WIKIMEDIA.ORG/COMMONS/PUBLIC DOMAIN Universalgenie Philosoph, Mathematiker, Diplomat, Erfinder – Frühkommunist und Dialektiker. Vor 370 Jahren wurde Gottfried Wilhelm Leibniz geboren. Die Prinzipien seines Denkens sind auch heute noch höchst aktuell. Von Hannes A. Fellner SEITEN 12/13 GEGRÜNDET 1947 · FREITAG, 1. JULI 2016 · NR. 151 · 1,50 EURO (DE), 1,70 EURO (AT), 2,20 CHF (CH) · PVST A11002 · ENTGELT BEZAHLT WWW.JUNGEWELT.DE Ohne Krampf Mit Kalkül Ohne Skrupel Mit Rhythmus 3 6 7 11 Nach dem »Brexit«: Rechter Flügel der Kiew provoziert im Donbass: InfanteDie Revolution, ihre Musik und Labour-Partei will Jeremy Corbyn rieangriff auf Debalzewe und tägdie Zukunft: Die neue M&R stürzen. Von Christian Bunke lich Granaten auf Wohnviertel beschäftigt sich mit Kuba Ankara züchtet Terror Oppositionspolitiker wirft türkischer Regierung Mitschuld an Anschlägen des IS vor. Anhänger der Miliz sollen Staat unterwandert haben. Von Nick Brauns PICTURE ALLIANCE / AA-ARIF HUDAVERDI YAMAN D ie Terrororganisation »Islamischer Staat« (IS) habe den türkischen Staat infiltriert. Das warf der Kovorsitzende der linken kurdischen Demokratischen Partei der Völker (HDP), Selahattin Demirtas, der Führung des Landes am Mittwoch abend während eines RamadanEmpfangs in Istanbul vor. Aufgrund der Tolerierung durch die Regierungspartei AKP habe die Miliz ihre Sympathisanten und Mitglieder in Beamtenpositionen bringen können, erklärte Demirtas. Am Tag zuvor hatten drei mutmaßliche IS-Selbstmordattentäter auf dem Istanbuler Atatürk-Flughafen 42 Menschen getötet und rund 250 weitere verletzt. »Ihr glaubt, dass ihr den IS seit Jahren für eure Zwecke benutzt, aber nun benutzt der IS euch für sich«, sagte Demirtas an die Adresse der Regierung. IS-Anhänger seien längst im Bildungsministerium, bei den Gesundheitsbehörden, beim Flughafen-Sicherheitspersonal, in den Gerichten und Gefängnissen. »Deshalb können sie in der Türkei an jedem Ort zu jeder Zeit Massaker anrichten.« Offenbar war die Regierung zudem im Vorfeld über einen möglichen Anschlag in Istanbul informiert. Der Geheimdienst habe Anfang Juni in einem Schreiben an die Staatsspitze und die Behörden davor gewarnt und den Flughafen als ein Ziel bezeichnet, erklärte die Ankara-Korrespondentin des Senders Dogan TV, Hande Firat, am Mittwoch abend in einer Livesendung. Der IS hat sich bisher nicht zu der Attacke bekannt, allerdings hatte die Organisation dies auch in der Vergangenheit nach ihr zugeschriebenen Anschlägen in der Türkei nicht getan. Für ihre Urheberschaft spricht schon der Zeitpunkt: am Vorabend des zweiten Jahrestages Symbole der Stärke: Razzia gegen mutmaßliche IS-Mitglieder am Donnerstag in Istanbul der Ausrufung seines »Kalifats«. Die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu meldete, bei Razzien in Istanbul seien am Donnerstag im Zusammenhang mit der Attacke am Flughafen 13 Verdächtige festgenommen und IS-Material beschlagnahmt worden. In der türkischen Presse wird derweil darüber spekuliert, ob die Anschläge im Zusammenhang mit der Aussöhnung zwischen der Türkei und Israel stehen. Zu Wochenbeginn hatten die Regierungen beider Länder mit einem Kooperationsabkommen die Eiszeit in ihren diplomatischen Beziehungen beendet, die seit dem Überfall der israelischen Armee auf die Gaza-Flotte vor sechs Jahren herrschte. Damals waren neun türkische Aktivisten an Bord des Schiffes »Mavi Marmara« getötet worden. Die Attacke am Flughafen könnte ein »Präventivschlag gegen eine mögliche Geheimdienstkooperation zwischen der Türkei und Israel gegen den IS« gewesen sein, mutmaßte die Kolumnistin der Tageszeitung Hürriyet Daily News, Barcin Yinanc. Tatsächlich hat das Abkommen mit Israel bereits zu Spannungen zwischen Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan und ihm bislang nahestehenden islamistischen Kreisen geführt. Ins Fadenkreuz Erdogans geriet die eng mit der Regierung verbundene »Stiftung für Menschenrechte, Freiheiten und humanitäre Hilfe« (IHH). Nachdem die IHH die Einigung, die unter anderem die Einstellung der Strafverfolgung gegen die an der Kaperung der »Mavi Marmara« beteiligten israelischen Soldaten beinhaltet, scharf kritisiert hatte, beschuldigte Erdogan die Organisation, die Gaza-Flotte 2010 ohne seine Erlaubnis organisiert zu haben. In den vergangenen Jahren konnte mehrfach dokumentiert