StaatsorganisationsRSS2016_Fall03Loesung[...]

> 42
unirep Staatsorganisationsrecht – SS 2016
StaatsorganisationsR Fall 03 – Lösungshinweise
Obersatz: Der Antrag im Organstreitverfahren hat Aussicht auf Erfolg, soweit er zulässig und begründet ist.
A.
Zulässigkeit eines Organstreitverfahrens, Art. 93 I Nr. 1 GG, §§ 13 Nr. 5, 63 ff. BVerfGG
I.
Zuständigkeit: Zunächst müßte das Bundesverfassungsgericht zuständig sein.
Gemäß Art. 93 I Nr. 1 GG, § 13 Nr. 5 BVerfGG entscheidet es über Streitigkeiten
bezüglich des Umfangs der Rechte und Pflichten eines obersten Bundesorgans
oder anderer Beteiligter, die vom GG oder den Geschäftsordnungen mit eigenen
Rechten ausgestattet worden sind. Hier streiten sich die Bundesregierung und ein
Teil des Bundestages über die im GG verankerten und in der GO BT festgehaltenen Fragerechte bzw. deren Reichweite. Somit ist das Bundesverfassungsgericht
zuständig.
II.
Beteiligungsfähigkeit: Antragstellerin und Antragsgegnerin müßten ferner beteiligungsfähig sein. Dazu müßte es sich gemäß § 63 BVerfGG um ein oberstes Bundesorgan oder Teile dessen handeln, welche mit eigenen Rechten ausgestattet
sind. Für die Bundesregierung als Antragsgegnerin ergibt sich dies direkt aus § 63
BVerfG. Gemäß §§ 10 ff. GO BT sind Fraktionen mit eigenen Rechten ausgestattet. Somit sind Antragstellerin und -gegnerin beteiligungsfähig.
III.
Antragsgegenstand: Ferner müßte es sich um einen tauglichen Antragsgegenstand handeln. Dies ist gemäß § 64 I BVerfGG jede rechtserhebliche Maßnahme
oder Unterlassen. Hier liegt eine Nichtbeantwortung einer kleinen Anfrage vor. Sowohl die teilweise Verweigerung als auch eine pflichtwidrige Nichtauskunft könnte
eine Verletzung des Informationsrechts aus Art. 38 I 2, 20 II 2 GG darstellen und ist
somit auch rechtserheblich. Folglich liegt ein tauglicher Antragsgegenstand vor.
IV.
Antragsbefugnis: Die L-Fraktion müßte auch antragsbefugt sein. Dazu muß diese
gemäß § 64 I BVerfGG geltend machen, selbst oder durch das Organ, dem sie angehört, durch die Maßnahme oder das Unterlassen in den durch das Grundgesetz
übertragenen Rechten oder Pflichten verletzt oder unmittelbar gefährdet worden zu
sein. Folglich müßte eine eigene Rechtsverletzung oder eine solche bei dem Organ
möglich sein, dessen Rechte die Antragstellerin in Prozeßstandschaft geltend
macht. Dazu dürfte eine Rechtsverletzung nicht offensichtlich ausgeschlossen sein.
Aus Art. 38 I 2 GG und dem Demokratieprinzip, Art. 20 II 2 GG, ergibt sich ein Informationsrecht der Fraktionen gegenüber der Exekutive. Auch läßt sich ein Fragerecht aus dem Demokratieprinzip herleiten.
Hier hat die Antragstellerin konkret dargelegt, welche Fragen gestellt und nicht beantwortet worden sind. Auch wird hinreichend deutlich, daß nur die Antwortverweigerung bezüglich der Unterstützung der Landespolizei gerügt wird – nicht aber die
Antworten bezüglich der originären Aufgabenwahrnehmung der Bundespolizei.
Diese Fragen wurden teilweise nicht beantwortet, ohne daß völlig offensichtlich ist,
daß ein Auskunftsrecht nicht bestanden hätte. Somit ist nicht offensichtlich ausgeschlossen, daß die Verweigerung der Antwort dieses parlamentarische Fragerecht
verletzt haben könnte.
Prof. Dr. Fabian Wittreck
unirep Staatsorganisationsrecht – SS 2016
43 <
Somit ist die Antragsbefugnis gegeben.
V.
