VL Chemisch bedingte Erkrankungen

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Durch chemische Einwirkungen verursachte Gesundheitsschäden (Dr. Golka)
I Begriffsbestimmungen:
MAK-Werte (maximale Arbeitsplatz-Konzentrationen), BAT-Werte (biologische
Arbeitsstofftoleranzwerte) und TRK-Werte (technische Richtkonzentrationen) werden
vom Ausschuß für Gefahrstoffe (AGS) vorgeschlagen, veröffentlicht und jährlich
aktualisiert.
Maximale Arbeitsplatzkonzentration (MAK) ist die Konzentration eines Stoffes in der
Luft am Arbeitsplatz, bei der im allgemeinen die Gesundheit der Arbeitnehmer nicht
beeinträchtigt wird.
Biologischer Arbeitsplatztoleranzwert (BAT) ist die Konzentration eines Stoffes oder
seines Umwandlungsproduktes im Körper oder die dadurch ausgelöste Abweichung
eines biologischen Indikators von seiner Norm, bei der im allgemeinen die
Gesundheit der Arbeitnehmer nicht beeinträchtigt wird.
Technische Richtkonzentration (TRK) ist die Konzentration eines Stoffes in der Luft
am Arbeitsplatz, die nach dem Stand der Technik erreicht werden kann.
Von wesentlicher Bedeutung ist, daß die MAK-Werte für Einzelstoffe erstellt sind. Sie
können nicht auf Mischexpositionen übertragen werden. Maßgebend für die
Erstellung eines MAK-Wertes sind wissenschaftlich fundierte Kriterien des
Gesundheitsschutzes, nicht die Möglichkeiten ihrer Einhaltung in der Praxis. Dies
unterscheidet den MAK-Wert grundsätzlich vom TRK-Wert, der für krebserzeugende
Stoffe aufgestellt wird und für dessen Höhe die technische Machbarkeit sowie
Möglichkeit der meßtechnischen Überwachung, nicht jedoch die wissenschaftlichen
Kriterien entscheidend sind.
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II Metalle und Metalloide
Blei
Hinsichtlich der Toxizität ist bei Bleiverbindungen zunächst grundsätzlich zwischen
Blei und seinen anorganischen Verbindungen einerseits und den (in früheren Zeiten
z.B. als Antiklopfmittel in Vergaserkraftstoffen verwendeten) organischen
Bleiverbindungen zu unterscheiden.
Blei (Pb) und anorganische Bleiverbindungen
Das gegenwärtig wichtigste Zielorgan ist das erythropoetische System, das bei
entsprechender Bleiexposition mit einer Anämie und häufig mit einer basophilen
Tüpfelung reagiert. Organe, die vor allem in früheren Jahrzehnten von Bedeutung
waren, sind die glatte Muskulatur (Darmkoliken, Hautblässe !), das periphere
Nervensystem (Polyneuropathie, Radialis-Schädigung mit, im Extremfall, "Fallhand"),
das zentrale Nervensystem (Enzephalopathie), die Niere (Schädigung vor allem des
Tubulus) sowie die werdende Leibesfrucht.
Von besonderer Bedeutung ist, daß Kinder aufgrund der wesentlich höheren
Resorptionsrate erheblich stärker durch Blei gefährdet sind als Erwachsene.
Für die Praxis ist wichtig, daß die Blutbleibestimmung im Vollblut eine geeignete
Methode des Biomonitorings darstellt. Hinsichtlich der Belastung durch das
aufgenommene Blei ist gegenwärtig der Parameter -Amino-Lävulinsäure (-Ala) der
Parameter der Wahl.
Ca. 150 Berufe haben regelmäßig Umgang mit Blei (!). Klassische
Expositionsbedingungen sind die Akkumulatorenherstellung, der Bleiabbau und die
Verhüttung von Blei. Weitere Expositionen sind z.B. das Entfernen von bleihaltigem
Korrosionsschutz ("Bleimennige") oder alten bleihaltigen weißen Anstrichen
("Bleiweiß"). Weitere Expositionsmöglichkeiten bestehen vor allem in der
keramischen Industrie (bleihaltige Lasuren) und in der Glasindustrie (Bleikristall).
Das zentrale Problem bei der Exposition gegen Blei ist die zusätzliche orale
Aufnahme durch mangelnde Arbeitsplatzhygiene.
