Der Schluckakt aus Sicht der Logopädie (1265 kB, PDF)

Hals-Nasen-Ohrenklinik
05.09.2015: Ostschweizer MTRA Symposium
Der Schluckakt aus Sicht der Logopädin
oder
Schlucken ist ein komplizierter Ablauf
Marlise Müller-Baumberger
Leitung Logopädie
Hals-Nasen-Ohrenklinik
Was ist Logopädie?
Logopädie = Lehre vom Wort
Logopädische Therapie befasst sich mit Erwachsenen und Kindern
Abklärung Therapie und Beratung in den Bereichen
Sprache und Sprechen
Stimme
Schlucken
Hals-Nasen-Ohrenklinik
Auftrag Logopädie am Kantonsspital St.Gallen
 Diagnostik und Therapie von
Sprach-, Sprech-, Stimm- und Schluckstörungen sowie
Gesichtslähmungen
nach Schlaganfall, Schädelhirntrauma, neurologischen Erkrankungen,
nach Operationen im Halsbereich und anderen Erkrankungen
 Angebot Logopädie an allen Kliniken:
HNO, Neurologie, Neurochirurgie, Innere Medizin, Chirurgie, Onkologie,
Radio-Onkologie, Palliativ, Intensivstationen u.a.m.
 Stationäre und ambulante Patientinnen und Patienten
Hals-Nasen-Ohrenklinik
Essen bedeutet
Genuss
Gesundheit
Lebensfreude
Gemeinschaft
Ernährung
Soziale Kontakte
FH St.Gallen 2014
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Inhaltsverzeichnis

Schlucken – ein komplizierter Ablauf

Einige Fachausdrücke

Ursachen für Dysphagie

Diagnostik:
Klinisch-logopädische Schluckabklärung

Weiterführende Diagnostik:
HNO: Fiberendoskopische Schluckuntersuchung FEES
Radiologie: Videofluoroskopie

Weiterführende Massnahmen: Dysphagieboard
Logopädie: Schlucktherapie
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Definition Dysphagie

Schlucken ist die Fähigkeit des Menschen, Speisen, Getränke und
Speichel rasch aus dem Mund in den Magen zu befördern, ohne dabei
die Atemwege zu gefährden

Der Begriff Dysphagie ist vom griechischen „phagein“ (essen,
schlucken) und der Vorsilbe „dys-“ (auffällig, gestört) abgeleitet

Dysphagie ist eine Schluckstörung und bedeutet, dass der komplexe
Vorgang des Schluckens durch bestimmte Erkrankungen gestört ist
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Einige Fachausdrücke
•
Aphagie
vollständige ösophageale Passagehinderung
•
Odynophagie
schmerzhaftes Schlucken
•
Phagophobie
Angst zu Schlucken wegen Angst vor Aspiration
•
Prespyphagie
Schluckmuskulatur verändert sich im Alter, natürliche Anpassung und
Veränderungen im Ess- und Schluckverhalten

Aspiration:
Eindringen von Nahrung in die Trachea (Luftröhre) Aspiration
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Einige statistische Angaben zu Dysphagie

Aktuellen Statistiken zufolge leiden in den USA 15 Millionen
Amerikaner (6–7% der Bevölkerung) an einer Dysphagie

In Deutschland liegt die Häufigkeit von Schluckstörungen bei 7% der
Gesamtbevölkerung, in der Gruppe der über-55-Jährigen sogar bei
16–22%

Man geht davon aus, dass in Pflegeheimen ca. 40% der Bewohner an
einer Schluckstörung leiden

Schluckstörungen sind ein verbreitetes Problem, das in jedem Alter
auftreten kann, zunehmend im Alter.
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Einige wissenswerte Eckwerte zum Schluckakt

50 Muskelfunktionsgruppen
pro Schluck

5 Hirnnerven

Obere 3 Zervikalnerven

600 – 2000 mal schluckt ein
Mensch pro Tag

1 mal pro Minute im Wachzustand

praktisch null im Tiefschlaf

pro Tag wird ca. 1 – 1.5 Liter
Speichel geschluckt

Mehrere miteinander vernetzte
Schluckzentren im Hirnstamm und
auf der Grosshirnrinde
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Schlucken - ein Ereignis in 4 Phasen
1. Orale Vorbereitungsphase (individuell)
willkürlich
2. Orale Phase (1 Sek)
3. Pharyngeale Phase
(0.5 – 1 Sek)
4. Ösophageale Phase
(8 – 20 Sek)
unwillkürlich,
reflektorisch
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Normaler Schluck
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Dysphagie: Ursachen

Neurologisch bedingte Schluckstörungen
Schlaganfall, Schädel-Hirn-Trauma, degenerative neurologische
Erkrankungen, z.B. M. Parkinson

