Zwischenfruchtanbau

Zwischenfruchtanbau
Ein Gewinn für Landwirtschaft und Umwelt
Durch die behördlichen Vorgaben im Rahmen des Greenings sind die
Landwirte angehalten, mehr zur Artenvielfalt in der Kulturlandschaft
beizutragen. Der Zwischenfruchtanbau hat hier ungeachtet unbeliebter
EU Richtlinien eine tragende Bedeutung. Seine positiven Eigenschaften
sollten in vollem Umfang genutzt werden. Max Stadler erläutert, wie
und warum.
Zwischenfruchtanbau bringt Fruchtbarkeit und
lockeren Boden
Pflanzen aus der Zwischenfruchtmischung, rechts früherer Saatzeitpunkt mit Gülledüngung, links spätere Saat ohne Düngung
Um die Bodenfruchtbarkeit zu erhalten, ist aktiver Erosionsschutz bei Reihenkulturen – vor allem bei Mais – unabdingbar.
Dies gelingt am besten mit Mulch- oder Direktsaat. Weiterhin
muss alles versucht werden, den Boden durch Humusaufbau
und intensive Durchwurzelung auch im Unterboden locker zu
halten. Silomais-, Rüben- und Kartoffelernte beanspruchen neben Gülleausbringung bei ungünstiger Witterung den Boden
enorm. Vielfach ist im Denken der Landwirte der Frost die Lösung der Strukturprobleme auf dem Acker. Was aber, wenn der
Frost nicht mehr zuverlässig kommt, wie es in den beiden vergangenen Wintern der Fall war? Setzt man auf die biologische
Lockerung durch Pflanzenwurzeln und Bodenlebewesen – hier
vor allem den großen Tauwurm – bekommt man unabhängig
vom Frost einen lockeren, gut durchwurzelbaren Boden.
Die Mischung macht´s
Mit der Ansaat von Zwischenfruchtmischungen kann man sich
die unterschiedlichen Pflanzen und deren Wurzelsysteme zu
Nutze machen. Deutlich zu sehen ist dies beim Vergleich von
Bei Bodenverdichtung, wie in Fahrspuren, kümmert Senf und
lockert folglich auch nicht den Boden. Besser: Mischung pflanzen!
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reinen Senfbeständen zu Zwischenfruchtmischungen. Trotz
hoher Gülledüngung ist der Senf in den Fahrspuren und auf
dem Vorgewende oft deutlich schlechter. An diesen Stellen
wird der Boden durch ihn also auch nicht gelockert. Kommt
dann kein Frost im Winter, ist die Bodenstruktur nach der Zwischenfrucht nicht viel besser als vorher. Wenn Gülle ausgebracht wird und sich der Zwischenfruchtbestand aufgrund von
Strukturproblemen nicht ausreichend entwickeln kann, dann
geht der Stickstoff (N) an die Umwelt verloren und belastet
sie. Flächen mit Zwischenfruchtmischungen, die Leguminosen
wie Klee, Wicken und Ackerbohnen enthalten, zeigen deutlich
bessere Durchwurzelung vor allem auf dem Vorgewende und
in den Spuren. Hier gibt es keine „Berg- und Talbestände“,
sondern einheitliche Bestandshöhen.
Phacelia verhält sich ähnlich wie Senf: Bei oberflächlicher
Verdichtung kümmert sie vor sich hin. In lockeren Böden ohne
Verdichtungen ist sie dagegen ein ausgezeichneter Strukturbildner und ein wertvoller Partner bei Trockenheit und Schneckenproblemen. Phacelia kann, falls ein anderer Partner ausfällt, sehr gut Lücken füllen und somit eine Verunkrautung
abwehren. Von den Schnecken wird sie gemieden.
Während im nassen Sommer 2014 häufig der Klee in den Beständen dominierte, war im trockenen Sommer 2015 bei der gleichen
Mischung kein Klee zu sehen. Erfahrungsgemäß bringt ein Anteil
von circa zwei Kilogramm Phacelia pro Hektar in der Mischung
zusätzliche Sicherheit in trockenen Sommern. Genauso verhält
es sich mit Ölfrüchten wie Ölrettich und Senf in der Mischung bei
der Etablierung von Zwischenfruchtbeständen.
Zum Zeitpunkt des Einkaufs der Zwischenfruchtsaat wird ein
gewisser Erntezeitpunkt der Vorkultur beziehungsweise ein
erwarteter Saattermin angenommen. Kommt es – meist aus
Witterungsgründen – zu einer verspäteten Aussaat, dann reagieren Mischungen mit mehreren Partnern flexibler als Einzelkomponenten, die ein engeres Saatfenster haben. Ist der
Saatzeitpunkt für einen der Partner zu spät, können die anderen Mischungspartner dies ausgleichen. Diese Flexibilität ist
nicht zu unterschätzen. Beobachten kann man sie gut, wenn
dieselbe Mischung zum Beispiel im Abstand von ein bis zwei
Wochen gesät wird – das Ergebnis wird sich unterscheiden.
