2 SWR2 Tandem - Manuskriptdienst Gemeinsames Bett, getrennte Kassen Paare und das liebe Geld AutorIn: Claudia Heissenberg Redaktion: Nadja Odeh Regie: Andrea Leclerque Sendung: Donnerstag, 14.04.16 um 10.05 Uhr in SWR2 Wiederholung aus 2010 __________________________________________________________________ Bitte beachten Sie: Das Manuskript ist ausschließlich zum persönlichen, privaten Gebrauch bestimmt. Jede weitere Vervielfältigung und Verbreitung bedarf der ausdrücklichen Genehmigung des Urhebers bzw. des SWR. Mitschnitte der Sendungen SWR2 Tandem auf CD können wir Ihnen zum größten Teil anbieten. Bitte wenden Sie sich an den SWR Mitschnittdienst. Die CDs kosten derzeit 12,50 Euro pro Stück. Bestellmöglichkeiten: 07221/929-26030. 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Anne: Geld ist natürlich eine tolle Sache, also ohne Geld kann man glaube ich nicht glücklich werden, dann muss man alleine leben und dann wirklich so sparsam sein wie man das ertragen kann… Urban: Geld bedeutet schon ein Stück weit Sicherheit…je mehr Geld man hat, desto mehr kann man unternehmen, desto mehr kann man sich leisten Klaus: Es hat also schon auch hin und wieder da mal Auseinandersetzungen gegeben, wenn man das haben wollte oder jenes haben wollte und nicht haben konnte, das verärgert natürlich dann. Angelika: Ich gebe wirklich auch nur das Geld aus, was auf meinem Konto ist, ich frage meinen Mann nicht, …kann ich mir mal was von Dir borgen? … Annika: Also ich hatte da irgendwie nie ein Problem mit, …wir sparen gemeinsam und wir haben gemeinsam ein Konto. Anne: Kein eigenes Geld zu haben, in dem Sinne, also ob ich sag, mein Geld oder unser Geld, ist ein großer Unterschied, das war schon schwer für mich, also das muss ich schon sagen. Urban: Also wir reden auf jeden Fall offen darüber, und …wenn das Konto gegen Null geht, dann reden wir auch öfters darüber, ansonsten nicht so sehr. Erzählerin: Über Geld spricht man nicht, heißt es, und tatsächlich scheinen die privaten Finanzen in unserer beinahe alles an- und aussprechenden Gesellschaft eines der letzten großen Tabus zu sein. Es gestaltet sich überaus schwierig, überhaupt Paare zu finden, die bereit sind, über das leidige Thema "Geld" zu reden, von Paaren, die sich darüber streiten, ganz zu schweigen. Geld und Liebe, so die landläufige Meinung, gehören nicht zusammen und wenn im Beziehungsalltag Gefühle und nüchterne Zahlen aufeinanderprallen, kann das eine Menge Zündstoff bergen. Es ist ja auch nicht gerade romantisch, mit dem geliebten Menschen, mit dem man eines Tages vielleicht Tisch und Bett teilen will, über die Aufteilung von Miete, Strom- und Telefonkosten zu feilschen. Andreas: Ich glaub, das war eigentlich jetzt nie so ein Thema, dass wir intensiv über Geld geredet hatten, aber wenn’s jetzt darum geht, wie machen wir das, hat man das schon immer gemeinsam überlegt, wie können wir das am besten lösen, aber auch immer so gelöst, ja, dass von vorneherein auch klar war, dass sie ein eigenes Konto weiter behält, ich auch, wir hatten eigentlich nie großartig darüber diskutiert, wir hatten uns daran gewöhnt, so ich hatte mein Konto, sie hatte schon ihres 40 Jahre, warum sollte man so etwas ändern? Erzählerin: Andreas hat seine Frau am Valentinstag vor 12 Jahren durch eine Kontaktanzeige kennen gelernt. Für beide war es die ganz große Liebe, schon zehn Monate später wurde geheiratet. Der