Variationsrechnung - Balthasar Niehoff

Universität zu Köln
WS 2015/16
Weierstrass:
Eine stetige Funktion nimmt über kompakten Mengen M ⊂ D ⊂ Rn
ein Maximum und Minimum an. (∗)
VARIATIONSRECHNUNG
BALTHASAR NIEHOFF
Äquivalente Bedingungen für Konvexität:
∗ f ist konvex
∗ hf (x), y − xi ≤ f (y ) − f (x) für alle x, y ∈ D
basierend auf der Vorlesung von Prof. Dr. B. Kawohl
∗ h∇f (x) − ∇f (y ), x − y i ≥ 0 für alle x, y ∈ D
→ eine strikt konvexe Funktion hat höchstens ein lokales Extremum, und zwar
Sei D eine Menge von Objekten und J : D → R ein Funktional.
Aufgabe:
ein Minimum
Finde x̂ mit J(x̂) = minx∈M⊂D J(x)
Fragen:
Lagrangesche Multiplikatorenregel
∗ Existenz und Eindeutigkeit?
Seien f : D → Rn und g : D → Rm stetig differenzierbar und f habe in x̂ ∈ D
∗ Charakterisierung und Eigenschaften?
ein Extremum unter Nebenbedingung g(x) = c.
∗ analytische oder numerische Berechnung
Hat die Matrix
∂g
=
∂x
Extremwertaufgaben im Rn
Sei D ⊂ Rn offen, x ∈ D und f : D → R eine stetige Funktion.
lokales Extremum:
∂gµ
∂xν
µ=1,...,m
ν=1,...,n
den Rang m in x̂, dann existiert λ̃ ∈ Rm , so dass F (x, λ) = f (x) + λg(x) in
f besitzt lokales Extremum in x̂ ∈ D, wenn in einer offe- (x̂, λ̃) die erste Ableitung Null hat.
nen Umgebung U(x̂) und alle x ∈ U(x̂) gilt f (x) ≥ f (x̂)
(lokales Minimum) oder f (x) ≤ f (x̂) (lokales Maximum).
→ notwendige Bedingung:
Ist f stetig differenzierbar, so gilt in einem lokalen
Extremum x̂, dass ∇f (x̂) = 0.
→ hinreichende Bedingung:
Allgemeinere Problemstellung
Sei Ω ⊂ Rn offen, f (x, u(x), ∇u(x)) stetig und D eine Klasse zulässiger Funk-
Ist f ∈ C 2 mit ∇f (x̂) = 0 und ∇2 f in x̂ semide- tionen. Finde u ∈ D mit
ˆ
finit, so hat f in x̂ ein lokales Extremum.
F (u) =
f (x, u, ∇u) dx = inf F (v ).
v ∈D
∗ positiv semidefinit → lokales Minimum
Ω
∗ negativ semidefinit → lokales Maximum Funktionenklassen:
Variationsrechnung
2/5
C k (Ω) Menge aller Funktionen u : Ω → R mit stetigen partiellen
Weierstrass:
Sei Ω Normalgebiet und f ∈ C k (Ω̄). Dann gibt es eine Folge (fn ) ⊂ C ∞ (Ω̄)
Ableitungen bis zur Ordnung k
C k (Ω̄) Menge der u ∈ C k (Ω), die eine stetige Fortsetzung und stetig
mit
sup |Dα f (x) − Dα fn (x)| → 0
fortsetzbare Ableitungen auf Ω̄ haben
x∈Ω̄
C0k (Ω) u ∈ C k (Ω) mit kompaktem Träger
für n → ∞ für alle α mit |α| ≤ k.
supp u = {x| u(x) 6= 0} b Ω
Gaußscher Integralsatz für Normalgebiete: für u ∈ C 1 (Ω̄) gilt
ˆ
ˆ
∂u
dx =
uνk dx
Ω ∂xk
∂Ω
Greensche Formel: für u ∈ C 1 (Ω̄), v ∈ C 2 (Ω̄)
ˆ
ˆ
ˆ
u∆v dx +
∇u∇v dx =
Ω
Ω
Extremalbedingungen für Funktionale
Sei V reeller Vektorraum, D, Φ ⊂ V .
Variationseigenschaft
Φ besitzt Variationseigenschaft bzgl. u ∈ D, wenn zu
jedem ϕ ∈ Φ ein tϕ > 0 existiert, so dass u +tϕ ∈ D
∂v
u
ds
∂Ω ∂ν
für t ∈ [−tϕ , tϕ ].
Gateaux-differenzierbar
