Boden Titel Den Boden festhalten Pfluglos glücklich. In der Hildesheimer Börde mit ihren welligen Strukturen ist der Lössboden stark erosionsgefährdet. Thomas Klarhölter verzichtet deshalb seit elf Jahren ganz auf den Pflug und hat damit gute Erfahrungen gemacht. W enn es stark regnet, läuft uns der Boden auch schon bei geringer Hangneigung davon“, beschreibt Thomas Klarhölter das größte Problem in dieser Region: Der Lößboden in der Hildesheimer Börde mit Übergang zum Calenberger Land ist stark erosionsgefährdet. Niederschläge bis zu 100 mm sind im Mai keine Seltenheit und dann wandert die Erde. Die ersten Versuche zur systematischen Erosionsminderung machte Thomas Klarhölter 1991 mit der Direktsaat von Zuckerrüben in abgefrorenem Senf. Danach säte er die Zuckerrüben mit Mulchsaat. Ab 1996 probierte er dieses Verfahren dann auch bei Getreide als Stoppelweizen. Seit 2000 hat er den Pflug gar nicht mehr benutzt. Versuche, die Christoph Felgentreu von der Deutschen Saatveredlung durchgeführt hatte, überzeugten Klarhölter davon, dass mit Zwischenfrüchten die Bodenfruchtbarkeit gefördert und vor allem auf schlechten Böden die Erträge verbessert werden können. Deshalb hat er seit drei Jahren seinen Zwischenfruchtanbau intensiviert. „Vor Zuckerrüben müssen Zwischenfrüchte auf jeden Fall sein, ebenfalls vor Stoppelweizen“, erklärt er. 2010 hat er die Zwischenfruchtmischung zum ersten Mal nach Winterraps in die Stoppeln gesät. Das richtige Saatgut ist wichtig. Im Laufe der Jahre und durch verschiedene Versuche hat er seine eigene Mischung entwickelt: Sommerwicke, Peluschken, Ackerbohnen, Sonnenblumen, Phacelia und Öllein werden zusammen ausgesät. „Die Mischung funktioniert in beiden Fruchtfolgen“, ist seine Erfahrung. Die Zwischenfrüchte haben verschiedene Funktionen. Sie halten den Boden bedeckt und schützen ihn so vor dem Abtrag durch Wind oder Niederschläge. Die ständige Bodenbedeckung fördert auch das Bodenleben und trägt so dazu bei, die Bodenfruchtbarkeit zu erhalten und zu steigern. Diesen Effekt hat Thomas Klarhölter seit seinem Verzicht auf ACKER plus | 11.11 Das Umdenken muss im Kopf anfangen. Und dann braucht man den Erfahrungsaustausch.“ Thomas Klarhölter, Klein-Escherde den Pflug kontinuierlich beobachten können. Und natürlich wird auch der Humusgehalt im Boden positiv beeinflusst; das auf dem Acker verbleibende Pflanzenmaterial der Ackerkulturen und der abgeschlegelten oder gemulchten Zwischenfrüchte wird von Regenwürmern und Mikroorganismen verarbeitet und eingebaut. Und die Hauptkulturen profitieren noch von einem anderen Effekt: Phacelia schließt den Phosphor im Boden auf und macht ihn für die Pflanzen verfügbar. Technik muss die Saat direkt bis an den Boden bringen An der optimalen Drilltechnik, sowohl für die Zwischenfrüchte als auch für die Saat in die Zwischenfrüchte, feilt Thomas Klarhölter noch. Für die Mulchsaat wurden bisher bei allen Kulturen der Kreiselgrubber und eine Scheibendrillmaschine eingesetzt. Das hat wunderbar funktioniert. Für die Direktsaat ist jedoch eine andere Technik nötig. Ideal wäre eine Maschine mit einer Schneidvorrichtung, die den Pflanzenbewuchs zerschneidet, anstatt ihn in den Boden zu drücken. So hätten dann die Pflanzen den optimalen Anschluss an den Boden. „Andernfalls kommen auch Körner auf dem Pflanzenmaterial zu liegen, haben nicht genug Feuchtigkeit und können nicht schnell genug keimen und Wurzeln für das weitere Wachstum ausbilden. Möglich wäre zum Beispiel die Cross Slot, eine reine Direktsaat-Maschine aus Neuseeland. Auf dem Ver- → Videos zum Thema unter Web-Code: 2672351 