Woher kommt die Wut der Linksautonomen? | Manuskript Woher kommt die Wut der Linksautonomen? Bericht: Thomas Datt, Alexander Ihme Freitag vor zwei Wochen. Am Rand der Leipziger Innenstadt randalieren 100 vermummte Linksautonome - angeblich wegen des G-7-Gipfels in Bayern. Das Ergebnis: Teure Scherben. Teerbeutel und Steine fliegen gegen Polizisten, die das US-Konsulat bewachen - zwei Beamte werden leicht verletzt. Andreas Loepki, Sprecher Polizeidirektion Leipzig Die Kollegen berichten einhellig, dass sie dieses Gewaltpotenzial, das sich gegen sie gerichtet hat, so noch nicht erlebt haben in ihrer auch schon teilweise langen Karriere. Seit Monaten häufen sich in Leipzig sorgfältig vorbereitete Blitzaktionen von Linksextremisten. Dieses Jahr wurden bereits 95 Gewaltdelikte gezählt - die meisten in Verbindung mit Demonstrationen des Leipziger Pegida-Ablegers Legida. Immer wieder trifft es auch völlig Unbeteiligte. Ein Beispiel aus Leipzig-Connewitz. Seit Jahren entlädt sich hier im linksalternativ geprägten Stadtteil die Zerstörungswut einer extremen Minderheit. Erst gegen ein Bürgeramt - dann gegen die neu eingerichtete Polizeistation. Direkter Nachbar in einer Einkaufspassage ist Dieter Kalka. Das Connewitzer Urgestein war früher Hausbesetzer. Heute betreibt er hier eine logopädische Praxis. Sein Pech, die Steine der Randalierer zerstören regelmäßig auch seine Fenster. Dieter Kalka, Logopäde in Stötteritz Diese Scheiben hier, da sind fünf Steine reingeflogen überall und teilweise bis hier hoch. Oben ist ja eine Arztpraxis. Naja, und manchmal komme ich früh hin und frag, steht denn noch. Kann ich noch rein? Es gab ja auch schon einen Brandanschlag und da bin ich gerade mit nem blauen Auge davon kommen Unbeteiligte wie Dieter Kalka werden als „Kollateralschaden“ in Kauf genommen. Eigentlich stehen im Fadenkreuz der Linksautonomen vor allem staatliche Einrichtungen und Polizeibeamte. Im Januar attackierten 30 Vermummte aus dem Nichts den Polizeiposten in Connewitz. 70 Steine knallten gegen die Fenster - Spuren zeigen noch heute, dass einige Angreifer versuchten, die Tür aufzuhebeln. Die beiden Beamten erlitten einen Schock. Dieser Polizist wird auch dort eingesetzt. Er hat seither Angst: Hinweis: Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt und darf nur für den privaten Gebrauch des Empfängers verwendet werden. Jede Verwertung ohne Zustimmung des Urheberberechtigten ist unzulässig. 1 Woher kommt die Wut der Linksautonomen? | Manuskript Polizist Wir wissen nicht, wie wir reagieren sollen, wenn dort mal wieder was passiert. Was machst Du, wenn Du drin sitzt als Mensch und dann kommen so hundert vermummte Typen auf dich zu. Würdest Du schießen? Pfefferspray? Versuchst Du noch, in einen Streifenwagen zu flüchten, dass Du abhauen kannst? Nach mir die Sintflut, ich will da nicht drinsitzen wie die Ratte, die gefangen ist. Um sich zu schützen, trägt der Beamte keine Uniform mehr, wenn er zur Arbeit oder nach Hause fährt. Schon länger registriert die Polizei, dass Linksextremisten vor der Privatsphäre keinen Halt machen. Andreas Loepki, Sprecher Polizeidirektion Leipzig Allein dass wir Aktionen feststellen konnten, wo die Kollegen den Eindruck auch hatten , ausspioniert zu werden, wenn sie mit ihren Fahrzeugen zum Dienst kommen. Und andere Vorkommnisse, ich erinnere zum Beispiel an das Vorgehen von Linksextremisten im Zuge des Stadtratswahlkampfes gegenüber NPD-Kandidaten. Die an ihren Heimanschriften aufgesucht wurden, wo Fahrzeuge in Brand gesetzt wurden, wo massivste Schmierereien und Sachbeschädigungen verübt wurden. In dieser Gegend wurde der heutige NPD-Stadtrat Enrico Böhm zweimal in seiner Wohnung, in der er mit Familie lebt, angegriffen. Die Generalstaatsanwaltschaft ermittelt. Im März wurde Böhms ehemaliger Parteifreund Alexander Kurth zweimal von Vermummten überfallen und sein Handy geraubt. Nach den Krawallen vor zwei Wochen hat das sächsische Innenministerium den Verfassungsschutz öffentlich