Form und Frist: Die Form- und Fristerfordernisse gemäß §§ 23 I, 64 II, III BVerfGG sind laut Sachverhalt eingehalten.
VI.
Rechtsschutzbedürfnis: Fraglich ist, ob das Rechtsschutzbedürfnis vorliegt. Das
ist zu negieren, wenn es einen einfacheren, schnelleren effektiveren Weg gibt, die
Informationen zu erlangen. Hier könnte der Verweis auf die Informationsbeschaffung über eine gleich ausgerichtete Fraktion in dem Landtag einfacher und effektiver sind, da gemäß § 11 BPolG die Verantwortung bei den Ländern liegt. Jedoch
möchte die Antragstellerin gerade Kenntnisse und Bewertungen der Bundesregierung erfahren, so daß dies keinen geeigneten Weg darstellt.
Jedoch könnte der Grundsatz der Diskontinuität das Rechtsschutzbedürfnis entfallen lassen. Das ist jedoch nicht der Fall, wenn die Streitigkeit nicht durch die einzigartige und nicht zu wiederholende Fallgestaltung in der abgelaufenen Legislaturperiode geprägt ist. Hier geht es um die Reichweite des Fragerechts bei Unterstützungseinsätzen der Bundespolizei. Dies ist keine Fallgestaltung, die sich im
Besonderen in nicht zu wiederholender Weise auf die abgelaufene Legislaturperiode bezieht.
Somit ist das Rechtsschutzbedürfnis gegeben.
VII.
B.
Zwischenergebnis: Folglich ist der Antrag der L-Fraktion zulässig.
Begründetheit des Antrags, vgl. § 67 S. 1 BVerfGG
Der Antrag müßte auch begründet sein. Dies ist der Fall, wenn gemäß § 67 S. 1 BVerfGG
der Antragsgegenstand gegen eine Bestimmung des Grundgesetzes verstößt. Hier könnte ein Verstoß gegen das parlamentarische Informationsrecht vorliegen.
I.
Informationsrecht: Es müßte zunächst ein verfassungsrechtlich verankertes Informationsrecht des Bundestags und der Abgeordneten bzw. für deren Zusammenschlüsse geben. Ein solches könnte sich aus Art. 38 I 2 GG und Art. 20 II 2 GG
ergeben.
1.
Abgeordnetenstellung: Ein Fragerecht könnte sich aus Art. 38 I 2 GG und
Art. 20 II 2 GG für die Abgeordneten bzw. die Fraktionen als deren Zusammenschlüsse ergeben. Nur durch die Teilhabe am Wissen der Regierung
durch ein umfassendes Fragerecht und die damit korrespondierende Antwortpflicht werden die Voraussetzungen für die sachgerechte Arbeit des Parlaments sichergestellt. Somit ergibt sich schon aus der Stellung des Mandatsträgers als Volksvertreter gemäß Art. 38 I 2 GG und Art. 20 II 2 GG ein
solches Fragerecht.
2.
Gewaltenteilungsprinzip: Auch könnte sich aus dem Gewaltenteilungsprinzip gemäß Art. 20 II 2 GG ein solches Fragerecht ergeben. Die parlamentarische Kontrolle der Exekutive ist Ausformung des Gewaltenteilungsprinzips.
Dieses wird nicht durch eine völlige Trennung der Gewalten verwirklicht.
Vielmehr wird diese durch das Ineinandergreifen der Gewalten gewährleistet, wodurch eine gegenseitige Kontrolle entsteht. Insbesondere die Kontrolle
der Regierung durch das Parlament ist aufgrund der starken Stellung der
Exekutive essentiell. Diese Kontrolle kann jedoch nur effektiv ausgeübt werden, wenn das Parlament durch Teilhabe am Wissen der Regierung mögli-
Prof. Dr. Fabian Wittreck
> 44
unirep Staatsorganisationsrecht – SS 2016
che Mißstände aufdecken kann, um dann legislativ tätig zu werden. Somit
fußt auch auf dem Gewaltenteilungsprinzip ein Fragerecht des Bundestags.
II.
3.