9 Bild | Klarhölter Die Messerwalze zerschneidet die Zwischenfrüchte und drückt Sie auf den Boden. Sie welken über den Winter und können dann von den Regenwürmern verarbeitet werden. suchsbetrieb der Fachhochschule Soest ist eine solche Maschine im Einsatz. Bisher hat Klarhölter für seine Direktsaatmaßnahmen Zinkenmaschinen von verschiedenen Firmen gemietet, um die Ergebnisse zu vergleichen. Auf jeden Fall, betont der engagierte Ackerbauer, muss die Zwischenfrucht genauso sorgfältig wie die Hauptfrucht bestellt werden, die Saatbettbereitung ist hier ebenfalls ausschlaggebend für den Erfolg. Glyphosat ist nicht mehr notwendig, der auflaufende Weizen wird von den Zwischenfruchtpflanzen unterdrückt. 2010 hat Klarhölter zum zweiten Mal den Zwischenfruchtbestand im Herbst mit einer Messerwalze bearbeitet. Dabei werden die Pflanzen geschnitten und hinuntergedrückt. Sie welken dann über den Winter und werden von den Regenwürmern verarbeitet. „Die ziehen die Pflanzenteile in ihre Röhren, bis zum Frühjahr sind dann nur noch die Getreidestoppeln zu sehen“, hat er beobachtet. Thomas Klarhölter arbeitet mit zwei Fruchtfolgen. Je nach Bodengüte kommen nach zwei Mal Winterweizen entweder Zuckerrüben oder, auf den nicht rübenfähigen Böden, Winterraps. Begrenzender Faktor für die Zuckerrüben ist auf manchen Schlägen das Wasser, denn auf dem Betrieb wird nicht beregnet. Der Winterweizen wird ab Anfang Oktober gesät, Winterraps Mitte August bis Anfang September, Zuckerrüben 10 Gesellschaft für konservierende Bodenbearbeitug Ziele der GKB e. V. Interessengruppen die Vorteile der konservierenden Bodenbearbeitung mit kostensparendem Maschinen- und Energieeinsatz bewusst machen und den Schutz des Ökosystems Boden einbeziehen Aufklärung bezüglich umweltschonender Bodenbewirtschaftung und Möglichkeiten der Minderung von Problembereichen (Verschlämmung, Erosion, Schadverdichtung u. a.) in der pflanzlichen Produktion Förderung von Projekten zur Verbesserung des Bodenschutzes und der Bodenschonung mit Vorbildprojekten für Landwirte und Beratung Betreuung landwirtschaftlicher Berater bei der Umstellung Öffentlichkeits- und Lobbyarbeit bei Wirtschaft, Politik und Presse, um die Akzeptanz für schützende und schonende Bodenbearbeitung zu verbessern Leistungen der GKB e. V. Unterstützung und Beratung bei der Umstellung auf konservierende Bodenbearbeitung Seminare, Workshops und Vortragsveranstaltungen Betriebsbesichtigungen, Feldtage, Maschinenvorführungen Direkter Informations- und Beratungstransfer über die Mitglieder Zusammenarbeit und Unterstützung von regionalen Arbeitskreisen und Foren für konservierende Bodenbearbeitung Förderung der Umsetzung wissenschaftlicher Erkenntnisse Beratung von Landwirtschaftsbehörden zur Umsetzung der guten fachlichen Praxis ACKER plus | 11.11 Boden Bild | Mayer Titel Die eigene Saatmischung aus verschiedenen Zwischenfruchtpflanzen hat sich bewährt. Bild | Mayer Betriebsdaten Thomas Klarhölter, Nordstemmen-Klein Escherde bei Hildesheim, Landwirtschaftsmeister, 51 Jahre, verheiratet, vier Kinder Ackerbaubetrieb mit 75 ha eigenem Land, 160 ha in der Betriebsgemeinschaft 2 400 Legehennen in Bodenhaltung mit Direktvermarktung 1979 den elterlichen Betrieb übernommen 2000 endgültiger Verzicht auf den Pflug Boden: Löss, 60 bis 98 Bodenpunkte Fruchtfolgen: Zuckerrüben – Winterweizen – Winterweizen und Winterraps – Winterweizen – Winterweizen Vollständige Bodenbedeckung durch die Zwischenfrüchte vier Wochen nach der Saat. Ende März. Die Zwischenfrüchte – vor Zuckerrüben und Stoppelweizen und nach Raps – kommen immer so schnell wie möglich nach Ernte der Hauptfrucht in den Boden, denn: „Jeder Tag zählt beim Wachstum.