfang Dezember. Viele asiatische Märkte sind in Landeswährung allenfalls leicht im Plus, manche sogar im Minus. Die niedrigen Zinsen und der schwache Euro begünstigen zwar die DaxFirmen, der Kursanstieg ist jedoch weitaus stärker ausgefallen als die Gewinnschätzungen der Unternehmen. Nach aktuellen Prognosen sollen die Erträge dieses Jahr um acht Prozent zulegen. Die Diskrepanz führt dazu, dass die Börsenpapiere gemessen an den Gewinnen so hoch bewertet sind wie seit der Finanzkrise 2008/09 nicht mehr. Auch die Bewertung gemessen am Buchwert der Dax-Konzerne ist so hoch wie zuletzt vor sieben Jahren. Der Zustrom von heißem Geld und die steigenden Bewertungsniveaus machen den Index mittelfristig anfällig für Rückschläge. Kurzfristig deutet jedoch einiges darauf hin, dass sich die Hausse fortsetzt: „An den Zinsmärkten gibt es eine Abwärtsspirale der Renditen. Aktien scheinen alternativlos. Das führt dazu, dass derzeit keiner verkaufen will“, sagt Jens Klatt, Stratege beim Researchhaus DailyFX. Immer mehr Marktteilnehmer sehen sich gezwungen, auf den Zug aufzuspringen. Hamburg geht ins Olympia-Rennen Deutscher Leitindex schließt bei mehr als 12.000 Punkten. Rallye zählt zu den stärksten der Geschichte. Mittelfristig drohen Investoren Rückschläge Wissen Israels konservativer Regierungschef Benjamin Netanjahu steuert bei der Parlamentswahl am Dienstag erstmals seit sechs Jahren Umfragen zufolge auf eine Niederlage zu. Demnach lag das Mitte-linksBündnis von Jizchak Herzog und Tzipi Livni vor der Likud-Partei Netanjahus. Dann würde Staatspräsident Reuven Rivlin normalerweise Herzog als Chef der stärksten Fraktion mit der Regierungsbildung beauftragen. Allerdings dürfte die Bildung einer Koalitionsregierung für Herzog vom Zionistischen Lager schwierig werden. Netanjahus Verbündete, die rechten und ultraorthodoxen religiösen Parteien, sind den Umfragen zufolge weiter in der Übermacht. Als Zünglein an der Waage gilt Mosche Kachlon mit seiner neuen Partei Kulanu, die etwas rechts von der politischen Mitte angesiedelt ist. Rivlin hat bereits angedeutet, dass er eine große Koalition des Zionistischen Lagers mit dem Likud anregen werde, sollte es keinen klaren Wahlsieger geben. Netanjahu und Herzog wollen davon nichts wissen. JERUSALEM – Deutschland wird sich mit Hamburg um die Olympischen Spiele 2024 bewerben. Das hat der Deutsche Olympische Sportbund seinen Mitgliedern für die Abstimmung am Samstag empfohlen und sich damit gegen Berlin ausgesprochen. Die Entscheidung erscheint OLAF GERSEMANN ine ganze Gattung von Experten lebt davon, Sparern Aktientipps zu verkaufen: „Finger weg von Papier X!“, heißt es. Oder: „Kauft Fonds Y!“ Wirklich gute Ratschläge aber sind selten. Denn es ist ganz einfach so, dass ein Aktienkurs alle öffentlich verfügbaren relevanten Informationen über das dahinterstehende Unternehmen bereits reflektiert. Hinter der Börsennotierung zum Beispiel von Dax-Konzernen stecken zu jedem beliebigen Zeitpunkt die Einschätzungen von Tausenden und Abertausenden Entscheidern, vom Kleinanleger bis zum Investmentfonds-Manager. Für Kursbewegungen können da nur neue Informationen oder neue Bewertungen vorhandener Informationen sorgen – und das eine lässt sich so schlecht prognostizieren wie das andere. Wer behauptet, Aktienkurse vorhersagen zu können, ist daher im Zweifel ein Scharlatan. Und wer im Nachhinein scheinbar zwingende Erklärungen für Kursbewegungen präsentiert („War doch klar, dass es so kommen würde“), ist auch nicht viel besser. Für das gegenwärtige Geschehen an den deutschen Börsen gilt das freilich nur begrenzt. Der Deutsche Aktienindex, der Dax, erreicht gerade immer neue Höchststände, am Montag wurde erstmals die Marke von 12.000 Punkten überschritten – und selten war eine Rekordjagd so absehbar wie die aktuelle. Denn nicht mehr komplexe wirtschaftliche Fundamentaldaten dominieren das Marktgeschehen, sondern ein erklärter politische Wille. Um Deflationsgefahren abzuwenden, hat die Europäische Zentralbank begonnen, die Kapitalmärkte mit ungeheuren Mengen an frisch gedruckten Euro zu fluten. Das schwächt den Außenwert der Gemeinschaftswährung und verleiht den Geschäften exportorientierter deutscher Industriekonzerne künstlichen Schwung. Jene Minderheit der Bundesbürger, die noch Aktien besitzt, darf sich freuen – während mancher, der sein Erspartes auf Tages- oder Festgeldkonten geparkt hat, neidisch werden mag. Wer zuletzt lacht, ist jedoch keineswegs so ausgemacht, wie es scheint. „Politische Börsen haben kurze Beine“, lautet eine alte Börsianerweisheit. Denn politische Faktoren wie Wahlen oder auch militärische Auseinandersetzungen werden in