Krebs und Ernährung

Ernährung und Krebs – drei Wörter, viele Fragezeichen und noch mehr Meinungen
Das Thema Ernährung ist in aller Munde – im wahrsten Sinne des Wortes. Insbesondere beim Thema
Krebs finden sich auf Google und Co. immer extremere Ernährungsformen, die von Rohkost und
vegan bis hin zu Paläo und ketogen reichen. Verständlicherweise entsteht bei den Betroffenen große
Verunsicherung und Verwirrung.
Krebserkrankungen, deren Behandlungen, Nebenwirkungen und die daraus entstehenden
unterschiedlichen Bedürfnisse erfordern eine speziell angepasste Ernährung.
Beispielsweise
benötigen Appetitlosigkeit und Gewichtsverlust, verglichen zu Übergewichtsreduktion oder gezieltem
Muskelaufbau, komplett andere Ernährungsstrategien. Speisen müssen bei starker Diarrhoe oder bei
StomapatientInnen anders zubereitet und zusammengestellt werden. Darüber hinaus sind etwaige
Nebendiagnosen, wie Diabetes oder erhöhte Triglyzeridwerte, sowie die individuelle Verträglichkeit
von Lebensmitteln, Vorlieben und Abneigungen zu berücksichtigen. Die Aufzählung verdeutlicht, dass
Artikel, Bücher oder gut gemeinte Ratschläge für eine optimale Energie- und Nährstoffversorgung
nicht ausreichend sind. Eine professionell durchgeführte Ernährungstherapie von DiätologInnen im
interdisziplinären Austausch ist daher der beste Weg für eine schnelle Verbesserung der
Lebensqualität.
Die allgemeinen Empfehlungen zu niedrigerem Fleisch- (besonders bei verarbeiteten, qualitativ
minderwertigen Wurst- und Fleischwaren aus Masttierhaltung), Zucker- und Salzkonsum sind bekannt.
Dem gegenüber steht auf der Positivseite eine pflanzenbasierte, regionale und saisonale Kost mit
unverarbeiteten, natürlichen Lebensmittel und einer vielfältigen, aber schonenden Auswahl der
Zubereitungsart.
Groß angelegte Metastudien konnten allerdings nur minimale Effekte auf die Risikominimierung zur
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Entstehung von Krebserkrankungen bei der mediterranen Kost feststellen. Das heißt aber nicht, dass
Ernährung Nebensache ist. Die geringe Evidenzkraft rührt unter anderem daher, dass die Messbarkeit
und der Aufwand von nahrungsmittel- und kostformbezogenen Studien so unglaublich kompliziert
sind. Studien mit natürlichen Lebensmitteln haben kaum monetäre Motivation (im Gegensatz zu
Medikamentenstudien) – entsprechend schwierig gestaltet sich deren Finanzierung. Zahlen und
Fakten sind jedoch erforderlich um Leitlinien zu erstellen und evidenzbasierte, validierte Therapien
ableiten zu können.
Seit einiger Zeit wird über den Einfluss von Entzündungen im Körper, nicht nur im Zusammenhang mit
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rheumatischen Erkrankungen, erforscht.
Erhöhte Entzündungswerte werden im Serum mit dem
Akut-Phasen Protein CRP gemessen. Dieser Marker wird durch Zytokine wie beispielsweise
Interleukin 6 (IL-6) und dem Tumor-Nekrosen Faktor α (TNFα) stimuliert. Zahlreiche Erkrankungen wie
Insulinresistenz, Adipositas, Bluthochdruck und niedriges HDL Cholesterin, Lebensstilfaktoren wie
Alkohol- und Tabakkonsum und nicht zuletzt Krebs stehen in engem Zusammenhang mit erhöhten
CRP-Werten. Eine amerikanische Forschergruppe hat den sogenannten Dietary Inflammatory Index
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(DII) definiert und validiert. Hier wurde bestätigt, dass eine Kost mit entzündungsfördernden
Lebensmittel zu höheren CRP Werten führt. Eine anti-entzündliche Ernährung, die tagtäglich zu
einem großen Maße selbst beeinflusst werden kann und zur Selbstwirksamkeit beiträgt, reduziert den
CRP Wert.
