Ganz bei Trost! – Prost!

Ganz bei Trost! – Prost!
Neujahrsgottesdienst 2016, Chile Grüze
Predigt: Gabi Müller-Büchi
 Lied zur Jahreslosung (4:45)
„Tröste deine Menschen, wie eine Mutter ihr Kind.“
– So das Gebet im Refrain des Liedes, welches zur
Jahreslosung 2016 geschrieben wurde. Vielleicht
hast du gerade gar nicht den Eindruck, Trost nötig
zu haben, so nach wohltuenden Festtagen, wo du
das feine Essen, die netten Geschenke, deine tolle
Familie und die paar Tage mehr Freizeit genossen
hast. Vielleicht geht es dir so richtig gut momentan.
Vielleicht hattest du in dieser Zeit aber auch
Begegnungen mit Menschen, die so ganz dringend
Trost, Ruhe und Heilung brauchen und für die du
dieses Gebet gerne zum Himmel trägst: „Tröste
deine Menschen, wie eine Mutter ihr Kind.“
Der Anfang des Liedtextes mit den „Menschen die
flieh’n“ knüpft bei Bildern an, die uns im
vergangenen Jahr 2015 immer wieder begegnet
sind und die mit dem Schreiben einer neuen
Jahreszahl auch nicht einfach gelöst und gelöscht
sind. Sie erinnern an Konflikte, welche die ganze
Menschheit bedrohen und uns immer wieder vor
Augen führen, dass unsere Welt nicht wirklich ein
sicherer Ort ist. Selbst wenn wir zu Beginn dieses
neuen Jahres zu denjenigen gehören, die sich
fröhlich „Es guets Nöis!“ wünschen können, war
wohl keiner von uns in den letzten 365 Tagen
permanent guter Laune. Vielleicht gab es da im
näheren oder weiteren Umfeld „diese Krankheit,
die frisst“ oder „Kinder, die schrei’n“, weil es ihnen
nicht gut geht. Vielleicht hatten wir auch andere
(kleinere) Sorgen zu verdauen. Wir wissen auch,
dass wir wohl auch im 2016 nicht vor Nachrichten,
Bildern und Geschichten verschont werden, die
traurig machen. Gut möglich, dass wir auch im
neuen Jahr die eine oder andere Träne vergiessen
oder Sorgen und Ängste durchleben. Über all dem
Unbekannten und Ungewissen steht mit der
Jahreslosung 2016 ein Bibelwort, eine Ermutigung
unseres Gottes im Vordergrund: „Gott spricht: Ich
will euch trösten, wie einen seine Mutter tröstet.“
(Jes 66,13)
Schnelldurchlauf durch Jesaja 66
Wir unternehmen mal einen Schnelldurchlauf durch
das Kapitel worin die Jahreslosung steckt, es
handelt sich dabei um das allerletzte Kapitel, das
der Prophet Jesaja in seinem Buch geschrieben hat.
Da begegnet uns zu Beginn ein erhabener Gott, der
über allem thront: „Der Himmel ist mein Thron und
die Erde der Schemel für meine Füße. Was für ein
Haus müsstet ihr bauen, damit es diesem
gleichkäme? Was wäre das für ein Ort, an dem ich
ruhen könnte? Dies alles haben meine Hände
gemacht, durch sie ist alles entstanden«, spricht
der Herr.“ (Jes 66,1-2) Diese Beschreibung trotzt
vor Grösse, Stärke und Erhabenheit. Doch dieser
alles überragende Gott ist kein ferner, abgebrühter
Machthaber, sondern einer, der sich niederbeugt,
der nahe kommt und besonders die Gedemütigten
und Niedergeschlagenen im Blick hat. Damit
begegnen wir aber jetzt nicht plötzlich einem
harmlosen Gott, der jedem einfach ein wenig über
den Kopf streicht. Nein, mit seinen letzten Worten
stellt uns Jesaja nochmals den gerechten Gott vor,
der Ungerechtigkeit, Falschheit, und
Überheblichkeit nicht ungestraft lassen wird.