selbständige Unternehmensberater war damals 35, Angelika , die nach der Hochzeit nicht nur ihr Konto sondern auch ihren Nachnamen behielt, fünf Jahre älter. Angelika: Und meine Erinnerung ist zum Beispiel eine andere als die, die Andreas hatte, also wir haben das schon thematisiert, aber vielleicht ein bisschen mehr, dass ich gesagt habe, ich hab da solche Vorstellungen und das wünsche ich mir. Ich habe damals gesagt, dass ich dafür wäre, dass wir ein gemeinsames Konto einrichten, wo jeder so prozentual das reintut in den Topf, was er verdient, also Andreas hat immer mehr verdient als ich und er hat dann auch ein bisschen mehr in den Topf getan als ich und wir haben das dann so geklärt, dass eben ein Teil davon für ja für Haushalt draufging, für Miete und so weiter, aber es war auch immer soviel in dem Topf, dass wir auch Anschaffungen uns davon leisten konnten und auch der jährlich Urlaub dann nicht mehr so zu Buche schlug. Erzählerin: Die Drei-Konten-Lösung - jeder hat seins und dazu gibt es noch eins für den Haushalt und gemeinsame Ausgaben - zählt heute zu einer beliebten Form der partnerschaftlichen Finanzgestaltung. Die meisten kinderlosen Paare teilen sich zwar Wohnung, Auto und Bett, aber beim Geld hört die Liebe bekanntlich auf. In der Regel sind es die Frauen, die auf getrennten Kassen bestehen, um sich ein Gefühl von Unabhängigkeit zu bewahren. Angelika: Ich persönlich liebe auch, selber Geld zu haben, das ist auch etwas, was mir wichtig ist, ich schätze mich auch selber höher ein, wenn ich was verdiene, also meine Eigenliebe steigt auch dadurch, wobei das natürlich kenne ich meinen Wert auch als Persönlichkeit an sich, aber er steigt auch in mir, in meinem Kopf, je höher mein Verdienst auch ist. Erzählerin Angelika hat schon mit zwölf Jahren in einem Lebensmittelladen für 2 Mark 50 in der Stunde Etiketten auf Konservendosen geklebt, um ihr Taschengeld aufzubessern. Heute arbeitet sie als Gleichstellungsbeauftragte und betrachtet Geld nicht nur als Zahlungsmittel, sondern sieht darin auch ein Symbol für Freiheit, Status und Anerkennung. Die 52-jährige ist davon überzeugt, dass eine harmonische Beziehung viel mit dem Gleichgewicht von Geben und Nehmen zu tun hat - auch in finanziellen Dingen. Darum fordert sie von ihrem Mann auch einen Ausgleich für die Hausarbeit. Angelika: Als mein Mann sich selbstständig gemacht hat, war ganz klar, er ist viel unterwegs, er reist sonntags und kommt freitags wieder, die ganze Woche ist er weg, und das Wochenende wollten wir dann auch so für uns haben und ich habe dann gesagt, dass ich bereit bin, dieses Mehr an Hausarbeit auch zu übernehmen und er dafür aber zahlen müsste, also mehr in die Haushaltskasse oder mich bezahlen und das macht er auch, das ist ein ordentlicher Beitrag, das sind ein paar Hundert Euro, die er im Monat an mich überweist, dafür dass er sich ja ein Stück diese hauswirtschaftliche Freiheit, er erkauft die sich und ich kann mit diesen Mehr an Euro entscheiden, was ich tue, ich könnte schauen, ob ich mir jemanden suche, der mich hier im Haushalt unterstützt. Ich habe mich aber anders entschieden, weil ich gehöre zu den wenigen Frauen, die gerne putzen und solche Sachen machen, ich gönn mir dann was dafür. Ich erzähle das auch sehr gerne herum im Freundes- und Freundinnenkreis noch mehr und manche gucken mich dann mit großen Augen an und sagen: Was das macht Ihr? Ich find