Organisch bedingte Schluckstörungen
Strukturelle Veränderungen nach Tumorerkrankungen im Hals / Mund
und Kopfbereich, Status nach Bestrahlung

Altersbedingte Schluckstörungen
altersbedingte Muskelschwäche, Demenz,

Psychisch bedingte Schluckstörungen
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Klinisch-logopädische Abklärung Dysphagie:

Klinischer Untersuch Schluckvermögen - Aspirationsrisiko

Entscheid orale Ernährung:
Ja →
Kostanpassung nötig?
Nein → Sofortmassnahmen: Magensonde / PEG

Logopädische Therapie: Schluckübungen, therapeutisches Essen

Weitere apparative Diagnostik / Verlaufsdiagnostik:
Hals-Nasen-Ohrenklinik: Fiberendoskopische Untersuchung (FEES)
Radiologie:
Videofluoroskopie
Gastroenterologie:
Manometrie, Gastroskopie
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Diagnostik: Fiberendoskopische Schluckabklärung
(FEES)
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Fiberendoskopie (FEES): Der Blick in den Kehlkopf
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Schluckuntersuchung: Dysphagie
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Apparative Diagnostik:
Radiologie: Videofluoroskopie

Videofluoroskopie = Goldstandard in der Schluckuntersuchung
(Sonies,1997)

Fiberendoskopische Schluckuntersuchung FEES
(Langmore,1997, 2001)
Heute: sich ergänzende Untersuchungen

Dynamische Untersuchung des gesamten Schluckaktes

Mechanismen involvierter Strukturen von Lippen bis unterer
Ösophagusspinkter beurteilbar

Die Menge aspirierter Esswaren kann bestimmt werden
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Videofluoroskopie
Vorteile
Nachteile

Beurteilung des ganzen

Schluckaktes

Keine White on Phase

Keine Beeinträchtigung der

Kooperation / Mobilität des Pat.
erforderlich

Kein Nachweis von Aspiration von
Speichel
Schluckphysiologie

Strahlenbelastung
alle Schluckphasen können

Kosten
beobachtet werden

Reliabilität → Auswertungsmethodik
Nachweis von Aspiration von

Viskosität der verwendeten Kontrastmittel unterstützen das normale
Schlucken nicht per se
Speisen und Nahrung
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Indikationen
obere Oesophaguspassage
 Schluckprobleme, Fremdkörpergefühl, Passagehindernis
 Postoperative Kontrolle nach Entfernung von ORL-Tumoren (Neck diss.)
 Fistel
untere Oesophaguspassage
 Divertikel
 Passagehindernis
 postinterventionelle Dichtigkeitsprüfung nach Dilatation des Oesophagus
 postoperative Kontrolle nach Magen-Bypass, Gastric sleeve,
Fundoplicatio etc.
 Kontrolle des Magenbandes (Gastric banding)
Oesophaguspassage mit 3 Konsistenzen
 Dysphagie
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Ablauf
Vorbereitung
 Portion Bariumpudding und -brot bestellen
 Bereitstellen Barium (bei Verdacht auf Aspiration: Visipaque 320)
Untersuch
 stehend, sitzend oder liegend
Folgende Aufnahmen/Serien werden angefertigt:
 Leeraufnahme ap
 Leeraufnahme lateral
 Schluckvorgang ap
 Schluckvorgang lateral
 Übersicht ap: Abdomen
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Radiologie: Schluckuntersuchung
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Videofluoroskopie: 3 Phasenschluck mit
verschiedenen Konsistenzen
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Videofluoroskopie: postoperative
Schluckuntersuchung nach Laryngektomie
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Schnittpunkte Logopädie - Radiologie
Logopädie:
 Schluckablauf, Schluckverhalten, Schluckfunktionen
 → Schlucktherapie, Schlucktechnik, Kompensation Kostaufbau

Radiologie:
Aspiration, anatomische Strukturen,
Dysphagieboard
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Dysphagie:
Therapieziele in der logopädischen Therapie

Vermeidung von Aspiration (Verschlucken)

Vermeidung von Malnutrition (Mangelernährung)

Sicherstellung Ernährung:
diätetische Massnahmen, Magensonde, PEG,

Möglichst rasches Wiedererlangen der selbständigen Ernährung
per os
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Dysphagie: Logopädische Therapie
Restituierende Massnahmen
 Abbau pathologischer Reflexe
 Kräftigung von Einzelbewegungen der Zunge
 Stimulation des Schluckreflexes
Kompensatorische Massnahmen
 Ersatzstrategien als Verbesserung von Restfunktionen:
Haltungsänderungen
Schlucktechniken
Adaptierende Massnahmen
 Kostformen / Nahrungskonsistenz
 Änderungen des Essverhaltens (z.B. Essregeln, Essbegleitung)
 Ess- und Trinkhilfen
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