Sport/körperliche Aktivität beim Mamma-CA

Sport/körperliche Aktivität beim Mamma-CA(Zusammenfassung)
1. Proklamierte Wirkweise
Die Wirkweise von Sport als Therapie beim Mamma-Ca ist unklar, bzw. selten bis
schwammig formuliert.
Mögliche Ursachen einer positiven Wirkung können neben der Gewichtsnormalisierung eine
Änderung der Körperfettzusammensetzung und Verbesserung der natürlichen Immunität
sein. Das deutsche Krebsforschungszentrum des Universitätsklinikums Hambug-Eppendorf
jedoch ist der Überzeugung, dass hormonelle Mechanismen eine weitaus größere Rolle
spielen als die Veränderung der Körperkonstitution und Reduktion des Körperfettes, der
häufig die größte Bedeutung zugesprochen wird. Diese Annahme beruht auf dem Ergebnis,
dass bei sportlich aktiven Frauen das Krebsrisiko für vor allem solchen Tumore sinkt, welche
Rezeptoren der weiblichen Saxualhormone (Östrogen, Progesteron) ausbilden. Somit hat die
Beeinflussung des Ovarialzyklus ebenfalls eine nicht ganz unwichtige Bedeutung.
2. Datenlage (Studien) zum Therapieverfahren bei der angegebenen
Indikation
Wir führten eine Pubmed-Suche mit den Schlagworten "Breast neoplasms" und "exercise"
durch und haben die Ergebnisse auf Systematic Reviews eingegrenzt. Zusätzlich haben wir in
der Cochrane Library nach Übersichtsarbeiten zum Thema Brustkrebs und körperlicher
Aktivität gesucht. Dabei fanden wir 16 Studien und eine S3-Leitlinie.
3. Bewertung der Datenlage
Im Folgenden haben wir die Aussagen aus den in Punkt 2. identifizierten Studien
zusammengefasst: Allgemein lässt sich festhalten, dass viele, wenn auch nicht alle Aussagen
statistisch signifikant waren. Es war auffällig, dass kaum Aussagen zur klinischen Bedeutung
der Effekte von körperlicher Aktivität auf Brustkrebs getätigt wurden. Ebenso wurde wenig
von Effektgrößen berichtet. Obwohl die gemessenen Unterschiede durch die hohe
Teilnehmerzahl in Metanalyen also meistens statistisch signifikant waren, lässt sich der
Effekt auf die Patienten nicht abschätzen. Es wurde auch lediglich ein einziger Hinweis (also
kein signifikantes Ergebnis!) auf eine Mortalitätssenkung bei Brustkrebs durch körperliche
Aktivität gefunden. Wenn eine Wirkung hier nicht nachgewiesen wurde, bedeutet es
natürlich nicht, dass sie nicht existiert, sondern nur, dass es für sie nach derzeitigem
Forschungsstand keinen positiven Wirknachweiß gibt. Die Ergebnisse im Einzelnen waren:
Körperliche Aktivität zur Prophylaxe von Brustkrebs:
Allgemeine Metaanalysen haben ergeben, dass protektive Effekte körperlicher Aktivität eine
positive Beeinflussung biologischer Vorgänge hervorrufen. Die Motivation ist in diesem
Zusammenhang sehr wichtig. Auch das Bewusstsein muss geschult werden, sodass eine
Erhöhung der physischen Aktivität vermehrt Gesundheit und Wohlbefinden herbeiführen.
Sechs Studien mit mehr als 12.000 Patientinnen konnten eine positive Auswirkung von
körperlicher Aktivität für die Primärprophylaxe aufweisen. Als signifikant hat sich aus der
Studienlage ergeben, dass auch in der Prophylaxe Sport einen positiven Einfluss auf die
kardiovaskuläre Fitness ausübt.
Körperliche Aktivität während und nach der Behandlung von Brutkrebs:
Aerobic während der Therapie hat einen positiven Effekt (statistisch signifikant) auf die
Erschöpfung. Dieser Effekt ist Größer als der von Ausdauersport und der von Aerobic nach
der Therapie. Während einer Strahlentherapie hilft Fitness beim Ausführen von täglichen
Aktivitäten und zur Normalisierung des Körpergewichtes. Durch die Therapieverfahren
(Strahlentherapie, Chemotherapie) sinkt die Lebensqualität der Patientinnen, diese kann
aber durch körperliche Aktivität wieder verbessert werden. Postdiagnostisch wurde ein
Hinweis auf eine Mortalitätssenkung nur für Patientinnen mit östrogenrezeptorpositiven
Tumoren und für Patientinnen mit einem BMI über 25 berichtet. Durch körperliche Aktivität
konnten Verbesserungen der Körperzusammensetzung, der Körperfunktionen, der
psychologische Folgen, der Lebensqualität, der Sauerstoffaufnahme, der Angst, des Insulinlike-growth factor-I, der sexuellen Funktionen, der Schmerzen, der Erschöpfung, der
Depression, des eigenen Körperbildes und des emotionales Wohlbefindens gezeigt werden.
Für progressives Widerstandstraining wurde eine Verbesserung der Lebensqualität
nachgewiesen.
4. Kosten bzw. Kostenübernahme durch Krankenkassen
Nach § 2 Abs. 1 Sozialgesetzbuch IX, d.h. bei drohender oder bereits bestehender
Behinderung, existiert ein Rechtsanspruch auf Sport. Dieser ist als Rehabilitationssport im §
44 Abs. 1 Nr. 3 Sozialgesetzbuch IX festgeschrieben, die Kosten werden von den Kassen
übernommen.
Zur Sicherstellung einheitlicher Grundlagen wurde u.a. in der einer Rahmenvereinbarung von
2003 festgelegt, dass Rehabilitationssport in Gruppen von mindestens 45 Minuten
stattfindet und dass der Arzt in der Regel eine Verordnung über 50 Übungseinheiten
ausstellt. Ebenso wurde die notwendige Qualifikation der Übungsleiter spezifiziert
(„Grupenleiter mit Qualifikationsnachweis Rehabilitationsport“).
Der Rehasport findet über einen Zeitraum von 18 Monaten 1 bis 2 mal pro Woche statt,
wobei die Durchführung den 650 Rehasportgruppen in Deutschland obliegt. Als
Rehabilitationsleistung unterliegt die Verordnung keinerlei Budgetierung.
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