Jetzt bin ich nicht nur alt, sondern auch noch sehbehindert? Der SZB und das Zentrum für Gerontologie der Universität Zürich haben im 2013/14 eine Vorstudie zur Sehbehinderung im Alter erstellt. Die Vorstudie „Im Alter eine Sehbehinderung erfahren – oder mit einer Sehbehinderung das Alter erfahren“ wurde durch den SZB finanziert. Sie hat die wichtigsten Problemkreise zum Thema eingekreist: Einerseits eine erhebliche Doppelbelastung durch die Herausforderung des Alters und durch die Sehbeeinträchtigung, andererseits qualitative Unterschiede zwischen den im Titel des Berichtes angetönten zwei möglichen Verläufen. Das schweizerische Sehbehindertenwesen wird diese Ergebnisse künftig vermehrt beachten müssen. Zur Unterstützung entsprechender fachlicher Entwicklungen ist es wichtig, den Umfang des Phänomens noch besser kennen zu lernen und die vorhandenen Bewältigungsstrategien (Coping-Strategien) zu analysieren. Darauf aufbauend kann versucht werden, ein theoretisch fundiertes und empirisch abgestütztes „Modell zur Bewältigung von im Alter auftretender Sehbehinderung“ zu erarbeiten. Wenn dies gelingt, können zielgruppenorientierte Empfehlungen (Lösungsansätze) für die Beratungs-, Betreuungs- und Selbsthilfe-Praxis erarbeitet werden. Gleichzeitig entstehen neue und präzisere Angaben für die Interessenvertretung sowie die Öffentlichkeitsarbeit. Studie COVIAGE Die Studie COVIAGE hat Mitte 2015 begonnen. Sie wird rund zwei Jahre dauern und in der deutsch- und der französischsprachigen Schweiz durchgeführt werden. Dazu arbeiten die Universität Zürich (Federführung) und die Ecole d’études sociales (EESP) in Lausanne in Kooperation. Zur Anwendung kommt dabei ein Methodenmix aus Literaturrecherche, Expertengesprächen und einer telefonischen Befragung auf Seiten von 1‘000 Personen ab einem Alter von 70 Jahren. Der Prozess ist etappiert gestaltet worden. Der SZB steuert diesen. Der Schweizerische Blindenbund SBb, der Zürcher Blindenfürsorge-Verein (Zürcher Sehhilfe) und der Aargauische Blindenfürsorgeverein haben beschlossen, das Projekt mit namhaften Beiträgen zu unterstützen. Weitere Partner werden noch gesucht. Fragestellungen (Auszug) − Wie sehen die Lebensbedingungen älterer Menschen mit Sehbeeinträchtigungen in der Schweiz aus (Qualitativ und quantitativ)? − Welche Faktoren müssen in einer gerontologisch fundierten Sehbehindertenarbeit berücksichtigt werden? − Welche vorhandenen und gewünschten Ressourcen werden von den betroffenen Personen angegeben und als relevant eingestuft für die Bewältigung der Sehbehinderung im Alter? − Welche Bewältigungsstrategien werden gezeigt und welche Wünsche hinsichtlich der eigenen Lebensbewältigung haben die betroffen Personen? − Welche individualisiert anwendbaren Handlungsansätze und -empfehlungen lassen sich für die praktische Arbeit mit älteren, sehbehinderten Personen herausarbeiten? Seite 1 Projekt- und Expertengruppen Alexander Seifert (Projektleiter) und Hans Rudolf Schelling vom Zentrum für Gerontologie der Universität Zürich sowie Nicolas Kühne von der Fachhochschule Westschweiz HES in Lausanne führen die COVIAGE Studie durch. Es ist zudem gelungen, 24 Expertinnen und Experten aus dem Sehbehindertenwesen, aus der Augenmedizin, der Gerontologie und angrenzenden Fachgebieten in zwei Expertengruppen zu organisieren, welche das Projekt begleiten und bereichern werden.1 Die ersten beiden sprachregionalen Workshops haben im Oktober 2015 stattgefunden. Dabei sind die Grundlagen für die erste Erarbeitung eines Bewältigungsmodelles für eine im Alter erworbene Sehbehinderung geschaffen