“ Die Getreide- und Rapsernte führt Thomas Klarhölter selbst durch, die Zuckerrüben werden mit einem sechsreihigen Roder mit Raupenlaufwerk geerntet, eine Gemeinschaftsmaschine von 15 Landwirten. Erträge gleichmäßiger und auf hohem Niveau Was hat sich geändert durch die Umstellung auf die pfluglose Bewirtschaftung? Augenfällig und für die Wirtschaftlichkeit des Betriebes ausschlaggebend: Die Erträge sind jetzt gleichmäßiger. „Früher waren die Schwankungen von Jahr zu Jahr deutlicher. Das ist jetzt nicht mehr zu beobachten. Außerdem sind die Erträge in den vergangenen Jahren stetig angestiegen“, fasst Klarhölter zusammen. Das führt er vor allem auf das gesunde Bodenleben zurück. Sein Ertragsniveau liegt im Winterweizen bei 90 dt/ha, im Winterraps bei 50 dt/ha und in Zuckerrüben bei 700 dt/ha. Auch das Bodengefüge ist besser und stabiler, es gibt keine Verdichtungen. Das erkennt man in trockenen Jahren wie 2010: „Meine Winterweizenbestände waren länger fit als die auf den Nachbarschlägen. Die Pflan- ACKER plus | 11.11 zen wurzeln tiefer und holen sich das Wasser von weiter unten.“ Nebeneffekt: Durch den Verzicht auf den Pflug ist der Maschinenbesatz kleiner und es wird Arbeitszeit gespart: etwa drei Stunden je Hektar. Weniger Schnecken, aber mehr Mäuse Bewährt hat sich die Stickstoff-Depotdüngung mit dem Schleppschlauch. Das praktiziert Thomas Klarhölter jetzt seit mehreren Jahren. Durch die Ammoniumdüngung sind die Pflanzen nicht so anfällig für Pilzkrankheiten. Um diesen Effekt noch zu unterstützen, setzt er beim Winterweizen auf fusariumtolerante Sorten. Das macht sich bezahlt: „In den vergangenen zwei Jahren habe ich im Winterweizen deutlich weniger Fungizide eingesetzt.“ Und noch etwas macht seine Pflanzen gesünder: Es wird verstärkt Schwefel gedüngt. Dadurch ist der Phosphor im Boden besser für die Pflanzen verfügbar. Das Unkrautspektrum und damit die Unkrautbekämpfung haben sich nicht geändert. Etwas anders sieht es bei den Schädlingen aus. Im Raps war in den letzten Jahren kein Schneckenkorn mehr notwendig. „Die Schnecken finden nicht mehr so viele Hohlräume, in denen sie ihre Eier ablegen können“, so Thomas Klarhölter, der andererseits in dieser Kultur → Videos zum Thema unter Web-Code: 2672351 11 Boden Bild | Markus Hibbeler Titel Nachhaltig wirtschaften: Thomas Klarhölter, hier mit Ehefrau Barbara und Tochter Imke, will verantwortlich mit der Natur umgehen. jetzt sorgfältiger auf die Mäusebekämpfung achten muss. Die Nager würden durch eine Bodenbearbeitung gestört und auch dezimiert. Sitzstangen für Greifvögel an den Feldrändern sind ein absolutes Muss, aber das ergänzt die Bekämpfung mit Giftködern nur. „In manchen Jahren komme ich kaum hinterher“, weist Klarhölter auf eine der Herausforderungen der pfluglosen Bewirtschaftung hin. In den Zwischenfruchtbeständen gibt es dagegen gar keine Probleme mit den Mäusen. „Feldmäuse sind Steppentiere. In die dichten, mit Phacelia durchsetzten Bestände gehen sie nicht gern“, ist ihm aufgefallen, „da müssen sie sich Gänge hineinfressen, die dann von der Phacelia schnell wieder geschlossen werden.“ Umstellung braucht Zeit und den Rat von Praktikern „Ohne Zwischenfrüchte geht es nicht, wenn man auf den Pflug verzichten will“, betont der Ackerbau-Profi. Das gelte für leichte Böden noch mehr als für schwere. Nicht ausreichend sei die Durchführung einzelner Maßnahmen; es gehe um das Umstellen des gesamten Anbausystems. „Das Umdenken muss im Kopf anfangen. Außerdem muss der Landwirt seinen Boden und seinen Unkrautbesatz gut kennen“, betont Klarhölter zwei wichtige Voraussetzungen für den Wechsel zum 12 pfluglosen Ackerbau. „Und außerdem braucht man den Erfahrungsaustausch. Kompetente Ansprechpartner sind wichtig, die man nach ihren Erfahrungen fragen kann und die einem bei der Umsetzung der Maßnahmen mit Rat und Tat zur Seite stehen.