Demokratieprinzip: Ein Informationsrecht könnte sich ferner aus dem Demokratieprinzip gemäß Art. 20 II 2 GG ergeben. Aus dem Demokratieprinzip
ergibt sich, daß die Volkssouveränität gewährleistet sein muß. Somit muß alle Staatsgewalt letztlich vom Volke ausgehen. Daher muß auch jegliche
Ausübung der Staatsgewalt durch die verschiedenen Organe auf den Willen
des Volkes zurückgehen. Dies wird außerhalb von Wahlen u.a. dadurch gewährleistet, daß die Regierung dem Parlament gegenüber verantwortlich und
die Verwaltung gegenüber der Regierung weisungsgebunden ist. Nur durch
das Beruhen auf dem Willen des Staatsvolkes kann dem Handeln der Verwaltung eine umfassende demokratische Legitimation verliehen werden.
Diese Handlung muß folglich durch eine ununterbrochene Legitimationskette
auf dem Willen des Volkes beruhen. Diese Verantwortung der Regierung
gegenüber dem Parlament kann jedoch nur effektiv durchgesetzt werden,
wenn die Regierung das Parlament über die Ausübung der Staatsgewalt informiert und an deren Wissen teilhaben läßt. Somit ergibt sich auch hieraus
ein Fragerecht.
4.
Zwischenergebnis: Ergo ergibt sich sowohl aus der Stellung als Abgeordneter gemäß Art. 38 I 2 GG und Art. 20 II 2 GG als auch aus dem Gewaltenteilungs- und Demokratieprinzip gemäß Art. 20 II 2 GG ein parlamentarisches Fragerecht.
Grenzen des Informationsrechts: Dieses Fragerecht könnte durch die Nichtbeantwortung verletzt worden sein. Dies ist jedoch nur der Fall, wenn keine Beschränkung des Fragerechts vorliegt, sodaß keine Antwortpflicht der Regierung
bestünde.
1.
Gewaltenteilungsprinzip als Begrenzung: Eine Begrenzung des Fragerechts könnte sich aus dem Gewaltenteilungsprinzip gemäß Art. 20 II 2 GG
ergeben. Danach kann ein Fragerecht nicht bestehen, wenn die Sachmaterie
in den Kernbereich der exekutiven Tätigkeit fällt. Dies könnte hier auf die interne Willensbildung zutreffen. Jedoch handelt es sich um einen bereits abgeschlossenen Sachverhalt, so daß diesbezüglich keine Einschränkung des
Fragerechts einschlägig ist.
2.
Allgemeinwohl als Begrenzung: Eine weitere Einschränkung könnte sich
daraus ergeben, daß zwingende Gründe des Allgemeinwohls, insbesondere
spezielle Geheimhaltungserfordernisse, gegen ein umfassendes Fragerecht
sprechen. Solche Interessen müßten plausibel vorgetragen werden, falls
diese nicht evident sind. Geheimhaltungsinteressen sind nicht ersichtlich.
Somit ergibt sich auch hieraus keine Einschränkung des Fragerechts.
3.
Bundesstaatsprinzip als Begrenzung: Eine Begrenzung des Fragerechts
des Bundestages könnte sich jedoch aus dem Bundesstaatsprinzip gemäß
Art. 20 I GG ergeben. Das föderale Staatsgefüge hat zur Folge, daß die Verantwortungsbereiche klar abgegrenzt sind. Diese Verantwortlichkeit in den
Verwaltungsbereichen sind durch das Grundgesetz in Art. 83 ff. GG klar vorgegeben. Ein Eindringen in diese Bereiche ohne verfassungsrechtliche
Grundlage ist somit ausgeschlossen. Andernfalls würde dies zur Aushöhlung
Prof. Dr. Fabian Wittreck
unirep Staatsorganisationsrecht – SS 2016
45 <
des Art. 30 GG führen. Auch ist die klare Zuordnung der Bereiche die Voraussetzung für die Kontrolle durch das jeweilige Parlament. Art. 35 II 1 GG
stellt eine solche verfassungsrechtliche Ermächtigung dar, welcher einfachgesetzlich konkretisiert wurde. Das Fragerecht kann sich somit nur auf solche Umstände beziehen, die nach der im Grundgesetz angelegten Regelung
und durch das BPolG konkretisierten Verteilung in den Zuständigkeitsbereich
des Bundes fallen.
Folglich liegt nur eine Verletzung vor, wenn die Fragen der L-Fraktion sich
auf Bereiche beziehen, die in die Zuständigkeit des Bundes fallen.