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Das Bild einer akuten Bleivergiftung kann aufgrund der kolikartigen Beschwerden mit
einer akut intermittierenden akuten Porphyrie verwechselt werden. Das Problem ist
vor allem das Erkennen von "versteckten" Expositionen, so daß bei einer Anämie,
insbesondere wenn eine basophile Tüpfelung vorliegt, auch eine Bleiexposition in
Erwägung gezogen werden muß.
Organische Bleiverbindungen
Das Zielorgan einer organischen Bleivergiftung ist das zentrale Nervensystem. Eine
akute Intoxikation ist durch akute psychosomatische bzw. psychiatrische
Krankheitsbilder gekennzeichnet. Quellen sind verbleite Kraftstoffe oder
entsprechende Kraftstoffzusätze. Die Aufnahme von organischen Bleiverbindungen
erfolgt auch perkutan.
Seit geraumer Zeit sind die Blutbleispiegel in Deutschland rückläufig, was
insbesondere auf die zunehmende Verwendung von bleifreiem Benzin zurückgeführt
wird.
Quecksilber
Zielorgan ist das zentrale Nervensystem mit dem klassischen Vergiftungsbild des
"Erethismus mercurialis" (erhöhte Reizbarkeit, schwere Verhaltens- und
Persönlichkeitsstörungen, Tremor).
Das ZNS wird sowohl durch Metalldämpfe als auch durch die stark lipophilen
organischen Quecksilberverbindungen geschädigt. Zielorgan von zweiwertigen
anorganischen Quecksilberverbindungen ist die Niere.
Klassische chronische Quecksilberexpositionen sind selten geworden. Die
Bedeutung des in Amalgamen enthaltenen Quecksilbers wird kontrovers diskutiert.
Bekannt geworden ist auch die Belastung durch organische
Quecksilberverbindungen durch belastete Nahrungsmittel wie z.B. Fisch (Minamata
Krankheit in Japan).
Chrom
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Klassische Zielorgane von Chrom sind die Schleimhäute (Entzündungen bis hin zur
Perforation der Nasenscheidewand !), die Lunge (Lungenkrebs) und die Haut
(Chromatekzem, "Maurerekzem").
Die Exposition erfolgt z.B. beim Schweißen, wobei die Exposition auch von der Art
der verwendeten Schweißelektrode abhängig ist, sowie durch Chrompigmente in
verschiedenen Industrien. Von großer praktischer Bedeutung ist das allergogene
Potential von Chromaten und Dichromaten ("Mauererekzem").
Die einzelnen Chromverbindungen weisen eine unterschiedliche Wasserlöslichkeit
und eine unterschiedliche Toxizität auf. Gegenwärtig ist nur Zinkchromat, das u.a.
zum Korrosionsschutz verwendet wird, als humankanzerogen (IIIA1-Stoff)
klassifiziert.
Mangan und die vor allem früher zur Herstellung von Trockenbatterien verwendete
Mangan-Verbindung Braunstein (MnO2).
Bekanntestes Krankheitsbild ist bei chronischer Exposition der Manganismus, der
klinisch dem Parkinson ähnelt. Weiterhin wurden bei akuter Exposition
Manganpneumonien beobachtet.
Thallium
Zielorgane der akuten Intoxikation sind das Kopfhaar, das zeitlich verzögert, mit
Ausnahme der nasalen Anteile der Augenbraue, ausfällt, das periphere
Nervensystem mit einer Hyperalgesie in der Frühphase und einer Polyneuritis sowie
das zentrale Nervensystem mit einer subakuten Myelo-Optiko-Neuropathie (SMON).
Berufliche Expositionen bestehen u.a. bei der Thallium-Gewinnung aus
Schwermetallerzen, der Herstellung von Supraleitern, photoempfindlichen Zellen und
farbigen Gläsern. In früheren Jahren kam es auch in der Umgebung von
Zementwerken zu einer erhöhten Thalliumexposition.
Cadmium
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Zielorgane sind die Nase mit einer Schleimhautdegeneration und einer Anosmie
sowie die Lunge. Bei akuter Exposition durch Metalldampf werden grippeähnliche
Symptome beobachtet, später ein toxisches Lungenödem, bei chronischer Exposition
ein Lungenemphysem.
