114 | Drei Gänge von Zwei für alle(s) Text: Sarah Kohler | Fotos: Marcel Studer EXKLUSIV Auf die Bitte hin, seinen Kochstil zu beschreiben, schweigt Lorenzo Ghilardelli (43). Die Antwort kommt von seiner Frau: «Im Sommer spürt man die Nonna», sagt Bea Mettler (38), «im Winter das Grosi.» Es sind Spuren aus Ghilardellis kulinarischer Kindheit; die Sommerferien bei der Grossmutter in Bergamo, die Winter beim Schweizer Pendant. Zumindest behauptet das seine bessere Hälfte – und die wird es wissen. Denn Lorenzo Ghilardelli und Bea Mettler wirken wie zwei Teile einer Einheit. Sie ergänzen sich seit vielen Jahren, gehen privat und beruflich Seite an Seite durchs Leben – und stemmen den Betrieb im Wirtshaus Sonne in Gunzgen zu zweit, ohne fremde Hilfe. Krass? «Nein», sagt Mettler und winkt ab. «Geil!» Dabei wollte sie, die gelernte Coiffeuse, nie in den Service und er, der Beizersohn, lernte in erster Linie Koch, weil die Eltern halt ein Restaurant hatten. «Ich wuchs in den Beruf hinein», erzählt Ghilardelli. Allem voran prägten ihn jene fünf Jahre, die er bei Mario Derungs im «Ochsen» in Neuendorf sowie im «Frohsinn» in Oensingen auf Sterne niveau kochte. Das war bis zum Jahr 2000. Und dann? Ja, dann entwickelten er und seine Frau gemeinsam diese unbändige Leidenschaft für das, was sie heute tun: ihr eigenes Ding als «total eingespieltes Team». Sie macht den Teig, er die Füllung für die Ravioli, sie rüstet Gemüse und arbeitet ihm zu, er kümmert sich ums Filigrane und die Würze. Die Aufgaben sind verteilt. Für beide stimmts. Es ist das achte Jahr des lebensfrohen Paars in der holzheimeligen «Sonne» mit 16 Plätzen; es läuft gut, die Gäste kommen nicht nur aus der Region, Ghilardellis fantasievolle, überraschende, immer aber verständliche Küche ist mit 14 Punkten von Gault & Millau dotiert und heimst rundherum Lob ein. Die Pächter scheinen angekommen. Immerhin ist es das dritte Haus, das sie führen: Erst wirkten sie im Gasthaus Lamm von Ghilardellis Eltern in Härkingen, es folgte ein vierjähriger Ausflug in die Ostschweiz und 2008, auf die Einschulung von Sohn Mignano hin, die Rückkehr ins Solothurnische. Da war die «Sonne» in Gunzgen gerade frei und «alles passte». Auch in der Küche bleibt Ghilardelli sich selbst. Er betont das «Genuss-Handwerk», als Gegenpol zu aktuellen Trends. «Am Ende mag ein Teller kunstvoll aussehen», sagt er, «aber bis es so weit ist, braucht es das Handwerk. Man muss anpacken und auch mal früh aufstehen.» So hält er es. Gut möglich, dass auch das Spuren seiner kulinarischen Kindheit sind – bei der Nonna und beim Grosi. Sonne Mittelgäustrasse 50, 4617 Gunzgen 062 216 16 10 www.sonne-gunzgen.ch Lorenzo Ghilardelli zeigt sein Können auch an der Gourmesse: Am Montag, 12. Oktober steht er gemeinsam mit Beat Walker vom Gasthaus im Feld, Gurtnellen-Dorf, auf der Bühne der Salz & Pfeffer-Showküche. 