AG GRUNDRECHTE SS 2015 Prüf ung einer Verf assungsbeschw erde Die Verfassungsbeschwerde A. Zulässigkeit I. Zuständigkeit des BVerfG, Art. 93 I Nr. 4 a GG, § 13 Nr. 8 a BVerfGG II. Beschwerdefähigkeit, Art. 93 I Nr. 4 a GG, § 90 I BVerfGG „Jedermann“ Ist der Beschwerdeführer überhaupt in irgendeiner Konstellation GR-Träger? Grundrechtsfähigkeit = Fähigkeit, Träger von Grundrechten sein zu können ℗ Natürliche Personen: grds. im Zeitraum Geburt – Tod, Sonderfälle: - Nasciturus: GR-fähig bzgl. Art. 1 I, 2 II, 14 I GG - Verstorbene: postmortales Persönlichkeitsrecht aus Art. 1 I GG - Ausländer: keine Berufung auf Deutschenrechte (z.B. Art. 8, 12 GG), aber Schutz aus Art. 2 I GG - Unionsbürger: Anwendungsvorrang des EU-Rechts, Diskriminierungsverbot aus Art. 18 AEUV: eA: unionsrechtskonforme Auslegung der Deutschenrechte (gelten auch für Unionsbürger) entgegen Art. 116 I GG aA.: Art. 2 I GG ist anzuwenden unter Heranziehung der Schrankenregelung der besonderen Freiheitsrechte - Abgeordnete: bei Berufung auf Organrechte in der Rolle als Abgeordneter(Art. 38 GG) passt das Organstreitverfahren, bei Berufung auf Grundrechte als Bürger VB ℗ Juristische Personen: Durch Rechtsakt geschaffene und mit Rechtsfähigkeit ausgestattete Vereinigung von Personen oder Vermögensmasse. - Jur. Pers. des Privatrechts werden von Grundrechten geschützt, wenn das GR dem Wesen nach auf sie anwendbar ist gem. Art. 19 III GG. (-) bei Art. 1 I, 2 II 1, 3 II, 4 III, 6, 16 GG. Str, wann wesensmäßige Anwendbarkeit gegeben ist: eA: Lehre vom personalen Substrat (BVerfG): Jur. Pers. ist von GR geschützt, wenn man auf die hinter ihr stehenden Personen durchgreifen kann und dies sinnvoll und erforderlich erscheint. aA.: GR-typische Gefährdungslage: Jur. Pers wird geschützt, wenn sie sich in einer mit einer nat. Pers. vergleichbaren Lage befindet. - Nur inländische jur. Pers. (Sitztheorie, Gründungstheorie) oder EU-jur. Pers. (s.o.); ausländische jur. Pers. können sich nur auf die Justizgrundrechte berufen (Art. 19 IV, 101 I, 103 I GG) Politische Parteien: grds. GR-fähig, soweit sie sich nicht auf Organrechte berufen (Art. 21, 38 GG) - ℗ Jur. Pers. des öffentlichen Rechts: (Körperschaft, Anstalt, Stiftung): Konfusionsargument: Diese stehen auf der Seite des Staates und können nicht gleichzeitig GR-verpflichtet und GR-berechtigt sein. Ausn: Justizgrundrechte, Jur. Personen des öff. Rechts mit dienender Funktion: Diese müssen eigenständig und vom Staat distanziert sein und der Verwirklichung von Grundrechten der Bürger dienen: Universitäten (Art. 5 III GG), Rundfunkanstalten (Art. 5 I 2 GG), Religionsund Weltanschauungsgemeinschaften (umfassende GR-Berechtigung wegen ihrer Sonderstellung) Prozessfähigkeit: =Fähigkeit, Verfahrenshandlungen vorzunehmen. Richtet sich nach GR-Mündigkeit1: Fähigkeit, die GRe auszuüben str., ob starre oder flexible Altersgrenze Postulationsfähigkeit: Fähigkeit, vor Gericht aufzutreten. (-) bei Anwaltszwang, § 22 BVerfGG - III. Beschwerdegegenstand, Art. 93 I Nr. 4 a, § 90 I BVerfGG „Akt der öffentlichen Gewalt“: Jeder Akt der Legislative, Judikative oder Exekutive Gerichtsentscheidungen: Die gerügte Verletzung eines Grundrechts muss im Tenor des Urteils liegen. Überprüfbar sind alle Gerichtsbarkeiten, auch Entscheidungen im vorläufigen Rechtsschutz Akte der vollziehenden Gewalt, insb. Verwaltungsakte nach § 35 VwVfG Auch im Verwaltungsprivatrecht (Staat handelt privatrechtlich zur Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe) ist