Sohila Abtehi Systemische Familientherapeutin 10.07.2015 Traumatische Fluchterfahrungen von Kindern und Eltern Inhalt ● Was ist ein Trauma? ● Arten von Traumata ● Was bedeutet Traumatisierung? ● Psychische Erkrankungen ● Behandlungsnotwendig- und Möglichkeiten ● Besondere Situation Kinder/Jugendlicher ● Was können wir tun? ● Psychohygiene ● Fragen Definition Trauma Ein Erlebnis, das eine unmittelbare Lebensbedrohung oder Lebensbedrohung nahestehender Personen beinhaltet und starke Gefühle von völliger Hilflosigkeit, extremer Angst, Panik oder Schrecken auslöst. Trauma = Wunde, Verletzung Arten von Traumata ● Aufenthalt in einem Kriegsgebiet/ Mitwirken an kriegerischen Handlungen ● Gewalterfahrungen ● Sexuelle Übergriffe ● Gefängnis ● Folter ● Naturkatastrophen ● Unfälle man-made vs. Non-man-made einmalig vs. Chronisch/sequentiell/akkumulativ Traumatisierung Entwicklung von psychischen und/oder körperlichen Beschwerden aufgrund des Traumas. Nicht auf jedes Trauma folgt auch eine Traumafolgestörung bzw. eine psychische Erkrankung. Nicht jeder Mensch mit lebensbedrohlichen Erlebnissen entwickelt Beschwerden. Umgang mit Erlebnissen ist individuell geprägt und auch von Rahmenumständen abhängig. Alles neue Patienten...? NEIN. ● Menschen reagieren menschlich auf ihre Umwelt. Emotionen machen Menschen aus. Kernerfahrung der Traumatisierung • Extreme Hilflosigkeit • Kontrollverlust • Existentielle Angst Folgen eines Traumas Nicht auf jedes Trauma folgt auch eine Traumafolgestörung bzw. eine psychische Erkrankung Abhängig von verschiedenen Faktoren: • Je gravierender die traumatische Situation, um so mehr Menschen erkranken • abhängig von den personellen Ressourcen und der sozialen Unterstützung (Resilienzfaktoren) Lebensbedingungen nach dem Ende der traumatischen Situation sind entscheidend für eine gelingende Bewältigung oder Gefahr der Chronifizierung des Leidens Folgen einer Traumatisierung können sein: • • • • • PTBS (Posttraumatische Belastungsstörung) Angstörungen, Depressionen, andauernde Persönlichkeitsveränderung, Somatisierungsstörungen Retraumatisierung • Alles was erneute Ohnmachtsgefühle hervorruft, kann retraumatisierend wirken • Der Ablaufprozess des Asylverfahrens: Anhörung, Ablehnung, fremdbestimmte Unterbringung, Arbeitsverbot, tatenloses Warten, Abhängigkeit von existentiellen Entscheidungen, Abschiebedrohungen wirken dem Heilungsprozess entgegen Sequentielle Traumatisierung Keilson (1979) unterscheidet drei traumatische Sequenzen: ● ● ● Die feindliche Besetzung der Niederlande mit dem beginnenden Terror gegen die jüdische Minderheit. Angriffe auf die soziale und psychische Integrität der jüdischen Familien. Die direkte Verfolgung: Deportation von Eltern und Kindern, Trennung von Eltern und Kind; Versteck in improvisierten Pflegemilieus; Aufenthalt in Konzentrationslagern. Die Nachkriegsperiode, mit der Vormundschaftszuweisung als zentralem Thema Keilson zeigt in seinen Untersuchungen, dass die dritte traumatische Sequenz den größten Einfluss auf den Schweregrad der Traumatisierung nimmt. Sequentielle Traumatisierung Keilson (1979) unterscheidet drei traumatische Sequenzen: • • • Die feindliche Besetzung der Niederlande mit dem beginnenden Terror gegen die jüdische Minderheit. Angriffe auf die soziale und psychische Integrität der jüdischen Familien. Die direkte Verfolgung: Deportation von Eltern und Kindern, Trennung von Eltern und Kind; Versteck in improvisierten Pflegemilieus; Aufenthalt in Konzentrationslagern. Die Nachkriegsperiode, mit der Vormundschaftszuweisung als zentralem Thema Keilson zeigt in seinen Untersuchungen, dass die dritte traumatische Sequenz den größten Einfluss auf den Schweregrad der Traumatisierung nimmt. Behandlungsmöglichkeiten ● Somatische Abklärung- immer wichtig! (Hausarzt) ● Medikamente (Psychiater) ● Therapie (verschiedene Formen der Psychotherapie, Kunsttherapie, Ergotherapie, Musiktherapie, Tanztherapie...) ● Asylbewerberleistungsgesetz, Kapazitäten, sprachliche Barriere Besondere Belastungsfaktoren Jugendlicher ● Sekundärtraumatisierung ● Hilflose Eltern/ Rollenumkehr in der Familie ● Familiengeheimnisse ● Autonomiestreben versus bedrohte Familie ● Fehlende weitere Bezugspersonen/überproportional viele Verluste Besondere Belastungsfaktoren Jugendlicher • Durch herausragende Erlebnisse fremd fühlen • Diskriminierungserfahrungen • Unerfüllbare Leistungsansprüche • Fehlende realistische Zukunftsperspektiven • Relative Armut Was wird gebraucht? • möglichst viel eigene Entscheidungsfähigkeit/ eigene Handlungsfähigkeit/ Selbstwirksamkeit fördern • Angepasste Aufgaben: „Hilf mir es selbst zu tun“ • möglichst kontrollierbare und handhabbare Umgebung (auch Sprache) • möglichst viel Privatsphäre/ Rückzugsmöglichkeit/wenig äußere Störungen /überschaubare Gruppen • Möglichst unterstützendes soziales Umfeld • Möglichst stabile Beziehungen Was tun? • Sichere Orte schaffen • Nicht stigmatisieren • Geduld, Gelassenheit, Optimismus • Ressourcenorientierung Traumatisierte nicht als Opfer, sondern als Überlebende ansehen Was macht der NTFN? ● ● ● Unterstützung bei Therapeutensuche, Dolmetschersuche, Beantragung der Psychotherapie (mit Dolmetscherkosten!) Weiterbildung und Vernetzung Seit Mai 2014 Psychosoziales Zentrum in Hannover (Krisenintervention, Diagnostik, Einzelgespräche, Gruppentherapie) Unser Team: Vorstand: Susanne Schröder (Rechtsanwältin), Dr. med. Gisela Penteker (Allfemeinmedizinerin i.R.) Thomas Müßel (Soziologe), Dr. Birgit Behrensen (Sozialwissenschaftlerin),Cornelia Stocker (Historikerin) Hauptamtliche: Sohila Abtehi (systemische Familien- und Sozialtherapeutin) Frauke Baller (Psychologische Psychotherapeutin) Karin Loos (Diplomsozialpädagogin, Koordinatorin) Corinna Schütt (Fachkraft für Vermittlung in die Regelversorgung) DolmetscherInnen und Ehrenamtliche Tagung: Flüchtlinge in der psychiatrischpsychotherapeutisch- psychosozialen Versorgung in Niedersachsen Netzwerk für traumatisierte Flüchtlinge in Niedersachsen e.V. Selbstfürsorge und Psychohygiene ● Was ist meins, was ist deins? ● Mitfühlen, aber nicht mitleiden ● Warnsignale ● Strategien zum Abschalten Vielen Dank für die Aufmerksamkeit! ● Fragen? 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