Lebensmittel, Kräuter und Gewürze die reich an folgenden Inhaltssoffen sind wurden als
entzündungshemmend beschrieben.
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Vitamin A, C, D, E
ß-Carotin
Magnesium 6
Zink
Selen
Folat
Thiamin
Riboflavin
Niacin
B6, B12
Selen
Calcium7
Omega 3 Fettsäuren
Lösliche und unlösliche Ballaststoffe
 Meiden Sie verarbeitete (Light)Produkte und lassen Sie Waren mit langen Zutatenlisten im
Regal stehen. Halten Sie sich an die Randgänge und bleiben Sie bei natürlichen,
unverarbeiteten wenn möglich aus biologischem Anbau und unter Berücksichtigung von
Regionalität und Saisonalität.
 Essen Sie viel Gemüse (300-500 g/ Tag) und Obst (2 Stück / Tag) würzen und verfeinern Sie
stets mit frischen Kräutern und Gewürzen. Allein damit reduzieren Sie automatisch den Salz
und Suppenwürfelkonsum.
 Nutzen Sie nicht nur beim Einkauf und bei der Auswahl, sondern auch bei der Zubereitung die
Vielfalt unserer Lebensmittel aus – nicht nur roh, sondern auch schonende Zubereitungsarten
wie Dampfgaren, Backen im Rohr, oder mildes dünsten in Wasser und Butter.
Bitte beachten Sie, dass Nahrungsergänzungsmittel nicht die Wirksamkeit und das komplexe
Zusammenspiel im Stoffwechsel einnehmen können wie „echte“, unverarbeitete Lebensmittel.
Anti-entzündlicher Ernährungstagesspeiseplan:
Frühstück:
Haferflockenbrei (Porridge) mit Apfel, Hanfsamen, Mohn und Zimt
Zwischenmahlzeit:
eine Handvoll Walnüsse und Kürbiskerne mit Rohkostgemüse
Mittagessen:
lang gekochte Hühnersuppe mit Wurzelgemüse und gekochtem Buchweizen als Einlage
frischer Vogerlsalat mit Leinöldressing und Schnittlauch
Zwischenmahlzeit:
Topfencreme mit Brombeeren, Sonnenblumenkernen und Honig
Abendessen:
Bohnen-Zucchini-Kürbisgemüse mit etwas Käse überbacken, gewürzt mit Kurkuma, Pfeffer und Salz;
verfeinert mit Rosmarin, Thymian und Oregano
Getränke: Wasser mit Zitronensaft und Ingwerstücke, ungesüßte Kräutertees und Aufgüsse.
Marion Essletzbichler, BSc
Diätologin
Der Sonnberghof, Onkologisches Rehabilitationszentrum
7202 Bad Sauerbrunn, Hartiggasse 4
www.dersonnberghof.at
freiberufliche Praxis: www.klartext-essen.at
Literaturhinweise:
1
Bradbury et. al; Fruit, vegetable, and fiber intake in relation to cancer risk: findings
from the European Prospective Investigation into Cancer and Nutrition (EPIC). American Journal of
Nutrition, 2014.
2
Cavicchia et.al; A New Dietary Inflammatory Index Predicts Interval Changes in Serum HighSensitivity C-Reactive Protein. American Society for Nutrition, 2009.
3
Shivappa et. al; Dietary inflammatory index and risk of colorectal cancer in the Iowa Women's Health
Study. Cancer Epidemiol Biomarkers Prev. 2014
4
Wirth et. al; The dietary inflammatory index is associated with colorectal cancer in the National
Institutes of Health-American Association of Retired Persons Diet and Health Study. British Journal of
Nutrition, 2015.
5
Tabung et. al; The association between dietary inflammatory index and risk of colorectal cancer
among postmenopausal women: results from the Women's Health Initiative. Cancer Causes Control,
2015
6
Chen et.al; Magnesium intake and risk of colorectal cancer: a meta-analysis of prospective studies.
European Journal of Clinical Nutrition, 2012
7
Keum et.al; Calcium intake and colorectal cancer risk: dose-response meta-analysis of prospective
observational studies. International Journal of Cancer,2014