Gleicher Lohn für gleiche Arbeit!

Titelthema: Arbeitsverhältnisse
Neu in das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) eingeführt wurde in diesem
Jahr die „Drehtürklausel“: War ein Mitarbeiter in den letzten sechs Monaten beim
Entleiher beschäftigt, gelten für ihn nicht
die Tarifverträge der Zeitarbeit, sondern
die des Entleihers. Damit soll verhindert
werden, dass einzelne Beschäftigte oder
ganze Belegschaften in oft eigens gegründete Zeitarbeitsfirmen ausgelagert werden, um die Gehälter abzusenken. Außerdem gilt ab Dezember: „Die Überlassung
von Arbeitnehmern an Entleiher erfolgt
vorübergehend.“ Auch das soll den Ersatz
regulärer Beschäftigung durch Leiharbeit
verhindern.
Durch Zeitarbeit lässt sich der Fachkraftmangel in einzelnen Einrichtungen kurzfristig vermeiden, der Altenpflege insgesamt
hilft das aber nicht. Leiharbeit schafft keine
neuen Fachkräfte, sie werden nur zu anderen
Bedingungen beschäftigt. Und sind diese
Bedingungen schlechter, kann man gut
ausgebildete Mitarbeiter nicht halten.
Interview
„Gleicher Lohn für gleiche Arbeit!“
von klaus-die ter nolte
Martin Ruhmöller
ist Geschäftsführer der ruhrmed GmbH
Die ruhrmed GmbH überlässt ausschließlich qualifizierte Pflegekräfte im Ruhrgebiet. Altenpflege sprach
mit Martin Ruhmöller, Geschäftsführer des Personaldienstleisters, über gute und schlechte Zeitarbeit
Altenpflege: Sie schreiben in einer Presseinformation Ihres Unternehmens, dass Leiharbeit zu Recht in Verruf geraten ist. Was
unterscheidet ruhrmed von anderen Zeitarbeitsfirmen?
Martin Ruhmöller: Wir wollen, dass es unseren Mitarbeitenden gut geht – so beschreiben wir unsere Motivation und
begründen damit den Unterschied zu den Mitbewerbern.
Für die besonderen Anforderungen der Zeitarbeit bedarf es
„Pflegeexperten“, die auch von uns entsprechend honoriert und
wertgeschätzt werden. Analog zu der Forderung „Gleicher Lohn
für gleiche Arbeit“ zahlen wir deshalb unseren Mitarbeitenden
ein pflegerisches Spitzengehalt. Die Tendenz, Pflegekräfte zu
Kostenfaktoren zu degradieren, fördert eine Zeitarbeit, die billige Arbeitskräfte verspricht. Davon distanzieren wir uns.
Altenpflege: Warum gibt es „gute“ und „schlechte“ Zeitarbeit?
Martin Ruhmöller: „Gute“ und „schlechte“ Arbeitgeber gibt
es auch, weil die Arbeitnehmer das möglich machen. Keine
Pflegekraft muss heute bei einem Arbeitgeber arbeiten, der
schlechte Bedingungen bietet. Wenn sich die Mitarbeitenden
in der Pflege ihres Wertes bewusst wären und dahin gehen würden, wo es für sie gut ist, gäbe es weniger schlechte Arbeitgeber.
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Bemerkenswert finden wir die Tendenz vieler Unternehmen zur
betriebsinternen Arbeitnehmerüberlassung. Die Anwendung
des so genannten „Schlecker-Prinzips“ in der Pflege trägt ganz
sicher nicht zur Behebung des Fachkräftemangels bei.
Altenpflege: Ist Zeit- und Leiharbeit in der Pflege künftig eher
in Bezug auf Fachkräfte oder in Bezug auf Hilfskräfte relevanter?
Martin Ruhmöller: Zeitarbeit in der Pflege wird nur dort eine
Zukunft haben, wo sie den Pflegekräften eine bessere Alternative zu den so genannten normalen Arbeitsbedingungen bietet.
Und dort, wo Pflegekräfte den Mut entwickeln, dahin zu gehen,
wo sie gut aufgehoben sind.
Altenpflege: Für viele Heimbewohner ist eine dauerhafte,
beständige Beziehung zum Pflegepersonal wichtig. Wie kann dies
im Rahmen von Zeitarbeitsverhältnissen bewerkstelligt werden?
Martin Ruhmöller: Das müssten Sie die Heimbetreiber fragen.
Wenn 70 Prozent der Pflegekräfte in stationären Einrichtungen
einen befristeten Arbeitsvertrag haben, kann kontinuierliche
Pflege gar nicht angeboten werden. Sichere und unbefristete Arbeitsverträge in den Einrichtungen würden eine gute Basis für
eine kontinuierliche Beziehungspflege bieten. Wenn es dann an
Personal mangelt, möchten wir da sein. Eine ausgeruhte ruhrmed-Pflegekraft mit einem großen Herzen und zwei Händen ist
allemal besser als eine Pflegekraft, die wieder mal einspringen
und das dritte Wochenende hintereinander arbeiten muss.
Altenpflege: Gibt es bestimmte Eigenschaften, die jemand mitbringen sollte, der bei Ihnen als Zeitarbeiter tätig werden will?
Martin Ruhmöller: Lust auf Pflege fällt mir ein. Dazu braucht
es Neugierde und die Bereitschaft, sich immer wieder auf neue
Aufgaben einzustellen. Selbstbewusstsein und Selbstwertgefühl
helfen unseren Mitarbeitern, sich gegen Forderungen wie „Doppeldienste“ oder „ehrenamtliche Mehrarbeit“ abzugrenzen.
Pflegekräfte, die ihre Bedürfnisse und Gefühle ernst nehmen
und diese offen kommunizieren, fühlen sich bei uns wohl.
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