aufgefordert, mehr und bessere Informationen über die Leipziger Szene zu liefern. Verfassungsschutzchef Gordian Meyer-Plath warnt vor einer Radikalisierung. Gordian Meyer-Plath, Verfassungsschutzchef Die Anzahl und die Frequenz der Straftaten hat zugenommen und auch nachdem 2014 insbesondere Rechtsextremisten oder vermeintliche Rechtsextremisten im Fokus dieser Gruppierungen standen, ist es nun der gesamte demokratische Rechtsstaat. So auch die Bekennerschreiben, die sich ganz klar aufgefächert haben in die Richtung, wir greifen die Institutionen des Staates an. Wie tickt die linksextreme Szene? Wie werden Blitzaktionen wie vor zwei Wochen organisiert? Per verschlüsselter Nachricht luden Leipziger Linksautonome bundesweit Gleichgesinnte zu den jüngsten Randalen nach Sachsen ein. „exakt“ konnte das Schreiben einsehen. Hinweis: Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt und darf nur für den privaten Gebrauch des Empfängers verwendet werden. Jede Verwertung ohne Zustimmung des Urheberberechtigten ist unzulässig. 2 Woher kommt die Wut der Linksautonomen? | Manuskript Zitat: „Ziel der ganzen Aktion ist dabei aber natürlich möglichst hoher Sachschaden an den genannten Objekten.“ Aufgeführt werden Staatsanwaltschaft, Polizeidirektion und Rathaus. Ein Insider erklärt Selbstverständnis und Motive der Leipziger Szene: Insider Das Ziel möglichst hoher Sachschaden steht stellvertretend für eine Situation, wo man nicht agieren kann. Wenn alles so abgeschirmt wird, kann man nicht nach Elmau fahren und dort politische Botschaften transportieren. Dann machen wir eben in unserer Stadt was, da kennen wir uns aus. Warum man gegen einzelne Schutzpolizisten vorgeht? In dem Moment, wo die Polizei sich in den Weg stellt, zeigt man seine Entschlossenheit auch darüber, dass man die Fahrzeuge und die Polizisten angreift. In der Einladung zum Krawall werden Polizisten als Schweine bezeichnet. Für den Leipziger Wissenschaftler Alexander Leistner haben der Hass und die Angriffe wenig mit Politik zu tun. Alexander Leistner, Gewaltforscher, Deutsches Jugendinstitut Halle Irritierend war, dass sie ohne politische Forderung auskamen, dass es eine stumme Gewalt war, die sich nicht die intellektuelle Mühe macht, sich zu erklären. Gründe noch einmal zu plausibilisieren, Motive noch einmal offenzulegen. Gepaart mit dem „Es kotzt uns an“Gestus, mit dem Schweigen über politische Forderungen, der legt es nahe, dass man sehr zugespitzt von Wutautonomen sprechen kann, fast. Wo Wut nicht mehr der Auslöser und das Motiv ist, sich politisch zu engagieren, sondern wo Wut selber zur Aktionsform wird und offenbar zum Selbstzweck. Strafverfolgung allein wird das Problem nicht lösen. Doch ist Dialog zwischen Staat und gewalttätigen Linksautonomen überhaupt möglich? Juliane Nagel ist bei politischen Gegnern umstritten, aber überall in der linken Leipziger Szene respektiert. Sie würde vermitteln. Bisher scheitere das an der Polizei, vor allem aber an den Wutautonomen. Juliane Nagel, Landtagsabgeordnete Sachsen, Linke Ich denke, dass die Gruppierungen, die Gewalt jetzt auch ausüben, ganz direkt sich einer Diskussion entziehen und dass für sich behauptet wird, dass die eigene Aktionsform nur die Richtige ist und niemand darüber zu richten hat, selbst nicht in einer linken Szene, dass das gut oder schlecht wäre. Hinweis: Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt und darf nur für den privaten Gebrauch des Empfängers verwendet werden. Jede Verwertung ohne Zustimmung des Urheberberechtigten ist unzulässig. 3 Woher kommt die Wut der Linksautonomen? | Manuskript Jetzt haben die Randalierer ein Bekennerschreiben nachgeschoben. Sie kündigen weitere Attacken auf die „Schweine“ von Staat und Polizei an. Hinweis: Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt und darf nur für den privaten Gebrauch des Empfängers verwendet werden. Jede Verwertung ohne Zustimmung des Urheberberechtigten ist unzulässig. 4
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