FI-Briefvorlage per 1.1.2004

Fischereiinspektorat
Inspection de la pêche
Reg. 035
Amt für Landwirtschaft
und Natur des Kantons
Bern (LANAT)
Office de l’agriculture
et de la nature
du canton de Berne (OAN)
Umsetzung Strafprozessordnung
Schwand
3110 Münsingen
Telefon
031 720 32 40
Telefax
031 720 32 50
E-Mail
[email protected]
An alle
Freiwilligen Fischereiaufseher
Ligerz, 31.1.2011 / JR
Stand 13.01.2016, jr
Umsetzung Strafprozessordnung 2011
1. Einleitung
Ab dem 1.1.2011 gilt mit der Strafprozessordnung (StPO) vom 5.10.2007 für die ganze Schweiz ein neues Strafprozessrecht. Die Fischereiaufseher sind Mitglieder der Strafverfolgungsbehörden und somit von
den neuen Vorschriften auch betroffen. Die wichtigsten Änderungen werden hier erläutert.
2. Kontrolle von Angelfischern
Die Vorgehensweise bei der Kontrolle ändert sich nicht. Die bisherigen Grundsätze sind immer noch die
gleichen:
- Vorstellen und ausweisen
- Absicht bekannt geben
- Überprüfen der Fangberechtigung/en und der Fischfangstatistik (FFS)
- Informieren und aufklären
Die Bestimmungen der neuen Strafprozessordnung (StPO) kommen erst zum Zug, wenn der Fischereiaufseher (FA) bei der Kontrolle eine Übertretung oder ein Vergehen nach Fischereigesetz und/oder Tierschutzgesetzgebung feststellt.
Mit der Einführung der neuen StPO sind für FA die folgenden Begriffe von besonderer Wichtigkeit:
-
Beschuldigte Person
Hinweise bei der ersten Einvernahme, Rechtsbelehrung
Einvernahmeprotokoll
Vorläufige Sicherstellung von Geräten durch FA
Beschlagnahmung durch Staatsanwalt
Durchsuchung von Taschen, Auto etc.
Anhaltung von renitenten Fischern
Erhebung wirtschaftliche Verhältnisse
13.01.2016
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Art. 111 StPO
Art. 158 StPO
Art. 78
StPO
Art. 263/3 StPO
Art. 263/2 StPO
Art. 241 StPO
Art. 215 StPO
Art. 161 StPO
3. Beschuldigte Person
Der Begriff beschuldigte Person wird neu anstelle von Angeklagter u.ä. verwendet. Der Begriff wird in
der StPO wie folgt definiert:
Art. 104 Parteien
1
Parteien sind:
a.
die beschuldigte Person;
Art. 111 Begriff
1
Als beschuldigte Person gilt die Person, die in einer Strafanzeige, einem Strafantrag oder von einer
Strafbehörde in einer Verfahrenshandlung einer Straftat verdächtigt, beschuldigt oder angeklagt wird.
In der Praxis wird ein Fischer zu einer beschuldigten Person vom Moment an, wo entweder der Verdacht
oder die Gewissheit besteht, dass er eine Straftat begangen hat.
4. Rechtsbelehrung
Beschuldigte Personen müssen laut StPO über ihre Rechte belehrt werden:
Art. 157 Grundsatz
1
Die Strafbehörden können die beschuldigte Person auf allen Stufen des Strafverfahrens zu den ihr
vorgeworfenen Straftaten einvernehmen.
2
Sie geben ihr dabei Gelegenheit, sich zu diesen Straftaten umfassend zu äussern.
Art. 158 Hinweise bei der ersten Einvernahme
1
Polizei oder Staatsanwaltschaft weisen die beschuldigte Person zu Beginn der ersten Einvernahme
in einer ihr verständlichen Sprache darauf hin, dass:
a.
gegen sie ein Vorverfahren eingeleitet worden ist und welche Straftaten Gegenstand des Verfahrens bilden;
b.
sie die Aussage und die Mitwirkung verweigern kann;
c.
sie berechtigt ist, eine Verteidigung zu bestellen oder gegebenenfalls eine amtliche Verteidigung
zu beantragen;
d.
sie eine Übersetzerin oder einen Übersetzer verlangen kann.
2
Einvernahmen ohne diese Hinweise sind nicht verwertbar.
Beschuldigte Personen müssen vor einer Einvernahme immer über ihre Rechte belehrt werden. Das
Merkblatt für Beschuldigte Personen ist der beschuldigten Person zu erläutern und von ihr nach Möglichkeit unterschreiben zu lassen.
Nach Möglichkeit soll die beschuldigte Person das Formular unterschreiben und damit bestätigen, dass
die Belehrung erfolgt ist. Weigert sich die beschuldigte Person das Formular zu unterzeichnen, ist durch
den FA ein entsprechender Vermerk auf dem Formular zu machen. Datum, Zeit und Ort eintragen und
durch den FA unterzeichnen. Dieses Blatt wird zusammen mit der Strafanzeige der regionalen Staatsanwaltschaft zugestellt.