das ne ganz klare Sache. Andreas: Mir nimmt das ja auch ne Menge Arbeit ab, jetzt eben vielleicht nicht noch, wenn ich am Wochenende nach Hause komme, putzen zu müssen, was ich auch nicht so gerne tue, ich mach zwar gerne Ordnung, aber ich bin jetzt nicht so ein Lappenmensch, der so mit dem Lappen durch die Wohnung flitzt und da alles sozusagen auf Hochglanz bringt, da ist Angelika aber auch so ein Stück weit übersauberer im Vergleich zu anderen, mich entlastet es und solange ich es mir eben leisten kann, dass das Geschäft so läuft, dass ich mir das auch finanzieren kann, ja, dann ist das schon angenehm zu wissen, da kümmert sich jemand drum und man kann nach Hause kommen und dann wirklich mal abschalten, ne. Erzählerin: Früher war alles ganz einfach: Der Mann verdiente die Brötchen, und die Frau kümmerte sich um Haushalt und Kinder. Lang war der Weg zur Partnerschaft auch in Geldsachen. Erst Mmit dem Gleichstellungsgesetz von Juli 1958 durfte die Frau ihr eigenes Vermögen verwalten. Die Zugewinngemeinschaft wurde zu ihrem Schutz eingeführt und auch die Versorgungspflicht des Ehemannes für die Familie. Zugleich wurde das Alleinentscheidungsrecht des Mannes aufgegeben. Laut einer Umfrage im Auftrag der Sparkassen entscheidet heute die überwiegende Mehrheit der Paare gemeinsam über eine Kreditaufnahme oder Geldanlage. Angelika: Das sind dann so Sachen, wo ich glaube ich auch eher so die Vorgaben gebe, dass ich gesagt habe: So wir machen jetzt auch ein gemeinsames Testament. Und wir haben beide für alle Konten auch gleichzeitig die Vollmacht: Eben im Fall von, wenn mal was passiert und das bedeutet natürlich, dass wir auch das Vertrauen haben, dass dem anderen geben zu können, also zu Lebzeiten und das sind so Sachen, die haben wir sofort geregelt und da bin ich auch diejenige, die sagt, komm, das gehört sich jetzt so, das machen wir so, und mein Mann macht dann aber auch, der nickt immer und sagt: Ja, das machen wir, hast ja Recht und dann tun wir das, aber initiativ bin dann doch ein bisschen eher ich. Andreas: Das sind die Dinge, wo ich auch sage, ja man müsste mal, aber bin ich dann schon froh, dass sie dann so aus diesem Konjunktiv herauskommt und sagt: So, ich habe das und das mal angeleiert und dann ist das auch okay so. Erzählerin: Das Finanzleben in einer Partnerschaft besteht aber nicht nur aus Entscheidungen über Anschaffungen, Rücklagen und Kontoführung. Abgesehen von der materiellen Grundausstattung, wie Einkommen oder Sparguthaben, fließen auch persönliche Vorstellungen, Ängste und Wünsche in die Wirtschaftgemeinschaft ein. Der Umgang mit Geld wird schon in der Kindheit geprägt und genauso erlernt wie Ordnung oder Pünktlichkeit. Angelika: Also meine Mutter war mir da ein ganz gutes Vorbild, dass sie immer eine berufstätige Frau war, sie hat auch ne Weile Elternzeit gemacht. Und ansonsten war meine Mutter bei uns so ein bisschen die Finanzmanagerin, würde ich so sagen, und hat auch ja uns Kinder zur Sparsamkeit erzogen, also beide Eltern waren recht genügsame Menschen, auch wieder ein Vorbild, wobei meine Mutter gerne mal das eine oder andere, ja mal sich gut was gegönnt hätte und das dann nicht durfte, also wenn die sich was Neues gekauft hat, hatte sie immer so ein schlechtes Gewissen und hat das dann auch schon mal vor meinem Papa versteckt, weil sie das dann nicht so zugeben wollte und das, da habe ich auch, glaube ich