Fundamentallemma der Variationsrechnung
Sei Ω Normalgebiet und Γ ⊂ ∂Ω regulärer Teil des Randes. Für f ∈ C(Ω ∪ Γ
folgt dann aus
Sei F : D → R Funktional und Φ habe Variationseigenschaft bzgl. u ∈ D. F
heißt Gateaux-differenzierbar in u, wenn für jedes ϕ ∈ Φ die erste Variation
von F in Richtung ϕ,
ˆ
f (x)ϕ(x) dx = 0
∀ϕ ∈ C0∞ (Ω)
f (x)ϕ(x) dx = 0
∀ϕ ∈ C0∞ (Ω ∪ Γ)
F (u + tϕ) − F (u)
t→0
t
δF (u, ϕ) = lim
Ω
ˆ
bzw.
existiert.
Ω
dass f ≡ 0 in Ω bzw. Ω ∪ Γ.
Fortsetzungssatz von Tietze:
Sei f stetig und beschränkt auf einer abgeschlossenen Menge A ⊂ Rn . Dann
existiert fˆ ∈ C(Rn ) mit fˆ(x) = f (x) in A und supx∈Rn |fˆ(x)| = supx∈A |f (x)|.
→ u ∈ D heißt lokales Minimum von F auf D bzgl. Variationen aus Φ, wenn
zu jedem ϕ ∈ Φ ein tϕ > 0 existiert, so dass F (u) ≤ F (u + tϕ) für alle
t ∈ [−tϕ , tϕ ].
Ist u ∈ D lokales Minimum von F und sei F Gateaux-differenzierbar in u, so
gilt notwendigerweise δF (u, ϕ) = 0 für alle ϕ ∈ Φ.
Variationsrechnung
3/5
Hat F auf D auch zweite Variationen und ist ψ(t) := F (u + tϕ) ∈ δF sei wohldefiniert. Ist F konvex, so ist jeder stationäre Punkt u ∈ D ein
C 2 ([−tϕ , tϕ ]), so gilt ψ 00 (0) = δ 2 F (u, ϕ) ≥ 0 für alle ϕ ∈ Φ.
globaler Minimierer von F auf D. Ist F strikt konvex, so ist der Minimierer
eindeutig.
Euler-Lagrange
Sei u ∈ D lokales Minimum von F auf D ⊂
C 1 (Ω̄)
und
Φ habe Variationseigenschaft bzgl. u. Dann existiert
Sei Ω ⊂ Rn Normalengebiet und f , h stetig differenzierbar. Für D ⊂ C 1 (Ω̄)
für alle ϕ ∈ Φ die
betrachte
ˆ erste Variation δF (u, ϕ) und es gilt
0 = δF (u, ϕ) =
{fu (x, u, ∇u)ϕ + f∇u (x, u, ∇u)∇ϕ} dx.
ˆ
u∈D
H(u)=0
Ist f ∈ C 2 und u ∈ C 2 (Ω ∪ Γ), so gelten die Euler-
∂f
(x, u, ∇u) = νf∇u (x, u, ∇u)
∂ν
für x ∈ Γ.
→ Eine Lösung u ∈ D ⊂ C 1 (Ω̄) von δF (u, ϕ) = 0 für alle ϕ ∈ Φ heißt
schwache Lösung der Euler-Lagrange-Gleichung.
sei
f
h(x, u, ∇u) dx.
Voraussetzungen
zusätzlich
zweimal
Lagrangesche Multiplikatorenregel für Funktionale:
Sei u ∈ D0 = {u ∈ D| H(u) = 0} und f , g stetig differenzierbar. Ist
für x ∈ Ω und die natürliche Randbedingung
den
ˆ
Ω
div f∇u (x, u, ∇u) − fu (x, u, ∇u) = 0
Neben
Ω
H(u) =
Lagrange-Gleichungen
Legendre-Hadamard:
f (x, u, ∇u) dx
min F (u) =
Ω
δH(u, ϕ) 6≡ 0 auf Φ, so existiert λ ∈ R mit δF (u, ϕ) + λδH(u, ϕ) = 0 für alle
ϕ ∈ Φ.
Ist u ∈ C 2 (Ω), so gilt
div (fp (x, u, p) + λhp (x, u, p)) − fu (x, u, p) − λhu (x, u, p) = 0
für x ∈ Ω.
von
Euler-Lagrange
stetig
differenzier-
Direkte Methode für quadratische Funktionale
bar. Dann gilt für das lokale Minimum von F
n
X
∂2
Orientiert sich am Satz von Weierstrass (∗)
f (x, u, p)ξi ξj ≥ 0 ∀x ∈ Ω, ξ ∈ Rn
∂pi ∂pj
i,j=1
d.h. die Hesse-Matrix ist positiv definit.
Sei D ⊂ C 1 (Ω) konvex, d.h. für u, v ∈ D ist λu + (1 − λ)v ∈ D, λ ∈ [0, 1].
Wir setzen D = {u ∈ C 1 (Ω̄)| u = 0 auf ∂Ω} und betrachten


