Nachgedacht - Evangelisches Johannesstift

Nachgedacht:
Ich kann auch mit mir selbst Skat spielen!
Vikar Dr. Thorsten Klein, Kirchengemeinde Johannesstift
Gedanken zur Losung des Monats September. „Wo zwei oder drei in meinem
Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen“ (Matthäus 18,20).
Schön, dass die völlig absurde Überschrift Sie nicht vom Weiterlesen abgehalten hat. Alleine Skat
spielen – wie soll das gehen? Man muss wirklich kein passionierter Zocker sein um
zu wissen, dass man dafür zwei Mitspieler braucht. Die allgemeine Zustimmung dürfte mir an
dieser Stelle gewiss sein.
Aber wie steht es um die Aussage „Ich kann auch für mich selbst an Gott glauben. Dafür brauche
ich keine Kirche“? Ich habe diese Worte schon oft gehört. Sie vielleicht auch. Vielleicht haben Sie
sie sogar schon mal selbst gesagt!? Glauben ohne Mit-Glaubende – ist das möglich oder genauso
sinnlos wie meine Überschrift?
„Für-Sich-Glauben“ liegt im Trend. Viele Menschen haben in den vergangenen Jahren
der Kirche den Rücken gekehrt, die wenigsten mit der Begründung, nicht mehr an
Gott zu glauben. Und selbst unter den Kirchenmitgliedern sind diejenigen, die
regelmäßig Gemeinschaft mit anderen Christen im Gottesdienst oder in
Gemeindekreisen suchen, die absolute Minderheit. Glaube wird so für viele zur
Privatsache; etwas, worüber man nicht spricht, vielleicht auch nicht sprechen will
oder kann; was eigentlich auch niemanden etwas angeht. „Ich und mein Gott – das
genügt doch völlig. Ich glaube, dass es ihn gibt und hin und wieder reden wir mal
miteinander.“
Ja, vielleicht geht das sogar, zumindest eine Zeit lang. Es mag Phasen im Leben
geben, in denen Gemeinschaft nicht dran und nicht drin ist. Mir fallen Elia und Jesus
in der Wüste ein. Auch und gerade im Alleinsein kann mir Gott begegnen. Aber
beide sind nicht in der Wüste geblieben. Beide sind in die Gemeinschaft
zurückgekehrt. Mir fällt keine biblische Figur ein, die ein dauerhaftes
Eremitendasein geführt hat. Was wäre von ihr auch zu erzählen gewesen?
Wo in der Bibel von Gott die Rede ist, geht es immer auch um Gemeinschaft
zwischen Menschen: Gott und sein Volk Israel, Jesus und seine Junger, die ersten
christlichen Gemeinden. „Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da
bin ich mitten unter ihnen.“ Die Losung für den Monat September wird oft als Trost
und Verheißung für schrumpfende Gemeinden gelesen. Selbst da, wo nur noch zwei
oder drei im Gottesdienst sitzen, ist Jesus gegenwärtig. Das trifft die Realität vieler
Brandenburger Kirchengemeinden. Aber in dem Vers steckt nicht nur Zuspruch,
sondern auch ein Anspruch:
Glaube braucht Gemeinschaft! Nur in ihr kann er seine ganze Schönheit, seine ganze
Lebendigkeit entfalten! Gott ist nicht. Gott geschieht, nämlich dort wo Christen im
Namen Jesu zusammen singen, feiern, lachen, weinen, beten... Dabei steht der
„Name“ für das „Sein“ bzw. für den „Geist“ Jesu.
Wo Menschen in diesem Geist Gemeinschaft haben, da ist Jesus persönlich
anwesend, da begegnet mir Gott im Angesicht meiner Schwestern und Brüder. Da
werden sich Christen gegenseitig zum Christus.
„Ich kann auch für mich selbst an Gott glauben!“ Ja, vielleicht ist das sogar möglich.
Aber wie im Spiel offenbart der Glaube seine Faszination, seinen Reichtum, seine
ganze Pracht und Schönheit erst durch die Mitspieler. Lasst uns miteinander spielen!