Zwischenfruchtanbau aus jagdlicher Sicht
Die
Zwischenfrucht ist auch
ein wichtiges Biotop auf Zeit für
alle Lebewesen
in unserer Agrarlandschaft, wenn
nach der Ernte
nicht mehr genug
Strukturen und Nahrungspflanzen vorhanden sind. Der
so genannte Ernteschock lässt gerade Jungtiere orientierungslos auf den abgeernteten Flächen umherirren und
verzweifelt nach Versteckmöglichkeiten suchen. Umso
wichtiger ist es, schnellstmöglich einen Bestand an Zwischenfrüchten zu etablieren, der Deckung vor Fressfeinden sowie ausreichend Nahrung bietet. Gerade im Winter
ist die Zwischenfrucht von unschätzbarem Wert für die
Wildtiere, da zu den oben genannten Vorteilen auch der
Schutz vor Witterungseinflüssen kommt. Mischungen mit
hohem Leguminosen-, Kräuter- und Blühpflanzenanteil
decken die Grundbedürfnisse der heimischen Fauna sehr
gut ab. Besonders wertvoll sind Buchweizen, sämtliche
Kleearten, Phacelia, Sonnenblume und viele mehr.
Dominik Fehringer, Wildlebensraumberater
Fachzentrum Agrarökologie Pfaffenhofen
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Mit Zwischenfruchtanbau kann man sich
mineralischen Dünger sparen
Soll die Zwischenfruchtfläche als ökologische Vorrangfläche
(övF) mit dem Faktor 0,3 gewertet werden, dann darf unter anderem kein mineralischer Stickstoffdünger gegeben werden.
Kalkdünger, die einen geringen Anteil an Stickstoff enthalten,
sind damit nicht gemeint, sondern die klassischen N-Dünger
wie zum Beispiel KAS und ASS. Organischer Dünger ist erlaubt
und auch sinnvoll. Ein Versuch im Jahr 2014 in viehlosen Betrieben und ohne Gülle- oder Gärrestdünger zeigte: Es geht
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Phacelia als Mischungspartner entwickelt ihre Stärken vor allem
bei Trockenheit und Schneckenbefall.
sehr wohl auch ohne Mineraldünger. Entscheidend ist die
Wahl der geeigneten Zwischenfruchtmischung.
Unter den auf dem Markt befindlichen Mischungen gibt es
„Stickstofffresser“, die auf organische Düngung angewiesen
sind, und andere, die auch bei geringem Stickstoffangebot
einen ausreichenden Bestand mit guter Durchwurzelung und
Massebildung ermöglichen. Die Ernährung dieser Bestände
erfolgt aus dem Reststickstoff und der Stickstoffbindung durch
Leguminosen. Hier gilt es jedoch zu beachten, dass alle Leguminosen mit Ausnahme der Lupine einen ausreichenden pH-Wert
beziehungsweise eine ausreichende Kalkversorgung – nach
Bodenuntersuchung – brauchen. Sonst können sich unter Umständen die Knöllchenbakterien nicht entwickeln, und die Bestände kümmern. Leider ist auf vielen Flächen der Kalkgehalt
weit vom Optimum entfernt. Probleme sind dann programmiert.
Zwischenfrüchte im Winter stehen lassen!
Links: Zwischenfruchtbestand mit Leguminosen (Ackerbohnen)
Rechts: nur Ölrettichmischung
Lässt man die Zwischenfrucht über den Winter stehen, kann sie die
Wintersonne ausnutzen, und Wild findet Einstand und Äsung.
Saatzeitpunkt, Reststickstoff aus der Vorfrucht, Art der Bodenbearbeitung und Menge der Ernterückstände haben ebenso
Einfluss auf die Entwicklung der Zwischenfruchtbestände wie
die Witterung zur Saat und im Herbst. Betrachtet man den letzten Herbst, dann haben die Zwischenfrüchte erst im Oktober/
November so richtig losgelegt und teilweise bis in den Januar
hinein geblüht. Früher war Mitte November die Vegetationszeit normalerweise bereits zu Ende.
Welche Chancen bietet die Verlängerung der Vegetationsperiode, und wie können wir sie nutzen? Nur stehende Zwischenfruchtbestände können die Wintersonne ausnutzen. Es ist also
wenig sinnvoll, die Zwischenfrüchte im Herbst unterzupflügen
– vor allem wenn Mais folgt. Vielfach steht die Mulchsaattechnik zur Verfügung oder kann durch den Maschinenring ausgeliehen werden. Da normalerweise sowieso Gülle eingearbeitet
wird, sind auch nicht abgefrorene Zwischenfrüchte oder aufgelaufenes Unkraut selten ein Problem. Vielfach werden durch die
Saatbettbereitung und die nachfolgende Unkrautbekämpfung
im Mais diese Probleme gelöst. Der Einsatz von Totalherbiziden
ist nur manchmal, aber nicht zwingend notwendig. Durch mechanische Bodenbearbeitung können auch nicht abgefrorene
Zwischenfrüchte wie Ölrettich im Frühjahr beseitigt werden.
Fruchtfolgen beachten
Max Stadler
Der Diplom-Agraringenieur ist
beschäftigt beim Fachzentrum
Agrarökologie am Amt für
Ernährung, Landwirtschaft und
Forsten Pfaffenhofen. Er leitet
zudem mit den Arbeitskreis
der „Gesellschaft für konservierende Bodenbearbeitung“
Südbayern.
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Ein weiteres wichtiges Auswahlkriterium ist die Fruchtfolge
und die nachfolgende Reihenkultur. Besonders bei Zuckerrüben in der Fruchtfolge sollte man Mischungen mit Buchweizen vermeiden, da dieser auch bei mittleren Aussaatterminen
zur Samenbildung kommt und in auflaufenden Zuckerrüben
schwierig zu bekämpfen ist. In reinen Maisfruchtfolgen dagegen sind diesbezüglich alle Mischungen geeignet.
Weitergehende Informationen zum Thema Bodenfruchtbarkeit und Zwischenfruchtauswahl finden Sie auf der
Homepage www.aelf-ph.bayern.de