Die jüngere Entwicklung der Türkei und ihres Führers Erdogan

Die jüngere Entwicklung der Türkei
und ihres Führers Erdogan
In der Türkei, die von Kemal Pascha (Atatürk) als laizistische Republik gegründet wurde und so ihren Weg in die
Moderne nahm, ist spätestens seit dem Auftauchen der AKP und ihres Führers Erdogan eine Stimme in der politischen Öffentlichkeit zu vernehmen, die mit dem Erfolg der Nation unzufrieden ist. Den wesentlichen Grund für
den Misserfolg sieht er und seine AKP in der durch den Laizismus in die Welt gekommenen Ausschließung der
Vertreter der frommen Volksmassen von den maßgeblichen Positionen in Staat und Wirtschaft.
Mit ihrem Kampf für eine Demokratie, die ihren Namen verdient, weil sie der frommen Mehrheit des Volkes eine
Stimme gibt, erobert die AKP 2002 unter Erdogan die Macht gegen das alte kemalistische Establishment. Eine
umfassende Demokratisierung des Staates wird von ihm in Gang gesetzt. Ein rechtlicher Rahmen für die freie
Meinungsäußerung wird geschaffen und die Liberalisierung des Parteiengesetzes betrieben; die politische Verwaltung wird durch Dezentralisierung volksnäher organisiert und die Korruption bekämpft.
Lackmustest aller Demokratisierung ist für die AKP aber die Beendigung der Unterordnung der islamischen Religion unter den Staat, wie es der Kemalismus verlangt, und die Beendigung des ausschließenden Verhältnisses von
Glauben und Karriere.
Mit ihrer Wirtschaftspolitik setzt die AKP die „anatolischen Tiger“ frei, die es ihr mit gewaltigen Wachstumsraten
danken. Im ökonomischen Erfolg sieht Erdogan den von ihm verkörperten nationalen Aufbruchswillen der Türkei
bestätigt. Um das nationale Projekt aber wirklich zum Erfolg zu bringen und darüber auch und gerade international den gebührenden Respekt zu erhalten, der ihm und seiner Türkei zusteht, aber – zur Empörung Erdogans –
noch immer vorenthalten wird, erweist sich ihm letztlich die hergebrachte Demokratie als Hindernis, den wahren
Willen des Volkes durch seinen Führer zu exekutieren. Denn bei der Durchsetzung des von der AKP angeführten
nationalen Aufbruchs tun sich allenthalben Gegner auf im Militär, in den zivilen Instanzen der Staatsmacht, in der
alten ökonomischen Elite der „weißen Türken“, bei den Gewerkschaften, bei der Versöhnung mit den bzw. im
Kampf gegen die Kurden und auch mit den alten Verbündeten in islamischer Sache wie der Gülen-Bewegung. Sie
machen sich die Instanzen und das Procedere der demokratischen Staatlichkeit für ihre Ziele zunutze und behindern damit Erdogans Programm zur Verwirklichung des nationalen Erfolgs durch die Einheit von Volk und Führung.
Deshalb hält er innerparteiliche Demokratie und staatliche Gewaltenteilung für Hindernisse. Mit der beabsichtigten Umwandlung der parlamentarischen Demokratie in ein Präsidialsystem, in dem das Volk per Direktwahl dem
Präsidenten die Macht in die Hände legt, damit er sie in seinem Sinne nutzt, will Erdogan sein politisches Missionswerk für die Türkei und die Türken vollenden.
Die jüngere Entwicklung der Türkei, der AKP und ihres Führers Erdogan vom Demokratie-Fan zum
„Wahlsultan“ soll diskutiert werden. Grundlage der Diskussion ist der entsprechende Artikel im Gegenstandpunkt 4-15. (http://www.gegenstandpunkt.com)
Vortrag und Diskussion
Achtung: andere Zeit und neuer Veranstaltungsort!
Samstag, 9. April 2016, um 15 Uhr
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