Nachteilsausgleich und Schülerbeurteilung

Pädagogisches Zentrum
für Hören und Sprache HSM
3053 Münchenbuchsee
Nachteilsausgleich und
Schülerbeurteilung
Audiopädagogischer Dienst APD
Klosterweg / Postfach 404
3053 Münchenbuchsee
Telefon 031 868 90 50
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Schülerbeurteilung von hörbeeinträchtigten Schülerinnen und Schülern in der Regelschule
Hörbeeinträchtigten Kindern und Jugendlichen soll aufgrund ihrer Höreinschränkung kein Nachteil entstehen, weder bei schulischem Lernen noch bei der Beurteilung. Leistungsanforderungen sollen der individuellen Hörsituation angepasst werden. (Behindertengleichstellungsgesetz, BehiG1) DVBS2 Art. 27,
MiSDV3, Art. 63 und 132)
Bitte beachten Sie unsere Informationsblätter zum Nachteilsausgleich.
1. Grundsätzliches

Hören, Hörverstehen: Ihr Hörvermögen fehlt oder ist eingeschränkt
und sie sind auf das (unterstützende) Ablesen vom Mund einer
sprechenden Person angewiesen.

Tonträger: Sie können einem ab CD, Video, DVD, PC gesprochenen Text nicht folgen, weil das Mundbild zum Ablesen fehlt und die
Verständlichkeit wegen verminderter Tonqualität zusätzlich einschränkt wird.

Sprechen: Hörbeeinträchtigte Kinder hören nicht alle Laute und
Endungen vollständig. Ihre Aussprache ist von ihrem Hörvermögen
beeinflusst.

Wortschatz: Ihr Wortschatz ist in der Regel eingeschränkt, weil sie
im Vergleich zu hörenden Mitmenschen während vielen Stunden
wenig bis kein passives Sprachverstehen erlebt haben. Aus diesem
Grund ist auch reines Textverstehen erschwert, was wiederum vernetztes Denken und weiterverarbeiten von Informationen verzögert.