Bei chronischer Exposition gegen Cadmium wird eine vermehrte Einlagerung von
Cadmium in der Niere, vor allem der Rinde, beobachtet, die zu Nierenschäden
(vermehrte Eiweißausscheidung) führt. Ein ursächlicher Zusammenhang mit dem
Prostatakarzinom wird diskutiert. Bei einer schweren Intoxikation zeigen sich
Knochendestruktionen und pathologische Frakturen (Itai-Itai).
Exposition besteht bei der Verhüttung sulfidischer Erze, der Verwendung im
Korrosionsschutz ("Oberfächenanode"), der Herstellung von Nickel-Cadmium-Akkus
usw.
Von besonderer Bedeutung sind die langen Halbwertszeiten von ca. 20 Jahren.
Nierenschäden können auch noch Jahre nach Expositionsende neu auftreten. Daher
sollte man bei Nierenschäden stets nach einer Cadmiumexposition fragen. Bei
beruflich Exponierten sind als empfindliche Nierenparameter Harneiweiße (nicht das
Serum-Kreatinin!) zu untersuchen.
Vanadium
Eine akute Vanadium-Intoxikation bewirkt eine Reizwirkung, eine chronische
Intoxikation eine Bronchitis. Charakteristisch ist eine grün-schwarz gefärbte Zunge.
Entsprechende berufliche Expositionen sind vor allem beim Umfang mit Erdölrußen,
die 15 bis 50 % Vanadium enthalten, zu erwarten. Weitere Expositionsmöglichkeiten
sind bei der Exposition gegen Erdölschlacken und bei der ChromvanadiumHerstellung gegeben.
Arsenwasserstoff (Arsin) ist hoch toxisch und entsteht, wenn arsenhaltiges Material
in Kontakt mit Wasserstoff in nascendi gerät. Zielorgan ist vor allem der Erythrozyt.
Klassische Symptome der lebensbedrohlichen akuten Vergiftung sind Zyanose,
Hämolyse und eine Verminderung des Kapillartonus. Das hochtoxische Arsin ist in
hohen Konzentrationen nicht wahrnehmbar.
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Die chronische Exposition gegen dreiwertige Arsenverbindungen führt im Bereich der
Haut zu einer Hyperkeratose und Hautkrebs, in der Lunge zu Tumoren und bei
Exposition in früheren Jahrzehnten zu Hämangiosarkomen der Leber. Exposition
bestand (bis 1942) durch Arsenspritzbrühe und besteht gegenwärtig bei der
Verhüttung von Erzen, der Anwendung von Antifowlingfarben sowie bestimmter
Metallbeizen.
Phosphor (anorganisch)
Elementar weißer oder gelber Phosphor ist stark reduzierend und hoch toxisch. Der
rote Phosphor ist viel weniger toxisch.
Zielorgan ist die Haut mit Brandwunden und Nekrosen sowie, bei Resorption aus der
Wunde, der Magen-Darm-Trakt und die Leber (akute gelbe Leberatrophie). Historisch
wurden auch schwere Knocheninfektionen, vor allem im Unterkiefer, beobachtet.
Gegenwärtig von Bedeutung ist Phosphinwasserstoff, der extrem toxisch durch seine
Enzymblockade wirkt. Das klinische Bild der akuten Vergiftung ähnelt der
Arsinvergiftung, jedoch ohne Zeichen einer Hämolyse. Phosphinwasserstoff wird im
Darm aus bei der Begasung von Silos und Speichern verwendeten Metallphosphiden
abgespalten (!).
Beryllium
Die akute Intoxikation äußert sich durch eine toxische Pneumonie, die chronische
durch eine Lungenberylliose, die klinisch der Sarkoidose sehr stark ähnelt. In
früheren Jahrzehnten wurde dieser Stoff bei der Leuchtstoffröhrenherstellung
verwendet. Gegenwärtig werden Beryllium und seine Legierungen vor allem im HighTech-Bereich für Leichtbauteile mit stärkster mechanischer Beanspruchung vermehrt
eingesetzt.
Eine chronische Berylliose kann bereits nach sehr kurzer massiver Einwirkung
(Stunden!) entstehen und sich mit einer Latenz von bis zu 25 Jahren klinisch
manifestieren.
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III Erstickungsgase
Kohlenmonoxid (CO)
Kohlenmonoxid weist eine 240fach größere Affinität zu Hämoglobin als der
Sauerstoff auf. Entsprechend sind Hypoxien in verschiedenen Organen zu
beobachten. Bedeutsam ist, daß, ggf. auch nach einem symptomfreien Intervall,
verschiedene Nachkrankheiten, wie Parkinson, Epilepsie, Herzrhythmusstörungen,
u.U. Herzinfarkt beobachtet werden.