ihrer dauerhaften Wirkung auf die Kurse erfahrungsgemäß häufig überschätzt. Das könnte auch für den jüngsten Rettungseinsatz der EZB gelten. Wenn die Frankfurter Währungshüter die nun ausgegebene Liquidität wieder einsammeln, könnte sich noch mancher Anleger wünschen, sein Geld lieber auf dem Sparbuch gelassen zu haben. Und am Ende könnte die aktuelle Hausse die in Deutschland so oft vermisste Aktienkultur nicht etwa befördert haben, sondern beschädigt. DPA/GMP, BÜRO GÄRTNER UND CHRIST at der griechische Finanzminister Janis Varoufakis uns allen den Stinkefinger gezeigt? Über diese Frage diskutiert ganz Deutschland. Der Grieche behauptet, die Aufnahmen seien gefälscht, man habe den gestreckten Finger nachträglich reinmontiert. Varoufakis gab an, er besitze keinen Stinkefinger, deshalb könne er auch keinen gezeigt haben. Trotzdem wurden seine beiden Mittelfinger in U-Haft genommen und sollen noch in dieser Woche vor dem Europäischen Gerichtshof aussagen. Man will feststellen, ob sich die beiden Finger zum Tatzeitpunkt an der Hand von Varoufakis befanden. Während eines improvisierten Tribunals unter Vorsitz von Günther Jauch wurde Varoufakis von Markus Söder per Video verhört. Mehrere Menschenrechtsorganisationen protestierten gegen diese brutale Form der Folter und forderten Jauch auf, in Zukunft auf Söderboarding zu verzichten. Der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäublakis betonte, Griechenland müsse seine Stinkefingerreserven offenlegen und zur Not privatisieren. Einen Stinkefingerschnitt hielt er jedoch für ausgeschlossen. B ** D 2,30 E URO D I E N STAG , 17. M Ä RZ 2 015 P aris – die Stadt der Liebe, Liebenden und Geliebten, die Metropole der Poesie. Und das Zentrum der sich ewig erneuernden rosaroten Brillen für alle, die Gefühle wagen. Für alle? Nicht ganz. Nicht für zwei Frauen jedenfalls, die sich kürzlich am Gare du Nord verabschieden wollten – dem am stärksten frequentierten Bahnhof von Paris, von dem aus Hochgeschwindigkeitszüge des Typs Thalys europaweit Metropolen ansteuern. Dort missfiel einem Thalys-Mitarbeiter, dass sich Mirjam aus Amsterdam von ihrer Partnerin mit einem Kuss verabschieden wollte. Der Zugbegleiter war so aufgebracht, dass er sich sogar zwischen die beiden Frauen stellte und ihnen verbot, sich weiter zu küssen. Dies sei „nicht tolerierbar“. Küssen sei heterosexuellen Paaren vorbehalten. „Er hat einfach nicht aufgehört, auf uns einzureden. Rund eine Viertelstunde ging das so, bis der Zug abgefahren ist. Das hat unseren Abschied ruiniert“, sagte Mirjam dem französischen Magazin „Le Nouvel Observateur“. Die 35-Jährige ist Mitglied der Organisation All Out, auf deren Website sie den Zwischenfall publizierte. Daraufhin starteten Aktivisten eine Petition, die prompt mehr als 69.000 Menschen unterzeichneten. Die Firma Thalys wurde darin aufgefordert, dem Zwischenfall Konsequenzen folgen zu lassen. Ironischerweise hatte Thalys im Jahr 2013 mit einem Plakat geworben, das ein gleichgeschlechtliches Paar zeigt. Insofern überraschte das Verhalten des Bahnmitarbeiters umso mehr. Die sich mit Hochgeschwindigkeit verbreitende Petition sowie die weltweite Berichterstattung sorgten für schnelle Schadensbegrenzung. Die Firma entließ den Mitarbeiter. Mehr noch, Chefin Agnès Ogier leistete persönlich Abbitte. „Thalys duldet keine homophobe Rhetorik. Nachdem wir von dem Vorfall erfahren haben, wurde eine interne Untersuchung eingeleitet“, sagte sie. Laut All Out habe Thalys zudem bekannt gegeben, dass der Umgang mit Mirjam und ihrer Partnerin Fallbeispiel in Schulungen werde. Ganz nach dem Motto „So bitte nicht mehr“. DIE WELT, Axel-Springer-Straße 65, 10888 Berlin, Redaktion: Brieffach 2410 Täglich weltweit in über 130 Ländern verbreitet. Pflichtblatt an allen deutschen Wertpapierbörsen. Tel. 030/25910, Fax 030/259171606, E-Mail: [email protected]; Anzeigen: 030/585890, Fax 030/585891, E-Mail [email protected], Kundenservice: DIE WELT, Brieffach 2440, 10867 Berlin, Tel. 0800/9 35 85 37, Fax 0800/9 35 87 37, E-Mail [email protected] ISSN 0173-8437 64-12 A 3,20 & / B 3,20 & / CH 5,00 CHF / CZ 95 CZK / CY 3,40 & / DK 25 DKR / E 3,20 & / I.C. 3,20 & / F 3,20 & / FIN 3,20 & / GB 3,00 GBP / GR 3,40 & / H 820 FT / I 3,20 & / IRL 3,20 & / KRO 28 KN / L 3,20 & / MLT 3,20 & / N 38 NOK / NL 3,20 & / P 3,20 & (Cont.) / PL 15 PLN / S 42 SEK / SK 3,20 € / SLO 2,80 & + © Alle Rechte vorbehalten - Axel Springer SE, Berlin - Jede Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.as-infopool.de/lizenzierung DIE WELT BERLIN-2015-03-17-swonl-86 8952142c1dfe62a4459d781cde166041 ZKZ 7109
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