Singen: Kinder mit einer Hörbeeinträchtigung können meist nur annähernd nachsingen, da sie die Tonhöhe wenig differenziert wahrnehmen können.
Grundsätzliches
2. Didaktische Möglichkeiten
2.1 Deutsch
Empfehlungen
Nachteilsausgleich Schülerbeurteilung März 2016
Möglichkeiten in der
Didaktik
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für Hören und Sprechen HSM
-
Hörtext in schriftlicher Form abgeben
CD/Video zum Vorbereiten aushändigen (an Audiopädagogin, Eltern
oder anderer Bezugsperson)
DVD/ Video mit Untertiteln zeigen
2.1.2 Diktat
Schreiben und gleichzeitiges vom Mund Ablesen ist nicht möglich. Ein Diktat
„misst“ beim hörbeeinträchtigten Kind nicht die Rechtschreibung sondern die
Hörfähigkeit. Ein Diktat ist eine Hörprüfung.
Wir empfehlen keine „Hör-Diktate“ durchzuführen.
Finden Sie eine angepasste Form der Rechtschreibprüfung, die nicht auf Hören
basiert.
Varianten: Wanderdiktat, Lückentext, Texte schreiben.
2.2 Französisch / Englisch
Empfehlungen
- Hörtext in schriftlicher Form abgeben
- Text vorlesen, Mundbild anbieten, Sicherstellen was verstanden wurde
- Hörverstehen nicht beurteilen
- Aussprache in der Einzelsituation mit der Audiopädagogin/ dem Audiopädagogen üben
- Aussprache nicht beurteilen
2.3 Musik
Empfehlungen
- Nie allein vorsingen lassen!
- Hörübungen nicht beurteilen
- Dispensation
vom
Gesangsunterricht
(nach
Absprache)
1
DVBS
Merkblatt,
Art.
27
/
Rev.
5/14
3.
Beurteilung
(Direktionsverordnung über die Beurteilung und Laufbahnentscheide in der
Volksschule)
Die eingeschränkte Hörfähigkeit darf nicht dazu führen, dass individuelle
Lernziele als „reduzierte individuelle Lernziele“ (riLz) bezeichnet werden. 4
Deutsch:
Hören und Sprechen nicht beurteilen
Möglichkeiten in der
Beurteilung
Französisch/Englisch:
Hörverstehen und allenfalls „Sprechen“ nicht beurteilen
Musik:
Singen nicht beurteilen (Musiktheorie kann beurteilt werden), „besucht“ vermerken, evtl. Dispensation
4
Bundesgesetz über die Beseitigung von Benachteiligungen von Menschen mit Behinderungen vom 13. Dezember 2002
Direktionsverordnung über die Beurteilung und Laufbahnentscheide in der Volksschule (DVBS) vom 14. Mai 2013 sowie Merkblatt
zur DVBS vom 01. Juni 2014 (nach Art. 27 DVBS), siehe www.erz.be.ch
4
Mittelschuldirektionsverordnung
Nachteilsausgleich für Schülerinnen und Schüler mit einer Beeinträchtigung Merkblatt zum Nachteilsausgleich für Schülerinnen und
Schüler mit einer Beeinträchtigung im gymnasialen Bildungsgang und Nachteilsausgleich für Menschen mit Behinderung in der Berufsbildung
4
Gleiche Vorgehensweise für Schülerinnen und Schüler in den Kantonen Freiburg, Wallis und Solothurn, angepasst an die kantonalen Vorgaben.
5
Nachteilsausgleich Schülerbeurteilung März 2016
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für Hören und Sprechen HSM
Angepasste Rahmenbedingungen können gestützt auf Art. 27 DVBS bei
Schülerinnen und Schülern eingesetzt werden, welche das Potential aufweisen,
die durch die Lehrkraft festgelegten Lernziele zu erreichen, jedoch bezüglich
ihrer Leistungsfähigkeit partiell beeinträchtigt sind und für welche die Schulleitung auf Gesuch der Eltern bzw. mit deren Einverständnis ein Abweichen von
den Beurteilungsvorschriften genehmigt hat.5
Individuelle Anpassungsmassnahmen im Unterricht und in der Beurteilung werden von der Lehrperson mit den Eltern, dem Kind/Jugendlichen und der Audiopädagogin/dem Audiopädagogen abgesprochen und vorzugsweise mit dem
Formular „Antrag an die Schulleitung auf Abweichen von den Vorschriften zur
Beurteilung aus wichtigen Gründen“5 anfangs Schuljahr beantragt. Ein fachliches Attest, Arztzeugnis, Bericht oder Gutachten ist beizulegen.5
Varianten zur Beurteilung5:
1. Antragsformular Punkt 6.1. Massnahmen (inhaltliche Anpassungen) Notenfreie Beurteilung
erfordert Zusatzbericht
Zusatzbericht erforderlich
Liegt eine durch die Schulleitung genehmigte Abweichung von den Bestimmungen der DVBS nach Art. 27 vor, welche die Einträge im Beurteilungsbericht betrifft, (notenfreie Beurteilung eines Faches oder einer Teilleistung) ist diese im Beurteilungsbericht unter der Rubrik „Bemerkungen“
einzutragen. Individuelle Fortschritte werden im Zusatzbericht festgehalten.5
2. Antragsformular Punkt 6.2. Massnahmen (strukturelle Anpassungen)
keinen Eintrag im Beurteilungsbericht
Liegt eine durch die Schulleitung genehmigte Abweichung von den Bestimmungen der DVBS nach Art. 27 vor, welche zwar die Rahmenbedingungen für die Beurteilung während des Semesters betreffen, nicht jedoch die ordentlichen Einträge im Beurteilungsbericht, darf diese im Beurteilungsbericht nicht eingetragen werden. 5
Das heisst: Ein Vermerk oder Eintrag im Beurteilungsbericht ist nur dann zuläs- Konkret
sig, wenn z.B. die Beurteilung der Sachkompetenz ohne Noten, oder keine
Beurteilung der Teilbereiche mit Kreuzen, usw. festgelegt wurde. In diesem
Fall muss die Lehrperson unter der Rubrik „Bemerkungen“ auf die Abweichung
nach Artikel 27 DVBS und den beiliegenden Bericht hinweisen. Der zusätzliche
Bericht enthält kurze Aussagen zur Ausgangssituation, zur Entwicklung der
Schülerin oder des Schülers sowie zur Leistung und Entwicklung der Sachkompetenz im betroffenen Fach bzw. den betroffenen Teilbereichen.
Nicht zu verwechseln: Im Gegensatz zur Beurteilung bei individuellen Lernzielen (iLZ) werden im Beurteilungsbericht bei angepassten Rahmenbedingungen
aufgrund des Abweichens von den Vorschriften zur Beurteilung nach Art. 27
DVBS keine Noten mit Sternchen gesetzt.
Werden die Lernziele trotz Anpassungsmassnahmen im Unterricht bei der
Sachkompetenz in einem Fach nicht erreicht, kann die Lehrperson die Sachkompetenz mit einer ungenügenden Note bzw. Teilbereiche mit entsprechenden
Kreuzen in der Spalte „ungenügend“ beurteilen.
Die Klasse wird über die Anpassungen für das hörbeeinträchtigte Kind informiert.
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