Analytische Zahlentheorie – Blatt 2

Prof. Dr. Benjamin Klopsch
Sommersemester 2015
Analytische Zahlentheorie – Blatt 2
Abgabe der Lösungen zu den ersten beiden Aufgaben am 27.04.2015 in der Vorlesung
Weitere Informationen zur Vorlesung und den Übungen finden Sie unter
http://reh.math.uni-duesseldorf.de/~internet/AnaZaTh_SS15/.
Aufgabe 2.1
(10 Punkte)
x dt
Mit Hilfe des Integrallogarithmus Li(x) = ∫2 log t , wobei x ∈ R≥2 , läßt sich, wie bereits
1849 von Gauß vermutet, die Primzahlzählfunktion π(x) sehr gut abschätzen. Im Jahre
1899 zeigte de la Vallée Poussin, daß es einen Konstante c ∈ R>0 gibt, für die gilt:1
√
π(x) = Li(x) + O(x exp(−c log x)).
(†)
(a) Zeigen Sie mittels partieller Integration: Zu jedem n ∈ N gibt es Cn ∈ R, so daß
Li(x) =
n−1
x
x
dt
x
+ ∑ k!
+
n!
+ Cn
∫
log x k=1 (log x)k+1
2 (log t)n+1
für x ∈ R≥2 .
(b) Zeigen Sie weiter, daß für jedes n ∈ N gelten:
x
∫2
dt
= O(x/(log x)n ) und
(log t)n
√
x exp(−c log x)
lim
→ 0.
x→∞
x/(log x)n
(c) Folgern Sie aus (†), daß für jedes n ∈ N gilt:
π(x) =
n−1
x
x
+ ∑ k!
+ O(x/(log x)n+1 ).
log x k=1 (log x)k+1
Insbesondere ergibt sich, für n = 2,
π(x) − x/(log x)
= 1,
x→∞
x/(log x)2
lim
so daß Li(x) eine sichtlich bessere Abschätzung für π(x) als x/ log x liefert.
Aufgabe 2.2
(6 Punkte)
Bestimmen Sie jeweils die Konvergenzabszisse α und die absolute Konvergenzabszisse
−s
αabs für die Dirichletreihe ∑∞
n=1 an n , deren Koeffizienten wie folgt gegeben sind:
(i) an = n−1/2 ,
(ii) an = (−1)n n−1/2 ,
(iii) an = log n,
(iv) an = 1, falls n ein Quadrat ist, an = 0 sonst.
Bitte wenden!
1
Die hier verwendete Landausche O-Notation f (x) = g(x) + O(h(x)) bedeutet wie üblich: Es gibt ein
C ∈ R>0 , so daß die Abschätzung ∣f (x) − g(x)∣ ≤ Ch(x) für alle hinreichend großen x ∈ R gilt.
S. 1/2
Analytische Zahlentheorie – Blatt 2
S. 2/2
Aufgabe 2.3
Thema dieser Aufgabe ist eine Methode zur Berechnung gewisser Reihen ∑∞
n=1 f (n) mit
Hilfsmitteln aus der Funktionentheorie.2 Hierbei bezeichnet f eine auf ganz C definierte
meromorphe Funktion mit endlicher Polstellenmenge P . Weiterhin wird f (z) = f (−z)
für z ∈ C ∖ P und P ∩ (Z ∖ {0}) = ∅ vorausgesetzt. Für n ∈ N bezeichne αn den gegen
den Uhrzeigersinn mittels Streckenwegen durchlaufenen Rand des Quadrates mit den
Eckpunkten ±(n + 21 ) ± (n + 21 )i. Die Idee ist, daß man zunächst den Limes
2πif (z)
dz
lim ∫
n→∞ αn e2πiz − 1
über den Residuensatz beschreibt und dann unabhängig, sofern dies möglich ist, mit Hilfe
der Standardabschätzung ∣∫γ g(z)dz∣ ≤ L(γ) sup{∣g(z)∣ ∣ z ∈ γ} für komplexe Kurvenintegrale zeigt, daß der betrachtete Limes verschwindet.
Verifizieren Sie hierzu die folgenden Aussagen.
(a) Seien g, h ∶ U → C auf einer offenen Umgebung U von z0 ∈ C definiert und dort
analytisch. Sei weiter g(z0 ) =/ 0, und h habe bei z0 eine Nullstelle der Ordnung 1. Dann
besitzt die Funktion F = g/h an der Stelle z0 einen Pol der Ordnung 1 mit Residuum
Resz0 F = g(z0 )/h′ (z0 ).
(b) Sei f eine auf ganz C definierte meromorphe Funktion, die keine Polstellen in Z ∖ {0}
besitzt. Dann besitzt die meromorphe Funktion F (z) = 2πif (z)/(e2πiz − 1) an der Stelle
z = k ∈ Z ∖ {0} das Residuum Resk F = f (k).
(c) Es gibt ein c ∈ R>0 , so daß für alle n ∈ N und z ∈ αn gilt: ∣e2πiz − 1∣ ≥ c.
(d) Wendet man die anfangs beschriebene Methode auf die Funktion f (z) = z −2 an, so
−2 explizit berechnen.
läßt sich ζ(2) = ∑∞
n=1 n
(Hinweis: Sie erhalten eine Formel in Abhängigkeit von Res0 F , dem Residuum an der
Stelle 0 der in (b) definierten Funktion F für f (z) = z −2 . Dieses Residuum müssen Sie
dann explizit berechnen.)
Aufgabe 2.4
Nach dem Primzahlsatz gilt
π(x)
→ 1.
x→∞ x/ log x
lim
Verwenden Sie diese asymptotische Abschätzung um folgende Aussagen zu beweisen:
(a) Zu jedem ε ∈ R>0 existiert ein x0 ∈ R≥2 , so daß es zu jedem x ∈ R mit x ≥ x0 ein p ∈ P
mit x < p ≤ (1 + ε)x gibt.
(b) Zu jedem m ∈ N und jeder vorgegebenen Ziffernfolge a1 , . . . , am in {0, 1, . . . , 9} existiert
eine Primzahl p, deren Dezimaldarstellung mit der Ziffernfolge a1 , . . . , am beginnt.
(Hinweis: Wenden Sie (a) an, um zu zeigen, daß es zu jedem n ∈ N ein k ∈ N und p ∈ P
mit 10k n < p < 10k (n + 1) gibt.)
2
Ggf. müssen Sie sich an die verwendeten Begriffe und die erwähnten Sätze noch einmal erinnern bzw.
diese nachschlagen. Insbesondere brauchen Sie: meromorphe Funktionen, Null- und Polstellen, Residuen,
komplexe Kurvenintegrale und den Residuensatz. Die Auffrischung hilft Ihnen sicherlich auch im weiteren
Verlauf der Vorlesung.