der Staat an die Grundrechte gebunden. „Keine Flucht ins Privatrecht“ Legislativakte: Alle formellen und materiellen Gesetze nach der Verkündung ℗ Gesetzgeberisches Unterlassen: - Echtes Unterlassen: es wird überhaupt keine bzw. eine völlig ungeeignete Regelung erlassen: VB gegen Unterlassen ist nur möglich, wenn das GG ausdrücklich den Staat zur Handlung verpflichtet (Art. 6 V, 33 V, 101 I 2, 104 II 4, 131, 134 IV GG oder aus den GRen als objektive Werteordnung) Beachte: Einschätzungsprärogative des Gesetzgebers -> i.d.R. ist nur das „ob“, aber nicht das „wie“ gesetzgeberischen Handelns überprüfbar. - Unechtes Unterlassen: Eine Regelung liegt vor, aber diese ist unzureichend: VB gegen die Regelung mit dem Argument, ein bestimmter Fall wird verfassungswidrig nicht mitgeregelt. IV. Beschwerdebefugnis, § 90 I BVerfGG 1. Möglichkeit einer Grundrechtsverletzung – schlüssige Behauptung, sog. substantiierte Behauptung ℗ Möglichkeit der GR-Verletzung durch Zivilurteile: 1 V.a. im Rahmen des Art. 4 I, II GG relevant. SEITE 2 | 3 Hierzu muss die mittelbare Drittwirkung der Grundrechte dargestellt werden. 2. Eigene Betroffenheit: man muss eigene Rechte geltend machen, keine Reflexwirkung, keinen fremden Rechte (keine Prozessstandschaft) 3. Unmittelbare Betroffenheit: Die Verletzung muss durch den Hoheitsakt selbst eintreten, daher grds (-), wenn noch ein Vollzugsakt nötig ist. ℗ VB gegen Gesetze: Ausnahmsweise kein Vollzugsakt erforderlich bei Unzumutbarkeit des Abwartens (bei Straf-, oder OWi-Tatbeständen) oder bei selbstvollziehenden („self executing“) Gesetzen 4. Gegenwärtige Betroffenheit: im Ztpkt der Entscheidung des BVerfG muss die GR-Verletzung schon und noch vorliegen, nicht bloß irgendwann zukünftig. Bei Gesetzen daher grds. Verkündung und Inkrafttreten. Ausn.: Das Gesetz führt zu später nicht mehr korrigierbaren Folgen V. Rechtswegerschöpfung, § 90 II 1 BVerfGG Der Bf muss alle zulässigen und ihm zumutbaren prozessualen Möglichkeiten zur Beseitigung der behaupteten GR-Verletzung in Anspruch genommen haben, d.h. er muss den gesamten Instanzenzug durchgangen und er darf keine prozessualen Möglichkeiten versäumt haben Gegen formelle Gesetze ist überhaupt kein Rechtsweg gegeben, daher dort immer (+) Ausn.: Keine Rechtswegerschöpfung bei Unzumutbarkeit (insb. bei gefestigter Rspr., bei der kein Abweichen zu erwarten ist) und in den Grenzen von § 90 II 2 BVerfGG (besondere Bedeutung der VB, schwerer, nicht abwendbarer Nachteil) VI. Subsidiarität Abgeleitet aus § 90 II 1 BVerfGG neben der Rechtswegerschöpfung muss auch alles andere zur Abwendung der Grundrechtsverletzung getan worden sein - Bei fehlender Rechtswegeröffnung muss Bf. zuerst versuchen, das Gesetz inzident (d.h. in einer anderen Prüfung) kontrollieren zu lassen - Wenn der Rechtsweg erschöpft ist, muss der Bf. nach weiteren Möglichkeiten suchen, um der Beschwer abhelfen zu lassen. - Bei vorläufigen Rechtsschutz hat der Bf. Die Hauptsache abzuwarten, wenn die Rechtslage noch nicht gerichtlich geklärt wurde und ihm das Zuwarten zuzumuten ist. VII. Form, §§ 23 I, 92 BVerfGG: Schriftlicher (unterschriebener) Antrag, Inhalt und Urheber müssen klar erkennbar sein VIII. Frist, § 93 BVerfGG: Grds. Monatsfrist (bei Gerichtsentscheidungen), dagegen Jahresfrist bei VB gegen Gesetze. IX. Ergebnis B. Begründetheit: Schutzbereich, Eingriff, Rechtfertigung SEITE 3 | 3 letztinstanzlichen
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