Fraglich ist, ob die kleinen Anfragen der Antragstellerin sich auf den Verantwortungsbereich des Bundes bezogen haben.
a)
Gesamtkonzept und Bewertung: Fraglich ist, ob die Frage nach
dem Gesamtkonzept des Einsatzes und dessen Bewertung in die Zuständigkeit des Bundes fallen. Gemäß Art. 30, 83 GG fällt die Abwehr
von Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung in die Zuständigkeit der Länder. Auch zeigt der Wortlaut von Art. 35 II 1 GG,
daß die unterstützenden Kräfte lediglich die Aufgabe der Länder
wahrnehmen. Die Erstellung eines Gesamtkonzepts obliegt aufgrund
der unverändert bestehenden Zuständigkeit dem Land. Der Bund
übernimmt durch die Unterstützung weder faktisch noch rechtlich die
Verantwortung für den Einsatz. Selbst wenn Bundesbeamten i.R.d.
Einsatzes von dem Konzept Kenntnis erlangen, so ist dieses Wissen
Länderwissen, welches nicht von der Bundesregierung offenbart werden muß.
Somit besteht kein Fragerecht bezüglich des Gesamtkonzepts des
Einsatzes.
Fraglich ist, ob eine Bewertung in die Zuständigkeit des Bundes fällt.
Eine Pflicht zur Bildung einer Meinung über einen Gesamteinsatz
kann jedoch aufgrund der grundsätzlichen Zuständigkeitsverteilung
nicht bestehen. Hat jedoch eine Meinungsbildung stattgefunden, so ist
dieses Ergebnis offenzulegen. Der Verweis auf die Zuständigkeit
zeigt, daß eine solche Bewertung nicht vorgenommen worden ist, welche somit auch nicht offenbart werden kann.
Folglich bestand kein Fragerecht bezüglich des Gesamtkonzepts oder
dessen Bewertung, welches somit nicht verletzt wurde.
b)
Prof. Dr. Fabian Wittreck
Einsatzkosten: Es könnte ein Fragerecht bezüglich der einsatzbedingten Mehrkosten bestehen. Dies könnte jedoch bei einem Unterstützungseinsatz der Bundespolizei problematisch erscheinen. Gemäß
§ 11 IV 3 BPolG sind die Mehrkosten vom Land zu tragen. Dies könnte für eine ausschließliche Zuständigkeit des Landes sprechen. Jedoch sind die Auslagen lediglich zu erstatten. Die Berechnung ist ein
Vorgang, der in die ausschließliche Zuständigkeit des Bundes fällt.
Nur so ist eine Erstattung möglich. Somit bestand bezüglich der einsatzbedingten Mehrkosten ein Fragerecht, welches nicht durch das
Bundesstaatsprinzip begrenzt ist.
> 46
unirep Staatsorganisationsrecht – SS 2016
Folglich hat die Bundesregierung durch die Nichtbeantwortung dieses
Fragerecht verletzt.
c)
Disziplinarrechtliches Verhalten der Kräfte am D-Platz: Es könnte
ein Fragerecht bezüglich des disziplinarrechtlich relevanten Verhaltens von Bundesbeamten, die am D-Platz eingesetzt waren, bestehen.
Die Bundesbeamten unterstehen aufgrund der Zuständigkeit den fachlichen Weisungen des jeweiligen Landes. Jedoch ist der Bund weiterhin der Dienstherr der Bundesbeamten und trägt somit die dienstrechtliche Verantwortung für etwaiges rechtswidriges Verhalten seiner Beamten, die gemäß Art. 20 III GG an Recht und Gesetz gebunden sind.
Hier zeigt die Frage, daß es genau um solches disziplinarrechtlich relevantes Verhalten geht. Auch werden in der Frage hinreichend konkrete Anhaltspunkte für solches Verhalten genannt, so daß die Bundesregierung die Möglichkeit hat, zu dem Verhalten ihrer eigenen Beamten Stellung zu nehmen, ohne daß ein Eingriff in die Kompetenz
der Länder bezüglich der eigenen Beamten droht. Die Frage bezieht
sich konkret auf einen Einsatzort, an dem hauptsächlich Bundesbeamte eingesetzt gewesen sein sollen. Ferner werden Anhaltspunkte für
den Verdacht von Verhaltensweisen genannt, welche disziplinarrechtliche Konsequenz haben könnten. Dieses Wissen und diese Verantwortung sind solche der Bundesregierung. Nur durch die Information
wird dem parlamentarischen Informationsinteresse und der Kontrollfunktion genüge getan.