Die Halbwertszeit des CO beträgt 5 Stunden, 20 Minuten, bei 100 % O2-Behandlung
ca. 80 Minuten, bei Karbogen-Gabe (O2 plus 5 bis 7 % CO2) kürzer.
Schwefelwasserstoff (H2S)
Zielorgane sind das Auge mit der klassischen Spinner-Keratitis, die Atemwege mit
Reizerscheinungen bis hin zum Lungenödem, Enzyme der Zellatmung, sowie das
zentrale Nervensystem mit diversen neurologischen und psychiatrischen Ausfällen.
H2S entsteht u.a. immer dann, wenn organisches Material in Fäulnis übergeht bzw.
wenn Mineralsäuren auf Schwermetallsulfide einwirken. Die Substanz ist sehr toxisch
(MAK-Wert: 10 ppm). Der charakteristische "faule Eiergeruch" wird in höheren
Konzentrationen nicht mehr wahrgenommen. Es verursacht derzeit immer noch
Todesfälle, insbesondere bei unerwarteter Freisetzung aus "bewegter Gülle".
IV Sonstige chemische Stoffe, Lösemittel, Pestizide
Aromatische Amine
Aromatische Amine können in Urothel der ableitenden Harnwege Tumoren auslösen.
Eine berufliche Exposition war vor allem bei der Herstellung krebserzeugender
aromatischer Amine bzw. von Azofarbstoffen auf der Basis krebserzeugender Amine
gegeben. Das wichtigste aromatische Amin hinsichtlich der Krebsauslösung ist das
Benzidin.
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Da das Benzidin auch aus wasserlöslichen Verbindungen im Organismus wieder
freigesetzt werden kann, sind z.B. auch Maler und Färber, die entsprechende
Farbstoffe in früheren Jahrzehnten verarbeitet haben, gefährdet.
Durch aromatische Amine ausgelöste Urotheltumoren haben eine Latenzzeit von bis
zu 40 Jahren und länger! Es ist erwiesen, daß sog. "langsame Acetylierer", die eine
geringere Acetylierungskapazität im Organismus aufweisen, bei Exposition gegen
krebserzeugende aromatische Amine ein erhöhtes Harnblasentumorrisiko aufweisen.
Von großer Wichtigkeit ist, daß grundsätzlich jeder Urotheltumorpatient nach
Risikoberufen und nach der Exposition gegen aromatische Amine bzw. Azofarbstoffe
bis hin zurück zur Schulentlassung zu befragen ist.
Halogenkohlenwasserstoffe
Zielorgane sind die Leber mit einem chronischen Leberzellschaden und, bei
Exposition gegen Halothan, mit einer Hepatitis sowie das zentrale Nervensystem,
das bei chronischer Exposition das Bild eines geringgradig ausgeprägten
hirnorganischen Psychosyndroms bieten kann.
Hinsichtlich einzelner chlorierter organischer Verbindungen werden die folgenden
aufgeführt:
Vinylchlorid ist krebserzeugend. In früheren Jahrzehnten konnten durch
entsprechende Exposition Hämangiosarkome, Akroosteolysen und
Raynaudsyndrome ausgelöst werden.
Die höchste Lebertoxizität weist Tetrachlormethan (Tetrachlorkohlenstoff) auf. Die
anderen halogenierten Kohlenwasserstoffe weisen eine geringere und teils sehr
unterschiedlich ausgeprägte Lebertoxizität auf.
In früheren Jahrzehnten wurden halogenierte Lösemittel aufgrund ihrer
Unbrennbarkeit gern verwendet. Bei Kontakt mit offener Flamme bzw. Hitze entsteht
jedoch das hoch toxische Phosgen.
Benzol
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Eine chronische Benzolexposition schädigt das Knochenmark. Klinisch werden
Thrombozytopenie, Leukopenie, Anämie sowie eine (häufig akute myeloische)
Leukämie beobachtet. Bei hoher akuter Exposition wird ein "Benzolrausch"
ausgelöst.
Die Exposition war im Labor (historisch !) sowie u.a. durch Benzin, das mehrere
Prozent Benzol enthält, gegeben. In früheren Jahrzehnten wurde, aufgrund seines
Lösungsverhaltens, Benzol gern im Labor verwendet (!).
