Manuskript der Rede der Bundesministerin der Verteidigung

Manuskript der Rede der Bundesministerin der Verteidigung
anlässlich des Feierlichen Gelöbnisses
Berlin, 20.07.2015.
Manuskript der Rede der Bundesministerin der Verteidigung Dr. Ursula von der
Leyen im Bundesministerium der Verteidigung anlässlich des Feierlichen
Gelöbnisses am 20. Juli 2015 in Berlin.
Es gilt das gesprochene Wort!
Soldatinnen und Soldaten!
Sie werden heute Ihr Gelöbnis ablegen!
Am 20. Juli, einem historischen Datum.
Heute vor 71 Jahren haben Oberst Claus Schenk Graf von Stauffenberg und seine
Mitstreiter nach ihrem missglückten Hitler-Attentat ihr Leben lassen müssen.
Doch der 20. Juli ist weitaus mehr als ein großes historisches Datum. Mir macht dieser
Tag vor allem eines immer wieder bewusst, welch ein Geschenk es ist, trotz aller
Herausforderungen und Krisen um uns herum, in einer stabilen Demokratie, in einem
vereinten Europa und in Freiheit zu leben.
Das ist nicht selbst-verständlich.
Das lehren uns die Krisen vom Terror des Islamischen Staates über den RusslandUkraine Konflikt bis hin zu den zig tausend Menschen, die sich vor Gewalt, Unterdrückung
und Bürgerkriegen auf eine lebensgefährliche Flucht begeben.
Das fordert uns bis zum Äußersten, aber etwas Grundlegendes ist anders.
Versetzen wir uns in die Lage derer, die vor 71 Jahren Widerstand gegen den
Nationalsozialismus geleistet haben.
Sie taten dies
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auf sich gestellt,
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im Untergrund
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ohne den Rückhalt ihres Landes
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in einer brutalen und menschenverachteten Diktatur.
Sie vertraten die gleichen Werte wie wir heute: Das Recht und die Freiheit und die
unveräußerliche Würde eines jeden Menschen. Doch sie hatten eben nicht, so wie wir
heute, ein gewachsenes Wertesystem im Rücken:
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Ein auf dem Prinzip der Menschenwürde gebautes Grundgesetz.
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Ein starkes Völkerrecht.
Wenn wir uns heute für Recht und Freiheit und Menschwürde weltweit einsetzen, dann
ziehen
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Gesellschaften,
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Religionen,
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Organisationen
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Staaten,
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ja ganze Kontinente an einem Strang.
Wir haben das große Glück – wie selbstverständlich – in diesem großartigen Wertsystem
erzogen worden und aufgewachsen zu sein. Und dieses gilt es zu schützen und an die
nächste Generation gefestigt weiterzugeben.
Sie, liebe Rekrutinnen und Rekruten, leisten heute Ihr Gelöbnis im Jahr des 60.
Geburtstags unserer Bundeswehr. Einer Bundeswehr, die seit 25 Jahren auch eine Armee
der Einheit ist. Sie werden heute geloben, „der Bundesrepublik Deutschland treu zu
dienen und das Recht und die Freiheit des deutschen Volkes tapfer zu verteidigen.“ Das
ist eine große Aufgabe und ich habe Respekt vor Ihrer Entscheidung, diesen Weg
einzuschlagen.
Es zeichnet Sie aus, dass Sie in jungen Jahren bereit sind, Verantwortung zu
übernehmen. Deutschland ist heute ein souveräner und starker Partner innerhalb der
europäischen Staatengemeinschaft. Mit unserer politischen und ökonomischen Stärke
wächst aber auch unsere Verantwortung. Dieser Verantwortung stellen wir uns. Wir
haben nicht vergessen, was es für uns über Jahrzehnte bedeutet hat, von Freunden
beschützt zu werden. Die Nato und die europäische Union haben uns stark gemacht, weil
sie uns Stabilität und Sicherheit gegeben haben. Wir konnten wachsen und reifen.
Heute ist an der Zeit, dass wir von dieser Erfahrung etwas weitergeben. In 15 Missionen
und Einsätzen, auf 3 Kontinenten und 2 Meeren. Unsere Soldatinnen und Soldaten leisten
dort Tag für Tag ihre Pflicht.
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Sie stellen maßgeblich die schnelle Speerspitze der Nato zum Schutz unserer
östlichen Partner
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Sie bilden Peschmerga im Irak oder malische Soldaten in Koulikoro aus.
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Sie beraten afghanische Sicherheitskräfte.
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Sie schützen Schiffe des Welternährungsprogramms.
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Oder retten Flüchtlinge aus dem Mittelmeer.
Diese Einsätze sind mit monatelanger Abwesenheit von Zuhause, persönlichen
Entbehrungen oder auch Gefahren für Leib und Leben verbunden. Aber viele Soldatinnen
und Soldaten berichten mir auch, was es für sie bedeutet, wenn sie die Erfolge sehen.
Peschmerga, die ihre Dörfer gegen den IS verteidigen können…. Über 6000 Menschen,
darunter 400 Kinder, die bisher im Mittelmeer gerettet werden konnten….. Es sind die
humanitären Grundwerte Europas und unseres Landes, die uns alle dazu verpflichten.
Diese Werte sind es, die uns mit 20. Juli verbinden.
Graf Stauffenberg und alle diejenigen, die Wiederstand geleistet haben, waren bereit,
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ganz persönlich,
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jeder für sich,
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für diese Werte einzutreten – selbst wenn es das eigene Leben kostet.
Soldatinnen und Soldaten, liebe Gäste. Einer, dessen ganzes politisches Leben mit dem
Eintreten für Freiheit, Recht und Menschenwürde verbunden ist, wird heute zu uns
sprechen: Dr. Klaus von Dohnanyi.
Lieber Herr von Dohnanyi,
Sie mussten unmittelbar die unerbittliche Grausamkeit des nationalsozialistischen
Regimes erleiden. Ihr Vater, Hans von Dohnanyi, wurde Anfang April 1945 im
Konzentrationslager Sachsenhausen als Widerstandskämpfer hingerichtet. Ihr Onkel,
Dietrich Bonhoeffer, wurde ebenfalls Anfang April 1945, im Konzentrationslager
Flossenbürg als Vertreter der Bekennenden Kirche und Mitglied im Widerstand ermordet nur einen Tag nach Ihrem Vater.
Ich danke Ihnen von Herzen, dass Sie – 70 Jahre nach diesen schrecklichen Ereignissen –
heute zu uns und vor allem zu den jungen Rekruten sprechen.
Soldatinnen und Soldaten, Ihre Bereitschaft, für unser Land einzutreten, ist uns,
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dem Parlament,
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der Regierung
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und mir als Verteidigungsministerin eine Verpflichtung.
Die Verpflichtung, mit großer Besonnenheit und mit sorgfältigem Abwägen die
Bundeswehr zu führen und in Einsätze zu schicken.
Ich wünsche Ihnen eine erfolgreiche und prägende Zeit in der Bundeswehr.
Bleiben Sie behütet.