draus gelernt, dass ich so gedacht habe, ich werde immer meins haben und ich will nie jemandem Rechenschaft über das abgeben müssen, was ich habe oder was ich mir leisten oder gönnen will. Klaus: Mein Vater, der gab meiner Mutter zu Beginn der Woche oder des Monats, der war Beamter, mein Vater, das Wochengeld oder das Monatsgeld, davon tat sie dann auch einen Teil weg, wie das damals üblich war, das sie für sich so abknapste und von dem Rest wurde dann der Haushalt geleistet, alles was da zu machen war. Ich kann mich allerdings nicht daran erinnern, das meine Mutter mal Nachschlag gefordert hätte von meinem Vater, aber das wird wahrscheinlich so gewesen sein, wenn sie mit dem Geld nicht ausgekommen war, aber das war schon so, das hat Spannungen gegeben, also mit finanziellen Sachen. Erzählerin: Klaus ist Jahrgang 1934 und schon pensioniert. Er kann sich noch gut an die Zeiten erinnern, in der das Geld knapp war. Als kleiner Junge belief sich sein gesamtes Jahreseinkommen auf genau 5 Mark. Die bekam er zum Geburtstag von seinem Großvater geschenkt. Ab und zu steckte die Mutter den drei Kindern noch ein paar Pfennige für Süßigkeiten aus dem Geheimvorrat in der Zuckerdose zu. Anne: Ich hab glaube ich gar kein Taschengeld bekommen, ich kriegte alles, was ich haben wollte und haben musste, ich brauchte auch kein Taschengeld, wenn ich was haben wollte, dann ging ich zu meinem Vater und habe den freundlich angelächelt... Da war immer Geld, wenn es auch nicht das eigene war, aber es war ja immer was in der Kasse und von daher kenne ich das so wie mein Mann das jetzt erzählt hat, das kenne ich also nicht, dass meine Mutter eine Schmukasse hatte, so nannte man das früher, das gab es bei uns nicht. Erzählerin: Im Gegensatz zu ihrem Mann Klaus hat es Anne in der Jugend nie an etwas gemangelt, denn ihre Eltern besaßen drei gutgehende Geschäfte in Düsseldorf. Um so größer ist für die kaufmännische Angestellte die Umstellung, als sie 1961 nach siebenjähriger Verlobungszeit heiratet und nach Köln zieht. Da ihr Mann das Studium noch nicht beendet hat, ist das Haushaltbudget bescheiden. Anne: Ich habe mich schwer getan, also ehe ich dann gesagt habe, ich möchte oder ich tue oder ich hätte gerne, habe ich den Wunsch wohl auch so nicht geäußert, einfach um ihm auch nicht das Leben noch schwerer zu machen, es war nicht da und ich hatte auch ein Einsehen, dass es nicht ging. Aber dass es da einen Riesenkrach gegeben hätte, da kann ich mich nicht dran erinnern, ich weiß nur, ich war manchmal ein bisschen sauer, der Repetitor war genau vor unserer Haustür und nach dem Repetitor kamen dann vier, fünf seiner Kumpel zu uns in die Wohnung und da musste natürlich immer ein Kasten Bier da sein, und da habe ich manchmal gedacht: Da könnte man auch was anderes für ... - Aber das ist eigentlich das Einzige, wo ich mich dran erinnern kann, wirklich. Klaus: Natürlich hat es in jungen Jahren, ich will das auch nicht leugnen, in jungen Jahren hat es schon mal Streit gegeben, wenn das Geld so knapp war, es gab damals auch so gut wie keine Überziehungskredite, man musste mit dem Geld ja wirklich auskommen, … Aber ich könnte das jetzt nicht mehr an einem bestimmten Gegenstand festmachen, etwa, dass wir dann unbedingt einen Mantel oder ein Kleid oder eine Küchenmaschine oder so was hätten haben wollen, was man sich dann nicht leisten wollte oder leisten konnte und darüber