„An der Grenze habe ich meine Biographie hängen lassen“

Dienstbesprechung 2015
Expertenthema: Trauma – Abschied
„An der Grenze habe ich meine Biographie
hängen lassen“
Differenzierung des Begriffs „Trauma“:
Trauma Typ 1
Quelle: faz.net
Trauma Typ 2
Merkmal:
einzelnes, unerwartetes traumatisches
Ereignis von kurzer Dauer
Merkmale:
Serie miteinander verknüpfter Ereignisse oder
langandauerndes traumatisches Ereignis
Beispiele:
Vergewaltigung im Erwachsenenalter, schwerer
Verkehrsunfall, Überfall, Naturkatastrophe
Beispiele:
In der Regel durch Menschenhand
intendierte Schädigung, wie wiederholte
sexuelle oder körperliche Misshandlungen in
der Kindheit, Geiselhaft, Gewalterfahrungen in
der Partnerschaft, Kriegserfahrungen. Opfer
ist nicht in der Lage, aus eigener Kraft die
Traumatisierung zu beenden oder zu
verhindern
Konsequenzen:
Meist klare, sehr lebendige
Wiedererinnerungen an das traumatisierende
Ereignis. Vollbild der einfachen PTBS. Meist
schnelle Remission der Symptomatologie bzw.
gute Therapieprognose
Konsequenzen:
oftmals diffuse, wenig klare Wiedererinnerungen an die Traumatisierungen.
Erhöhte Dissoziationstendenz. Ausgeprägte
dysfunktionale Grundüberzeugungen oder
Schemata. Komplexe posttraumatische
Belastungsstörungen. Schlechtere
Therapieprognose
Erscheinungsbild und wesentliche Definitionskriterien der Posttraumatischen
Belastungsstörung nach DSM-IV und ICD-10 (F43.1) sind,
A. dass die Betroffenen nach der Konfrontation mit einem traumatischen Stressor
B. Aspekte der Traumatisierung intrusiv wiedererleben (Erinnerungen, Flashbacks)
C. internale und externale Reize vermeiden, die der Traumatisierung ähneln oder sich
emotional taub fühlen (Numbing/depressive Symptomatik) und
D. Anzeichen einer chronisch erhöhten psycho-physiologischen Übererregung zeigen:
Ein- und Durchschlafstörungen, Reizbarkeit und Wutausbrüche,
Konzentrationsschwierigkeiten, Hypervigilanz (Übermäßige Wachsamkeit), erhöhte
Schreckhaftigkeit.
E. Die Kriterien B, C und D treten innerhalb von sechs Monaten nach dem
Belastungsereignis oder nach Ende einer Belastungsperiode auf
Staatliche Schulberatungsstelle für Obb-Ost
Zentrale Beratungsstelle für alle Schulen in den Landkreisen Altötting, Berchtesgadener Land, Ebersberg,
Erding, Freising, Miesbach, Mühldorf, Rosenheim, Traunstein und in der Stadt Rosenheim
Dienstbesprechung 2015
Auswirkungen einer Posttraumatischen Belastungsstörung auf Konzentration und Lernen:
 Dissoziationen/Intrusionen
 Unfähigkeit, extreme Gefühlszustände zu verändern, auszuhalten und sich selbst
wieder zu beruhigen (Furcht, Wut, Scham)
 Unangemessene Methoden der Beruhigung
 Habituelles und reaktives selbstverletzendes Verhalten
 Unfähigkeit, zielbezogenes Verhalten zu entwickeln oder aufrechtzuerhalten
 Übermäßige Beschäftigung mit Bedrohungen (keine Einsicht)
 Folgen von Schlafmangel
Entwicklungspsychologische Aspekte:
 Je jünger, desto traumatisierter
 Magisches Denken: „mir ist das passiert, weil ich böse war.“ ist einfacher zu
akzeptieren als Hilflosigkeit anzuerkennen
 Im „Überlebensmodus“ sind andere Fähigkeiten notwendig: Verschobene
Wertvorstellungen, falsche Namen/falsche Pässe/falsche Historie
Entwicklungsbezogene Traumafolgestörung bei Kindern/Jugendlichen
 Verlust erworbener Fähigkeiten (Regredieren wie Bettnässen, Enkopresis, …)
 Risikoverhalten („Jetzt will ich es schaffen.“)
 Eigene Grenzen der Belastbarkeit nicht wahrnehmen
 Massive Scham- und Schuldgefühle
 Substanzmissbrauch
Schutzfaktoren:
 Objektive Sicherheit und Schutz vor erneuter Traumatisierung (sicherer Ort)
 Sicherheitsvermittelnde Beziehungen (verlässliche Bezugsperson;
„Beziehungsorientierung steht vor der Sachorientierung“)
 Verständnis und Verlässlichkeit sowie Klarheit über Möglichkeiten und Grenzen der
Eltern/Therapeuten („Ängste nicht wegzaubern können“)
 Ausdrucksmöglichkeiten für Befürchtungen, Sorgen und Empfindungen:
Aktionssprache des Kindes, z.B. im Spiel
 Symbolisch, nonverbal ausdrücken (Disclosure)
 Verbal: Geschichten des Ereignisses erzählen
 Schulischer Erfolg, angenehmes Familienklima, Intelligenz und gute Gesundheit
 Entwicklung einer Zukunftsperspektive
Empfehlungen zum Umgang mit traumatisierten Menschen:
(nach Dr. med. K. Hauger, Traumaambulanz Aalen)
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Nach momentanem Befinden fragen, nicht nach dem traumatischen Ereignis
Erzählt jemand spontan „grenzenlos“, ausdrücklich fragen, ob es ihm gut tut.
Emotionale Taubheit nicht mit Ausgeglichenheit verwechseln
Im Gespräch beruhigen über die normale Reaktion in einer unnormalen Situation
(Angst vor dem „Überschnappen“)
Bei Annäherung jeden kleinen Schritt, insbesondere Berührungen, vorher ankündigen
Nicht von hinten herankommen
Auffordern zum Stoppsignal, wenn`s zu viel wird
Staatliche Schulberatungsstelle für Obb-Ost
Zentrale Beratungsstelle für alle Schulen in den Landkreisen Altötting, Berchtesgadener Land, Ebersberg,
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