“ Nicht zuletzt deshalb hat er schon vor zehn Jahren zusammen mit seinem Berufskollegen Burghard Fromme die „Regionale Arbeitsgruppe Niedersachsen“ innerhalb der Gesellschaft für Konservierende Bodenbearbeitung e. V. (GKB) gegründet. Der Spaten ist mein wichtigstes Arbeitsgerät. Er ist immer auf dem Schlepper, um bei Bedarf die Bodenstruktur anzuschauen.“ Thomas Klarhölter, Klein-Escherde Nicht nur in der Übergangszeit, sondern auch später ist der Kontakt zu Gleichgesinnten wichtig. Dazu tragen vor allem auch die Treffen der Mitglieder auf den verschiedenen, von der GKB veranstalteten Feldtagen bei. Hier werden Erfahrungen ausgetauscht und Tipps weitergegeben. Durch die Erhe- ACKER plus | 11.11 Bild | Klarhölter Bild | Mayer Bild | Mayer Regenwürmer haben ihre Ausgänge unter den Strohhaufen. Knöllchenbakterien an den Leguminosenwurzeln binden den Luftstickstoff und machen ihn pflanzenverfügbar. Großzügige Hofstelle für den Ackerbau und die Direktvermarktung der Produkte aus der Legehennenhaltung bungsbögen, auf denen die Mitglieder den Standort ihres Betriebes und ihre Maschinenausstattung beschreiben und die, wenn sie vom Landwirt freigegeben werden, auf der GKBHomepage eingesehen werden können, findet man leicht gezielt Ansprechpartner. „Ein bisschen Geduld braucht man schon, der Erfolg ist nicht gleich im ersten Jahr zu sehen. Auf leichten Böden muss man mindestens vier bis fünf Jahre pfluglos wirtschaften, um einen deutlichen Effekt zu sehen. Auf schweren Böden kann es auch sieben bis acht Jahre dauern“, gibt Klarhölter zu bedenken. Dass man nach einer Umstellung auf dem richtigen Weg ist, zeigt sich vor allem an einer verbesserten Bodenstruktur. „Deshalb ist der Spaten mein wichtigstes Arbeitsgerät. Er ist immer auf dem Schlepper, um bei Bedarf die Bodenstruktur anzuschauen“, berichtet der Ackerbauer. Hinweise auf eine gesunde Bodenstruktur sind eine gute Durchwurzelung und ein reges Bodenleben, das an den Regenwurmausgängen an der Ackeroberfläche zu erkennen ist. Sein wichtigstes Ziel in den nächsten Jahren fomuliert Thomas Klarhölter folgendermaßen: „Ich brauche eine Drilltechnik, die für die Direktsaat aller Kulturen gleichermaßen gut geeignet ist und die die Saat zielgenau in den Boden bringt.“ Um die optimale Technik zu finden, will er jetzt systematisch verschiedene Systeme ausprobieren. Auch hier hofft er natürlich auf den einen oder anderen Tipp von seinen Berufskollegen. ACKER plus | 11.11 FAZIT: Durch den Verzicht auf den Pflug wird der Boden vor Erosion geschützt. Bodenfruchbarkeit und Humusgehalt steigen. Arbeitszeit wird eingespart und die Erträge sind auf hohem Niveau stabil. Zwischenfrüchte sind unverzichtbar. Die Systemumstellung braucht sorgfältige Arbeit und Geduld, der Erfolg stellt sich nicht von heute auf morgen ein. || Autorin Dipl. -Ing. agr. Annette Mayer, Redakteurin für Ackerbau und Energie bei BWagrar 70180 Stuttgart, Bopserstr. 17 Telefon 0711 / 2140 152 Fax 0711 / 23 60 232 E-Mail [email protected] Online-Tipp www.klarhoelter.privat.t-online.de www.gkb-ev.de www.www.fh-swf.de www.landwirtschaft.sachsen.de/landwirtschaft/8120.htm www.pfluglos.de Videos zum Thema unter Web-Code: 2672351 13
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