Die Belehrung ist zwingend, ansonsten ist die Einvernahme nicht verwertbar!
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5. Einvernahmeprotokoll
Wird 2012 aktualisiert
6. Vorläufige Sicherstellung
Der FA ist laut Art 263/3 der StPO befugt, Gegenstände und widerrechtlich erbeutete Fische vorläufig sicher zu stellen:
Art. 263 Grundsatz
1
Gegenstände und Vermögenswerte einer beschuldigten Person oder einer Drittperson können beschlagnahmt werden, wenn die Gegenstände und Vermögenswerte voraussichtlich:
a.
als Beweismittel gebraucht werden;
b.
Umsetzung
Strafprozessordnung 2011 Version 2016.docx
--3-zur Sicherstellung von Verfahrenskosten, Geldstrafen, Bussen und Entschädigungen gebraucht
werden;
c.
den Geschädigten zurückzugeben sind;
d.
einzuziehen sind.
2
Die Beschlagnahme ist mit einem schriftlichen, kurz begründeten Befehl anzuordnen. In dringenden
Fällen kann sie mündlich angeordnet werden, ist aber nachträglich schriftlich zu bestätigen.
3
Ist Gefahr im Verzug, so können die Polizei oder Private Gegenstände und Vermögenswerte zuhanden der Staatsanwaltschaft oder der Gerichte vorläufig sicherstellen.
Dabei kann sich der FA auf den Absatz 3 stützen, indem er z.B. einen Angelhaken mit Widerhaken vorläufig sicher stellt und damit verhindert, dass die beschuldigte Person möglicherweise ein Beweismittel
beseitigen kann.
Für alle sichergestellten Gegenstände und Fische ist eine Empfangsbestätigung auszufüllen und von der
beschuldigten Person unterschreiben zu lassen. Diese Bestätigung ist der Anzeige beizulegen.
Widerrechtlich erbeutete Wassertiere sind gemäss Weisung „Konfiskationen“, zu Gunsten des Staates zu
verwerten. Auf der Strafanzeige ist dies unbedingt zu vermerken.
7. Beschlagnahmung
Einzig der Staatsanwalt (STA) kann eine Beschlagnahmung anordnen. Im Falle einer vorläufigen Sicherstellung durch den FA wird der STA die Beschlagnahmung nachträglich formell vornehmen. In der Strafanzeige ist dies unbedingt zu vermerken!
8. Durchsuchungen
Der FA hat laut Art 241 StPO das Recht, Sachen und Fahrzeuge zu durchsuchen.
Art. 241 Anordnung
1
Durchsuchungen und Untersuchungen werden in einem schriftlichen Befehl angeordnet. In dringenden Fällen können sie mündlich angeordnet werden, sind aber nachträglich schriftlich zu bestätigen.
2
Der Befehl bezeichnet:
a.
die zu durchsuchenden oder zu untersuchenden Personen, Räumlichkeiten, Gegenstände oder
Aufzeichnungen;
b.
den Zweck der Massnahme;
c.
die mit der Durchführung beauftragten Behörden oder Personen.
3
Ist Gefahr im Verzug, so kann die Polizei die Untersuchung der nicht einsehbaren Körperöffnungen
und Körperhöhlen anordnen und ohne Befehl Durchsuchungen vornehmen; sie informiert darüber
unverzüglich die zuständige Strafbehörde.
4
Die Polizei kann eine angehaltene oder festgenommene Person durchsuchen, namentlich um die
Sicherheit von Personen zu gewährleisten.
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Die Durchsuchung soll der Beweissicherung dienen und muss auf der Anzeige vermerkt werden.
9. Aussageverweigerung
Wenn eine beschuldigte
-
Person
die
Aussage
verweigert,
ist
wie
folgt
vorzugehen:
Rechtsbelehrung, Merkblatt für beschuldigte Personen unterschreiben lassen
Aufnehmen der Personalien
Beweissicherung, ev. vorläufige Sicherstellung Geräte/Fische
Protokollierung der Situation
Beschuldigte Person darauf hinweisen, dass eine Vorladung zur Einvernahme bei der Kapo erfolgen wird.
Telefon an Kapo vor Ort
Ev. Anhaltung der Person zur Abklärung der Personalien => Telefon mit Kapo
Art. 215 Polizeiliche Anhaltung
1
Die Polizei kann im Interesse der Aufklärung einer Straftat eine Person anhalten und wenn nötig
auf den Polizeiposten bringen, um:
a.
ihre Identität festzustellen;
b.
sie kurz zu befragen;
c.
abzuklären, ob sie eine Straftat begangen hat;
d.
abzuklären, ob nach ihr oder nach Gegenständen, die sich in ihrem Gewahrsam befinden, gefahndet wird.
2
Sie kann die angehaltene Person verpflichten:
a.
ihre Personalien anzugeben;
b.