116 | Drei Gänge von FÜR VIER PERSONEN Tatar vom GenferseeSaibling mit AvocadoVerveine-Dip und Ingwer-Crumble Saibling Ingwer-Crumble 4 Saiblingfilets à zirka 70 bis 80 g, mit Haut, entgrätet | 1 Limette (Saft) | Olivenöl | schwarzer Pfeffer aus der Mühle | Kardamom, gemahlen (den Teig am Vortag herstellen) Gewürzmischung für die Marinade: 30 g Zucker | 55 g grobes Meersalz | 15 g frischer Ingwer, fein geschnitten | 1 Zitronengrasstängel, fein geschnitten | 2 Limetten (Zeste) | 3 g Tandooripulver Eine flache Form oder ein kleines Backblech mit ¹⁄ ³ der Gewürzmischung bestreuen. Die parierten Fischfilets mit der Hautseite nach unten darauflegen, mit der restlichen Gewürzmischung bedecken und mit Limettensaft beträufeln. Mit Klarsichtfolie abgedeckt im Kühlschrank mindestens 12 Stunden marinieren lassen. Vor dem Servieren die Filets vom Gewürz befreien, die Haut entfernen und anschliessend in feine Würfel schneiden, sodass die gewünschte TatarKonsistenz entsteht. Mit Limettensaft, Olivenö l, Kardamom, Pfeffer und eventuell etwas Meersalz abs chmecken. Vorsicht mit dem Salz: Der Saibling sollte vom Marinieren genug davon enthalten. Zusätzlich können frische Kräuter (Kerbel, Dill, Wermutkraut) fein gehackt beigemischt werden. 250 g Mehl, gesiebt | ½ TL Salz | 130 g weiche Butter | 1 Ei | 2 EL Limettensaft | frischer Ingwer, fein gerieben | 2 Prisen Kardamom, gemahlen | etwas Limettenzeste Alle Zutaten gut vermengen und zu einem Teig verarbeiten. Zu einer Rolle formen und in Klarsichtfolie einschlagen. Mindestens 2 Stunden kühlstellen. Für den Crumble den Teig in Scheiben schneiden, auf ein Backblech mit Pergamentpapier legen und im vorgeheizten Ofen bei 180 °C 15 bis 20 Minuten goldgelb backen. Auskühlen lassen und zerbröseln. TIPP Das Teigrezept ergibt mehr, als für dieses Gericht benötigt wird. Der Teig hält gut verpackt im Kühlschrank 2 Wochen; daraus können salzige Sablés gemacht werden, die man zum Apéro mit einer Frischkäse-Mousse servieren kann. Avocado-Verveine-Dip 1 reife Avocado, geschält und entkernt | 2 EL Crème frâiche | etwas Limettensaft | Salz und schwarzer Pfeffer aus der Mühle | 5 frische Verveine-Blättchen, fein gehackt In einem Mixbecher mit dem Zauberstab fein pürieren und durch ein Haarsieb passieren. Bereitstellen. Weinempfehlung Sauvignon blanc von Patrick Thalmann, Winzerei zur Metzg, Zürich 118 | Drei Gänge von FÜR VIER PERSONEN Geschmorte Rippe vom Bio-Rind Rinderrippe Mais-Mousseline Zirka 1,5 kg Rinderrippe, gut gelagert, mit Knochen (beim Metzger frühzeitig bestellen) | 130 g Rüebli, in 0,5 x 0,5 cm grosse Würfel geschnitten | 130 g Sellerieknolle, in Würfel geschnitten | 2 mittelgrosse Zwiebeln, in Würfel geschnitten | 50 g Tomatenpüree | 7 dl kräftiger Schweizer Merlot | 7 dl kräftiger Kalbsfond | Salz und Pfeffer | etwas Sonnenblumenöl | je ein Zweig frischer Rosmarin, Thymian und Salbei 50 g Butter | 100 g Sellerieknolle, fein geschnitten | 300 g Maiskörner, frisch oder tiefgekühlt (zur Not Konserve) | 50 g Schalotten, gehackt | wenig Knoblauch, gehackt | 0,5 dl Hühnerbouillon hell | 2 dl Vollrahm | Salz und Pfeffer | etwas Kurkumapulver Die Rippe gut mit Salz und Pfeffer würzen, im heissen Öl kräftig anbraten und aus der Pfanne nehmen. Öl ableeren, mit Rotwein ablöschen, zur Seite stellen. In einer Marmite (oder einer anderen hohen Pfanne) etwas Öl erhitzen, das Gemüse gut anrösten, mit Tomatenpüree tomatieren, kurz mitrösten. Mit dem Kalbsfond ablöschen, den Rotwein durch ein Haarsieb passieren und ebenfalls zugeben. Das Fleisch beifügen. Dazu kommen ein Gewürzsäckli (mit Nelken, Wacholderbeeren, schwarzem Pfeffer, Sternanis und Lorbeer) sowie die frischen Kräuter. Zugedeckt auf kleinem Feuer zirka 2 Stunden schmoren. Das Fleisch ist gar, wenn es beim Hineinstechen von der Gabel fällt. Aus der Sauce nehmen und mit Alufolie bedecken, warmstellen. Die Sauce eventuell nochmals mit Wein und/oder Fond nachfüllen, aufkochen und durch ein Haarsieb passieren, mit Salz und Peffer sowie etwas fein gehacktem Rosmarin und Zitronenabrieb abschmecken. Allenfalls mit etwas Maizena abbinden und mit 2 bis 3 Flocken kalter Butter aufmontieren. Das Fleisch tranchieren und mit der heissen Sauce nappieren. Die Schalotten und den Knoblauch in Butter anziehen, Sellerie zugeben und kurz mitdünsten. Mais zugeben und ebenfalls kurz mitdünsten. Mit Bouillon und Rahm auffüllen, mit Salz und Pfeffer sowie einem spritzer Zitronensaft abschmecken. Etwas Kurkuma zugeben, je nach Geschmack. Zugedeckt zirka 30 Minuten auf kleinem Feuer köcheln lassen. In einen Mixbecher geben und mit dem Zauberstab fein pürieren. Durch ein Haarsieb passieren, vor dem Anrichten abschmecken und nochmals erhitzen. Das Gericht mit etwas frischem Wurzelgemüse (Sellerie, Rüebli, Pfälzerkarotten et cetera) servieren. Weinempfehlung «Passion», Pinot noir, 2012, von Martin Donatsch, Weingut zum Ochsen, Malans 120 | Drei Gänge von FÜR VIER PERSONEN, AM VORTAG ZUBEREITEN Grosi trifft Nonna – Magenbrot mit Fior-di-Latte-Glace Lebkuchen Fior-di-Latte-Glace 250 g Ruchmehl, gesiebt | 4 g Backpulver | 1 EL Kakao-pulver | 1 Prise Salz | 1 EL Lebkuchengewürz | 225 g Zucker | 75 g Milch, lauwarm | 75 g Wasser lauwarm | 1 EL Kirschwasser | 1 EL Birnel dunkel 3,5 dl Vollmilch, ganz frisch | 95 g Zucker | 210 g italienischer Mascarpone Alle Zutaten gut vermengen, bis die Masse keine Klümpchen mehr aufweist. In eine mit Pergamentpapier ausgelegte Cakeform geben. Bei 180 °C zirka 30 Minuten backen und kontrollieren, dass der Kuchen gut durch ist. Auskühlen lassen. Milch und Zucker aufkochen, Mascarpone zugeben und nochmals aufkochen. In der Glacemaschine gefrieren lassen, bis das Eis eine cremige Konsistenz aufweist. Zusammen mit dem Magenbrot (bei Raumtemperatur) servieren. Magenbrot-Glasur 100 g Schokolade, 70 %, geschmolzen (maximal 35 °C) | 20 g Butter, flüssig | 1 dl Wasser | 250 g Puderzucker | ½ EL Lebkuchengewürz Den ausgekühlten Lebkuchen in mundgerechte Stücke schneiden und diese rundherum durch die Glasur ziehen. Auf ein Kuchengitter legen und antrocknen lassen, am besten über Nacht an einem kühlen Platz. Gut verschlossen lagern. Das Magenbrot hält sich gekühlt einige Tage frisch und kann auch tiefgekühlt werden. Weinempfehlung «Flétri», AOC Pinot gris und Chardonnay, 2011, von Familie Perrochet, Domaine de la Maison Carrée, Auvernier
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