Die Homologen des Benzols Toluol (Methylbenzol), Xylol (Dimethylbenzol) und Styrol
(Vinylbenzol) weisen, da sie nur zu einem äußerst geringen Prozentsatz am Ring
oxidiert werden, kein Knochenmark-toxisches Potential auf. Diese Stoffe, die in
Kraftstoffen sowie in diversen Lösemitteln verwendet werden, lösen akut ebenfalls
Pränarkosen bzw. Räusche aus und können, bei chronischer Exposition, zu einem
(meist geringgradigen) hirnorganischen Psychosyndrom führen. Charakteristisch ist,
wie bei vielen anderen Lösemitteln auch, eine entfettende Wirkung der Haut.
Wichtig hinsichtlich eines durch chronische Exposition ausgelösten
Lösemittelsyndroms ist, daß ein Beweis durch apparative Diagnostik oder
charakteristische Laborparameter im allgemeinen nicht möglich ist. Diese Verfahren
dienen vielmehr der Ausschlußdiagnostik. Wegweisend sind Krankengeschichte,
Arbeitsplatzbeschreibung und psychischer Befund sowie Länge und Höhe der
Exposition. Nach Expositionsende ist der Verlauf unterschiedlich, jedoch keine
rasche Verschlechterung des Krankheitsbildes.
Nitro- und Aminoverbindungen des Benzols
Charakteristisch ist die sehr gute Hautpermeabilität. Ein Tropfen Anilin löst eine
Methämoglobinämie (Zyanose !) aus. Nitroverbindungen können durch
Nitroreduktasen zu Aminoverbindungen verstoffwechselt werden, so daß ebenfalls
eine Methämoglobinbildung erfolgt. Ein weiteres Zielorgan ist das Urothel, in dem
Tumoren ausgelöst werden können. Klassische Nitroverbindungen sind diverse
Sprengstoffe wie z.B. das Trinitrotoluol (TNT).
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Sogenannte "Nitroverdünner" enthalten keine Nitroverbindungen, sondern lösen, bei
beliebiger Zusammensetzung, Nitrozelluloselacke (Name !) auf.
Schwefelkohlenstoff CS2
Das Zielorgan ist das zentrale Nervensystem, wobei akut eine Pränarkose, chronisch
ein hirnorganisches Psychosyndrom oder Parkinson-ähnliche Symptome ausgelöst
werden können. Weiterhin werden, neben einer sensorischen Polyneuropathie, auch
Schädigungen der Gefäße beschrieben.
Die berufliche Exposition ist bei der Viskosefaserproduktion, bei der
Zellophanproduktion, die aus Viskose erfolgt, sowie bei der Gummivulkanisation
gegeben.
Methanol
Methanol wird als Grundstoff in der chemischen Industrie und im Labor sowie bei der
Treibstoffproduktion verwendet. Bei oraler Intoxikation finden sich schon bei der
Aufnahme geringer Mengen Sehstörungen bis hin zur Erblindung, eine Acidose
sowie Parkinson-Symptome.
Bei Genuß von "schwarz" gebranntem Alkohol werden immer wieder
schwerwiegende Vergiftungen beobachtet.
Organische Phosphorverbindungen
Die akute Intoxikation ist durch die Blockierung der Acetylcholinesterase mit
resultierenden massiven Vagusreizungen charakterisiert. In früheren Jahrzehnten
(und gegenwärtig bei Verwechslung mit Nahrungsmittelölen) traten Vergiftungen
durch Trikresylphosphat auf, die nach ein- bis drei Wochen zu schlaffen Lähmungen
führen.
Fluor und seine Verbindungen Flußsäure, Flußspat, Fluorapatit
Flußsäure verursacht lokale Verätzungen, die mit 10 %iger Calciumglukonatlösung
zu umspritzen sind. Schon relativ kleine Flußsäureverätzungen von der Größe eines
Fünfmarkstückes können zu bedrohlichen systemischen Vergiftungen führen !
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Eine chronische Fluorvergiftung führt zur Osteoporose, Osteosklerose und
Bandverkalkung. Differentialdiagnostisch ähnelt dieses Krankheitsbild einem M.
Bechterew, beginnt jedoch zumeist im Becken.