Ausweispapiere vorzulegen;
c.
mitgeführte Sachen vorzuzeigen;
d.
Behältnisse oder Fahrzeuge zu öffnen.
3
Sie kann Privatpersonen auffordern, sie bei der Anhaltung zu unterstützen.
4
Ist aufgrund
konkreter
Anhaltspunkte
dass abzusprechen.
an einem bestimmten Ort Straftaten im
Dieses
Vorgehen
ist unbedingt
mit deranzunehmen,
Kapo telefonisch
Gange sind oder sich dort beschuldigte Personen aufhalten, so kann die Polizei diesen Ort absperren
und die sich
dort aufhaltenden Personen anhalten.
Keine
übereilten
Handlungen.
Wahren der Verhältnismässigkeit und beachten der persönlichen Sicherheit!
10. Beizug Anwalt
Verlangt die beschuldigte Person einen Anwalt ist wie folgt vorzugehen:
-
Rechtsbelehrung, Merkblatt für beschuldigte Personen unterschreiben lassen
Personalien erfassen
Beweissicherung, ev. vorläufige Sicherstellung Geräte/Fische
Situation protokollieren
Beschuldigte Person darauf hinweisen, dass eine Vorladung zur Einvernahme zusammen mit
dem Anwalt bei der Kapo erfolgen wird.
Kosten des Anwaltes gehen zu Lasten der beschuldigten Person
In vielen Fällen wird es sich die beschuldigte Person gut überlegen, ob es sich überhaupt lohnt einen
Anwalt beizuziehen.
11. Übersetzer
Verlangt die beschuldigte Person einen Übersetzer ist gleich vorzugehen wie wenn ein Anwalt verlangt
wird. Die Aufwendungen für Übersetzer werden jedoch vom Staat getragen.
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12. Erhebung wirtschaftliche Verhältnisse
Bei Vergehen müssen die wirtschaftlichen Verhältnisse erhoben werden. Eigentlich müssten diese
Daten durch den FA erhoben werden. Wenn diese Daten im Anzeigedossier fehlen wird der STA sie
durch die Polizei erheben lassen. Solange die Kapo nicht reklamiert, lassen wir es laufen wie bisher.
13. Strafanzeige
Die Strafanzeige geht an die entsprechende regionale Staatsanwaltschaft und als Kopie an den Fischereiaufseher und das Fischereiinspektorat.
14. Jugendliche
Grundsätzlich gilt bei Kindern (bis 9 jährig) und Jugendlichen (10 – 18 jährig) dasselbe wie bei erwachsenen Personen. Sie müssen über ihre Rechte belehrt werden.
Bei Kindern macht das aber kein Sinn, weil sie sowieso nicht strafmündig sind. Diese werden nur in ganz
schweren Fällen bestraft. Ansonsten gehen sie straffrei aus.
Jugendliche müssen zwingend über ihre Rechte belehrt werden. Sobald ein Vergehen vorliegt, wird empfohlen ein Einvernahmeprotokoll zu erstellen. Um allfälligen Beschwerden aus dem Weg zu gehen, soll
der Jugendliche zusammen mit einem Elternteil zur Einvernahme auf dem nächsten Polizeiposten vorgeladen werden. Betreffend Übersetzung, Beizug Anwalt usw. gelten dieselben Grundsätze wie bei den
erwachsenen Personen.
Wichtig:
Wenn wir eine Bestrafung wollen, muss eine Strafanzeige eingereicht werden.
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Telefonverzeichnis Polizei- und Gerichtsbehörden
117 Regionale Einsatzzentralen Kantonspolizei
Bern Stadt- und Region
031 342 82 31
Mittelland-Emmental-Oberaargau
031 342 81 31
Seeland-Berner Jura
032 324 85 31
Berner Oberland
033 224 86 31
!! Nur für internen Gebrauch !!
Untersuchungsbehörden
Staatsanwaltschaft
Berner Jura – Seeland
Ländtestrasse 20
2502 Biel/Bienne
Staatsanwaltschaft
Schloss, Bernstr. 5
Emmental- Oberaargau
Staatsanwaltschaft
Bern - Mittelland
032 344 58 10
3312 Fraubrunnen 031 635 51 00
Amthaus, Hodlerstrasse 7 3011 Bern
031 634 34 10
StaatsanwaltschaftScheibenstrasse 11
3600 Thun
031 635 55 55
Oberland
--------------------------------------------------------------------------------------------------------------------Jugendanwaltschaft
Berner Jura - Seeland
Rüschlistrasse 16
2502 Biel/Bienne
Jugendanwaltschaft
Emmental-Oberaargau
Lyssachstrasse 11
Jugendanwaltschaft
Bern-Mittelland
Amthaus, Hodlerstrasse 7
3400 Burgdorf 1
3011 Bern
031 635 99 99
031 635 50 70
031 634 31 00
Jugendanwaltschaft
Schlösslistrasse 3
3700 Spiez
031 635 36 00
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