gestritten hat, aber in dieser Richtung wird das schon gewesen sein. Erzählerin: Das Forsa-Institut ermittelte in einer Umfrage, dass zwei von drei Paaren regelmäßig über Geld streiten. Unstimmigkeiten gibt es allerdings nicht nur, wenn das Geld knapp ist, sondern vor allem darüber, wer wie viel wofür ausgibt und wer wann was bezahlt. Solange beide arbeiten und verdienen, ist es noch relativ leicht, sich die Kosten zu teilen. Doch das ändert sich in der Regel mit dem ersten Kind. Meist bleibt die Frau zu Hause und hat das Gefühl, sie sei plötzlich auf den Verdienst des Mannes angewiesen. Auch Anne verzichtet Sohn Stefan zuliebe auf den Beruf. Anne: Mein, dein, unser Geld, gab es eigentlich bei uns nicht. Ich war allerdings froh, als ich dann nachher wieder arbeiten ging, dass ich dann wieder mein eigenes Geld hatte, das war schon auch eine Befreiung, das muss ich ehrlich sagen, also das konnte ich dann auch ausgeben, wofür ich das wollte, obwohl ich das eigentlich nie getan habe, das ging auch in den Haushalt, aber das Gefühl zu haben, jetzt habe ich wieder mein eigenes Geld und ich verdiene und ich bin auch, man ist auch anerkannt, wenn man wieder arbeitet, hört sich fürchterlich an, aber als Hausfrau, das konnte ich einfach nicht mehr mitmachen, das ging einfach nicht. Klaus: Als meine Frau dann, das war 1970, dann anfing zu arbeiten, hat sie sich auch sofort ihr eigenes Konto eingerichtet, da hab ich mich auch gar nicht drum gekümmert, das war dann ihr Geld, da konnte sie auch machen mit, was sie wollte, sie hat das dann zwar genauso in den Haushalt eingeführt wie ich das auch getan habe, aber das war in der Tat so, das war ihr Teil, das war ihre Welt, da konnte sie mit machen und das ist übrigens heute noch so und alles, was an schwierigen und teuren Sachen da ist, die zahl ich dann von meinem Konto, vom Haus angefangen, die Autos, alles, was man so hat, das läuft von meinem Konto und das andere läuft von Annes Konto. So geht das. Erzählerin: Lang war der Weg zum eigenen Konto und zur finanziellen Partnerschaft. Ab dem Gleichstellungsgesetz von 1958 konnte die Frau zunächst nur ihr eigenes Vermögen verwalten, bis in den 70er Jahren schrittweise alle männlichen Rechte fielen. So war es auch mit der Berufstätigkeit der Frau. Nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch waren sie in den 50er und 60er Jahren nur berechtigt, erwerbstätig zu sein, wenn es mit den Pflichten in Ehe und Familie vereinbar war. Erst 1979 fielen mit dem Partnerschaftsprinzip alle Unterschiede. Trotz steigender Erwerbstätigkeit ist auch heut noch jede dritte Frau von ihrem Partner abhängig und verdient, selbst wenn sie Vollzeit arbeitet, im Schnitt weniger als ihr männlicher Kollege. Frauen, die sich entscheiden nicht erwerbstätig zu sein, obwohl sie es könnten, gehen ein finanzielles Risiko ein, ihre Männer auch, denn sie müssen sie mitversorgen, auch nach der Ehe im Scheidungsfall. Annika: Das ist einfach leider nach wie vor so, dass Kinder erziehen und putzen nicht die Anerkennung erfährt, als wenn man berufstätig ist und da gewisse Dinge gut macht, da bekommt man schon eine andere Anerkennung. Und das Geld natürlich, das ist natürlich auch so, dass ich sagen kann, es tut schon auch gut zu wissen, dass man auch eigenes Geld verdient. Allein die Tatsache, dass es einem insofern Sicherheit gibt, wenn wirklich mal es soweit kommen sollte, dass man sich