Salpetersäure, Nitroglyzerin, Nitroglykol
Expositionen bestehen vor allem in der Sprengstoffindustrie. Einwertige
Alkoholverbindungen weisen eine hohe Hautresorption auf. Heinz-Körperchen
werden nur bei aromatischen Nitroverbindungen beobachtet.
Charakteristisch bei Nitroglyzerin ist zunächst die periphere Gefäßerweiterung infolge
einer zentralen Wirkung und Gegenregulation kommt es dann zum diastolischen
Blutdruckanstieg (!). Als Montagskrankheit werden plötzliche Todesfälle in
Nitroglyzerinproduktionsstätten bezeichnet.
Alkyl-, Aryl-, Alkylaryloxide
Wichtige Vertreter dieser Stoffgruppe sind Epichlorhydrin, ein Industriegrundstoff,
Chlorphenole, wie z.B. das lange Zeit als Holzschutzmittel verwendete
Pentachlorphenol, Chlorkresole, "Dioxine" und Bis(chlormethyl)Äther
(Dichlordimethyl-Äther).
Charakteristisch ist, daß durch oben aufgeführte Stoffe eine Chlorakne ausgelöst
werden kann, die aus historischen Gründen auch "Perna-Krankheit" (von
Perchlornaphthalin) genannt wird.
Die einzelnen Verbindungen weisen unterschiedliche Toxizität auf. "Dioxine", deren
bekanntester Vertreter das Tetrachlordibenzodioxin (TCDD, "Seveso-Gift") ist, lösen
bei hoher, durch Unfall bedingter Exposition, eine vermehrte Bildung von Krebs aus,
ohne daß ein bestimmtes Zielorgan bevorzugt wäre. Für Dichlordimethyläther ist bei
chronischer Exposition die Entstehung von Lungenkrebs bekannt.
Kommen diese Stoffe mit Hitzeeinwirkung oder offener Flamme in Berührung, so
kann durch Phosgenbildung ein akutes Lungenödem ausgelöst werden.
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"Dioxine" sind nicht mutagen, lösen jedoch im Tierversuch vermehrt Tumoren aus.
Chlorakne entsteht nur bei sehr hoher "Dioxin"-Exposition. Hinsichtlich der
krebsauslösenden Wirkung dieser Substanzgruppe bestehen sehr starke
Unterschiede zwischen den einzelnen Spezies. Bei Menschen konnte 20 Jahre nach
dem Unfall in Ludwigshafen ein verdoppeltes Krebsrisiko bei damals hoch
Exponierten beobachtet werden.
Halogenierte Alkyl-, Aryl- und Alkylarylsulfide
Wichtigster Vertreter ist Gelbkreuz (Lost, Senfgas, Dichlordiethylsulfid). Berufliche
Exposition besteht bei Mitarbeitern des Kampfmittel-Räumdienstes. Dieser Stoff
durchdringt selbst Leder und löst lokal Blasenbildung und Geschwürsbildung aus.
Systemisch werden akut schwere Bronchitiden oder Magen-Darm-Störungen und
toxische Nephritiden ausgelöst. Chronisch entstehen vermehrt Tumoren im Bereich
der Bronchien und des Larynx.
Para-t-Butylphenol
Bekannt geworden ist diese Substanz durch die Auslösung der
"Weißfleckenkrankheit". Weiterhin können auch Leberzellschäden sowie eine
euthyreote Struma ausgelöst werden.
Erkrankungen der Zähne durch Säure
Charakteristisch ist zunächst ein "Stumpfwerden" der Zähne, vergleichbar dem
Gefühl nach dem Trinken von Limonade. Später kann es zu Schmelzdefekten
kommen. Bekannt ist vor allem, neben Schädigungen durch organische und
mineralische Säuren in entsprechenden Produktionsbetrieben, die sogenannte
"Zuckerbäckerkaries", die durch häufiges Abschmecken von zuckerhaltigen
Zubereitungen und den dann bakteriell entstehenden organischen Säuren bedingt ist.
Benzochinon
Diese Substanz entsteht in alkalischer Körperflüssigkeit aus Hydrochinon und führt
zu einer charakteristischen Verfärbung der Hornhaut im Lidspaltenbereich. Später
kommt es zu einer Abnahme der Sensibilität der Hornhaut.
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Eine Expositionsmöglichkeit besteht zum einen bei der Hydrochinon-Produktion, zum
anderen beim Umgang mit Entwicklern im Fotolabor.