Bürgermeister abgeführt

Segen für Putsch
ANIBAL SOLIMANO/REUTERS
Der Vatikan stand 1973 fest an der
Seite der Militärs, die den demokratisch gewählten Präsidenten Salvador Allende stürzten. Das beweisen
jetzt von Wikileaks veröffentlichte
Dokumente mit Berichten an den
Heiligen Stuhl. Von Volker Hermsdorf
SEITE 7
GEGRÜNDET 1947 · DONNERSTAG, 14. APRIL 2016 · NR. 87 · 1,50 EURO · PVST A11002 · ENTGELT BEZAHLT
WWW.JUNGEWELT.DE
Kindeswohl
Schnüffelwut
Staatsstreich
Streikankündigung
2
3
6
9
5.800 geflüchtete Minderjährige
2015 in der Bundesrepublik als
­vermisst gemeldet. Interview
Mordermittlung durch Berliner Landes­ Brasiliens Parlament entscheidet am
kriminalamt war Vorwand für
Sonntag über Amtsenthebung
Ausspähung linker Aktivisten
von Präsidentin Dilma Rousseff
Gewerkschaften weisen »sogenanntes
Angebot« von Bund und Kom­
munen im Tarifkonflikt zurück
Venezuela wirft USA
»Besessenheit« vor
MARCO BELLO/REUTERS
Truppe nach Timbuktu
Caracas. Wenige Tage vor einem
Krisentreffen der führenden Ölförderländer wirft Venezuela den
USA massive Sabotageversuche
vor. Präsident Nicolás Maduro
(Foto) sagte am Dienstag (Ortszeit), die Regierung in Washington
wolle die Einigungsbemühungen
der Staaten zur Stabilisierung
des Ölmarktes torpedieren. »Es
gibt einen fast kriegsähnlichen
Druck auf die Regierungen, auf
die Staatschefs«, kritisierte der
Präsident in seiner wöchentlichen
Fernsehsendung »En contacto
con Maduro«. Er sprach von einer
»verhängnisvollen Besessenheit«
der US-Führung, die sich auf Russland, das Förderkartell OPEC und
die linke Regierung Venezuelas
eingeschossen habe. (Reuters/jW)
MICHAEL KAPPELER/REUTERS
Neuer Dauereinsatz für die Bundeswehr: Mandat für Mali wird auf den
umkämpften Norden ausgeweitet. Von Michael Merz
Auf dem Vorposten der »Festung Europa«: Deutsche Soldaten empfangen Ministerin Ursula von der Leyen (Gao, 5. April 2016)
Norden des Landes ausweiten. Bisher waren deutsche Soldaten hauptsächlich im ruhigeren Süden in der
Nähe der malischen Hauptstadt
Bamako stationiert. Dort trainierte
die Bundeswehr 8.000 Soldaten –
zwei Drittel der Landstreitkräfte des
Landes. Künftig werden Militärausbilder auch im Norden des Landes
bis zu den Städten Timbuktu und
Gao aktiv. 2012 war die Region für
einige Monate in die Hände teils
islamistischer Rebellen gefallen,
bevor sie Anfang 2013 von französischen und afrikanischen Truppen
zurückerobert wurde. Gruppierungen wie Al-Qaida im islamischen
Maghreb (AQMI) oder die mit ihr
verbündete Ansar Dine terrorisieren
die Gegend, in der wichtige Durchgangsrouten für den internationalen
Waffenschmuggel verlaufen, bis heute.
Verteidigungsministerin Ursula
von der Leyen (CDU) hatte bereits
in der vergangenen Woche bei einem
Besuch in dem Wüstenstaat eine Änderung des Einsatzmandats angekündigt. Diese soll schon am Donnerstag im Bundestag beraten werden.
Künftig könnten rund 600 deutsche
Soldaten in zwei unterschiedlichen
Missionen über das Land verteilt im
Einsatz sein. Offiziell sollen sie mit
ihren Hightechsystemen Aufklärung
betreiben und zur Stabilisierung des
Landes beitragen. Über 90 Prozent
der rund 11.000 Minusma-Soldaten
werden von afrikanischen Staaten
gestellt, die keine Spähpanzer mit
Spezialkameras oder Drohnen besitzen. Von der Leyen will die größten
unbemannten Aufklärungsflugzeuge
der Bundeswehr – Typ »Heron« – ins
Land schicken.
Verteidigungsexpertin Christine
Buchholz (Die Linke) wies darauf
hin, dass es unter den in Mali stationierten tschadischen Soldaten bereits mehrfach zu Schusswechseln
gekommen sei. »Es ist völlig unklar,
wie unter diesen Umständen der
Kabinettsbeschluss umgesetzt werden soll«, erklärte sie am Mittwoch.
»Es steht zu befürchten, dass es der
Bundesregierung um einen Vorratsbeschluss geht, wie in Afghanistan
auch in Mali Militärausbilder dichter
an Kampfhandlungen heranführen
zu können«, meinte Buchholz weiter.
Jan van Aken (Die Linke) mahnte
statt dessen Bemühungen um eine
Verhandlungslösung mit den Touareg im Norden zur Beendigung der
Gewalt an.