ˆ  X
ˆ

1
∂u ∂u
2
F (u) =
aij (x)
+ a(x)u (x) dx −
f (x)u(x) dx

∂xj ∂xi
Ω 2
Ω
i,j
Variationsrechnung
4/5
→ die Lp -Räume sind vollständig und für 1 ≤ p < ∞ ist C0∞ (Ω) dicht in Lp (Ω).
Euler-Gleichung in Ω
−
X
∂i aij (x)∂j u + a(x)u(x) = f (x)
→ Lp ist reflexiv für 1 < p < ∞ und (Lp (Ω))0 = Lq (Ω) mit
i,j
Wir nehmen an aij = aji und hat F ein Minimum, so muss {aij } positiv semidefinit sein. Ist {aij } positiv definit oder a > 0, so ist F strikt konvex.
Elliptizität:
λ
ξi2
i=1
Poincare-Ungleichung
≤
n
X
aij ξi ξj ≤ µ
i,j=1
n
X
+
1
q
= 1.
verallgemeinertes Fundamentallemma: f ∈ L1 (Ω), Ω offen und
ˆ
f ϕ dx = 0
es gibt λ, µ > 0 so, dass für alle ξ ∈ Rn
n
X
1
p
Ω
für alle ϕ ∈
C0∞ (Ω),
dann ist f ≡ 0.
ξi2
i=1
Sobolevräume.
Für v ∈ C 1 (Ω̄) mit v = 0 auf ∂Ω gilt
ˆ
ˆ
|v |2 dx ≤ L2
|∇v |2 dx
Ω
kukm,p := 
Ω
mit Durchmesser L von Ω.
X
k∂α ukpp 
0≤|α|≤m
zeichnet Teilräume von
H m,p (Ω)
Vorgehen:
1/p

C m,p (Ω)
aus.
Vervollständigung von C m,p (Ω) bzgl. k · km,p
∗ f ist nach unten beschränkt und es gibt eine Minimalfolge
∗ die Minimalfolge enthält eine konvergente Teilfolge xk → x in D
∗ es gilt f (xk ) → f (x)
H m,p (Ω) := {u ∈ Lp (Ω)| ∃{uk } ⊂ C m,p (Ω) Cauchyfolge, kuk − ukp → 0}
→ die eindeutigen Limites (∂α uk ) ∈ Lp (Ω), 0 ≤ |α| ≤ m heißen verallgemeinerte Ableitungen von u.
Sobolevräume
Lp -Räume.
für die |f
|p
Ω⊂
Rn
sei offen und für p ≥ 1 sei
Lp
Eine Distribution Φ ist ein lineares Funktional auf C0∞ (Ω),
die Menge aller Funktionen,
integrierbar ist.
ˆ
kf kp :=
p
1/p
|f | dx
Ω
L∞ (Ω) ist die Menge der messbaren, wesentlich beschränkten Funktionen.
Φ : C0∞ (Ω) −→ R
v 7→ Φ(v ) ∈ R
Φ ist stetig: Für alle Folgen {vk } ⊂ C0∞ (Ω) für die {vk } und {∂α vk } auf jedem
Kompaktum K b Ω gleichmäßig konvergieren, gilt Φ(vk ) → Φ(v ).
Variationsrechnung
5/5
Distributionelle Ableitung:
fast überall in Ω und Spur u = 0 fast überall auf ∂Ω.
∂Φ
(v ) := −Φ
∂xi
schwache Ableitung
∂v
∂xi
für alle v ∈ C0∞ (Ω)
von F automatisch starke Lösung der zugehörigen Euler-Gleichung, d.h. u ∈
fα := ∂α f heißt schwache Ableitung von f , wenn
ˆ
ˆ
H 2 (Ω) und es gilt
|α|
(−1)
f ∂α v dx =
fα v dx
kukH2 (Ω) ≤ ckf kL2 (Ω)
Ω
W m,p (Ω)
Ist der Rand ∂Ω zweimal stetig differenzierbar, so ist das Minimum u ∈ H01 (Ω)
Ω
mit einer von u, f unabhängigen Konstanten c.
für alle v ∈ C0∞ (Ω).
p
= {u ∈ L (Ω)| u hat schwache Ableitungen ∂α u ∈
W m,p (Ω)
Lp (Ω), 0 ≤ |α| ≤ m}
Meyers und Serrin
Für 1 ≤ p < ∞ gilt H m,p (Ω) = W m,p (Ω).
starke Lösungen quadratischer Variationsprobleme
ˆ
a(u, v ) =
aij (x)∂j u∂i v + auv
dx
ˆΩ
`(u) =
uf dx
Ω
min F (v ) =
H01 (Ω)
1
a(u, u) − `(u)
2
→ F besitzt ein eindeutiges Minimum u ∈ H01 (Ω), das schwache Lösung der
Euler-Gleichung a(u, ϕ) = `(ϕ) für alle ϕ ∈ H01 (Ω) ist.
Ist u ∈ H 2 (Ω), so ist u auch starke Lösung der Eulergleichung, d.h.
−
n
X
i,j=1
∂i aij (x)∂j u(x) + au = f