Statement Feldmann Versichertenbefragung 2015

Pressekonferenz am 28. August 2015
Ergebnisse der KBVVersichertenbefragung 2015
Statement von Dipl.-Med. Regina Feldmann
Vorstand der Kassenärztlichen Bundesvereinigung
Kassenärztliche Bundesvereinigung
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Kassenärztliche Bundesvereinigung
Sehr geehrte Damen und Herren,
auch ich möchte kurz auf die hohen Zufriedenheitswerte eingehen, die unsere Versichertenbefragung wieder zeigt. Denn diese korrespondieren mit einem anderen Ergebnis, das uns gerade vorgestellt wurde – nämlich der hohen Zahl derjenigen, die
von ihrem Arzt auf eine Vorsorgeuntersuchung hingewiesen werden möchte. Mehr
als die Hälfte spricht sich dafür aus, nur die wenigsten wollen von ihrer Krankenkasse erinnert werden. Hier zeigt sich, wie sehr die Patienten ihrem Arzt vertrauen und
ihm die Kompetenz zuweisen, sie in diesen Dingen fachgerecht zu beraten.
Noch ein weiteres Ergebnis spielt in diesen Zusammenhang hinein. Auch beim Impfen möchten die Versicherten von ihrem Arzt auf die Erneuerung des Impfschutzes
angesprochen werden. Wenn ich diese Ergebnisse sehe, führt mich das zu der Kritik,
die wir als KBV zum geplanten Präventionsgesetz geäußert haben. So sehr wir auch
befürworten, dass im gesetzlichen Rahmen mehr für die Prävention getan wird, so
wenig können wir akzeptieren, dass in den neuen Beratungsgremien komplett auf
den Sachverstand der niedergelassenen Haus- und Fachärzte verzichtet wird. Angesichts der Patientenerwartung, die wir in den Zahlen dieser Befragung ausgedrückt
sehen, ist das Präventionsgesetz in dieser Hinsicht deutlich zu hinterfragen.
Denn der Hausarzt nimmt für die Menschen in Deutschland weiterhin eine zentrale
Rolle ein. 96 Prozent der Befragten gaben an, dass sie einen Hausarzt haben – das
ist gegenüber den letzten Jahren sogar noch eine leichte Steigerung. Und erfreuliche
drei Viertel der Befragten sagen, dass es für sie kein Problem ist, einen Hausarzt zu
finden. Diese Werte sind im Vergleich zu 2013 in etwa gleich geblieben.
Trotz dieser positiven Werte sollten wir etwas genauer hinsehen: Denn die Zahl derjenigen, die bei der Suche nach einem Hausarzt Probleme hatte, ist etwas gestiegen
– um vier Prozent. Hier macht sich der beginnende Ärztemangel bemerkbar. Noch
deutlicher zeigen das die Daten aus dem Osten Deutschlands: Hier geben 39 Prozent an, dass es nicht genügend Hausärzte in ihrer Nähe gibt. Sie wissen, wovon ich
spreche: Es sind die strukturschwachen ländlichen Regionen, von denen wir immer
wieder hören oder lesen.
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Kassenärztliche Bundesvereinigung
Lassen Sie mich das noch einmal zusammenfassen:
Hausärzte genießen ein hohes Vertrauen bei ihren Patienten. Diese erwarten von
ihnen Beratungen bei so wichtigen Dingen wie Vorsorge und Impfen. Gleichzeitig
nimmt die Zahl der Hausärzte in manchen Gegenden deutlich ab. Das bedeutet für
uns, dass wir hier dringend gegensteuern müssen. Trotzdem zeigt sich deutlich: Es
sind immer noch die Ärzte in der Niederlassung, die mit eigener Investition und ihrem
Engagement die Versorgung in strukturschwachen Gebieten aufrechterhalten.
Doch wir wissen auch, wie die Altersstruktur unter den niedergelassenen Ärzten aussieht. Bis 2021 gehen wir davon aus, dass rund 50.000 Mediziner altersbedingt aus
der ambulanten Versorgung ausscheiden werden. Hier wird der große Bedarf deutlich, den wir in den kommenden Jahren zu bewältigen haben. Die Kassenärztlichen
Vereinigungen in den Ländern und die KBV haben deshalb bereits einige Programme aufgelegt, die einem Ärztemangel entgegenwirken werden. Klar ist aber auch,
dass es hier eine gesamtgesellschaftliche Anstrengung braucht.
Die diesjährige Versichertenbefragung zeigt eine weitere Tendenz, die einer Interpretation bedarf. Der Anteil derjenigen Patienten, die angaben, einen ärztlichen Bereitschaftsdienst in Anspruch genommen zu haben, ist im Vergleich zu denjenigen etwas gesunken, die einen Notarzt oder eine Krankenhausambulanz kontaktiert haben.
Im Verlauf von neun Jahren verringerte sich der Wert von 25 auf 20 Prozent. Der
Ärztliche Bereitschaftsdienst ist aber Bestandteil des Sicherstellungsauftrages, den
die Kassenärztlichen Vereinigungen erfüllen. Insofern müssen uns diese Werte interessieren.
Natürlich unterscheiden die Patienten kaum, ob sie in eine Notfallambulanz gehen
oder in eine Bereitschaftsdienstpraxis, die am Krankenhaus angeschlossen ist. Von
letzteren gibt es – gerade im Osten Deutschlands – eine ganze Menge. Insofern dürfte in den Angaben eine gewisse Unschärfe enthalten sein. Ich halte es aber für erforderlich, das Nebeneinander der Notfallversorgung der Kliniken und des Bereitschaftsdienstes der KVen noch mehr als bisher zu einem Miteinander weiterzuentwickeln. Im Krankenhausstrukturgesetz wird dies aufgegriffen, der G-BA wird sich mit
dieser Frage befassen. Wir werden uns in diese Aufgabenstellung aktiv einbringen.
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Kassenärztliche Bundesvereinigung
Zum Schluss möchte ich noch auf die eben schon angesprochenen Umfrageergebnisse zu den Wahltarifen eingehen.
Grundsätzlich beobachten wir einen Mangel in der Steuerung in der Versorgung, was
auch zu Wartezeiten führen kann. Es ist eine in ihrer Bedeutung nicht zu unterschätzende Frage, dass die Befragten sich durchaus vorstellen können, einen Facharzt
erst nach einer Konsultation ihres Hausarztes aufzusuchen. Sie würden dies tun,
wenn sie dafür geringere Krankenkassenbeiträge zahlen könnten. Das zeigt nicht
nur, dass die Patienten ökonomischen Argumenten durchaus zugänglich sind, sondern es zeigt auch die zentrale Rolle, die sie dem Hausarzt zuweisen. Für die Menschen ist es wichtig, in ihrem Ort einen Hausarzt zu haben, der sie und ihre Familie
lange kennt. Wie wir gesehen haben, empfinden es nicht wenige als ein Problem,
wenn sie keinen Hausarzt in der Nähe haben. Auch aus diesem Grund ist es richtig,
noch mehr Anstrengungen zu unternehmen, eine gute hausärztliche Versorgung sicherzustellen.
(Es gilt das gesprochene Wort.)
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