Somit hat die Bundesregierung durch die Nichtbeantwortung dieses
Fragerecht verletzt.
d)
Disziplinarrechtliches Verhalten aller Polizeikräfte: Vor diesem
Hintergrund könnte auch ein Fragerecht bezüglich unverhältnismäßigen – gar strafrechtlich relevanten – Verhaltens der Einsatzkräfte bestehen. Zu solchem Verhalten im originären Aufgabenbereich der
Bundespolizei hat die Bundesregierung Stellung genommen. Fraglich
ist, ob sie zu sonstigem unverhältnismäßigem Handeln hätte Stellung
nehmen müßen. Aufgrund der disziplinarrechtlichen Zuständigkeit für
die jeweils eigenen Beamten besteht, wie bereits festgestellt, ein Fragerecht gegenüber dem Bund oder Land. Jedoch muß die Frage in
solchen Fällen klar erkennen lassen, daß sich diese Frage nur auf
Beamte der Bundespolizei richtet, und welche Anhaltspunkte für einen
solchen Verdacht bestehen. Zwar kann es im Einzelfall praktisch
schwierig sein, eine Zuordnung zu treffen, jedoch können diese faktischen Schwierigkeiten nicht zu einer Ausweitung des Fragerechts und
der damit einhergehenden Verwässerung der klaren Trennung zwischen den Zuständigkeiten zwischen Bund und Land führen. Solche
Anhaltspunkte bezüglich des Verhaltens von Bundesbeamten wurden
in der Frage nicht genannt. Aufgrund der Verantwortlichkeit der Landesregierung gegenüber dem Landesparlament besteht auch keine
Legitimations- oder Kontrollücke. Fraglich ist, ob sich daran etwas ändert, falls eine entsprechende Fraktion nicht im Landesparlament vertreten ist. Jedoch ist dies lediglich Ausdruck des föderalen und unabProf. Dr. Fabian Wittreck
unirep Staatsorganisationsrecht – SS 2016
47 <
hängigen Aufbaus des Staates. Die Legitimation des staatlichen Handelns wird durch die Möglichkeit der parlamentarischen Kontrolle und
nicht durch die faktische Ausübung verliehen.
Somit war die Bundesregierung nicht zur Beantwortung von Fragen
nach rechtswidrigem Verhalten im Allgemeinen gehalten und hat somit
das Fragerecht der L-Fraktion auch nicht verletzt.
4.
III.
C.
Begründungserfordernis: Fraglich ist, ob eine ausreichende Begründung
für die rechtmäßige Nichtbeantwortung gegeben worden ist. Dazu müßte eine solche Begründungspflicht bestehen. Aus der grundsätzlichen Informationspflicht ergibt sich ein gleichzeitiges Begründungserfordernis bei rechtmäßiger Nichtbeantwortung von Fragen, falls die Begründung nicht evident ist.
Für eine effektive parlamentarische Kontrolle ist es nötig, daß die Abgeordneten erkennen können, weshalb eine Frage nicht beantwortet wird. Nur so
kann das Parlament entscheiden, ob es das Verhalten akzeptiert oder nicht.
Hierzu muß eine plausible und nachvollziehbare Erklärung der Regierung erfolgen. Hier hat die Regierung lediglich auf die Zuständigkeit des Landes
verwiesen. Dieser Verweis versetzt die Abgeordneten in die Lage, zu prüfen,
ob eine fehlende Zuständigkeit vorlag. Somit hat die Bundesregierung ihrer
Begründungspflicht genüge getan.
Zwischenergebnis: Das Informationsrecht der Abgeordneten wurde durch die
Nichtbeantwortung bezüglich des Verhaltens der Beamten am D-Platz, die Mehrkosten des Unterstützungseinsatzes betreffend, verletzt.
Ergebnis: Das zulässige Organstreitverfahren ist nur teilweise begründet.
Prof. Dr. Fabian Wittreck