worden. Die nächsten Workshops sind auf Mai/Juni 2016 vorgesehen und werden die Unterlagen für die telefonische Befragung prüfen. Stand der Arbeiten Bisher wurden folgende Arbeiten geleistet: − Desk Research, Kooperation Hochschule (Romandie) − Erste Expertenrunden in Zürich und Lausanne − Erarbeitung Grundlagen und Modellentwicklung − Abklärung Zusammenarbeitsformen mit Sensibilisierungsprojekt SBH Basel − Zwischenbericht per Ende 2015 Auf Grund des bisherigen Projektverlaufes, der hohen Akzeptanz und des Zwischenberichtes der Uni Zürich hat der SZB den Auftrag für die Umsetzung der nächsten Projektarbeiten bestätigt. Es stehen nun bis Sommer 2016 bevor: − Entwicklung eines Erhebungsinstrumentes, Validierung in den Expertenrunden in Zürich und Lausanne, Testinterviews − Auftragserteilung und Koordination der telefonischen Befragung Danach folgen: Datenauswertung, 3. Expertenrunden, Modellanpassung, Erarbeitung der Empfehlungen und Schlussbericht. Der Zeitplan für COVIAGE wurde etwas verlängert, um genügend Zeit zu erhalten, die Erhebungsinstrumente genügend abzustützen und in beiden Sprachen zu testen. Der Schlussbericht wird nun auf Mitte 2017 erwartet. Was nützt es? Die Beratungs- und Rehabilitationsstellen benötigen gerontologische Grundlagen für die fachliche Ausrichtung ihrer Dienstleistungen auf die grosse Gruppe älterer Menschen, welche erst im Alter mit einer Sehbeeinträchtigung konfrontiert werden. Die Interessenvertretung braucht weitere, genauere und aktuelle Angaben für ihre Mitwirkung an Revisionsvorhaben der AHV und für die Durchsetzung des BehindertenGleichstellungsgesetz (BehiG) sowie der UNO-Behindertenrechts-Konvention (BRK). Die Öffentlichkeitsarbeit braucht Hintergrundinformationen und kommunikativ nutzbare Ergebnisse für eine differenzierte Sensibilisierung ihrer Zielgruppen. Denn: 1 Tina Aeschbach, Stefan Altmann, Dr. Stefanie Becker, Olivier Blaser, Muriel Blommaert, Marie-Paule Christiaen, Pia Coppex, Dr. Sabine Delachauy-Mormille, Vincent Ducommun, Christina Fasser, Marco Fischer, Claudia Graf, Stephan Hüsler, Valérie Hugentobler, Dr. Malaika Kurz-Levin, Rose-Marie Lüthi, Sylvie Morozlay, Roland Peterli, Christoph Scherrer, Marlyse Schmid, Markus Sutter, Susanne Trefzer und Richard Weissen. Seite 2 Sehbehinderung hat auch im Alter sehr viele unterschiedliche Facetten. Die Studienergebnisse werden sodann die Fort- und Weiterbildungskurse für das Fachpersonal beeinflussen. Sie dienen dazu, die Beratung und Rehabilitation bei älteren Menschen auf fundierte, moderne gerontologische Grundlagen zu stellen. Die Leitung der Fort- und Weiterbildung des SZB und die Stellenleiter/innen der Beratungs- und Rehabilitationsstellen sind vorinformiert und haben ihr Interesse angemeldet. Die Ergebnisse können aber auch für die Mitwirkung an einer Alterspolitik 2020 und anderen Revisionsvorhaben dienen. Fernziel muss sein, auch für das AHV-Alter eine diesen Namen verdienende Behinderungskonzeption zu erreichen und die für Sinnesbehinderungen teilweise unzureichende Fortführung von IV-Leistungen nur für einen Teil der Betroffenen zu überwinden. Die Berichterstattung zur UNOBehindertenkonvention (BRK) und die Konkretisierung des Behindertengleichstellungsgesetzes (BehiG) mit Vorgaben, Normwerken und Präzedenzfällen vor den Gerichten können durch Studienergebnisse dieser Art untermauert werden. Lesen Sie den Zwischenbericht zur Studie. Kontakt für weitere Auskünfte: Stefan Spring, Forschungsbeauftragter, Telefon 079 617 22 34, E-Mail [email protected] Seite 3
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