ANDACHT ZUM MONATSSPRUCH Juli 2015 "Euer Ja sei ein Ja, euer Nein ein Nein; alles andere stammt vom Bösen." Matthäus 5,37 Wie halte Sie es mit der Wahrheit. Sage ich immer und zu jeder Zeit, dass was wirklich ist; wirklich wohlgemerkt für mich, denn eines scheint hinlänglich klar: Was ich denke und wahrnehme ist meine Sicht auf die Welt und das, was mich umgibt. Wahrheit ist im Zwischenmenschlichen ein hohes Gut. Sie für gering zu achten, kann, das wissen wir nur zu gut, alles was uns wichtig ist, aufs Spiel setzen. Und doch auch dies wissen wir und ist Teil unserer täglichen Erfahrung: Fordern wir jemanden auf, sich zu erklären, die Wahrheit zu sagen, dann erfahren wir nicht selten eher Erhellendes über den Erklärenden und weniger über das zu Erklärende. Es gehört zur Grundbestimmung des Menschen, den Dingen einen Namen zu geben. Dies war schon Gottes Auftrag an den Menschen im Schöpfungsbericht. Warum letztlich ein Tisch ein Tisch heißt, lässt sich kaum sagen, aber allgemein anerkannt ist es schon, dass wir den Tisch als Tisch bezeichnen. Was in der Beschreibung von Gegenständen noch einfach und einleuchtend erscheinen mag, keiner würde auf die Idee kommen, einen Tisch für den Kühlschrank zu halten, das ist bei der Beschreibung von Dingen und Sachverhalten schon deutlich komplexer. Menschliche Konflikte ergeben sich nicht selten daraus, dass die Wahrnehmung von ein und dem gleichen Sachverhalt so grundlegend unterschiedlich ist, dass ein Reden darüber kaum möglich ist. „Du verstehst mich nicht.“ Dies hören wir all zu oft. Genauer sollten wir sagen: „Mein Vorstellungsvermögen reicht nicht so weit, um zu ganz oder überhaupt zu erschließen, was du mir gerade mitteilen willst, was du denkst bzw. fühlst.“ Was fordert Jesus nun von uns, wenn er – und dies wird zu seiner Zeit nicht anders als heute gewesen sein – von uns erwartet, dass unser Ja ein Ja und unser Nein ein Nein sei? Geht es um Ehrlichkeit, ganz allgemein um Wahrhaftigkeit, oder vielleicht doch um mehr. Im biblischen Zusammenhang geht es um das Schwören falscher Eide. In dieser Antithese der Bergpredigt verschärft Jesu das alttestamentliche Gebot. Wir Menschen sollten besser bei Niemandem und Nichts schwören. Hat Jesus vielleicht schon damals einen Blick dafür gehabt, wie schwer sein kann, die Wahrheit zu sagen? Wusste er darum, das Worte, einmal ausgesprochen auch ihre Eigendynamik haben und gewinnen können? Der Schwur ist und bleibt bis heute die Besiegelung einer Aussage. Dies gilt im Privaten wie im öffentlichen Kontext wie bei Gericht. Vielleicht, oder ganz sicher wusste Jesus darum, dass unser Ja wie unser Nein, immer nur Bedeutung in einer konkreten Situation haben kann. Nie kann eines von Beidem durch Schwur besiegelt werden. Denn auch das wissen wir nur zugut: Aus einem Ja kann schon Morgen ein Nein werden – und umgekehrt. Wenn es Jesus um nicht mehr und nicht weniger als um Wahrhaftigkeit in einer konkreten Situation ginge, dann hieße seine Frage an uns: Wie authentisch ist das gerade, was du tust und sagst? Thomas Reppich
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