trennt, was man ja nicht hofft, dass man einfach auch sagen kann, da habe ich meine Selbständigkeit und da habe ich dann mein Geld, weil dann bin ich darauf angewiesen, das ist jetzt nicht so, aber das kann passieren und dann bin ich einfach für mich auch in der Lage, ja aufzukommen, auch finanziell dann aufzukommen. Erzählerin: Annika und ihr Mann Urban sind schon seit der Schulzeit ein Paar. Sie war gerade 16, als sie sich in den Freund ihres großen Bruders verliebte, der damals kurz vor dem Abitur stand. Nach einer Wochenendbeziehung während des Studiums ziehen die beiden 2001 in die erste gemeinsame Wohnung. Annika: Da haben wir dann überlegt wie machen wir das mit den Konten, wie machen wir das mit unseren Einkünften, also ich war dann erst noch im Referendariat und hab natürlich recht wenig Geld gehabt, Urban hatte da schon eine Festanstellung, hatte etwas mehr, ja und dann haben wir aber relativ schnell beschlossen, also wir schmeißen das zusammen, wir haben ein gemeinsames Konto für alles, da ging dann auch Miete, alle Fixkosten von ab und das, was über bliebt, stand dann eben halt für uns zur Verfügung beziehungsweise wurde von gespart, was möglich war, ja wir haben eigentlich direkt zusammen geschmissen. Erzählerin Mittlerweile haben Annika und Urban ein Haus und zwei Kinder im Alter von vier und fünf Jahren. Wie die Mehrzahl der deutschen Paare wirtschaften sie nach wie vor ausschließlich aus einem Topf. Das gemeinsame Konto ist für sie auch ein Vertrauensbeweis und vermittelt ihnen ein Gefühl von Verbundenheit. Gegenseitiges Aufrechnen und Konkurrenzdenken hat für sie in einer Partnerschaft nichts verloren ihre Beziehung ist zwar auch eine Güter- und Wirtschaftsgemeinschaft, aber kein Geschäft. Urban: Annika ist ja dann Lehrerin geworden und eine Lehrerin in Festanstellung verdient ja ganz ordentlich, deutlich mehr als ich in vergleichbarer Stundenzahl, dann ist Annika allerdings schwanger geworden und hat dann irgendwann aufgehört zu arbeiten, da habe ich dann wieder mehr verdient, aber jetzt arbeitet Annika halt wieder und im Moment sieht es so aus, …dass Annika eben deutlich mehr verdient, aber ja, das ist schon okay so. Ich habe auch einen guten Job, den ich gerne mache, wo ich meine Leistung zu bringen habe und da muss ich mich überhaupt nicht verstecken. Erzählerin: Urban gehört nicht zu den Männern, die ihr Selbstwertgefühl nach dem Kontostand bemessen und hat darum auch kein Problem damit, dass seine Frau besser verdient. Finanzielle Entscheidungen treffen der 36-jährige Physiotherapeut und die 33-jährige Lehrerin immer gemeinsam, auch wenn ihre Ansichten in Gelddingen durchaus unterschiedlich sind. Annika: Wo ich die Krise wirklich schon bekomme, ist, wenn das Konto komplett leer oder wirklich im Minus ist, also solche Zeiten hatten wir durchaus auch mal, also so in der Anfangsphase, wo es dann wirklich gegen Ende des Monats gen Null bzw. auch schon mal drunter ging und das hat schon dann auch auf mein Wohlbefinden deutlich schlechten Einfluss gehabt, also so ohne Geld, das spielt dann schon ne Rolle. Urban: Annika ist halt einfach ein Mensch, der sich viel schneller Sorgen macht und so eben auch, wenn das Konto Richtung Null oder drunter geht, ich weiß dann genauso wie Annika, dass es im nächsten Monat dann wieder ausgeglichen wird, wir wissen beide, dass wir noch ein Sparkonto haben, wo wir drauf zurückgreifen