Spätestens in der Schlussrunde dieser Welt
scheiden sich die Geister im wahrsten Sinne des
Wortes. Und bei unserem Schnelldurchgang durch
Jesaja 66 fällt uns auch die Warnung auf, es sich mit
Gott nicht zu verscherzen und sein Friedensangebot
nicht auszuschlagen. Aber da wird uns auch von
dem Wunder berichtet, dass Menschen ganz auf die
Seite von Gott gehören. Verglichen wird dieses
Wunder mit einer unvorhergesehenen Geburt. Und
da mitten in allem Unheilvollen dieser Welt taucht
ganz viel Hoffnung auf, denn Gott will immer noch
Menschen zu seinen Kindern machen, zu
Menschen, die in ausweglosen Situationen neue
Wege entdecken, zu Menschen die eine ewige
Zukunft kennen und zu Menschen, die ganz bei
Trost sind! „Gott spricht: Ich will euch trösten, wie
einen seine Mutter tröstet.“ (Jes 66,13) Der grosse
alttestamentliche Prophet blickt weit über seine
Zeit hinaus, hin zu der Krippe und dem Kreuz und
nochmals darüber hinaus auf die neue Welt, die
Gott schaffen will und mit seinem Schlusswort weist
Jesaja auf die Chance hin, welche die letzte Zeit in
der Heilsgeschichte für alle, besonders aber für die
unterschiedlichen Völker ist und dass Menschen,
die Gottes Herrlichkeit gesehen haben, zu
bevollmächtigten Botschafter des lebendigen
Gottes werden.
Mutter
Mutter, Mama, Mueti, Mami – wie auch immer du
die Person nennst, die dich auf die Welt gebracht
hat, sie ist immer eine ganz spezieller Mensch in
deinem Leben. Mutter, eines der ersten Wörter, die
man kennt, wahrscheinlich die erste grosse Liebe im
Leben, der erste Mensch, der einen umarmt und
kaum jemand kennt uns besser. So habe ich mal die
Mutter in einem Gedicht beschrieben, das ich mit
fünfzehn geschrieben hatte, mein Fazit damals war:
Mutter, das bedeutet für mich Heimat. Auch die
Bibel sieht in dem Wort Mutter immer einen
Ursprungs- und Ausgangspunkt. Es ist natürlich
mega schön und wertvoll, wenn in der eigenen
Biographie eine Mutter da ist, die einen liebt und
immer wieder offene Arme hat. Es ist mir bewusst,
dass es auch andere Lebensgeschichten gibt, wo die
Mutterliebe nicht so, wie erwünscht erfahrbar war
und diese Wunde es auch schwieriger macht, sich
der göttlichen Mutterliebe zu nähern. Dass irdische
Abbilder Mutter wie Vater nie ganz perfekt sind,
manchmal sogar schmerzhaft fehlerhaft, davon
weiss auch Jesaja schon in einem früheren Kapitel
zu berichten: „Kann eine Mutter etwa ihren
Säugling vergessen? Fühlt sie etwa nicht mit dem
Kind, das sie geboren hat? Selbst wenn sie es
vergessen würde, vergesse ich dich nicht! Sieh, ich
habe dich in meine Handflächen gezeichnet. Das
Bild deiner Mauern habe ich immer vor Augen,
spricht Gott der Herr.“ (Jes 49,15f)
Zur Mutter gäbe es natürlich mega viel zu sagen,
vielleicht nutzt du anschliessend auch einen
Moment, um über dieses Bild vertiefter
nachzudenken. Kinder klettern bei ihrer Mami auf
den Schoss und suchen ihre Nähe, wenn sie müde
sind, wenn sie krank sind, wenn sie sich ungerecht
behandelt fühlen, wenn ihnen etwas richtig fest
weh tut, aber auch wenn es nur eine kleine
Schürfung ist. Und die Nähe tut gut, hilft heilen und
gibt neuen Mut. Egal, wie unsere irdische
Mutterbeziehung war und ist, egal, ob wir schon
gross sind und schon lange nicht mehr auf den
Schoss klettern, ich wünsche uns, dass wir uns
unserem Gott auch immer wieder so vertrauensvoll
annähern. Dann erleben wir, dass Gott einfach da
ist für uns, nicht zuerst fragt, ob unser Anliegen
wirklich wichtig ist oder warum wir nicht eher
gekommen sind. Er freut sich, wie eine Mutter,
wenn wir bei ihm Trost suchen. (Ev. Erlebnis 10-10)
Trost
„Wir beten und fragen, wir bitten Gott und klagen:
Tröste deine Menschen, wie die Mutter ihr Kind.