Doch das scheint nicht im Sinne
von der Leyens zu sein, die Deutschland an der Seite der ehemaligen
Kolonialmacht Frankreich zu einem
gewichtigen militärischen Akteur im
rohstoffreichen Westafrika machen
will. Und sie sieht die Bundeswehrpräsenz auch als Vorposten der »Festung Europa«. Die deutschen Soldaten würden auch die Fluchtursachen
in Afrika bekämpfen, sagte sie während ihres Malibesuchs.
(Mit Material von dpa und AFP)
Bürgermeister abgeführt
Spanien: Stadtoberhaupt von Granada wegen Korruption festgenommen
D
ie Polizei kam am frühen
Morgen: Am Mittwoch ist in
Spanien der Bürgermeister
der andalusischen Provinzhauptstadt
Granada, José Torres Hurtado, wegen
Korruptionsverdachts festgenommen
worden. Die Beamten durchsuchten
sein Privathaus und das Gebäude der
Stadtverwaltung. Dem Politiker, der
zur rechtskonservativen Volkspartei (PP) des amtierenden spanischen
Ministerpräsidenten Mariano Rajoy
gehört, wird die rechtswidrige Genehmigung von Bauten in Naturschutzgebieten vorgeworfen. Ebenfalls inhaf-
tiert wurden die Stadträtin Isabel Nieto, eine Parteifreundin des Bürgermeisters, und mehrere Bauunternehmer.
Der Fall in Granada ist jedoch
offenkundig nur die Spitze des Eisbergs. So wurde bekannt, dass Spaniens Industrieminister José Manuel
Soria in den »Panama Papers« auftaucht. Er soll Geschäftsführer eines
Unternehmens namens »UK Lines
Ltd.« gewesen sein, dessen Miteigentümer sein Vater war. Nun muss sich
der Minister vor den Abgeordneten
des Parlaments verantworten, denn
zunächst hatte er abgestritten, dass
irgendein Angehöriger seiner Familie
Anteile an dieser Firma habe – um
einen Tag später einzuräumen, dass
sie doch seinem Vater gehört. Er beharrt jedoch darauf, dass sein Name
nur aufgrund eines »Fehlers« in den
Papieren auftauche. Einen Rücktritt
schloss der Minister aus, und aus seiner Partei wird ein solcher Rücktritt
nicht gefordert – in Spanien geht also
alles seinen gewohnten Gang.
Die Korruptionsskandale der PP
sind für die spanischen Sozialdemokraten der PSOE sowie für die rechtsliberalen »Ciudadanos« (Bürger) der
Hauptgrund dafür, den Konservativen
eine Koalition auf zentraler Ebene
zu verweigern. In Granada waren die
»Ciudadanos« allerdings ein Bündnis
mit der PP eingegangen und hatten
Torres Hurtado zum Bürgermeister
gewählt.
Trotzdem beharrt die PSOE darauf,
in Madrid mit den »Ciudadanos« eine
Regierung bilden zu wollen, obwohl
beide zusammen keine Mehrheit im
Kongress haben. Einer progressiven
Koalition mit den Linksparteien Podemos und IU erteilt sie dagegen weiter eine Absage.
Carmela Negrete
4,3 Prozent mehr für
Telekom-Beschäftigte
OLIVER BERG/DPA
W
ie ein böses Omen überschattete eine Nachricht
aus Paris den Beschluss
des deutschen Regierungskabinetts
zur Ausweitung des Bundeswehreinsatzes in Mali. Drei tote französische
Soldaten wurden vermeldet. Sie waren mit dem Führungsfahrzeug eines Logistikkonvois auf dem Weg
von Gao nach Tessalit im Norden
des westafrikanischen Landes, als
der gepanzerte Truppentransporter
am Dienstag morgen von einer Minenexplosion erschüttert wurde. Ein
Soldat starb sofort, zwei weitere erlagen in der Nacht zum Mittwoch ihren
Verletzungen, wie das Pariser Verteidigungsministerium und der Élyséepalast mitteilten. Der Blauhelmeinsatz unter dem Namen Minusma ist
mit aktuell mindestens 78 Toten seit
2013 derzeit die UN-Mission mit der
höchsten Todesrate.
Ungeachtet dessen soll die Bundeswehr nun ihren Einsatz in dem
Krisenstaat auf den umkämpften
Bonn. Die rund 63.000 Tarifbeschäftigten und Auszubildenden
der Deutschen Telekom bekommen
in zwei Stufen insgesamt 4,3 Prozent mehr Geld. Außerdem sind
betriebsbedingte Kündigungen
in diesem Unternehmen bis Ende
2018 ausgeschlossen. Darauf haben
sich die Telekom und die Gewerkschaft ver.di am Mittwoch in Bonn
in der vierten Tarifrunde geeinigt.
Die Gehälter steigen rückwirkend zum 1. April 2016 um 2,2
Prozent und am 1. April 2017 um
weitere 2,1 Prozent. Ver.di hatte
ursprünglich fünf Prozent mehr
Lohn und Gehalt gefordert. Der
Tarifvertrag läuft bis zum Februar
2018. (dpa/jW)
wird herausgegeben von
1.817 Genossinnen und
Genossen (Stand 11.3.2016)
n www.jungewelt.de/lpg