können, das beruhigt mich dann wieder und ja, das ist einfach jetzt mein persönliches Naturell, dass mir so was dann keine schlaflosen Nächte bereitet. Annika: Also Urban ist schon jemand, der erst mal eher unbedarft mit Geld umgeht, also ich sag jetzt einfach mal, wenn er Klamotten sieht oder ne Hose sieht, die jetzt relativ teuer ist, aber er findet die super, dann kauft er die und ich wäre dann jemand, der dann sagen würde, Ach nee, die ist so teuer und ich guck lieber noch mal ob ich nicht irgendwo eine andere finde, die vielleicht billiger ist, also da unterscheiden wir uns dann schon mal in so kleinen Dingen. Aber Urban ist auch niemand, der das Geld zum Fenster rausschmeißt, also er weiß sehr wohl, was wir uns leisten können und was er sich damit halt leisten kann und was einfach übertrieben wäre, also er würde jetzt nicht über seine Verhältnisse leben, so dass ich Angst haben müsste, irgendwann wäre das Konto geplündert und Urban hätte sich Gott weiß was davon angeschafft, also diese Angst brauche ich nicht haben. Annika: Es gibt ein einziges Beispiel, da gab es tatsächlich mal einen ziemlichen Streit drüber und zwar hat Urban ganz gerne neue Hobbys und das neueste Hobby, was er zu dem Zeitpunkt hatte, war Rennfahren und sein Bruder hatte halt ein Rennrad und sein Freund hatte ein Rennrad und Urban musste dann auch ein Rennrad haben: Und hat dann wirklich in dem Fall das einzige Mal, glaube ich, ohne das mit mir groß zu besprechen, bei Ebay ein Rennrad ersteigert und als ich das dann so …in einem Nebensatz erfuhr, war ich echt ganz schön sauer, also das war wirklich das einzige Mal, da hat’s echt, also es war jetzt keine Beziehungskrise, aber da hat es schon richtig, richtig heftig gekracht. Erzählerin: Wenn Paare über Geld streiten, geht es meist auch um Gefühle. Es geht um Macht und Abhängigkeit, Vertrauen und Kontrolle. Das Geheimnis einer glücklichen Beziehung scheint darin zu bestehen, die Finanzen genauso zu teilen wie Tisch und Bett, und gleichzeitig dem Partner einen eigenen Bereich zuzugestehen. Schließlich ist Geld - bei aller Symbolkraft - letztendlich nur ein Mittel zum Zweck. Andreas: Wenn man zusammen lebt, dann schmeißt jeder das, was er reinschmeißen kann in den Topf und das ist manchmal mehr und das ist manchmal weniger, ja und solange es geht, dass man immer was reinschmeißen kann, ist das doch schön. Angelika: Für mich ist es wichtig, dass da so eine Parität gewahrt ist und ich glaube schon, dass das der Liebe gut tut. Klaus: Wir haben uns wegen Geld noch nie in die Haare gekriegt, wir haben über Geld uns unterhalten und über Anschaffungen und über Ausgaben und haben dann das denke ich mal doch kooperativ gelöst. Anne: Wenn man keins hat ist die Beziehung ne ganz andere, dann möchte man Geld haben, wenn man soviel hat, dass man gut leben kann, denkt man über Geld nicht mehr nach … Annika: Es ist natürlich auch jetzt so, wenn einfach gewisses Geld auch da ist, auch ein bisschen was auf Seite liegt, dass es schon auch in bisschen Wohlbefinden mit sich bringt, natürlich weil es einfach Sicherheit gibt. Urban: Man kann immer mehr Geld brauchen, aber wo würde das Geld dann hingehen, dann würde man vielleicht ein besseres Auto fahren, man würde ein teureres Hotel buchen, solche Dinge, aber ob das dann letztendlich glücklicher macht, wage ich dann zu bezweifeln.
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