Berühre unsre Herzen, wenn wir verzweifelt sind.
Lass deinen Frieden wachsen in Herz und Hand und
führe uns in dein Hoffnungsland.“ Ganz bei Trost
sein, bedeutet Hoffnung haben, inneren Frieden
kennen, um einen Ort der Zuflucht wissen. In das
Lied vom Anfang waren immer wieder Wehrufe
eingeflochten, solche Klagen kenne wir auch aus der
Bibel: Weh dem! Mit diesem Ausruf knüpfen die
Liedermacher aber auch bei einem Gedicht von
Friedrich Nietzsche an, das den Titel „Vereinsamt“
trägt. Wirklich einsam und hoffnungslos endet der
Text des bekannten Philosophen. Anders enden die
Aussagen von grossen biblischen Denkern wie
einem Jesaja, da gibt es ein Hoffnungsland, in das
man einziehen darf. „Wohl dem, der weiss: Der
Trost ist nah.“
Das deutsche Wort Trost hat die gleiche Wurzel wie
Treue, aber auch Verwandtschaft zum griechischen
Wort für „Eichenbaum“ (=trus). Ein schönes Bild,
das Beständigkeit, Sicherheit und Schutz vermittelt.
Im biblischen Sprachgebrauch ist trösten mehr als
ein kurzfristiges Tränenabwischen oder ein billiges
Trostpflaster. Ermutigen, ermahnen und trösten
gehören zusammen. Gott möchte sich von Herzen
an unserem Leid beteiligen, er möchte uns aber
auch Mut zusprechen für die unerledigten Aufgaben
und die unbeschriebenen Tage. Er möchte, dass in
uns ein „Eichenbaum“ wachsen kann, eine
Festigkeit, die uns ganz getrost ins neue und
unbekannte Jahr ziehen lässt.
Amen!
Fragen zur Vertiefung
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Was sagt dir das Bild der Mutter über das Wesen Gottes?
Inwiefern hilft oder behindert dich das Bild deiner
irdischen Mutter dabei?
Wann hast du das letzte Mal erlebt, dass Gott dich
getröstet hat? Sag ihm, was dir das bedeutet?
Mit welchen „Trostpflastern“ gibst du dich zufrieden? Wo
lässt du nicht wirklich Gott dein Tröster sein?
Wo brauchst du Ermutigung und Trost für das kommende
Jahr? Was macht dir Sorgen und Angst? Was fordert dich
heraus? Worauf freust du dich?
Etymologisch betrachtet hängt das Wort Trost mit treu
zusammen und bedeutet innere Festigkeit, Zuversicht und
Vertrauen. Im Hinblick worauf brauchst du mehr davon?
Lies 2.Kor 7,4: Kannst du mit Paulus einstimmen? Wie
kannst du einen Teil von Gottes Trostgeschichte werden?
Studiere weitere Bibelstellen zum Thema: Ps 109,21; Joh
14,16; 2.Kor 1,3-5, Offb 21,4; Ps 131,2