werden, wie Lastwagen der IHH unter dem Deckmantel humanitärer Hilfe Waffen für den IS und die Al-Nusra-Front nach Nordsyrien transportierten – im Auftrag Erdogans. Siehe Kommentar Seite 8 »Militaristischer Wahn« Russischer Präsident Putin übt scharfe Kritik an NATO und ruft zu Dialog auf D er russische Präsident Wladimir Putin hat am Donnerstag in Moskau bei einem Treffen mit den Botschaftern seines Landes gewarnt, dass die Gefahr eines internationalen Konflikts weiter zunehme. Grund dafür sei der Wettkampf um die Ressourcen der Welt, »und einige versuchen, alle Regeln beiseite zu schieben«, so Putin. Russland sei bereit, Kompromisse zu finden, die der Schlüssel für die Lösung der globalen Probleme sein könnten, zitierte ihn der staatliche Fernsehsender RT. »Russland möchte einen offenen und ehrlichen Dialog mit allen Partnern aufbauen, einschließlich des Westens«, unterstrich der Staatschef. Dabei fühle man sich den Normen des Völkerrechts verpflichtet und zwinge keinem Land den eigenen Willen auf. Scharf kritisierte Putin die NATO, deren Aktionen das Kräftegleichgewicht untergruben. »Russland wird sich diesem militaristischen Wahn nicht unterwerfen«, betonte er, auch wenn die antirussische Stoßrichtung des westlichen Militärbündnisses immer deutlicher werde. »Die Allianz versucht nicht nur, aus dem Verhal- ten Russlands eine Rechtfertigung für ihre Existenz zu ziehen, sondern unternimmt auch provokative Schritte gegen uns«, erklärte er. Man wolle Russland zu einem teuren und unmöglichen Rüstungswettlauf zwingen. »Das wird ihnen nicht gelingen, aber Russland wird auch nicht schwach sein. Wir werden uns immer zuverlässig verteidigen können und garantieren die Sicherheit Russlands und seiner Bürger.« Die NATO will auf ihrem Gipfeltreffen in Warschau am 8. und 9. Juli die Stationierung von je einem Batail- lon zusätzlicher Soldaten in vier Nachbarländern Russlands – Polen, Litauen, Estland und Lettland – beschließen. Deutschland will sich beteiligen und die Führung eines dieser Bataillone übernehmen. Als Reaktion darauf erwägt Russland eine Verlegung von »Iskander«-Kurzstreckenraketen in die Exklave Kaliningrad. Moskau werde die Lage prüfen und eine »effektive, zuverlässige und preiswerte« Lösung finden, kündigte der russische NATO-Botschafter Alexander Gruschko am Donnerstag der Agentur Interfax zufolge an. (dpa/jW) Mehr Soldaten nach Mali MICHAEL KAPPELER/DPA-BILDFUNK Am Wochenende feiern Tausende Kommunisten und andere Linke auf dem UZ-Pressefest New York. Nach Attacken auf UNBlauhelmsoldaten in Mali erweitern die Vereinten Nationen ihre Mission für Mali (Minusma). Der UN-Sicherheitsrat beschloss am Mittwoch (Ortszeit) in New York eine von Frankreich eingebrachte Resolution, die 2.500 zusätzliche Sicherheitskräfte vorsieht. Die Zahl der internationalen Soldaten und Polizisten in dem westafrikanischen Land soll damit auf 15.200 steigen. Minusma bekomme nun »ein robusteres Mandat« mit zusätzlichen Truppen, darunter »hoch spezialisierte europäische Kontingente«, sagte der französische UN-Botschafter François Delattre. Die Resolution erlaubt es den Blauhelmsoldaten in Mali, »alle notwendigen Mittel« zur Ausübung ihres Mandats zu ergreifen. Dazu zählten »direkte Einsätze« gegen Dschihadisten. Die Bundeswehr ist seit drei Jahren mit bis zu 650 Soldaten im Rahmen der Minusma im Einsatz. (AFP/jW) Sozialleistungen auf Rekordhoch Berlin. Die Sozialleistungen haben im vergangenen Jahr in Deutschland ein neues Rekordhoch erreicht. Sie stiegen um knapp fünf Prozent auf 888,2 Milliarden Euro, wie aus am Donnerstag bekanntgewordenen Zahlen des Bundesarbeitsministeriums hervorgeht. Im Jahr 2014 betrug das Sozialbudget rund 849,8 Milliarden Euro. Die Sozialleistungsquote – also das Verhältnis von Sozialleistungen zum Bruttoinlandsprodukt – lag im vergangenen Jahr bei 29,4 Prozent. Die größten Posten im Sozial budget waren die Rente mit 282,5 Milliarden Euro und die Krankenversicherung mit 211,9 Euro. Die Leistungen für die Rentenversicherung hatten im Jahr 2014 noch 270,8 Milliarden Euro ausgemacht. Ihr Anstieg hängt auch zusammen mit Leistungsausweitungen wie etwa der Mütterrente oder der Rente mit 63. (AFP/jW) wird herausgegeben von 1.850 Genossinnen und Genossen (Stand 22.6.2016) n www.jungewelt.de/lpg
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